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NASA-Rover Perseverance landet auf dem Mars

Heute Abend ist es soweit: Nach einem 470 Millionen Kilometer weiten Flug wird der NASA-Marsrover Perseverance heute gegen 21:45 Uhr auf dem Roten Planeten aufsetzen. Das Gefährt von der Größe eines Kleinwagens hat dabei gleich mehrere Premieren an Bord: Den ersten Mars-Hubschrauber, eine kleine Sauerstofffabrik und ein robotisches System, mit dem der Rover Gesteinsproben sammeln und für eine spätere Rückholmission lagern soll.
NPO, 18.02.2021

Mit einer Geschwindigkeit von 19.500 Kilometer pro Stunde tritt die Landesonde in die Marsatmosphäre ein und bremst anschließend innerhalb von nur vier Minuten auf rund 1.500 Kilometer pro Stunde ab.

NASA/JPL-Caltech

Auch wenn eine Marslandung nach vier erfolgreichen Rovern und mehreren stationären Landesonden fast wie Routine scheint – sie ist es nicht. Denn die extrem dünne, aber dennoch vorhandene Atmosphäre des Planeten macht eine Landung besonders schwierig. Um schwerere Gefährte wie den Rover Perseverance sicher und weich auf die Oberfläche zu bringen, ist daher eine komplexe Abfolge von Bremshilfen nötig. Nicht ohne Grund bezeichnen die NASA-Teams die letzten Minuten bis zur Landung eines Rovers als "Seven Minutes from Hell".

Die Landung: Sieben Minuten des Schreckens

Das Landemanöver von Perseverance beginnt am Abend des 18. Februar 2021 gegen 21:30 Uhr unserer Zeit. Die Landesonde, bestehend aus dem Hitzeschild, der Abstiegseinheit und dem Rover, tritt mit knapp 19.500 Kilometer pro Stunde in die Marsatmosphäre ein und wird zunächst durch Reibung abgebremst. Dabei erhitzt sich der Schutzschild bis auf rund 1.300 Grad Celsius. Nach rund vier Minuten ist das Ensemble "nur" noch rund 1.500 Kilometer pro Stunde schnell.

Rund elf Kilometer über der Oberfläche entfaltet sich nun der gut 20 Meter große Überschall-Fallschirm. Kurz darauf wird der Hitzeschild abgesprengt. Das gibt den Radarsensor und Kameras der Sonde den Blick auf die Oberfläche frei und erlaubt es dem Autopilotsystem, die Landestelle anzusteuern. Etwa 2,1 Kilometer über dem Boden bei immer noch rund 300 Kilometern pro Stunde wird die Hülle mit dem Fallschirm abgesprengt und die Landetriebwerke zünden. Sie bremsen die Landeeinheit noch weiter ab, bis sie rund 20 Meter über der Oberfläche schwebt.

Jetzt kommt der "Himmelskran" zum Einsatz: Die Abstiegseinheit lässt Perseverance an mehreren Trossen bis auf die Oberfläche hinab. Sobald die Sensoren des gut eine Tonne wiegenden Marsrovers Bodenkontakt haben, werden die Seile gekappt und der "Sky Crane" fliegt rund hundert Meter weiter, bevor er dort, in sicherer Entfernung vom Rover niedergeht.

Ob dieser Ablauf funktioniert hat und Perseverance heil auf dem Mars gelandet ist, erfährt das Kontrollzentrum der NASA in Kalifornien erst mit gut elf Minuten Verzögerung – so lange benötigt das Funksignal vom Mars zur Erde. Gewissheit wird es daher erst gegen 21:55 Uhr geben, wenn die Statusmeldung bei der NASA angekommen ist. Die NASA überträgt das Geschehen rund um die Landung und im Kontrollzentrum heute Abend ab 20:15 Uhr in einem Livestream – unter anderem auf YouTube und auf NASA-Live.

Geplanter Ablauf des Landeverfahrens von der Trennung der Landesonde vom Mutterschiff bis zum Absetzen des Rovers durch den Sky Crane.

NASA

Nachtrag

Es ist geschafft: Am Abend des 18. Februars gegen 21:55 Uhr  ist der Marsrover Perseverance auf dem Roten Planeten gelandet. Während das Bodenteam spannende Minuten des Bangens durchlebte, spulte das Gefährt erfolgreich sein kompliziertes Landeprogramm ab und setzte schließlich, am „Himmelskran“ sanft herabgelassen, auf der Marsoberfläche auf. Schon wenige Minuten später sendete die Navigationskamera erste, noch leicht verstaubte Bilder.

Marsrover unmittelbar vor dem Absetzen, aufgenommen von einer Kamera an Bord der Abstiegseinheit.

NASA

Proben für eine Rückholmission

Aber nicht nur die Landung von Perseverance ist spannend – auch seine Mission bringt einige Neuheiten mit sich. So soll er erstmals in der Geschichte der Marserkundung Proben für eine künftige Rückholmission sammeln. "Proben vom Mars zur Erde zurückzuholen, ist schon seit den Anfängen des Raumfahrtzeitalters eines der großen Ziele der Planetenforscher", erklärt NASA-Wissenschafts-Administrator Thomas Zurbuchen. Denn nur auf der Erde haben Wissenschaftler die Möglichkeit, das Marsgestein mit allen Mitteln der modernen Forschung zu analysieren.

