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Knäckebrot und Pumpernickel - Geschichten rund ums Brot (Podcast 99)

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Kaum etwas ist so selbstverständlich wie Brot – zumindest dann, wenn man in der westlichen Welt lebt. "Brot und Butter“ sind Basisbausteine der Ernährung, und das Zitat aus dem Vater Unser "Unser täglich Brot gib uns heute" kennen auch jene, die nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen. Ohne regulären "Broterwerb" kommt zudem niemand aus, wenn er nicht auf ein "Zubrot" angewiesen sein will. Doch wie lange gibt es Brot eigentlich schon, woraus besteht es, und was lässt sich zu seiner Sortenvielfalt sagen?

 

So wichtig wie das tägliche Brot

Getreide wird seit etwa 10.000 Jahren angebaut. Ursprünglich mit Wasser versetzt und als Brei gegessen, entwickelten sich schon bald einfache Fladenbrote, die dann immer weiter perfektioniert wurden. Seither hat sich Brot zu einem so unverzichtbaren Bestandteil des Alltags entwickelt, dass es auch in die Sprache Einzug gehalten hat. "So wichtig wie das tägliche Brot“ sagt man, wenn man etwas Unverzichtbares betonen möchte, oder man fragt sich, woher "das Brot kommen“ soll, wenn jemand ein fragwürdiges Berufsziel hat. Der "letzte Bissen Brot“ ist ebenso sprichwörtlich wie die aus der Römerzeit stammende Bezeichnung "Brot und Spiele“, mit der der Dichter Juvenal den Sittenverfall im Imperium kritisierte. Selbst in der Beleidigung, jemand sei "so dumm wie Brot“, schwingt noch jene Allgegenwart und Geläufigkeit nach, die wir mit diesem Produkt verbinden. Brot ist buchstäblich universal – selbst Gefangene schmachteten einst "bei Wasser und Brot“. Entsprechend wundert es nicht, wenn sich die 1959 gegründete Hilfsorganisation "Brot für die Welt“ nannte und damit ein jedermann verständliches Bild für ihre Tätigkeit fand. Brot ist etwas Unmittelbares und damit in unserer durchorganisierten Gesellschaft schon beinahe archaisch. Landbrote und regionale Spezialformen wie das kräftige Oldenburger Brot bringen eine Ahnung davon mit, wie etwas sein muss, dass noch richtig "nach Schrot und Korn“ schmeckt – und eben nicht als pappiges Labberbrot daherkommt. Doch was steckt im Brot eigentlich drin?

 

Arbeit und Brot

Brot macht Arbeit, da es nicht einfach gepflückt oder geerntet werden kann, und man benötigt neben Getreide vor allem eins: einen Ofen zum Backen. Einige Brotsorten lassen sich zwar auch auf heißen Steinen herstellen, aber sie bleiben dann flach wie ein Fladenbrot. Außerdem musste der Mensch erst entdecken, dass Brot besser schmeckt, wenn es mit Hefen versetzt wird. Dies kann geschehen, indem man den Brotteig stehen lässt, weil dann die in der Luft vorhandenen Hefen – winzige einzellige Pilze – für Gärung sorgen. Als produktiver erwies es sich jedoch, vom Teig des Vortags ein Stückchen aufzubewahren und es der neuen Mischung zuzusetzen. Man spricht dann von Sauerteiggärung, die bis heute verwendet wird und dafür sorgt, dass das entstehende Brot ebenso locker wie lecker ausfällt. Gesünder ist es übrigens auch.

Grundsätzlich besteht Brot aus Getreide, Wasser, Salz und Sauerteig oder Backhefe – zumindest dann, wenn man ein gesäuertes Brot herstellen möchte. Es gibt aber auch die ungesäuerten Alternative wie zum Beispiel Fladenbrot. Eine große Rolle spielt ungesäuertes Brot beim jüdischen Pessach-Fest, wo es den hastigen Auszug des Volk Israel aus Ägypten symbolisiert – es war keine Zeit mehr, gesäuertes Brot herzustellen. Unterschieden werden Brotsorten in erster Linie nach der Art des verwendeten Getreides, z.B. Dinkel, Roggen oder Weizen. Vollkornbrote sind aus dem ganzen Korn hergestellt, womit sie wertvolle Bestandteile wie Öle, Ballaststoffe und Vitamine enthalten. Außerdem ist es möglich, Zusätze wie Gewürze, Oliven, Kartoffeln, Nüsse oder Samen (wie Sonnenblumenkerne) zuzugeben, um einen spezifischen Charakter zu erzielen. Mehl macht allerdings mit 90 Prozent der Brotmasse auch in diesen Fällen den Hauptbestandteil aus.

