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Wie weit ist Deutschland beim autonomen Fahren?

Auf dem Weg zur Arbeit die Zeitung lesen oder entspannt in den Urlaub fahren – das soll mit autonom fahrenden Autos möglich sein. In den USA und China fahren einige Taxis ihre Fahrgäste bereits komplett allein von A nach B. Wie erfolgreich sind diese Versuche und könnte es so etwas bald auch in Deutschland geben? Und welche Stufen zum autonomen Fahren gibt es?
SSC, 13.08.2025
Blick über die Schalter des Fahrzeugführers beim autonomen Fahren auf einer Autobahn bei Kaosiung, Taiwan

© PonyWang, iStock

Beim autonomen Fahren übernehmen Sensoren, Kameras und künstliche Intelligenz immer mehr Aufgaben, die sonst beim Menschen liegen. Während das in den 1980ern, in denen David Hasselhoff als Michael Knight in der Serie „Knight Rider“ mit seinem autonomen, sprechenden Auto K. I. T. T. Verbrechen bekämpfte, noch Fiktion war, sind solche selbstfahrenden Autos heute Realität. Aber anders als bei K. I. T. T., das von Anfang an alles allein konnte, ist der Weg dorthin in der Realität komplizierter. Experten unterscheiden dabei fünf Stufen auf dem Weg zum autonomen Fahrzeug.

Fünf Stufen zum autonomen Fahren

Bei der ersten Stufe, dem assistierten Fahren, kontrolliert der Fahrer das Fahrzeug und muss den Verkehr ständig im Blick behalten. Einzelne Assistenzsysteme, wie ein Tempomat oder ein Abstandsregeltempomat, unterstützen ihn bei bestimmten Dingen. Beim teilautomatisierten Fahren, der zweiten Stufe, kann das Auto manche Aufgaben auch selbst übernehmen: Es hält die Spur von allein oder parkt automatisch, ohne dass der Mensch das Lenkrad berührt. Der Fahrer muss dabei aber stets die Assistenzsysteme überwachen und bei Bedarf Fehler korrigieren.

Während des hochautomatisierten Fahrens der dritten Stufe darf der Fahrer sich vorübergehend vom Fahren und Verkehr abwenden – das Auto kann ihn jedoch jederzeit dazu auffordern, wieder selbst zu lenken. Der PKW fährt in vom Hersteller vorgegebenen Situationen – zum Beispiel auf der Autobahn – selbstständig.

Auf der vierten Stufe, dem vollautomatisierten Fahren, gibt der Fahrer die Fahrzeugführung auf bestimmten Strecken komplett ab und könnte sogar im Auto schlafen. Kann der PKW eine Situation nicht mehr bewältigen, kann er den Fahrer dazu auffordern, die Führung zu übernehmen. Das autonome Fahren ist die letzte Stufe. Dann bewältigt das Auto alle Verkehrssituationen selbstständig und benötigt kein Lenkrad oder Pedale – die Fahrer werden zu Passagieren.

Fahrerloses Waymo-Taxi in San Francisco
Fahrerloses Waymo-Taxi in San Francisco

Robotaxis in den USA und China

In den USA gibt es in Los Angeles, San Francisco, Phoenix, Atlanta und Austin autonom fahrende Taxis. Seit 2023 bietet das Schwesterunternehmen von Google, Waymo, Taxifahrten ohne begleitenden Fahrer an. Trotzdem sind die Fahrten im Robotaxi nicht günstiger: Eine Fahrt durch San Francisco mit Waymo kostet etwa genau so viel wie eine Fahrt im „normalen“ Taxi. Auch kommt es immer mal wieder zu Vorfällen, bei denen sich Fahrzeuge gegenseitig behindern, oder zu kleineren Unfällen.

Auch in China bringen mancherorts Robotaxis Passagiere von A nach B – und das deutlich günstiger: Grundtarife beginnen bei umgerechnet 51 Euro-Cent, während eine herkömmliche Taxifahrt 2,27 Euro kostet. Die autonomen Fahrzeuge sind jedoch auch hier nicht komplett unfallfrei unterwegs. Anfang August ignorierte ein Robotaxi des chinesischen Google-Pendants Baidu eine Absperrung und stürzte mehrere Meter tief in eine Baugrube – die Passagierin wurde wunderbarer Weise nicht verletzt.

BMW und Mercedes in Deutschland Vorreiter

In Deutschland ist die Automobilindustrie bislang zurückhaltender, wenn es um vollautonome Fahrzeuge geht, obwohl der Gesetzgeber grünes Licht gegeben hat. BMW bietet seit Sommer 2024 für seine 7er-Oberklasse-Limousine ein „Level zwei plus“ an: Das Auto kann auf Autobahnen bis Tempo 130 eigenständig fahren, während der Fahrer die Hände dauerhaft vom Lenkrad nehmen kann – er muss jedoch jederzeit zum Eingreifen bereit sein. Der 7er-BMW kann auch selbstständig die Spur wechseln und überholen. Fahren mit Stufe drei ist bis Tempo 60 auf bestimmten Autobahnen möglich, zum Beispiel im Stau.

Bei Mercedes Benz können der elektrische Mercedes EQS und die S-Klasse seit Frühjahr 2025 mit bis zu 95 Kilometern pro Stunde auf Stufe drei hochautomatisiert fahren. Unter bestimmten Bedingungen – Streckenfreigabe, vorausfahrendes Fahrzeug, erkennbare Fahrbahnmarkierungen, hochpräzise digitale Straßenkarte – fährt das Auto auf Autobahnen komplett selbstständig. Auch in anderen Baureihen, wie der E-Klasse, können Mercedes-PKW bereits automatisch die Spur wechseln.

Autonomer ÖPNV im Test

Volkswagen testet autonom fahrende PKW seines Modells ID.Buzz in den USA. Ab 2026 sollen die Kleinbusse durch Austin in Texas rollen. Bald will das zu Volkswagen gehörende Ridepooling-Unternehmen MOIA den selbstfahrenden ID.Buzz auch in Hamburg testen.

Südlich von Frankfurt am Main testet das Projekt KIRA Fahrzeuge des chinesischen Automobilherstellers NIO als Shuttle mit vollautomatisiertem Fahren. Es ist das erste Projekt in Deutschland, das autonome Fahrzeuge für den ÖPNV auf Stufe Vier testet. Wer die selbstfahrenden Autos testen möchte, kann sich als Testnutzer registrieren. Bislang können die Shuttles ausschließlich an vorgegebenen Start- und Zielpunkten halten und haben einen Fahrer hinter dem Steuer, der zur Not eingreifen kann.

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