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Angst über Freude – was Posts viral macht

Manchmal genügt ein einziger Post, um einen wahren Flächenbrand in den sozialen Medien auszulösen – er wird von Freund zu Freund, von Gruppe zu Gruppe weitergeleitet. Doch was bestimmt, ob ein Beitrag viral geht oder in Vergessenheit gerät? Warum haben bestimmte Emotionen einen größeren Einfluss darauf? Und gibt es Alters- und Geschlechtsunterschiede?
SSC, 21.08.2025
Smybolbild Social Media Posts

© Delmaine Donson, iStock

Jeden Tag fluten hunderte neue Beiträge unsere Feeds auf Instagram, TikTok, YouTube und Co. Manche von ihnen bekommen rasend schnell viele Aufrufe und Likes und werden vielfach geteilt, während andere im „Social-Media-Sumpf“ verschwinden. Doch was entscheidet, ob Videos, Fotos und Textbeiträge viral gehen oder nicht?

Über sechs Millionen Nutzer unter der Lupe

Ein Forschungsteam um Yifan Yu von der University of Texas in Austin hat nun analysiert, welche in Posts vermittelten Emotionen diese am ehesten viral machen. Zieht zum Beispiel der Influencer besser, der vor der Kamera eine eklige Suppe testet, oder jener, der seiner Freundin einen romantischen Heiratsantrag am Strand macht? Um das herauszufinden, haben die Forschenden rund 387.000 Beiträge auf der chinesischen Messenger- und Social-Media-App „WeChat“ analysiert, die insgesamt von über sechs Millionen Nutzern geteilt wurden.

Mit Hilfe eines Katalogs von Schlagwörtern ordneten sie die Inhalte acht verschiedenen Emotionen zu und werteten anschließend aus, wie erfolgreich sich die Beiträge in dem Netzwerk der App verbreitet hatten. Zu den acht untersuchten Emotionen zählten Angst, Ekel, Freude, Liebe, Traurigkeit, Überraschung, Vorfreude und Wut.

Angst versus Wut, Liebe versus Freude

Das Ergebnis: Beiträge, die Angst, Liebe und Überraschung weckten, teilten Nutzer besonders häufig, was entsprechenden Posts zu großer Reichweite verhalf. Posts mit Wut, Traurigkeit und Freude hingegen wurden weniger häufig geteilt und repostet. „Es überrascht, wie ähnliche Emotionen völlig entgegengesetzte Auswirkungen auf die Verbreitung von Inhalten haben können“, sagt Yu.

Das heißt: „Es kommt nicht nur darauf an, ob eine Emotion positiv oder negativ ist. Es geht um die spezifische Art der Emotion und darum, was sie dem Leser vermittelt“, erklärt Yu. „Einige Emotionen, wie Angst oder Liebe, können Menschen dazu veranlassen, sich mit anderen zu verbinden, sie zu unterstützen oder zu warnen. Andere, wie Wut oder Freude, können als zu aggressiv oder egozentrisch empfunden werden, was die Menschen weniger dazu veranlasst, sich mitzuteilen.“ Während Ersteres zu mehr Likes, Kommentaren und Reposts führt, sorgt Letzteres eher für gähnende Leere in der Kommentarspalte.

Einfluss von Alter, Geschlecht und Freundeskreis

Doch nicht jeder reagiert gleich auf emotionale Beiträge. „Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts und sozialer Kreise verhalten sich unterschiedlich, wenn sie auf emotionale Inhalte stoßen“, betont Yu. So neigten Nutzer mit vielen Freunden dazu, eher Beiträge zu teilen, die Liebe, Angst, Vorfreude oder Ekel ausdrückten. Nutzer mit weniger Freunden teilten eher Posts, die Wut oder Überraschung beinhalteten.

Auch zwischen den Geschlechtern und Generationen zeigten sich Unterschiede im Teilverhalten: Während Männer lieber Beiträge mit Freude und Traurigkeit teilten, teilten Frauen vor allem Posts mit Liebe. „Frauen legen Wert auf das Management ihres sozialen Images und die Pflege ihrer Beziehungen“, erklären die Forschenden diese Diskrepanz. „Männer konzentrieren sich auf Unterhaltung.“

Ältere Nutzer teilten am liebsten Inhalte, die Wut oder Angst ausdrücken, während Jüngere lieber auf Posts mit Ekel zurückgriffen. „Ältere Erwachsene reagieren stärker auf Wut und Angst, was auf innere, altersbedingte Unruhe zurückzuführen ist“, berichtet das Forschungsteam.

Bewusster Umgang mit Emotionen

Yu hofft, mit seiner Studie Content-Ersteller für die Wirkung ihrer Posts zu sensibilisieren. Der Forscher rät: „Sie sollten mehr auf Liebe, Überraschung und insbesondere Angst achten, da diese Emotionen zu großen Informationskaskaden beitragen können.“

Auch Social-Media-Plattformen könnten von den neuen Erkenntnissen profitieren, indem sie besonders emotionale Inhalte jetzt frühzeitiger erkennen und deren mögliche Verbreitung besser einschätzen können. So ließe sich nicht nur gezielter moderieren, sondern auch gefährliche Inhalte eindämmen.

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