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Umwelt Erde – unser blauer Planet

Aus dem Weltraum wirkt die Erde wie eine blauweiß geäderte Murmel. Diese Welt, die in der kosmischen Hierarchie nur eine Randlage einnimmt, ist unsere Heimat im Weltall. Sie ist der einzige Planet, auf dem wir leben können. Die Einzigartigkeit dieses Himmelskörpers ist erst in den letzten Jahren immer deutlicher hervorgetreten. Nicht nur flüssiges Wasser, sondern eine große Zahl von weiteren Umständen sind Voraussetzungen für die Entwicklung höheren Lebens gewesen: Die Neigung der Erdachse, die vom Mond stabilisiert wird, Ozonschicht und Erdmagnetfeld, Vulkanismus und Plattentektonik sind Beispiele hierfür.

Ein Globus zeigt das Antlitz unseres Planeten: Ein weltumspannendes Meer, in das Kontinente und Inseln hineingeworfen scheinen. Diese beherbergen trockenheiße Wüsten, gemäßigte Klimazonen mit Wäldern und Seen, aber auch Eiswüsten voll klirrender Kälte. Abgesehen von den beiden Extremen sind die Lebensbedingungen fast überall akzeptabel: Das Wasser ist flüssig und trinkbar, es ist nicht ständig vereist und es kocht auch nicht. Die Lufttemperaturen sind angenehm – mit jahreszeitlichen Schwankungen. Über sechs Milliarden Menschen drängen sich heute in den bewohnbaren Gebieten – und täglich werden es mehr. Dazu kommen trotz des fortwährenden Artensterbens unzählige Tiere und Pflanzen. Wie Tier und Pflanze lebt der Mensch von der Erde: Auf ihrer Oberfläche bringen wir Saatgut aus, aus der Erdkruste fördern wir Rohstoffe, und das Meer liefert uns ebenfalls Nahrungsmittel und erweckt wegen seiner Bodenschätze unser Interesse.

Angesichts der immer weiter ausgreifenden Zersiedlung, der Umweltzerstörung und eines drohenden Klimawandels fragte der Astronom Heinz Haber schon Anfang der 1970er Jahre: »Stirbt unser blauer Planet?« Verschiedene geowissenschaftliche Disziplinen versuchen, Antworten auf diese Frage zu finden. Sie beschäftigen sich mit dem Aufbau und der Entwicklung der Erde, Häufigkeit und Entstehung von Bodenschätzen oder mit Wettergeschehen und Klima.

Angewandte Geologie: Wie wird die Erde erforscht?

Befassen sich Geologen nur mit Gesteinen?

Nein. Gegenstand der Geologie sind auch Ozeane und Binnengewässer, Atmosphäre, Klima und alle darin ablaufenden Vorgänge. Und die Arbeit beschränkt sich nicht auf die Erdkugel, sondern auch der erdnahe Raum wird einbezogen.

Manche Geologen arbeiten noch richtig im Gelände. Sie analysieren den Untergrund auf der Suche nach Lagerstätten oder klettern durch Tunnel oder Höhlen, um Erzgänge zu finden und zu markieren – fast wie die alten Goldsucher. Sie müssen allerdings im wahrsten Sinne des Wortes tiefer schürfen als ihre Vorgänger: Sondierbohrungen und seismische Erkundungen reichen heute tief in die Erdkruste hinein. Die tiefste bisher in Europa durchgeführte Bohrung war die kontinentale Tiefbohrung (KTB) im oberpfälzischen Windischeschenbach: Nach vierjähriger Bohrzeit war man bis in 9101 Meter Tiefe vorgestoßen.

Zwar lernt auch heute noch jeder Geologiestudent bei seinen Geländepraktika »Steine klopfen«, doch hat der technische Fortschritt viele Arbeitsmethoden grundlegend geändert: Viele Geologen arbeiten vorwiegend am Computer oder im Labor. Sei es bei der Auswertung umfangreicher Messprogramme, sei es bei der Modellierung von Vorgängen tief im Erdinneren – ohne modernste Rechner und Untersuchungsmethoden kommt man heute in der Geologie nicht mehr aus.

Woher weiß man, wie alt die Erde ist?

Aus der geologischen Untersuchung von Gesteinsschichten. Die entscheidende Erkenntnis für die Altersbestimmung war dabei, dass gleichartige Schichten ähnlich alt sein müssen.

