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Entdeckung und Erforschung der Erde: Auf immer neuen Wegen

Was beflügelte die europäischen Entdeckungsfahrten?

Das Interesse der europäischen Herrscher lag nicht darin, Länder und Seewege nur zu entdecken; vielmehr galt es, internationale Handelsrouten ausfindig zu machen und so eine wirtschaftliche Vormachtstellung zu erlangen.

Nachdem Heinrich der Seefahrer, Sohn des portugiesischen Königs Johann I., 1419 die besten Nautiker um sich versammelt hatte, tasteten sich die portugiesischen Kapitäne entlang der afrikanischen Westküste immer weiter nach Süden vor. 1488 umrundete Bartolomëo Diaz (1450–1500) die Südspitze des Kontinents, das Kap der Guten Hoffnung. Vasco da Gama (1469–1524) erreichte 1498 als erster Europäer Indien über den Seeweg.

Auch das spanische Königshaus setzte auf Entdeckungsreisen: Nachdem Christoph Kolumbus (1451–1506) 1492 in Amerika gelandet war, machten sich in den ersten beiden Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts rd. 500 Schiffe Spaniens auf den Weg nach Westen.

Wer unternahm im Mittelalter die längste Reise?

Als der am weitesten gereiste Mensch des Mittelalters gilt Ibn Battuta (1304–68/69 oder 1377) aus Tanger (Marokko). 1324 machte er sich auf eine Reise, die erst 1349 zu Ende ging. Dabei legte er rd. 120 000 km zurück – rechnerisch gesehen reiste er dreimal rund um die Erde.

Ibn Battuta besuchte den Norden und Osten Afrikas ebenso wie Indien und China, sah das Delta des Mekong im heutigen Vietnam und den Süden Russlands. Ibn Battutas Aufzeichnungen »Reisen bis ans Ende der Welt« galten im islamischen Kulturkreis als Standardwerk über exotische Länder und Kulturen.

Warum scheiterte Kolumbus?

Seinen eigentlichen Plan, das östliche Asien aus westlicher Richtung über den Seeweg zu erreichen, konnte Kolumbus niemals verwirklichen. Er hatte die Entfernung zwischen den Kanarischen Inseln und Japan auf knapp 4500 km geschätzt, in Wirklichkeit sind es jedoch über 19 600 km. Bis zu seinem Tod 1506 war Kolumbus davon überzeugt, den Seeweg nach Indien gefunden zu haben.

Der aus Genua stammende Seefahrer stach am 3. August 1492 mit drei Schiffen und 90 Mann Besatzung unter spanischer Flagge vom spanischen Palos aus in See. Am 12. Oktober 1492 erreichte er eine Insel der Bahamas, die er San Salvador taufte. Nachdem er auch Kuba und Hispaniola angelaufen hatte, trat er 1493 die Heimreise nach Europa an. Auf seinen insgesamt vier Reisen nach Amerika erreichte er u. a. Trinidad, Panama und Jamaika.

Übrigens: Dem Irrtum des Kolumbus verdanken die Indianer, die Ureinwohner Amerikas, bis heute ihren Namen. Und die Inselgruppe der Antillen heißt dank Kolumbus' Fehler auch Westindische Inseln.

Wer waren die ersten Entdecker?

Schon 1483 v. Chr. erreichten die Ägypter das Goldland Punt, das wahrscheinlich im heutigen Mosambik lag. Ab 600 v. Chr. umsegelten die Phönizier Afrika von Ost nach West. Ab 310 v. Chr. gelangte Pytheas von Marseille ebenfalls per Segelschiff wahrscheinlich bis zum nördlichen Polarkreis. 1003 machte sich der Wikinger Leif Eriksson von Grönland Richtung Westen auf, erreichte Neufundland und gilt somit als der eigentliche Entdecker Amerikas.

Umrundete Magellan als Erster den Globus?

