Lexikon
Bronzezeit
vorgeschichtliche Epoche, durch die Verarbeitung von Bronze für Geräte, Waffen und Schmuck gekennzeichnet. Sie folgt zeitlich auf die Jungsteinzeit; die Übergänge sind fließend, oft geht der Bronzezeit eine Kupfer und Gold verarbeitende Epoche voran (Chalkolithikum, Kupferzeit). Die ältesten Bronzegegenstände finden sich am Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. in ägyptischen Gräbern der 1. Dynastie, in Mesopotamien im Bereich der Dynastien von Ur, Lagasch, Umma und Uruk zu Beginn des 3. Jahrtausends v. Chr. In Indien begann die Bronzezeit nach den Funden von Harappa und Mohenjo-Daro im Industal in der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr., in China im Gebiet des Huang He in der 1. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr.
In Europa umfasst die Bronzezeit hauptsächlich das 2. Jahrtausend v. Chr.: im ägäischen Raum die kretisch-mykenische Kultur, in Italien die Terramare-Kultur, auf Sardinien die Zeit der Nuraghen, in Spanien die El-Argar-Kultur, in Südost- und Osteuropa die Andronowo- und die Holzkammergrabkultur.
Bronzezeit: Kulturzentren, Handelswege
Bronzezeit: Kulturzentren, Handelswege
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Die führende Aunjetitzer Kultur Mitteldeutschlands und Nordböhmens zeichnete sich durch eine hoch entwickelte Bronzeverarbeitungstechnik und reich ausgestattete Fürstengräber aus. Ein anderes Kulturzentrum mit nicht minder ausgestatteten Fürstengräbern war die im Schnittpunkt mehrerer Handelswege liegende Wessex-Kultur Südenglands, die ihre Bedeutung in erster Linie dem Zinnreichtum der Bretagne und Südwestenglands verdankte. Zu ihren imponierendsten Denkmälern zählen große, sakralen Zwecken dienende Erd-, Holzpfosten- und Steinkreise wie Stonehenge. Einen bescheidenen Eindruck macht dagegen der nordalpine Kreis mit lokalen Kulturgruppen beiderseits der Donau bis westlich des Rheins und südlich des Oberrheins, der Bronzen zunächst nur importierte.
Etwas später breitete sich die Kenntnis der Bronzeverarbeitung auch nach Norden aus, es entstand die Nordische Kultur der Bronzezeit Nordwest- und Norddeutschlands und Südskandinaviens, die sich jedoch erst in der mittleren Bronzezeit (etwa 1550 bis 1200 v. Chr.) voll entfaltete und bis zum Ende der jüngeren Bronzezeit (etwa 1200–700 v. Chr.) dauerte. Sie ist durch eine hoch entwickelte Bronzetechnik, eigenen Stil, Tracht und Waffenausstattung gekennzeichnet. Typisch sind u. a. zweiteilige Plattenfibeln, Gürtelscheiben und -dosen sowie große Blasinstrumente (Luren). – Diesem Kulturkreis stand der mitteleuropäische Kreis der Hügelgräber-Kultur gegenüber, der sich von Ostfrankreich bis nach Ungarn erstreckte. Die Variationsbreite keramischer Formen und Verzierungen erlaubt Differenzierungen der Kultur in verschiedene Stilprovinzen. Ein dritter Kulturkreis war die Lausitzer Kultur in Ostdeutschland und Westpolen. Gemeinsam ist der gesamten mittelbronzezeitlichen Kultur ein gleiches Totenritual, dem eine gleichartige Grundstruktur der religiösen Vorstellungen und der Gesellschaftsform entsprochen haben dürfte. Männer und Frauen wurden in ihrer Tracht, mit Waffen und Schmuck, unter Grabhügeln beigesetzt, oft zusätzlich durch einen Baumsarg oder durch Steineinbauten geschützt.
