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Insektenfresser: Schützenswerte Nützlinge

Gibt es Insektenfresser schon lange?

Ja, schon ziemlich lange, denn die Insectivora, wie Insektenfresser wissenschaftlich bezeichnet werden, leben schon seit über 135 Millionen Jahren auf der Erde! Die ersten urtümlichen Vertreter besaßen einen ganz ähnlichen Bauplan; aus ihnen haben sich alle anderen Ordnungen der Höheren Säugetiere entwickelt. Heute gibt es etwa 365 Arten, die in sechs Familien eingeteilt werden. Dem Namen zum Trotz erbeuten die nachtaktiven, meist kleinen Tiere mit ihren bis zu 44 spitzen Zähnen nicht nur Insekten, sondern oft auch Würmer, Spinnen, Schnecken, Echsen und Ähnliches. Dabei vertilgen sie, da ihr Stoffwechsel außerordentlich schnell läuft, Nacht für Nacht Mengen, die etwa ihrem eigenen Körpergewicht entsprechen.

Warum rollt sich ein Igel bei Gefahr ein?

Weil er sich so am besten vor Angriffen schützen kann, denn er ist dann auf allen Seiten von spitzen Stacheln, dem Kennzeichen aller Echten Igel, umgeben. Das Stachelkleid des Igels ist dicht und gleichmäßig. Beim Braunbrustigel besteht es aus etwa 16 000 Stacheln, die beweglich in der Rückenhaut verankert sind. Normalerweise liegen sie flach am Körper an, richten sich jedoch auf, wenn sich die Haut strafft.

Um sich zu einer Kugel zusammenrollen zu können, hat der Igel einen ovalen Muskelring und den kuppelförmigen Schwanz-Rückenmuskel, die bei Gefahr kontrahieren. Sie sind durch eine Fettschicht vom Rest der Muskulatur isoliert, und stülpen sich wie ein Sack schützend über Kopf und Körper. Die Stacheln sind etwa einen Millimeter stark und schützen den Igel vor den meisten Fressfeinden; nur Dachse und andere Marder sollen in der Lage sein, zusammengekugelte Igel zu überwältigen. (Dass Füchse Igel ins Wasser rollen, um sie zum Entkugeln zu zwingen, dürfte hingegen Jägerlatein sein; außerdem können Igel – wenn auch ungern – durchaus schwimmen.) Was sich gegenüber natürlichen Feinden bewährt hat, wird den Tieren auf der Straße zum Verhängnis: Anstatt vor nahenden Autos zu fliehen, verharren sie in Abwehrhaltung. Viele Tausend Igel fallen deshalb jedes Jahr dem Verkehr zum Opfer.

Nicht nur bei Gefahr, auch zum Winterschlaf rollt sich der Igel zusammen und bleibt dann wochenlang in dieser Haltung. Seinen normalen Ruheschlaf hält er hingegen ausgestreckt ab.

Zur Igelfamilie gehört übrigens nicht nur die Unterfamilie der Echten Igel oder Stacheligel, aus der unser Europäischer Igel oder Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) stammt. Sie umfasst auch die südostasiatischen Haar- oder Rattenigel, die wegen des fehlenden Stachelkleids völlig anders, nämlich rattenähnlich, aussehen.

Sind Igel chronisch erkältet?