Fernão de Magalhães (um 1480–1521), deutsch Ferdinand Magellan, stach zwar 1519 mit fünf Schiffen zur ersten Weltumseglung in See, wurde aber 1521 auf den Philippinen von Einheimischen getötet.

Ein Jahr nach seinem Tod konnten 18 Mann der ursprünglich 256-köpfigen Besatzung die erste Weltumseglung der Geschichte beenden. Die Spanier feiern heute Juan Sebastián de Elcano (1476–1526) als eigentlichen ersten Weltumsegler, weil er die Flotte wieder nach Hause führte. Magalhães, der Portugiese in spanischen Diensten, hatte jedoch die später nach ihm benannte Magellanstraße entdeckt und u. a. dem Pazifischen Ozean und Feuerland einen Namen gegeben.

Wieso wollte James Cook nach Tahiti?

Die Expedition des Engländers James Cook (1728–79) sollte dazu beitragen, die Entfernung zwischen Sonne und Erde zu berechnen: Er sollte am 3. Juni 1769 den Durchzug der Venus vor der Sonne beobachten. Das astronomische Phänomen tritt sehr selten ein: Jeweils zweimal im Abstand von acht Jahren, dann wieder erst in etwa 120 Jahren – zuletzt fand im Juni 2004 ein solcher Venusdurchgang statt. 1769 wollte man ihn von verschiedenen Punkten aus beobachten; für Cook war Tahiti vorgesehen. Die Insel war erst 1767 das erste Mal von Europäern angelaufen worden, die Fahrt bedeutete also eine Reise ins Ungewisse.

Übrigens: Auf seinen ingesamt drei Weltumseglungen 1768–79 bewies James Cook, dass Neuseeland aus zwei Inseln besteht. Er war der erste Europäer, der mit seinem Schiff den südlichen Polarkreis überquerte. Cooks bekannteste Einzelentdeckung war Hawaii, das ihm zum Verhängnis wurde: Am 14. Februar 1779 wurde er dort im Streit von Eingeborenen getötet.

Wann wurde das Innere Afrikas erforscht?

1795–1806 erkundete der Schotte Mungo Park den Fluss Niger im westlichen Afrika, der Deutsche Johann Rebmann erblickte 1848 als erster Europäer den Kilimandscharo im heutigen Tansania. Der Brite John Hanning Speke entdeckte 1859 den Victoriasee, der an die heutigen Staaten Uganda, Kenia und Tansania grenzt. Der bekannteste Afrikareisende aber war David Livingstone. Ab 1852 war der britische Forscher vier Jahre lang im südlichen Afrika unterwegs. Auf einer weiteren Reise, die er 1865 begann, suchte er die Quellen des Nil, galt dann jahrelang als verschollen und wurde erst 1871 von Henry Morton Stanley wieder ausfindig gemacht.

Waren Humboldt und Darwin Entdecker oder Forscher?

Beides. Die beiden Forscher wollten Erkenntnisse über die Natur sammeln – und gelangten dabei in Gebiete, die zuvor kein Europäer erreicht hatte. Der deutsche Universalgelehrte Alexander von Humboldt (1769–1859) war 1799–1804 in Südamerika unterwegs. 1802 erklomm er als erster Europäer den Chimborazo bis auf 5400 m Höhe. Der 6267 m hohe Berg in Ecuador galt damals als höchster Gipfel der Erde.

Der britische Naturforscher Charles Darwin (1809–82) segelte 1831–36 auf dem Schiff »Beagle« rund um die Erde. Er besuchte u. a. die Kapverdischen Inseln und die Galápagosinseln, landete auf Tahiti, Neuseeland und Mauritius. Beim Studium der Tierwelt auf den Galápagosinseln kam ihm die Eingebung zu seiner Evolutionstheorie.

Wo lagen die letzten weißen Flecken auf der Landkarte?