Für das Probennehmen hat Perseverance einen mit speziellen Sensoren, Kameras und einem Bohrer ausgestatteten Aufsatz am Ende seines zwei Meter lange Roboterarms. Mit diesem Bohrer kann der Rover kleine Bohrkerne von der Größe eines Stücks Tafelkreide aus dem Marsgestein gewinnen. Diese werden in Röhrchen verpackt und über ein robotisches System in einen Sammelbehälter an der Unterseite des Gefährts gelegt. Sind alle 38 Röhrchen voll, wird Perseverance dieses Sammelgefäß an einer bestimmten Stelle auf der Marsoberfläche ablegen, wo es dann ein Nachfolgemission einsammeln und zur Erde zurückbringen wird.

Marsrover Perseverance: Am ausgestreckten Arm befinden sich Spektrometer zur Untersuchung der Marsoberfläche, die Kameras sind am mastartigen Aufbau des Fahrzeugs angebracht.

NASA

Jezero-Krater: Suche nach Leben

Die wichtigste Aufgaben von Perseverance und auch seinen Proben wird es sein, nach Spuren von Leben auf dem Roten Planeten zu suchen. Weil der Mars in seiner Anfangszeit ähnlich lebensfreundlich war wie die Erde, könnte damals zumindest einfache Mikroben entstanden sein. Wenn das der Fall war, dann bietet die Landestelle der Mission die vielleicht beste Chance, Spuren dieser Organismen zu finden.

Der rund 45 Kilometer große Jezero-Krater liegt knapp nördlich des Marsäquators und war vor mehr als 3,5 Milliarden Jahren mit Wasser gefüllt. In der Senke lag ein tiefer See, in den durch zwei Flussdeltas frisches Wasser einströmte. Planetenforscher hoffen, dass sich in den Sedimenten des alten Seegrunds organische Moleküle erhalten haben, die vielleicht Beweise für einstiges Leben auf dem Mars liefern.

Jezero-Krater mit der geplanten Landezone der "Mars 2020"-Mission.

NASA/JPL-Caltech/MSSS/JHU-APL/ESA

Ingenuity: Ein Mini-Helikopter auf dem Mars

Technologisches Neuland beschreitet die Marsmission mit zwei Prototypen, die mit dem Rover gereist sind. Das erste ist die Helikopterdrohne Ingenuity. Mit ihr könnte erstmals in der Geschichte der Raumfahrt ein menschengemachtes Fluggerät in die Atmosphäre eines fremden Planeten aufsteigen und die Landschaft von oben erkunden. Solche Drohnen könnten nicht nur bei unbemannte Missionen wertvolle Daten liefern, auch für künftige Mars-Astronauten wären sie eine große Hilfe.

Damit der rund 1,8 Kilogramm schwere Mars-Hubschrauber aber überhaupt abheben kann, mussten sich die NASA-Ingenieure einiges einfallen lassen. Denn die Marsatmosphäre ist nur rund ein Prozent so dicht wie die irdische. Um genügend Auftrieb zu bekommen, besitzt Ingenuity daher zwei gegenläufig drehende Rotoren, die fast 3.000 Umdrehungen pro Minute schaffen. Das entspricht dem Zehnfachen der Rotationsgeschwindigkeit normaler Helikopter auf der Erde.

"Ingenuity" dient der NASA vor allem als Demonstrationsmission, um zu prüfen, ob Fliegen auf dem Mars möglich ist.

NASA/JPL-Caltech

MOXIE: Sauerstoff aus Kohlendioxid

Ebenfalls neu ist MOXIE (Mars Oxygen In-Situ Resource Utilization Experiment). Dabei handelt es sich um den Prototyp einer Anlage, mit der künftig aus dem Kohlendioxid der Marsatmosphäre Sauerstoff gewonnen werden soll. Das Gas wird nicht nur für künftige Mars-Astronauten zum Atmen benötigt, auch der Treibstoff für die Raketen zum Rückflug zur Erde werden mit flüssigem Sauerstoff und Wasserstoff betrieben – und beides muss nach Möglichkeit vor Ort erzeugt werden.

Bei MOXIE geschieht dies mithilfe von elektrochemischen Reaktionen ähnlich der Elektrolyse von Wasser. Die Testanlage von der Größe einer Autobatterie wird während der aktuellen Mission bis zu zehn Gramm Sauerstoff pro Stunde erzeugen. "Das ist gerade genug, damit ein kleiner Hund atmen könnte", sagt Asad Aboobaker vom Jet Propulsion Laboratory der NASA. "Um den Treibstoff für den Flug zurück zur Erde zu gewinnen, müsste man rund 200-mal mehr Sauerstoff erzeugen als es MOXIE tut."

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