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Poussins Raub der Sabinerinnen: Figurenreiche Komposition

Was bedeutete Rom für das 17. Jahrhundert?

In ganz Europa grassierte im 17. Jahrhundert das »Antikenfieber«, und nirgends fühlte man sich dem idealisierten Zeitalter näher als in Rom. In der ewigen Stadt verbrachte der französische Maler Nicolas Poussin (1594 bis 1665) seine fruchtbarsten Jahre, unterbrochen nur von einem zweijährigen Parisaufenthalt 1640–1642. Hier in Rom wurden die Stätten des Altertums freigelegt, die große Geschichte der Stadt studiert. Auch Poussin boten die antiken Bauten ein reiches Spektrum an Motiven.

Was interessierte Poussin an der Antike?

Sein Interesse galt weniger der historischen Wirklichkeit, als der möglichen Vorbildfunktion der Antike: Die römisch-antike Kunst stellte für Nicolas Poussin – wie für viele seiner Zeitgenossen – den Inbegriff einer zeitlosen und vernunftgemäßen Kunst dar. In einer Gegenbewegung zum Manierismus, dem auch Poussin in seiner frühen Phase anhing, ging es ihm nun um ein antikes Ideal aus Konzentration, Vernunft und Ordnung. Geschult an der Kunst der Antike und der italienischen Renaissance, fand Poussin in Rom zu jener kühl-klaren Farbgebung und dem strengen Bildaufbau, Komponenten seiner Malerei, die ihn als frühen Wegbereiter des französischen Klassizismus ausweisen und ihm Vorbildfunktion für mehrere Generationen französischer Maler verliehen.

Ist die Geschichte vom Frauenraub wahr?

Wahrscheinlich ist es nur ein Mythos, der für Poussins um 1635 entstandenes Gemälde »Raub der Sabinerinnen« Pate stand. Der antike Geschichtsschreiber Livius überliefert, dass die Römer vor ihrer eigentlichen Stadtgründung am Tiber an eklatantem Frauenmangel litten. Sie sollen daher die in friedlicher Nachbarschaft lebenden Sabiner mitsamt ihren Frauen und Töchtern zu einem Fest eingeladen haben, in dessen Verlauf sie die jungen Mädchen raubten.

Welche Szenen der Geschichte sind dargestellt?

In seinem Gemälde »Raub der Sabinerinnen«, das heute zu den Schätzen des Pariser Louvre gehört, konzentriert sich Nicolas Poussin auf den grausamen Höhepunkt des heimtückischen Geschehens, den kollektiven Frauenraub durch die Römer. Schauplatz ist ein weiter städtischer Platz, eingerahmt von mehreren nüchternen Bauten, die mit ihren Quadern und Säulenvorhallen an Stadtpaläste der Renaissance erinnern. Am linken Bildrand ragt ein monumentaler, breit gelagerter Tempel mit schmucklosem Giebel und mächtigen toskanischen Säulen empor. Er ist sichtbar noch nicht fertig – ein Symbol für die wachsende, noch unvollendete Stadt Rom. Am linken Rand des Gemäldes befindet sich – erhöht über der Menge – eine Dreiergruppe: Auf einem Podium steht der bekrönte Stadtgründer Romulus in der Haltung einer klassischen Statue und mit der bestimmenden Geste eines Imperators. Mit der Linken hält er seinen leuchtend roten Umhang empor und gibt damit den Römern das Zeichen zum Frauenraub. Hinter ihm beobachten zwei Senatoren das Geschehen.

Wussten Sie, dass …

der Raub der Sabinerinnen von vielen Künstlern der Epoche behandelt wurde? Als vorbildhaft wurde die raumgreifende Plastik in der Loggia dei Lanzi in Florenz gesehen, die der flämisch-italienische Bildhauer Giovanni da Bologna (1529–1608) geschaffen hatte.

Poussin, bevor er ein Gemälde in Angriff nahm, zunächst alles nur Greifbare über sein Thema las? Er fertigte sogar kleine Modellfiguren an, die er mit Stoff drapierte und so auf einem Brett aufstellte, wie sie später im Bild auftreten sollten.

Wie entwickelte sich Nicolas Poussins Kunstverständnis?

Nicolas Poussin, 1594 (wahrscheinlich im Juni) in Villersin-Vexin geboren, kam 1624 in Venedig mit den Werken Bellinis und Tizians in Kontakt – eine Art Initialzündung für das junge Malertalent. Von da ging er nach Rom, wo er bis auf eine zweijährige Unterbrechung den Rest seines Lebens verbrachte.

Hier, an einem der Zentren der antiken Welt, studierte er intensiv die klassische Malerei und Bildhauerei, was sich in seinen streng durchkomponierten, hell ausgeleuchteten Historiengemälden und Landschaften niederschlug. In seiner Kunstlehre vertrat er die Ansicht, die Malerei solle sich vor allem um Klarheit und strenge Gesetzmäßigkeit bemühen.

Poussins Maxime, die später auch die des Klassizismus wurde, lautete: »Man sollte vor allem alles tun, um sich nicht auf Kleinigkeiten einzulassen, mit denen man den Wert des Themas verringern könnte.« Am 19.11.1665 starb Poussin in Rom.

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