Im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert waren nur noch die unwirtlichsten Gebiete der Erde unbetretenes Land: die Polarregionen. Die kürzeste Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik, die sog. Nordostpassage, führt von der Nordsee entlang der eurasischen Küste bis zum Beringmeer und wurde erst 1879 vom Schweden Adolf Erik Nordenskiöld (1832–1901) bewältigt.

Der Erste, der die Nordwestpassage vom Atlantik durch die arktische Inselwelt Nordkanadas bis zum Beringmeer bezwang, war 1903–06 der Norweger Roald Amundsen (1872–1928). Er war es auch, der 1911 als erster Mensch am Südpol stand. Nur zwei Jahre zuvor hatte der Amerikaner Robert Peary (1856–1920) behauptet, als erster Mensch den Nordpol erreicht zu haben. Heute gilt es als sicher, dass Peary nur in die Nähe des Pols gelangt sein kann. Wie dem auch sei, die wesentlichen Entdeckungen waren gemacht worden, und die letzten weißen Flecken waren von der Landkarte verschwunden.

Wer sind die Entdecker des 21. Jahrhunderts?

Die Erdbeobachtungssatelliten. Sie kreisen in der Erdumlaufbahn, um sich ihr eigenes Bild von unserem Planeten zu machen. Dazu setzen sie die von der Oberfläche abgestrahlte elektromagnetische Strahlung in Bilddaten um. Anders als die von Flugzeugen aufgenommenen Luftbilder sind Satellitenaufnahmen also keine Fotografien. Beide dienen in vielen Bereichen als Grundlage, bei der Kartografie und Raumplanung genauso wie bei der Ozeanerforschung oder der Entdeckung von Rohstoffvorkommen.

Unterstützt werden die Erdbeobachtungssatelliten von den Satelliten des Global Positioning System (GPS). Das 1978 vom US-Verteidigungsministerium ins Leben gerufene System stützt sich heute auf 24 Satelliten, die die Erde auf sechs Bahnen umkreisen. Mindestens vier Satelliten decken zu jeder Zeit jeden Punkt der Erde ab – mit einem kleinen Empfangsgerät kann so jedermann bestimmen, wo genau er sich befindet.

War Marco Polo ein Schwindler?

Das bleibt bis heute ein Rätsel. Fest steht: Der venezianische Kaufmann Marco Polo (1254 bis 1324) war mit seinem Onkel und seinem Vater 1271 nach China aufgebrochen und kehrte erst 1295 nach Venedig zurück. Die meiste Zeit verbrachte er am Hof des Mongolenherrschers Kubilai Khan. In seinem Reisebericht schildert Marco Polo Details der chinesischen Kultur und Politik, des dortigen Handwerks und Handels. Aber weder erwähnt er die Chinesische Mauer, noch finden sich in chinesischen Quellen Hinweise auf den Europäer. Welche Anteile Realität und Fantasie in seinen Darstellungen haben, lässt sich heute kaum noch feststellen.

Wussten Sie, dass …

ab dem 7. Jahrhundert Schiffe von der Arabischen Halbinsel aus die Route nach Indien und China fuhren? Umgekehrt trieben die Chinesen Handel mit der islamischen Welt, ihre Schiffe liefen Somalia und Sansibar an.

Spanien und Portugal die Neue Welt 1494 im Vertrag von Tordesillas unter sich aufteilten? Alle neu entdeckten Länder westlich eines bestimmten Längengrads kamen zu Spanien, der Osten zu Portugal. Wegen dieser Abmachung ist Brasilien das einzige Land in Südamerika, in dem man noch heute Portugiesisch statt Spanisch spricht.

Australien bis ins frühe 19. Jahrhundert als Neuholland bezeichnet wurde? Die Niederländer hatten bei diversen Entdeckungsfahrten ab dem 16. Jahrhundert die Küsten Australiens erkundet.

Sir Francis Drake als Freibeuter im Dienst der Königin Elisabeth I. 1577–80 die zweite Weltumseglung gelang? Dabei störte er den spanischen Überseehandel empfindlich.

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