Es klappert die Mühle

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach

Bei Tag und bei Nacht ist der Müller stets wach

Er mahlet das Korn zu dem kräftigen Brot

Und haben wir solches dann gibt’s keine Not

 

Trocken Brot macht Wangen rot

Dass Deutschland eine ausgesprochene Brotnation ist, hat sich unterdessen herumgesprochen – nirgendwo fällt die Vielfalt so reichhaltig aus wie hier. Zählen lassen sich die ganzen Sorten allerdings nicht, zumal es auch viele regionale Spezialitäten gibt. Am bekanntesten ist auch bei uns das Weißbrot, das mit Weizen gebacken wird und leicht verdaulich ist, aber berühmt sind wir für unser Schwarzbrot – und wer einmal fremde Länder bereist hat, der weiß, was er dort mitunter vermisst. Der Begriff Schwarzbrot umfasst alle Brote, die mit Roggenmehl hergestellt werden, und zwar auch dann, wenn sie gar nicht schwarz aussehen – und daher als Graubrot bezeichnet werden. Als Mischbrote hingegen gelten solche Produkte, die Weizen wie Roggen in gleichen Mengen enthalten. Doch dies ist nur eine erste grobe Orientierung. Die eigentliche Vielfalt beginnt dahinter. So ist es nicht nur möglich, pflanzliche Stoffe – wie Leinsamen, Kleie oder Rosinen – hinzuzufügen, sondern auch tierische, was dann zu Joghurt-, Kefir und Molkebrot führt. Die dezent süßen Stutenbrote enthalten meist nicht nur Mandeln oder Rosinen, sondern je nach Ausführung Milch, Buttermilch oder Speisequark. Ganz anders verhält es sich hingegen mit dem beliebten Knäckebrot, das sich – wie auch der Pumpernickel – durch eine spezielle Zubereitungsart von den anderen Sorten unterscheidet.

 

Knäckebrot besteht meist aus Vollkorngetreide, wird aber nur kurz und bei großer Hitze gebacken. Dadurch sinkt sein Wasseranteil auf unter 10 Prozent, wodurch es nicht nur so knusprig, sondern auch enorm haltbar wird, was in früheren Zeiten von großem Vorteil war.

Erfunden haben das Knäckebrot übrigens die Schweden, wo es noch heute in den traditionell kreisrunden Scheiben gereicht wird. Der aus dem Westfälischen stammende Pumpernickel hingegen bestand ursprünglich nur aus intakten sowie grob zerkleinerten Roggenkörnern, dem Schrot. Beides quoll über Nacht in heißem Wasser auf. Das Resultat wurde umgefüllt, angebacken und dann in einem bis zu 24 Stunden dauernden Garprozess sehr langsam vollendet. Heute enthält Pumpernickel auch etwas Hefe, weil dies die problematisch lange Backzeit verkürzen hilft. Nicht vergessen werden sollen Spezialbrote, die auf besondere Ernährungsanforderungen zugeschnitten sind – so gibt es Brote mit Vitaminzusatz, aber auch glutenfreies oder streng natriumarmes Brot. Auch werden kohlenhydratreduzierte Brote angeboten. Übrigens: Vom Kaloriengehalt her sind alle Brotsorten ungefähr gleich – bei den Ballaststoffen unterscheiden sie sich aber beträchtlich. Es lohnt sich also, Vollkornprodukte zu bevorzugen – die sättigen auch einfach länger. 

 

Wer nie sein Brot mit Tränen aß

Wer nie sein Brot mit Tränen aß,

Wer nie die kummervollen Nächte

Auf seinem Bette weinend saß,

Der kennt Euch nicht

Ihr himmlischen Mächte

 

Brot das die Hoffnung nährt

So viel Brot es auch in Deutschland, Europa und generell in der westlichen Welt geben mag, für die Welt reicht es nicht. Immer noch nicht – obwohl seit Jahrzehnten Regierungen und Organisationen bemüht sind, den Hunger speziell in Afrika wenn nicht zu beenden, so doch zumindest einzudämmen. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass mehr als eine Milliarde Menschen nicht genug zu essen haben. Laut UNICEF sterben weltweit jeden Tag 24.000 Menschen, weil ihnen nicht genug Nahrung und sauberes Trinkwasser zur Verfügung stehen. Zwei der bekanntesten Hilfsorganisationen sind "Brot für die Welt“, das von evangelischen Landes- und Freikirchen getragen wird, sowie das römisch-katholische Hilfswerk Misereor. Beide Organisationen gibt es seit 1959. 1979, also zwanzig Jahre später, wurde der Welternährungstag eingeführt und auf den 16. Oktober gelegt, weil an diesem Tag im Jahr 1945 die Food and Agriculture Organization of the United Nations gegründet wurde. Ihr Motto lautet "Fiat panis“, was sich mit "Es werde Brot“ übersetzen lässt. Heute gehören ihr über 190 Staaten und die Europäische Union als Mitglieder an. Als Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation kümmert sie sich in erster Linie um Entwicklungshilfe und um generelle Informationen zu Ernährungs- und Nahrungsmittelfragen. Die FAO berät Regierungen und dient als internationales Forum. Ihre aktuelle Medienkampagne trägt den Titel "One Billion Hungry“ – Eine Milliarde sind hungrig – und wird von einer Petition begleitet, die die Regierenden auffordert, der Beseitigung des Hungers oberste Priorität einzuräumen. Wer will, kann diese Petition im Internet unterzeichnen.

 

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein

Um Brot muss man sich keine Sorgen machen – zumindest bei uns nicht. Der Verbraucher hat die Qual der Wahl – und kann nicht nur unter vielen hundert Sorten auswählen, sondern auch entscheiden, ob er neben der Massenware der Discounter nicht auch einmal die sorgfältig angefertigten Spezialitäten unabhängiger Bäckereien probieren möchte – von den ganzen regionalen Besonderheiten einmal ganz abgesehen. Und natürlich ist nicht nur das Brot entscheidend, sondern auch der Belag. Ob süß, ob salzig, ob mit Salami oder klassisch als Käsestulle oder als Functional Food, dem Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt sind – der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Doch das ist ein anderes Thema, und so soll am Schluss nur kurz festgestellt werden: "In der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot.“ Aber nur dann...

 

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