Nein, ihre ständig feuchte Nase brauchen sie, um ihre Umgebung zu erschnuppern. Der Geruchssinn ist für sie von größter Bedeutung, um ihre Geschlechtspartner und Jungen, aber auch Konkurrenten und Feinde zu erkennen. Aus der dunklen Nase an der Spitze der kegelförmigen Schnauze rinnt ständig etwas Flüssigkeit, welche die empfindlichen Riechschleimhäute feucht hält. Anders als viele andere Insektenfresser sind Igel auch in der Lage, ganz passabel zu sehen; trotz ihrer eher nachtaktiven Lebensweise können sie wohl sogar Farben unterscheiden. Die Beute – darunter viele Schadinsekten, Schnecken und junge Mäuse – wird nicht mit den unauffälligen Eckzähnen, sondern mit den verlängerten äußersten Vorderzähnen ergriffen. Da der Igel gegen viele Gifte ungewöhnlich resistent ist, vertilgt er sogar Ölkäfer wie die Spanische Fliege in größeren Mengen. Ein Zehntelgramm des in ihnen enthaltenen Giftstoffs Cantharidin reicht aus, um 25 Menschen zu töten – nicht aber den viel kleineren Igel. Auch Bienen- und Wespenstiche oder Blausäure können ihm wenig anhaben. Sogar Kreuzottern verschmäht er nicht, obwohl er gegen deren Gift nicht völlig immun ist. Er versucht, ihr Rückgrat durchzubeißen, während sie ihr Gift durch das aufgestellte Schutzkleid meist nicht applizieren kann, denn ihre Giftzähne sind kürzer als die Stacheln. Dann frisst er die Schlange vom Hinterende aus auf, selbst wenn sie noch lebt.

Warum bespucken Igel sich selbst?

Das ist ihre Art, sich zu tarnen. Igel versuchen häufig, ihren Eigengeruch zu überdecken, indem sie stark riechende Gegenstände wie Hyazinthenblüten, Regenwürmer, faules Fleisch, aber auch Zigarettenstummel oder Parfümseife ablecken oder zerkauen und ihr Stachelkleid auf dem Rücken mit dem schaumigen Speichel bespucken. Dieses Verhalten, bei dem die Tiere sich ausstrecken und den Kopf zum Spucken ruckartig nach hinten drehen, wurde bei allen Stacheligelgattungen beobachtet; es setzt oft bereits im Alter von einer Woche ein, wenn die Augen und Ohren noch verschlossen sind. Die geruchsspendenden Objekte werden nicht gefressen, sondern nach dem Zerbeißen ausgespien. Getrocknete Speichelflecken verraten noch lange die Stellen, die der Igel bespuckt hat.

Kann der Igel im Winter erfrieren?

Es kommt darauf an, wie oft der Igel in der kalten Jahreszeit geweckt wird! Als einziger Insektenfresser hält der Igel nämlich einen echten Winterschlaf, bei dem die Körpertemperatur – anders als bei der bloßen Winterruhe – drastisch reduziert wird. Im Herbst, wenn er sich ein ausreichendes Fettdepot angefressen hat, polstert er sein Nest im Unterholz oder an einer anderen geschützten Stelle gut mit Moos und Gräsern aus. Sobald die Außentemperatur einen kritischen Wert unterschreitet, der beim Europäischen Igel zwischen acht und zehn Grad Celsius liegt, werden im Zwischenhirn, in der Hypophyse und in der Bauchspeicheldrüse Hormone produziert, die die Umwandlung des Blutzuckers in Glykogen fördern. Als Folge verlangsamen sich Atmung und Puls; die Wärmeregelung wird ausgeschaltet, so dass das Tier auf eine Minimaltemperatur von sechs Grad Celsius abkühlt. Starke Kälte wirkt als Wecksignal; der Stoffwechsel kommt kurzzeitig in Gang und verhindert so, dass die Tiere erfrieren. Während des Winterschlafs zehren Igel von ihren Fettreserven. Störungen in dieser Zeit enden meist tödlich, da die Tiere in der freien Natur nicht genug Nahrung finden, um ihre verbrauchten Energievorräte wieder aufzufüllen.

Warum wirft der Maulwurf Hügel auf?

