wissen.de Artikel

"Grüne" Batterien: Strom aus Kochsalz, Altglas und Papier

Ob Handys, Sensoren oder andere Gadgets: Elektronik wird heute immer mobiler – und benötigt entsprechend mobile Stromlieferanten. Bisher übernehmen dies meist Lithium-Ionen-Akkus, aber ihre Rohstoffe sind knapp und die Batterien wenig umweltfreundlich. Daher sind nachhaltigere Alternativen gefragt – und erste spannende Ansätze für "grünere" Batterien gibt es auch schon. Wie sehen diese aus? Und welche Vorteile haben sie gegenüber den bewährten Akkus?
NPO, 08.08.2022
Symboldbild Grüne Batterien

MF3d, GettyImages

Sie stecken in Handys, Notebooks und Kameras, aber auch in Elektroautos oder der Elektronik von Flugzeugen: Lithiumionen-Akkus bilden die Grundlage fast aller mobilen Stromspeicher der modernen Technikwelt. Denn diese Akkumulatoren sind leicht, besitzen aber trotzdem eine relativ hohe Energiedichte und können unzählige Male auf- und wieder entladen werden.

Doch so praktisch und allgegenwärtig die Lithium-Ionen-Akkus auch sind – sie haben auch erhebliche Nachteile. So werden für ihre Komponenten Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und andere Metalle benötigt, die weltweit zunehmend knapp und teuer werden. Zudem ist die Gewinnung dieser Rohstoffe und auch die Entsorgung der Batterien wenig umweltfreundlich. Sie sind wegen ihres Gehalts an Schwermetallen und giftigen Elektrolytlösungen Elektroschrott, der gesondert behandelt werden muss.

NatriumIonen-Akku
Wird Natrium das neue Lithium? Junhua Song präsentiert einen von ihm und seinen Kollegen von der Washington State University entwickelten NatriumIonen-Akku.

Washington State University

Stromlieferanten aus Kochsalz und Altglas

Inzwischen tüfteln daher Wissenschaftler weltweit nach "grüneren" Alternativen zu den gängigen Batterien – und haben schon einige vielversprechende Ansätze entwickelt. So arbeiten einige Forscher daran, das knappe Lithium durch Natrium zu ersetzen – ein im Kochsalz oder Meerwasser reichlich vorhandenes Element. Sogar den Elektrolyten, die Flüssigkeit, die den Ladungstransport in der Batterie übernimmt, kann man durch Natriumverbindungen ersetzten – im Prinzip läuft dieser Akku dann mit Salzwasser.

Eine andere Variante sind Batterien, die statt Lithium das in der Elektronik ohnehin schon häufig genutzte Halbleitermaterial Silizium verwenden. Kombiniert mit Kohlenstoff, Nickel und einem ungiftigen Elektrolyten aus Kaliumhydroxid und Wasser entsteht daraus eine sogenannte Silizium-Luft-Batterie. Noch hapert es bei ihr daran, dass der Elektrolyt beim Entladen verloren geht und nachgefüllt werden muss. Aber die Wissenschaftler arbeiten bereits daran, das System weiter zu optimieren.

Noch nachhaltiger ist eine Idee von US-Forschern der University of California – Riverside: Sie gewinnen das Rohmaterial für ihre Silizium-Knopfzellen aus Altglas. Dafür sammeln sie alte Glasflaschen, die sie zu einem extrem feinen Nano-Pulver zermahlen. Weil Glas nichts anderes ist als Siliziumdioxid, muss dieses nur noch unter Hitze und Magnesiumzugabe zu Silizium reduziert werden und kann dann als Elektrode eingesetzt werden. In ersten Tests waren diese Knopfzellen aus Altglas konventionellen Batterien in puncto Leistung sogar überlegen.

"Grüne Batterien" aus Altglas
Aus Altglas werden in einem neuartigen Prozess Elektroden für Batterien hergestellt.

University of California – Riverside

Eine Batterie aus Papier

Während diese Ansätze in erster Linie das Problem der Rohstoffe lösen wollen, gibt es auch Wissenschaftler, die die Entsorgung und biologische Abbaubarkeit von mobilen Stromlieferanten im Blick haben. So hat ein Forschungsteam der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt eine Batterie entwickelt, die größtenteils aus Papier besteht – und sich daher in der Umwelt leicht zersetzt. Der Clou dabei: Das Paper ist mit Kochsalz versetzt, das bei Befeuchten des Papierstreifens zum Elektrolyten wird. Die Elektroden der Batterie bestehen aus Zink- und Kohlenstoffpulver, die in Form einer Tinte einfach aufgedruckt werden.

Solange sie feucht ist, kann diese Papierbatterie immerhin bis zu 1,2 Volt Spannung erzeugen. Die von ihr bereitgestellte Energie reicht aus, um beispielsweise kleine Sensoren, RFID-Tags oder auch LEDs mit Strom zu versorgen. Besonders geeignet wäre sie unter anderem für Umweltuntersuchungen, bei denen Sensoren im Boden oder der Vegetation für eine begrenzte Zeit Daten sammeln und übertragen sollen: Ist die Aufgabe getan, kann die Batterie einfach in der Umwelt bleiben.

Papier-Batterie
Dieser Schriftzug ist eine Batterie aus Papier, aufgedruckten Elektroden und einem Kochsalz-Elektrolyten. Strom fließt, sobald das Papier benässt wird.

Empa

Kompostierbarer Mini-Kondensator

Ähnliches funktioniert auch mit einem neuartigen Mini- Superkondensator – einem Stromspeicher, der zwar eine geringere Energiedichte als ein gängiger Akku hat, aber dafür haltbarer ist und sich schneller laden und entladen lässt. Er besteht im Prinzip aus wenig mehr als Kohlenstoff, Zellulose, Glycerin und Kochsalz und kann wie die Papierbatterie eine Spannung von 1,2 Colt erzeugen. Die Besonderheit des kleinen Stromspeichers ist jedoch seine Abbaubarkeit: Wenn man ihn nicht mehr braucht, kann man ihn in den Kompost werfen oder einfach in der Natur zurücklassen. Denn diese Öko-Batterie ist ungiftig und umweltverträglich. Nach spätestens zwei Monaten ist sie vollständig verrottet.

Noch können all diese alternativen Batteriekonzepte nicht mit der Leistung und vielseitigen Anwendbarkeit der Lithium-Ionen-Akkus mithalten. Aber die Wissenschaftler tüfteln weiter und sind zuversichtlich, dass wir in Zukunft bessere und vor allem umweltfreundlichere Stromlieferanten haben werden.

Mehr Artikel zu diesem Thema

Weitere Lexikon Artikel

Weitere Artikel aus dem Wahrig Synonymwörterbuch

Weitere Artikel aus dem Wahrig Fremdwörterlexikon

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon