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Perspektivwechsel - die Nordsee von oben
Die Nordsee gehört zu den beliebtesten Urlaubsregionen in Deutschland. Viele Touristen genießen Landschaft, Natur und Menschen im Norden so sehr, dass sie längst zum Wiederholungstäter geworden sind: Sie kehren immer wieder an "ihren" Ferienort auf dem Festland oder auf "ihre" Insel zurück. Klar, dass so manch einer von ihnen inzwischen meint, dort jeden Winkel zu kennen. Doch ein Perspektivwechsel vermag auch Stammgästen noch spannende neue Blicke auf die Nordsee zu eröffnen.
Denn steht ein erwachsener Mensch zum Beispiel bei Friedrichskoog an der Elbmündung am Strand, kann er nur rund 4,6 Kilometer weit auf das Meer oder den Fluss hinausblicken. Auf der "Trischenbake" an der Seehundstation sieht das dagegen schon anders aus. Von dem 17 Meter hohen Aussichtspunkt liegt der Horizont bereits bei fast 15 Kilometern. Mit dem Fernglas lassen sich nun zum Beispiel Schiffe in der Ferne beobachten.
Schöne Aussicht vom Hallig-Balkon
Wem das nicht reicht, der muss noch höher hinaus. Einen guten Überblick bietet zum Beispiel die Sylter Uwe-Düne mit ihren 52 Metern. Von hier reicht der Blick schon 26 Kilometer in die Ferne. Neugierig, was dahinter liegt? Dann rauf auf den Fernsehturm auf dem Stollberg bei Bredstedt, der wegen seiner schönen Aussicht auch "Hallig-Balkon" genannt wird, auf den Leuchtturm von Amrum oder die Vogelfelsen von Helgoland: Alle drei Orte liegen gut 60 Meter über Meereshöhe und gehören damit zu den höchsten festen Aussichtspunkten an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins.
Noch weiter sehen kann nur, wer in die Luft abhebt. Aus Flugzeug, Gyrocopter und Co können Urlauber die Nordsee aus der Vogelperspektive betrachten und die Landschaft ganz neu erleben. Auf Sylt hebt man zum Beispiel von Westerland aus ab und schaut beim Rundflug auf Sylt, die nordfriesischen Inseln, die Halligen und das Wattenmeer. Auch auf Föhr gibt es Angebote zu Rundflügen entlang der Küste.
Die Vogelperspektive einnehmen
Vom Flugplatz Heide/Büsum gibt es die Möglichkeit, nach Helgoland zu fliegen und den Blick auf das Watt zu genießen. Rundflüge werden hier ebenfalls angeboten. Was erwartet Urlauber bei einem solchen Ausflug in luftige Höhen? Wir fliegen einfach mal mit: An einem frühen Sonntagmorgen steht die Cessna 172 bereits auf dem Vorfeld und der Motor läuft sich warm. Pilot Michael Pietsch stellt die Parameter ein, checkt den Bordcomputer und spricht mit dem Tower. "Büsum Info bitte kommen! D-EMXB – erbitte Startinformation…".
Der Mann vom Turm meldet sanften Wind mit fünf Knoten aus Ost und gibt das Okay für Bahn 1/1. Pilot Pietsch dreht den Motor hoch und wenige Augenblicke später klettert D-EMXB in den Himmel; gelbe Rapsfelder und grüne Wiesen bleiben zurück. Es knackt in den Ohren, als der Flieger auf rund 270 Meter Höhe den Deich zur Meldorfer Bucht überquert. Wir sind über der Nordsee und werden sie uns rund eine Stunde lang von oben ansehen.
Hoch hinaus beim Rundflug ab Büsum
Kurs West-Nordwest. Weite Teile des Wattenmeeres sind nun trockengefallen und es ist wohl die schönste Zeit, diese Naturlandschaft von oben zu betrachten. Ein Ausflugsschiff zieht von Büsum über den Norderpiep, den großen Gezeitenstrom, nach West. Im Gegenlicht glitzert das Watt wie Silber, das Licht der Morgensonne lässt die großen Sände "Blauort" und "Isern Hinnerk" golden leuchten. Die Maschine ist auf 2.000 Fuß - circa 700 Meter - geklettert und behält diese Höhe nun bei. Unten ist eine Bake zu erkennen, ein riesiges Seezeichen im Nirgendwo, das klein und verloren wirkt wie ein Streichholz, das im Sand steckt. Die Sände sind geformt wie Halbmonde und man erkennt daran, dass die Strömung diese Strukturen modelliert.
Wir sehen, wie Wasser auf Wasser trifft und erkennen, wohin man bei Wattwanderungen kommt und wohin nicht - und wie verloren Mensch und Maschine in dieser Welt sind. Aus Osten zieht der Strom der Eider in allen Blautönen heran und teilt dieses Watt. St. Peter-Ording kommt steuerbords und weitere, endlose Sände schmiegen sich an Eiderstedt. Die Pfahlbauten sind zu erkennen, die Salzwiesen, die Dünen, der Leuchtturm Westerhever stolz mitten im saftigen Grün.
Wie eine Miniaturlandschaft
Der Heverstrom ist ein mächtiger Gezeitenstrom an dieser Küste und die kleinen Halligen Südfall und Süderoog liegen nahe des Stroms wie grüne Tupfer im Silber und Blau. Kleine Priele durchziehen das Watt wie ein Adergeflecht. Die Alte Kirche von Pellworm mit der Hand voll Häuser nebenan wirkt wie eine Miniaturlandschaft. Links vor der offenen See liegen die Außensände Süderoog- und Norderoogsand. Am Ufer des letzteren sonnen sich Seehunde. Dann folgt der Japsand. Im Priel vor Amrum, wo Norder- und Süderaue zusammenfließen, scheinen die Kutter fast zu stehen. Ein Schwarm weißer Vögel flattert über das dunkle Blau der Nordsee.
In wenigen Augenblicken heißt es umdrehen. Amrum ist erreicht. Auch von hier oben wirkt der Kniepsand gewaltig und unermesslich. Die Dünenkette liegt schützend um die Insel, darin steht der Leuchtturm. Über dem Ort Nebel wird der Kurs nach Süd/Südost eingeschlagen. Links liegt nun Föhr und die Fähre ist auf dem Weg von Dagebüll zu den Inseln, sie sieht aus wie ein kleiner weißer Tupfer im Blau der See. Dann die Halligen Langeneß, Hooge und Gröde. Als der kleine Flieger mit einem kurzen Ruck wieder bei Büsum aufsetzt, ist der Kopf voller schöner Ideen, wohin die Reise gehen könnte - schließlich ist der Horizont nun erweitert, der Blickwinkel ein anderer.