Weil er sich beim Graben seiner langen Jagdröhren periodisch des Aushubs entledigt, den er mit den Grabkrallen hinter sich wirft. Dazu schiebt er die Erde rückwärts und aufwärts an die Oberfläche, wo dann etwa eine Handbreit neben dem Tunnel die bekannten, manchen Zierrasenfreund zur Weißglut treibenden Haufen entstehen. Die Tunnel liegen im Sommer bis zu 40, im Winter bis zu 60 Zentimeter unter der Oberfläche; junge Tiere graben nicht so tief. Das Nest eines Maulwurfsbaus liegt unter einem Maulwurfshügel, der deutlich größer ist als die Haufen. Regelrechte Burgen mit bis zu 90 Zentimeter Höhe und über einem Meter Durchmesser, die gleich mehrere Kammern enthalten, findet man in Gebieten mit feuchten Böden, da die Tiere das Grundwasser meiden.

Können Maulwürfe in ihren Bauen ersticken?

Wenn sie in den Gängen nicht für die nötige Belüftung sorgen, kann das durchaus passieren. Denn der Luftaustausch in den Bauen ist nicht zu unterschätzen. Der Stoffwechsel der Maulwürfe läuft ständig auf Hochtouren; sie atmen extrem viel Kohlendioxid aus. In Freiheit legen sie daher Belüftungsgänge um die Nestkammer an und sorgen mit ihren Haufen für den nötigen Durchzug. In Gefangenschaft ersticken sie oft an ihren eigenen Abgasen, wenn man sie nicht in feinmaschigen, von unten entlüfteten Drahtkäfigen hält.

Der Europäische Maulwurf (Talpa europaea) wird 11–17 Zentimeter lang und bis zu 120 Gramm schwer. Er hat winzige Augen, mit denen er nur Helligkeitsunterschiede wahrnehmen kann, muschellose, aber gute Ohren, zu Grabhänden umgestaltete Vorderbeine und einen kurzen, ebenso wie die Nase dicht mit Sinneshaaren besetzten Schwanz, mit dem er stets spürt, was hinter ihm vorgeht. Obwohl viele diesen pelzigen Wühler schon gesehen haben und seine Erdhaufen ein vertrauter Anblick sind, wissen wir erstaunlich wenig über ihn. So ist die Tragzeit der Weibchen völlig unbekannt, da die Tiere schwer in Gefangenschaft zu halten sind. Maulwürfe sind ungesellig und teilen sich ihre Jagdreviere nur selten; konkurrierende Männchen bekämpfen einander in der Paarungszeit erbittert und lautstark. Auch die Paarungspartner kämpfen zunächst miteinander und gehen dann vermutlich gemeinsam auf Insektenjagd. Das Weibchen legt eine Brutkammer mit einem weichen Nest an und bekommt meist im Mai zwei bis sieben nackte, weißliche Junge, die sie bei Gefahr in ein anderes Nest trägt. Der Nachwuchs wird mit zwei Monaten selbstständig und ist mit einem Jahr geschlechtsreif; die Tiere leben etwa drei bis vier Jahre.

Warum muss die Spitzmaus ständig fressen?

Weil sie als echter Warmblüter ihre Körpertemperatur bei etwa 38 °C halten muss. Die Spitzmaus hat eine sehr dünne Isolationsschicht und eine im Verhältnis zu ihrem Volumen sehr große Oberfläche, weswegen ihr Stoffwechsel enorm schnell ablaufen muss, um diese Temperatur zu halten. Deshalb fressen Spitzmäuse täglich eine Menge, die 130 % ihres Körpergewichts entspricht, eine stillende Spitzmausmutter kommt sogar auf 200 %. Das Herz schlägt unglaubliche 1200 Mal pro Minute, um den Sauerstoff so schnell wie möglich im Gewebe zu verteilen, wo er für die Energiegewinnung benötigt wird. Außerdem ist dieses Organ mit einem Gewicht von 0,035 g vergleichsweise riesig: Es wiegt in Relation zum Körpergewicht dreimal so viel wie bei einem Vollblutrennpferd. Da Spitzmäuse viele Acker-, Forst- und Vorratsschädlinge vertilgen (manche aber auch Fische, Kleinvögel und Kleinsäuger, ja sogar Artgenossen), stehen sie in Deutschland größtenteils unter Naturschutz.

