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Wie könnte unser Kosmos enden?
Lange glaubte man, dass unser Universum ewig ist – unvergänglich und unveränderlich. Diese Vorstellung vertraten der antike Gelehrte Aristoteles, aber auch später der Physiker Isaac Newton. Dieser stellte sich das Universum als riesiges mechanisches System vor, das wie ein Uhrwerk nach festen Gesetzen funktioniert. Selbst Albert Einstein war der Ansicht, der Kosmos müsse statisch sein. Er fügte sogar eigens eine Konstante in seine Allgemeine Relativitätstheorie ein, damit sie diese Annahme stützte.
Wie geht es mit dem Universum weiter?
Doch inzwischen wissen wir, dass das Universum nicht statisch ist, sondern sich sogar sehr dynamisch immer weiter entwickelt. Seit dem Urknall dehnt es sich rapide immer weiter aus, diese kosmische Expansion ist sogar schneller geworden, wie astronomische Beobachtungen zeigen. Doch wenn sich unser Kosmos immer weiter ausdehnt, stellt sich unausweichlich die Frage, wie lange dieser Prozess andauern kann – und was am Ende bleibt: Wird die Expansion ewig weitergehen, bis die Sterne verglühen und die Galaxien im Dunkel verschwinden? Oder könnte alles eines Tages wieder in sich zusammenfallen?
Bisher können auch Wissenschaftler darüber nur spekulieren. Klar ist aber, dass das Universum nicht so bleiben wird wie heute. Denn im Laufe der Zeit werden immer mehr Sterne ihren Brennstoff verbrauchen und explodieren oder erlöschen. Übrig bleiben Schwarzer Löcher, Neutronensterne und langsam erkaltende Weiße Zwerge. Gleichzeitig wird auch das Rohmaterial für neue Sterne immer knapper: Weil die Galaxien auseinanderdriften und sich der Kosmos ausdehnt, dünnt auch das interstellare und intergalaktische Gas immer weiter aus. Dadurch fehlen die dichten Gaswolken, in denen neue Sterne entstehen können.
Szenario 1: Der Wärmetod
An diesem Punkt setzt das erste Szenario für das kosmische Ende an. Nach diesem wird es in ferner Zukunft keine Sterne und Galaxien geben, selbst die Sternenreste sind längst erkaltet und erloschen. Das All ist kalt, dunkel und leer. Selbst die Schwarzen Löcher verlieren mangels "Futter" immer mehr an Masse und Energie, bis auch sie eines Tages ganz zerstrahlen.
Dieses mögliche Ende des Kosmos bezeichnen Forschende als „Big Freeze“ oder – scheinbar im Widerspruch dazu – als den Wärmetod des Universums. Dabei bezieht sich ersteres darauf, dass es keine Wärmequellen und keine dynamischen Prozesse mehr im sterbenden Universum geben wird. Der Begriff Wärmetod bezieht sich dagegen auf den thermodynamischen Zustand: Weil alle festen Strukturen zerfallen, alle Temperaturdifferenzen ausgeglichen und alle thermischen Prozesse zum Erliegen gekommen sind und nichts Neues mehr entsteht, herrscht im Kosmos maximale Entropie – und dies bezeichnen Physiker als den Wärmetod.
Szenario 2: Der Big Rip
In diesem Endzeit-Szenario beschleunigt sich die kosmische Expansion in Zukunft immer mehr. Alles, was im Universum existiert, ob Galaxien, Gase oder andere Strukturen, driftet dadurch immer schneller auseinander. Irgendwann ist diese auseinandertreibende Kraft so stark, dass selbst Moleküle, Atome und Elementarteilchen zerrissen werden. Als letztes zerfällt selbst die Raumzeit.
Die Folge wäre ein physikalisch nicht mehr beschreibbarer Zustand, in dem es keine Materie oder andere Grundbausteine unseres Universums mehr gibt. Auch die in unserem Kosmos geltenden Grundgesetze sind nun außer Kraft gesetzt – alles ist eine Singularität. In gewisser Weise endet das Universum damit im anderen Extrem des Urknalls: Auch damals herrschte eine Singularität und es gab noch keine Teilchen und Atome. Anders als beim Urknall ist der Kosmos bei seinem Ende aber nicht maximal komprimiert und dicht, sondern ins Unendliche weit ausgezogen.
Szenario 3: Der Big Crunch
Doch auch das genaue Gegenteil ist nicht ausgeschlossen. Im Szenario des Big Crunch könnte die Schwerkraft eines Tages die Oberhand gewinnen und die Expansion des Universums umkehren. Nach einer langen Phase der Ausdehnung würde sich der Kosmos dadurch wieder zusammenziehen – fast, als wenn jemand die Zeit und kosmische Entwicklung nun wieder rückwärts laufen lässt.
Über Milliarden von Jahren hinweg wird dann der Raum zwischen den Galaxien kleiner, die Temperatur steigt, Sterne und Planetensysteme rücken immer näher zusammen. Irgendwann ist dann die komprimierende Kraft der Gravitation so stark, dass alle Himmelskörper unter diesem Einfluss kollabieren. Auch Atome und Atomkernbausteine zerfallen schließlich. Am Ende kollabiert der gesamte Kosmos zu einem einzigen, unendlich dichten Punkt.
Szenario 4: Der Big Bounce
Dieses Szenario ist quasi die Fortsetzung des Big Crunch. Denn es könnte sein, dass damit dem Kollaps unseres Universums ein neues entsteht. Unser Ende wäre dann der Urknall für einen nächsten Kosmos – und auch unser Universum könnte aus dem Ende eines Vorgängers entstanden sein. Nach dieser Theorie ist das Universum demnach zyklisch und durchläuft immer wieder Abfolgen aus Ausdehnung und Kollaps.
Ein solches zyklisches Universum hielt schon Albert Einstein für durchaus möglich: „Fälle sind auch denkbar, in denen sich der Radius der Raumkrümmung periodisch ändert. Das Universum würde zu einem Punkt kontrahieren, dann seinen Radius wieder bis zu einem bestimmten Punkt vergrößern, um sich dann wieder zu verkleinern und so weiter“, schrieb der Physiker.
Ende offen
Das Problem nur: In die Zukunft reisen kann niemand von uns. Wollen Forschende herausfinden, welches dieser Szenarien am wahrscheinlichsten sind, können sie daher nur versuchen, in aktuellen astronomischen und physikalischen Messdaten Hinweise auf die mögliche Weiterentwicklung des Kosmos zu erhalten. Aktuell sind viele dieser Daten aber noch ungenau, andere widersprechen sich sogar. Wie unser Universum daher wirklich enden wird, ist noch offen. Sicher ist aber: Wir selbst werden dieses Ende nicht mehr erleben.