Über die ersten drei bis vier Milliarden Jahre der Erdgeschichte weiß die Geologie nicht sehr viel, da es nur recht wenige Gesteine gibt, die seit dieser Zeit unverändert geblieben sind. Man nennt diese Phase zusammenfassend »Präkambrium«, also die Zeit vor dem ersten »gut dokumentierten« Erdzeitalter Kambrium, das vor etwa 600 Millionen Jahren begann. Um den Überblick zu bewahren, fasste man die Schichten zu Erdzeitaltern zusammen: Dem Erdaltertum (Kambrium bis Perm) folgten das Erdmittelalter (die »Dinosaurierzeit«, Trias bis Kreide), die Erdneuzeit (Tertiär, wörtlich das »dritte Zeitalter«) und die geologische Jetztzeit (das Quartär oder »vierte Zeitalter«), welche die letzten zwei Millionen Jahre umfasst.

Ihren Namen erhielten die Schichten und damit geologischen Epochen übrigens jeweils von Orten, wo sie besonders gut zu finden waren, so etwa die Jurazeit nach dem Schweizer Jura oder das Devon nach der englischen Grafschaft Devonshire.

Was verraten Gesteine über das Erdmagnetfeld?

Dass mehrmals eine Umpolung stattgefunden hat, das heißt, dass der magnetische Südpol und der magnetische Nordpol ihre Position getauscht haben. Eindeutige Beweise dafür fanden Geologen auf dem Boden des Atlantiks, der sich seit gut 200 Millionen Jahren allmählich nach außen aufspreizt. Dort zeigt sich eine lange Folge von magnetischen Kristallen mit wechselnder Polung. Dies spiegelt die Richtung des Magnetfeldes zu dem Zeitpunkt wider, als der diese Kristalle enthaltende Ozeanboden gebildet wurde. Man kann sogar erkennen, dass es zu manchen Zeiten mehr als zwei Magnetpole gab (sog. Quadrupol- oder Oktopolfelder), und es lassen sich auch Phasen ganz ohne ausgeprägtes Magnetfeld belegen.

Über die Ursache des Erdmagnetfelds herrschte übrigens lange Zeit Unklarheit. Heute geht man davon aus, dass sich zunächst schwache Ströme im metallischen äußeren Erdkern durch elektromagnetische Induktion so verstärkten, dass ein annähernd stabiles globales Magnetfeld entstand. Diese Theorie wurde durch im Labor nachgebaute »Geodynamos« eindrucksvoll bestätigt. Allerdings bricht das Feld – nach geologischen Maßstäben urplötzlich – in unregelmäßigen Abständen zusammen, um dann nach kurzer Zeit (das heißt »schon« nach wenigen Jahrtausenden) mit entgegengesetzter Polung neu zu erstehen.

Während des größten Teils der Erdgeschichte muss aber ein relativ stabiles Erdmagnetfeld bestanden haben. Sonst hätten nämlich Tiere keinen magnetischen Sinn entwickeln können. Das bekannteste Beispiel hierfür sind unsere Zugvögel. Sie orientieren sich bei ihren Tausende von Kilometern überspannenden Reisen unter anderem an der magnetischen Feldrichtung.

Wussten Sie, dass …

die Magnetpole wandern? Der magnetische Südpol, heute in Nordkanada, wird z. B. in etwa 50 Jahren die sibirische Küste erreichen.

man im Grand Canyon von der Erdurzeit (vor 4600 Mio. Jahren) bis zum Perm (bis vor 258 Mio. Jahren) wandern kann?

magnetische und geographische Pole nicht das Gleiche sind und der magnetische Südpol sich außerdem in der Nähe des geographischen Nordpols befindet?

Was erforscht die Selenologie?

Den Mond. Der Begriff »Selenologie« – heute nur noch selten verwendet – entstand in Anlehnung an den Begriff »Geologie« und meint die wissenschaftliche Erforschung des Mondes. Er geht auf Selene, die griechische Mondgöttin, zurück. Meist wird die Erforschung aller festen Himmelskörper, also z. B. auch die Untersuchung von Mondgestein oder Marsmeteoriten, der Geologie zugeschlagen.

Diese »außerirdische Erdwissenschaft« ist für die Geologen von großer Bedeutung. Denn je mehr sie von den anderen erdähnlichen Himmelskörpern im Sonnensystem (und vielleicht eines Tages auch außerhalb davon) erfahren, desto mehr können sie auch ihr Wissen über unseren Heimatplaneten erweitern und einordnen.

Seismologie und Vulkanologie: In das Innere der Erde schauen

Ist das Festland wirklich fest?

Nein, denn das, was wir als festen Erdboden unter unseren Füßen empfinden, schwimmt in Wirklichkeit auf dem zähflüssigen Erdinneren.

