Lexikon

Jungsteinzeit

Neolithikum

Regionale Kulturgruppen

Erst die neue Wirtschaftsform, die damit zusammenhängende Lebensweise und eine Festigung entsprechender Sozialordnungen ließen eine stärkere Bindung an eine enger begrenzte Landschaft entstehen, was zur Bildung regionaler Kulturgruppen führte, die sich in Form und Verzierung der Tonware, in Wohn- und Siedlungsweise und in religiösen Äußerungen (Kult, Bestattungsweise) unterscheiden. Sie verbreiteten sich größtenteils durch Kolonisation. Hierbei wurde vielfach nur ein Teil der Ausgangskultur übernommen, wodurch es zur Ausbildung von spezialisierten Kulturtypen kam.
Die Jungsteinzeit begann in Europa im 6. Jahrtausend v. Chr. mit dem präkeramischen Neolithikum auf der Balkanhalbinsel. Auch die sich später dort bildenden Kulturen, gekennzeichnet durch unbemalte, dunkle, z. T. ritzverzierte Gefäße mit scharf gegliederten Formen und großen langlebigen Siedlungen auf Hügeln, weisen in Siedlungsweise, Wirtschaftsformen, keramischem und lithischem Formenbestand und künstlerischen und kultischen Eigenheiten Züge auf, die an entsprechende Erscheinungen Vorderasiens anzuschließen sind. In der Bandkeramischen Kultur, der ältesten Jungsteinzeitkultur Mitteleuropas, verbanden sich Elemente der Balkan-Kulturen zu etwas Neuem. Sie breitete sich rasch auf den fruchtbaren Lößgebieten vom mittleren Donaugebiet über den westungarisch-niederösterreichisch-mährischen Raum nach Böhmen, Südpolen, Mittel- und Westdeutschland bis in die Niederlande, ins Elsass und in das Pariser Becken aus. Ihre Siedlungen waren keine geschlossenen Dörfer, sondern bestanden aus einzelnen Großbauten, die auf einen größeren Sozialverband von etwa 3060 Personen schließen lassen.
Der Landausbau und die Bevölkerungszunahme im Mittel- und Spätneolithikum führte zu regionalen Sonderentwicklungen und -kontakten sowie zur Ausbildung weiterer Kulturgruppen. In Frankreich entstand die beträchtliche regionale Unterschiede aufweisende Chassey-Kultur. In Großbritannien entwickelte sich die Windmill-Hill-Kultur, in Schleswig-Holstein und Dänemark die frühe Trichterbecher-Kultur. In der Ukraine blühte die eng mit der Cucuteni-Gruppe Rumäniens verbundene Tripolje-Kultur. In Mittel-, West- und Nordeuropa repräsentieren mittel- und spätneolithische Kulturen wie die Rössener und die Michelsberger Kultur eine Zeit der Anpassung an die örtlichen Bedingungen.
Neben diesen Ackerbau- und (oder) Viehzüchter-Kulturen blieben in weiten Teilen Europas und Asiens Jagd, Fischfang und Pflanzensammeln die alleinige Form des Nahrungserwerbs. In Norddeutschland und Skandinavien gab es die Jäger-, Fischer- und Sammler-Kulturen der Ertebölle-Kultur. Aber auch dort, wo die neolithischen Neuerungen des Pflanzenanbaus und der Viehzucht Eingang fanden, wurden die alten Formen des Nahrungserwerbs weiterbetrieben.
Das Ende der Jungsteinzeit (etwa 25001800 v. Chr.) war von tief greifenden Änderungen geprägt, die mehr als zuvor durch Wanderungen großer Kulturgruppen ausgelöst wurden. Von der Iberischen Halbinsel her kam die Sitte der Errichtung großer Megalithbauten die Küste entlang wohl im Zusammenhang mit der Ausbreitung bestimmter religiöser Strömungen nach West- und Nordwesteuropa. Gleichfalls von dort schob sich die Glockenbecher-Kultur, die schon Kupfergegenstände führte, bis Norddeutschland und Ungarn vor.
  1. Einleitung
  2. Periodisierung
  3. Neue Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen
  4. Regionale Kulturgruppen
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