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Die Wölfe sind zurück - was tun?

Die Zahl der Wölfe in Deutschland steigt kontinuierlich: Naturschützer freut das - bei anderen stößt die Rückkehr der Raubtiere dagegen auf deutlich weniger Begeisterung. Landwirte haben immer häufiger gerissene Schafe zu beklagen, Eltern wollen ihre Kinder nicht mehr im Wald spielen lassen. Wie kann ein friedliches Zusammenleben von Mensch und Wolf gelingen? Und was tun bei einem überraschenden Zusammentreffen?
DAL, 20.12.2018

Ohne Verluste durch menschliche Einwirkung kann man davon ausgehen, dass ein Rudel in Mitteleuropa zum Jahresende aus etwa acht Tieren besteht.
Einst war der Wolf eines der am weitesten verbreiteten Säugetiere unseres Planeten - bis zur Jungsteinzeit herrschte Canis lupus fast über die gesamte Nordhalbkugel. Dann aber wurde das Raubtier nach und nach von einem überlegenen Jäger in Bedrängnis gebracht: dem Menschen. Hetzjagden, Scheiterhaufen für "Werwölfe" und schießwütige Waidmänner rotteten den Wolf in West- und Mitteleuropa schließlich fast vollständig aus. Auch in Deutschland war das Tier 150 Jahre lang von der Bildfläche verschwunden.

Rückkehr mit Konfliktpotenzial

Doch dank intensiver Schutzbemühungen kehrte der Wolf eines Tages in seine ehemalige Heimat zurück: Im Jahr 2000 wurden bei uns die ersten Wolfswelpen in Freiheit geboren. Seitdem erobern sich die Raubtiere die deutschen Wälder zurück. Inzwischen leben wieder 73 Wolfsrudel, 30 Wolfspaare und drei Einzeltiere in sieben Bundesländern - die meisten davon im Südosten Brandenburgs.

Was Naturschützer freut, birgt jedoch Konfliktpotenzial. Denn je mehr Wölfe bei uns durch die Lande streifen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit von Begegnungen und unerwünschten Zwischenfällen mit den Tieren. So zeigt eine kürzlich veröffentlichte Schadensbilanz der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) für das Jahr 2017: Angriffe von Wölfen auf Nutztiere haben bundesweit stark zugenommen.

Die Kehrseite: Angriffe von Wölfen auf Nutztiere wie Schafe haben bundesweit stark zugenommen.

iStock.com, Goldfinch4ever

Schutz für Schafe und Co

Demnach stieg die Zahl der Angriffe im Vergleich zum Vorjahr auf 472 und damit um knapp 66 Prozent. Die Zahl der dabei getöteten oder verletzten Tiere stieg um 55 Prozent auf 1.667 - am häufigsten fielen Schafe den Wölfen zum Opfer. Dass dies die betroffenen Landwirte alles andere als erfreut, ist verständlich. Was also lässt sich für ein friedliches Miteinander von Mensch und Wolf tun?

Wölfe sind in Deutschland streng geschützt und dürfen daher nur in Einzelfällen abgeschossen werden. Nach Ansicht von Experten ist der Abschuss der Tiere aber ohnehin keine adäquate Lösung für das Problem. Um die Gefahr von Wolfsrissen dauerhaft zu minimieren, empfehlen sie dagegen, Schafe und andere Nutztiere in Wolfsgebieten besser zu schützen.

Rehe, Rothirsche und Wildschweine: Davon ernährt sich der europäische Wolf zu über 96 Prozent.

Elektrozäune schrecken ab

Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass Maßnahmen wie Elektrozäune und Herdenschutzhunde die Raubtiere in der Regel erfolgreich fernhalten können. Denn eigentlich gehören Schafe und Co nicht zu ihren bevorzugten Beutetieren - solange diese gut geschützt sind, meiden sie daher die Gefahr und suchen sich andere Beute.

Trotzdem kann es sein, dass einzelne Wölfe gewissermaßen auf den Geschmack kommen. Laut DBBW sollten Nutztierhalter aus diesem Grund rasch reagieren, wenn sich Wölfe in ihrer Region niedergelassen haben. Die Tiere könnten schnell lernen, dass nicht ausreichend geschützte Schafe oder Ziegen leichte Beute seien.

Die bis zu 6,5 Zentimeter langen Fangzähne erlauben es dem Wolf, sich in seiner Beute zu verbeißen und sie fest zu halten.

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Gefahr für den Menschen?

Doch nicht nur Landwirte müssen sich an das Zusammenleben mit Canis lupus neu gewöhnen - auch Privatpersonen macht die Wiederansiedlung des Wolfes mitunter Sorgen: Kann ich noch ohne Angst im Wald spazieren gehen oder meine Kinder dort spielen lassen? Und was ist, wenn ich dem Raubtier plötzlich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehe?

Die gute Nachricht: Seitdem es bei uns wieder Wölfe gibt, hat es keine Situation gegeben, bei der sich die Tiere nachweislich aggressiv gegenüber Menschen verhalten haben. Für einen angeblichen Wolfsangriff im vergangenen Jahr in Niedersachsen haben Wissenschaftler bislang keinen Beleg gefunden - es wäre der erste Angriff eines Wolfes auf einen Menschen in Deutschland seit der Rückkehr der Tiere.

Wölfe machen in der Regel einen Bogen um den Menschen.

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Ausnahmefall Wolfsbegegnung

Obwohl Wölfe in Märchen gerne als finstere Bedrohung dargestellt werden, sind sie für uns in der Regel keine Gefahr. Im Gegenteil: Gesunde Tiere, die nicht provoziert werden, machen meist einen weiten Bogen um Menschen. Damit das so bleibt, sollten Wölfe niemals angelockt und gefüttert werden. Sie drohen sonst, ihre natürliche Scheu vor dem Menschen zu verlieren.

Kommt es trotzdem einmal zu einer überraschenden Begegnung - etwa weil ein Tier wegen entsprechender Windverhältnisse erst spät die Witterung aufnehmen konnte - gilt es vor allem, Ruhe zu bewahren. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) rät, bei einer Wolfsbegegnung zunächst stehen zu bleiben. Anschließend sollte man ganz langsam rückwärtsgehen und laut sprechen. Vertreibt das den Wolf nicht, muss das Tier aktiv verjagt werden. Das heißt: Den Wolf laut anschreien, in die Hände klatschen und sich ganz groß machen, um das Tier einzuschüchtern.

Die Experten vom BfN bitten zudem, jede Wolfsbegegnung an die zuständigen Länderbehörden zu melden. So kann auffälliges Verhalten einzelner Tiere frühzeitig erkannt werden.

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