Verglichen mit den anderen Schichten, aus denen die Erde zusammengesetzt ist, ist diese Kruste hauchdünn – an ihrer dicksten Stelle erreicht sie gerade einmal 50 Kilometer. Die Erdkruste kann sich deshalb bewegen, weil sie in verschiedene Platten zerbrochen ist, die durch tektonische Prozesse langsam, aber unaufhörlich verschoben werden.

Der Geophysiker und Meteorologe Alfred Wegener (1880–1930) formulierte als Erster die Theorie der Kontinentalverschiebung. Ein Blick auf den Globus hatte ihn Anfang des 20. Jahrhunderts auf eine unerhörte Idee gebracht: Gäbe es den Südatlantik nicht, dann würde die Ostküste Brasiliens fast exakt in den westafrikanischen Golf von Guinea passen. Könnte es nicht sein, dass Südamerika und Afrika tatsächlich in grauer Vorzeit einen gemeinsamen Kontinent gebildet haben, der dann später vom Atlantik getrennt wurde? Für diese Idee sprachen sehr ähnliche Fossilfunde auf beiden Seiten des Atlantiks, dagegen das Unvermögen seiner Zeitgenossen, sich von der Unverrückbarkeit des Festlands zu verabschieden.

Lässt sich die Bewegung der Kontinente messen?

Ja. Erderkundungssatelliten wiesen Geschwindigkeiten von einem bis zehn Zentimetern pro Jahr nach, mit denen die Platten, auf denen die Kontinente liegen, sich aufeinander zu bzw. voneinander wegbewegen. Und die Richtungen, in die sich die einzelnen Platten verlagern, entsprechen im Wesentlichen denen, die Alfred Wegener – der Entdecker dieses Phänomens – vermutet hat.

Vor der Unterstützung durch Satelliten waren die Geologen auf »irdische« Indizien für Wegeners heute als »Plattentektonik« bezeichnete Theorie angewiesen. Eine erste Bestätigung brachten in den 1950er Jahren Gesteinsproben vom Grund des Atlantiks: Deren magnetische Orientierung ist in ost-westlicher Richtung symmetrisch zur Mitte des Ozeans. Dies zeigt, dass am so genannten Mittelatlantischen Rücken Material aus dem Erdinneren aufsteigt und die östlich und westlich davon gelegene Erdkruste nach außen wegdrückt.

Während in der Mitte der Ozeane neues Krustenmaterial gebildet wird und dieses die Platten auseinandertreibt, stoßen andernorts Platten zusammen. Dabei wird eine der Platten nach unten in den Erdmantel weggedrückt, wo sie aufschmilzt und so den Kreislauf schließt. Auf der Erdoberfläche falten sich an solchen Stellen Gebirge auf, wie etwa die Alpen oder der Himalaya.

Gibt es »Fenster« zum Inneren der Erde?

Ja, und zwar die Grenzen der Kontinentalplatten. Hier entstehen häufig Risse im Untergrund, durch die das heiße Magma, das den größten Teil des Erdinneren ausfüllt, an die Erdoberfläche tritt – meist in einem mehr oder weniger heftigen Vulkanausbruch.

Da zwischen der Lava – wie das an die Erdoberfläche gedrungene Magma genannt wird – und dem Gestein ein Temperaturunterschied von über tausend Grad besteht, wird das im Boden befindliche Wasser überhitzt, bis es schlagartig verdampft. Der Dampf zerreißt das Gestein und schleudert Steinbrocken, Staub und Schlacke bis zu 20 Kilometer in die Höhe, wie beispielsweise 1991 beim Ausbruch des philippinischen Vulkans Pinatubo.

Auch Erdbeben geben Kenntnis von den Aktivitäten im Inneren der Erde. Sie kommen zustande, wenn sich mechanische Spannungen im Gestein unter der Erdoberfläche schlagartig abbauen und die Erde zum Zittern bringen. Und solche Spannungen treten meistens dort auf, wo eine Platte der Erdkruste in ihrer langsamen Bewegung aufgehalten wird, etwa an den Rändern der Kontinentalplatten, an den Hochgebirgen oder an Einsenkungen wie dem Rheintalgraben. Im Gegensatz zu den unvorstellbar langsamen Bewegungen der Platten hüpft und schnellt der Untergrund bei einem Beben in unterschiedliche Richtungen. Scherungen und Stauchungen überlagern sich. Diese Abfolge von Druck und Zug ist es, die die meist verheerenden Schäden verursacht.

Wie gewinnt man Erkenntnisse über Erdbeben?

