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Bebel

August, deutscher sozialdemokratischer Politiker, * 22. 2. 1840 Köln,  13. 8. 1913 Passugg (Schweiz); Drechsler, seit 1876 Mitinhaber einer kleinen Fabrik, seit 1889 Berufspolitiker; entwickelte sich vom Radikaldemokraten zum Marxisten. 1869 gehörte er zu den Gründern der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Eisenach. 18671881 und 18831913 war er Mitglied des Reichstags. Seine Kritik an der Fortführung des Deutsch-Französischen Kriegs 1870/71 als Eroberungskrieg führte zur Verurteilung wegen Hochverrats und Majestätsbeleidigung; 18721875 war er in Haft. Auf dem Gothaer Parteitag 1875 setzte Bebel den Zusammenschluss der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei („Eisenacher“) mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein („Lassalleaner“) zur Sozialistischen Arbeiterpartei, der späteren SPD, durch. Er war bis zu seinem Tode der anerkannte Führer (wenn auch nicht immer formell Vorsitzender) der Partei. Bebel war ein entschiedener Gegner des Revisionismus, verfolgte aber dennoch einen reformpolitischen Kurs in Erwartung einer baldigen Selbstauflösung des Kapitalismus. Als Anhänger der Volksbewaffnung bekämpfte er den preußischen Militarismus. Mehrere seiner Schriften erreichten hohe Auflagen: „Unsere Ziele“ 1870; „Die Frau und der Sozialismus“ 1883; „Charles Fourier“ 1887; „Aus meinem Leben“ 3 Bände 19101914.
Bebel, August
August Bebel
August Bebel
Beängstigende Vision vom nächsten Krieg
Beängstigende Vision vom nächsten Krieg
Wie dringlich das Anliegen der Pazifisten ist, unterstreicht z. B. die Vision des SPD-Vorsitzenden August Bebel, der 1887 in einer Reichstagsrede die Schrecken eines Weltkrieges beschreibt:

"Der nächste Krieg ... wird von einer Furchtbarkeit sein wie noch kein Krieg, den die Menschheit erlebt hat. Die Nationen werden nicht mehr mit Hunderttausenden, sondern mit Millionen gegeneinander operieren. Wir sehen auch, wie eifrig die Mordwerkzeuge für die Massenabschlachtung verbessert werden
... Ehe noch die verbesserten Waffen ... in praktischen Gebrauch gekommen sind, werden sie bereits für untauglich, für überwunden erklärt ... Und, meine Herren, was wird die Folge sein? Darüber können wir uns doch unmöglich täuschen, dass bei dem Misstrauen, welches gegenwärtig alle Mächte gegenseitig befallen hat, bei der ängstlichen Wachsamkeit, die alle gegeneinander beobachten, Überrumpelungen, wie sie 1866 und 1870 stattgefunden haben, in dem nächsten Krieg nicht wieder vorkommen werden.
Der nächste Krieg wird nicht ... mit zwei, drei großen Schlachten entschieden, derselbe wird jedenfalls von einer Dauer und Blutigkeit sein, wie keiner seiner Vorgänger es entfernt war.
Und was dann, wenn die Millionen im Felde stehen und sich gegenseitig abwürgen? Wenn unsere Grenzen gesperrt sind - denn der Seekrieg wird auch eine Gestalt annehmen wie nie zuvor -, wenn monatelang alle Zufuhren abgeschnitten sein werden und die Ausfuhr unmöglich ist? Wenn im Inlande große bittere Not herrscht, und nicht bloß in den Familien, deren Väter in der Armee stehen, sondern auch in den viel zahlreicheren, die durch diesen Krieg in ihrer Existenz, durch Störungen im Handel und Verkehr in der Arbeit geschädigt werden?"
Leiden unter dem Sozialistengesetz
Leiden unter dem Sozialistengesetz
August Bebel, Mitbegründer und Führer der deutschen Sozialdemokratie, erinnert sich in seiner Autobiografie "Aus meinem Leben" (1910-1914) an die Auswirkungen des Sozialistengesetzes auf das tägliche Leben. Ein besonders gefürchtetes polizeiliches Instrument war die Ausweisung, die den Betroffenen ihre Lebensgrundlage raubte:

"Während wir so in voller Tätigkeit waren, aus den Trümmern, die das Sozialistengesetz uns bis dahin geschaffen hatte, zu retten, was zu retten möglich war, wurden wir am 29. November [1881] mit der Nachricht überrascht, dass am Abend zuvor der Reichsanzeiger eine Proklamation des Ministeriums veröffentlichte, wonach der kleine Belagerungszustand über Berlin verhängt wurde. Dieser Hiobspost folgte am nächsten Tage die Mitteilung, dass 67 unserer bekanntesten Parteigenossen ... ausgewiesen worden seien. Einige mussten binnen 24 Stunden die Stadt verlassen, die meisten anderen binnen 48 Stunden, einigen wenigen räumte man eine Frist von drei Tagen ein ... Für uns in Leipzig war durch die Berliner Massenausweisung die Situation sehr verbösert worden. Jetzt galt es aufs Neue, für die brot- und existenzlos gewordenen Genossen Stellung und für sie und ihre Familien während ihrer Existenzlosigkeit Mittel zum Unterhalt zu beschaffen
... Eine kleine Zahl der Ausgewiesenen schwamm über den großen Teich nach den Vereinigten Staaten, die Mehrzahl kam nach Leipzig ... und ... Hamburg ... Die Unterbringung der Ausgewiesenen in eine Arbeitsstelle wurde uns ... sehr schwer gemacht. Die wirtschaftliche Krise befand sich noch auf voller Höhe. Ein Überangebot von Arbeitskräften war in fast allen Branchen vorhanden. Und war es einem Ausgewiesenen geglückt, eine Stelle zu erhalten, flugs erschien die Polizei und denunzierte den armen Teufel seinem Arbeitgeber, der oft widerwillig den eben erst angenommenen Arbeiter entließ. Der musste jetzt sein Ränzel aufs Neue schnüren und zum Wanderstab greifen. Für Männer in fortgeschrittenem Alter ein hartes Los. Die fortgesetzten Ausweisungen und die Schikanierung der Ausgewiesenen durch die Polizei hatte aber einen Erfolg, den unsere Staatsretter nicht vorausgesehen. Durch die Verfolgungen aufs Äußerste verbittert, zogen sie von Stadt zu Stadt, suchten überall die Parteigenossen auf, die sie mit offenen Armen aufnahmen, und übertrugen jetzt ihren Zorn und ihre Verbitterung auf ihre Gastgeber, die sie zum Zusammenschluss und zum Handeln anfeuerten. Dadurch wurde eine Menge örtlicher geheimer Verbindungen geschaffen, die ohne die Agitation der Ausgewiesenen kaum entstanden wären ..."
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