Gegen Ende dieser Epoche zeigten sich im 13. Jahrhundert v. Chr. Umformungen im gesamten Kulturgefüge Zentral-, Süd- und Westeuropas und Teilen von Osteuropa. Sie kündigten sich bereits um 1500 v. Chr. in Böhmen, Mähren, Niederösterreich und der südlichen Slowakei im Anlegen von Ringwällen zu Verteidigungszwecken an. Speerspitzen und Schwerter wurden zu wichtigen Elementen der Bewaffnung; dazu kam der zweirädrige, von Pferden gezogene Streitwagen. In Ungarn, Rumänien, der Slowakei und Slowenien gab es kriegerische Wirren. Am Ende der durch diese noch nicht geklärten Vorgänge ausgelösten Entwicklung stand der Untergang des Hethiterreichs und der kretisch-mykenischen Kultur; Ägypten erlebte den Einfall der „Seevölker“. In Europa kam es zur Ausbildung der Urnenfelderkulturen (Urnenfelderzeit), die sich in dem Brauch, Urnenfriedhöfe anzulegen, in einer gewissen Einheitlichkeit der Grabform, im Beisetzungsritus, in der Beigabenausstattung und in formalen Übereinstimmungen der materiellen Hinterlassenschaften äußerte. Die Bronzegusstechnik erlebte eine neue Blüte, es entstanden neue Waffen, Geräte und Schmuck. Die Urnenfelderkultur behauptete sich in Europa für längere Zeit und ging im 8. Jahrhundert v. Chr. allmählich in die frühe Hallstattkultur (Eisenzeit) über.
Durch die Metallgewinnung und -verarbeitung entstanden spezielle Berufe (Bergbau, Bronzehandwerk), die z. T. auf bestimmte Gebiete konzentriert und von der sozialen Oberschicht getragen und bestimmt waren. Für eine arbeitsteilige Organisation der Rohstoffgewinnung und des Bronzegewerbes spricht die Lage von Bergbaubetrieben abseits der normalen Siedlungen, was sich am besten beim Kupferabbau des Ostalpenraumes beobachten lässt, der sich entfernt von den Zentren der süddeutschen Bronzezeitkultur abspielte. Abbaugänge, Sortier- und Schmelzplätze lagen nach Höhen gestaffelt längs der Hänge. Auf künstlichen Terrassen zerschlug und zermahlte man das erzhaltige Gestein und schied es vom tauben Material. Mit Hilfe von glimmender Holzkohle wurde ihm Schwefel entzogen, anschließend wurde es in Öfen über Holzkohle geschmolzen. Holzgeräte, Keramik und Textilien wurden dagegen weitgehend für den Eigenbedarf angefertigt. Neben den metallenen waren Steingeräte wie Pfeil- und Speerspitzen noch lange in Gebrauch. Der Ackerbau wurde durch die zunehmende Benutzung des Pflugs und von Rind und Pferd als Zugtier intensiviert; auf schlechteren Böden wurden die Viehzucht gefördert und die Alpwirtschaft ausgebaut. Außer befestigten Höhensiedlungen kennt man aus der frühen Bronzezeit keine größeren Siedlungsgemeinschaften, aus der mittleren und jüngeren Bronzezeit dagegen die vielen, besonders im Alpenvorland und an den schweizerischen Seen aufgedeckten Seeufersiedlungen.
Gegenstände des Totenrituals und Kults wurden künstlerisch reich gestaltet: Kleine menschliche Tonfigürchen dienten vermutlich als Erinnerungsbilder Verstorbener. Auf vierrädrigen, bronzenen, ornamentierten oder plastisch geschmückten Wagen wurden vornehme Tote im südosteuropäischen Raum zur Verbrennungsstätte gefahren. Vogel und Sonnenscheibe waren im ganzen bronzezeitlichen Europa als Sinnbilder bestimmter religiöser Vorstellungen bekannt; auf Helmen, Schilden, Panzern und Beinschienen angebracht, sollten sie wohl den Schutzcharakter dieser Waffenstücke unterstreichen. Vogelfiguren und Sonnenräder wurden vielfach auch als Schmuck oder Amulett getragen. Die goldbelegte Sonnenscheibe als Denkmal bronzezeitlicher Sonnensymbolik hat ihr bekanntestes Beispiel in dem von einem Pferd gezogenen Sonnenwagen von Trundholm (Seeland). Daneben erscheint als drittes Kultsymbol der Kegel; diese aus dünnem Goldblech getriebenen, reich verzierten hohen Gebilde gehören zu den erstaunlichsten Leistungen der mitteleuropäischen Bronzezeitkunst. Felszeichnungen in Schweden zeigen Darstellungen wohl von Göttern mit Schiffssymbolen und Szenen aus dem täglichen Leben.

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