Warum ziehen manche Spitzmäuse in einer Polonaise durchs Gras?

Weil eine Spitzmausmutter auf diese Weise ihren Nachwuchs in Sicherheit bringt. Bei der zu den Weißzahnspitzmäusen zählenden Gattung Crocidura (Haus-, Garten- und Feldspitzmaus) kann man gelegentlich sog. Spitzmauskarawanen beobachten: Fühlt sich eine Mutter mit ihren Jungen im Nest gestört, so verbeißt sich ein Kleines im Fell über ihrer Schwanzwurzel, und alle anderen Kinder beißen sich jeweils an der Schwanzwurzel des Vorgängers fest. Gemeinsam ziehen sie wie eine Schlange durchs Gras.

Können Igel Fratzen schneiden?

Ja: Das hat ihnen die beiden Bezeichnungen Hunds- und Schweinsigel eingebracht. Wie der Volksmund noch heute, so unterschied schon Hildegard von Bingen (1098 bis 1179) zweierlei Igel. In ihrer Rezeptsammlung heißt es: »Wenn ein Mensch (…) den Swinegel essen will, soll er ihn wie einen Hasen im Wasser kochen, Zimt und Bertram und Pimpernell zu gleichen Teilen pulverisieren und diese Pulver miteinander in Wein erwärmen (…). So esse er ihn, dann schadet er ihm nicht, sondern macht ihn stark und erhält ihm seine Gesundheit.« Vom Genuss des Hundsigels riet sie hingegen ab, denn sein Fleisch sei »für den Menschen ebenso wenig geeignet wie das des Hundes«. Heute weiß man, dass »Hundsigel« (stumpfe Schnauze, steile Stirn) und »Schweinsigel« (spitze Schnauze, flache Stirn) sich nur in der Mimik unterscheiden: Das Gesicht eines verschreckten Igels mit aufgestellten Stirnstacheln und eingezogenem Kopf erinnert an einen Hund, dasjenige eines stöbernden Igels, der mit vorgestreckter Nase wittert und wühlt, an ein Schwein.

Wussten Sie, dass …

die madagassischen Tenreks oder Borstenigel mit ihren bis zu 30 Jungen die größten Würfe innerhalb der Säugetierklasse großziehen?

Maulwürfe kilogrammschwere Wintervorräte aus lebenden Würmern anlegen, die sie zuvor mit einem Biss gelähmt haben?

Wie nennt man die Auswüchse im Gesicht des Sternmulls?

Tentakel. Ein eigentümlicher Kranz aus 22 rosafarbenen Fortsätzen schmückt die Nasenspitze des amerikanischen Sternmulls (Condylura cristata). Diese unabhängig voneinander beweglichen Tentakel sind mit etwa 100 000 Nervenfasern ausgestattet, die auch noch so kleine Bewegungen der Beutetiere – Insektenlarven, Regenwürmer und kleine Krebse – wahrnehmen.

Anders als sein europäischer Verwandter bevorzugt der Sternmull feuchte oder sumpfige Gebiete als Lebensraum. Sein dichtes, schwarzbraunes bis schwarzes Fell schützt ihn hervorragend gegen Kälte und Nässe, denen er beim Schwimmen und Tauchen ausgesetzt ist, denn seine Tunnelausgänge liegen meist unter Wasser. Auffallend ist auch sein langer Schwanz, in dem er Fettreserven speichern kann.

Wussten Sie, dass …

der Name Maulwurf mit »Maul« wenig zu tun hat, da er sich vom althochdeutschen »Molte« ableitet, das so viel wie Erde heißt?

das Fell der Maulwürfe keinen eindeutigen Strich hat und die Tiere deshalb in ihren Gängen leichter rückwärts laufen können?

2,5 Millionen Etruskerspitzmäuse so viel wiegen wie ein Elefant?

Spitzmäuse nur dem Namen nach etwas mit Mäusen zu tun haben, sie tatsächlich aber mit den Maulwürfen verwandt sind?

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