Mithilfe von Seismographen, mit dem seit dem 18. Jahrhundert die Bodenschwingungen bei Beben aufgezeichnet werden. Dabei wird unter einem beweglich gelagerten Stift langsam ein Papierstreifen vorbeigezogen. Bebt die Erde, so folgt der Stift den Erdschwankungen und schreibt eine gezackte Kurve. Den Ort eines Erdbebens bestimmen Geologen, indem sie Kurven von mindestens drei weit voneinander entfernten Stationen vergleichen. Jedes Erdbeben erzeugt nämlich nur wenige, ganz bestimmte Schwingungen. So genannte Oberflächenwellen breiten sich entlang der Erdoberfläche aus. Aufgrund der Kugelform der Erde benötigen sie am längsten, um einen Seismographen zu erreichen. Tiefenwellen durchqueren dagegen das Erdinnere in einer geraden Linie und treffen daher schneller ein. Da die Geschwindigkeit der Bebenwellen im Erdinnern bekannt ist, lässt sich aus den Zeitdifferenzen die Entfernung des Bebens berechnen und der Ort des Epizentrums bestimmen. Dies ist der Punkt in der Erde, an dem sich die Spannungen entluden.

Wussten Sie, dass …

die Staubwolken, die beim Ausbruch des Pinatubo freigesetzt wurden, das Klima veränderten? Da sie einen Teil des Sonnenlichts reflektierten, sank die Durchschnittstemperatur auf der Erde für einige Monate um etwa 1 °C.

mitunter auch die Erde in Deutschland bebt? Die Erdbebenherde konzentrieren sich besonders auf die Alpen, den Rheintalgraben und den Elbtalgraben.

der Ausbruch des Tambora in Indonesien 1815 als größter Vulkanausbruch der letzten 10 000 Jahre gilt? Er forderte etwa 12 000 Opfer; weitere 50 000 bis 80 000 Menschen starben durch Erdbeben und Flutwellen als Folge des Ausbruchs.

Was gibt die Richter-Skala an?

Die Stärke von Erdbeben, genauer gesagt die Energie, die ein Beben freisetzt. Theoretisch ist die Skala nach oben hin offen, aufgrund der physikalischen Eigenschaften der Erdkruste sind Erdbeben der Stärke 9,5 oder höher jedoch nahezu unmöglich. Eine Bebenstärke zwischen 8 und 8,5 – was etwa alle fünf Jahre vorkommt – entspricht rund 60 000 Wasserstoffbomben. Die Richter-Skala ist nach dem amerikanischen Seismologen Charles Francis Richter benannt, der sie zusammen mit seinem Kollegen Benno Gutenberg 1935 entwickelte.

Hydrologie: Die Kunde vom Wasser

Wie kommt das Salz ins Meer?

Durch den Kreislauf des Wassers. Auf seinem Weg durch die Erdkruste reichert sich das Süßwasser mit Spuren von Natriumchlorid und anderen Mineralien an, die es aus den Boden- und Gesteinsschichten herauslöst. Über die Bäche und Flüsse wird diese gelöste Fracht nach und nach ins Meer transportiert, wo es sich im Laufe von Jahrmilliarden angereichert hat. Alles Wasser, das sich auf den Kontinenten befindet, stammt aus dem Meer. Ohne den Kreislauf des Wassers bliebe es jedoch ungenießbares Salzwasser, denn bei der Verdunstung von Meerwasser durch die Sonnenenergie verbleiben die im Wasser gelösten Salze in den Ozeanen zurück. Praktisch salzfrei kehrt der aufsteigende Wasserdampf über die Kondensation und den Niederschlag wieder auf den Erdboden zurück.

Drohen uns Kriege ums Wasser?

Möglicherweise, Konfliktforscher rechnen jedenfalls in den kommenden Jahrzehnten damit. Denn obwohl etwa zwei Drittel der Erdoberfläche von Wasser bedeckt sind, sind die Vorkommen an nutzbarem Trinkwasser begrenzt, zudem steht die Gewinnung von Trinkwasser in Konkurrenz zur Wassernutzung durch Industrie und Landwirtschaft. Der steigende Lebensstandard einer wachsenden Weltbevölkerung lässt die Vorräte schwinden. So ist zwar in Deutschland die Wasserversorgung noch gesichert, doch in vielen Teilen der Welt hat die Bevölkerung keinen (oder nur sehr beschwerlichen) Zugang zu unverschmutztem Trinkwasser.

Weshalb wird sauberes Wasser knapp?

Weil Landwirtschaft, Industrie und Haushalte große Schadstoffmengen in die Gewässer spülen. In Deutschland ist die Überdüngung (Eutrophierung) eines der größten Probleme bei der Reinhaltung der Gewässer. Dazu kommt es, wenn durch Abwässer zu viele Nährstoffe in Flüsse und Seen gelangen. Dadurch vermehren sich die Algen so stark, dass andere Pflanzen an Lichtmangel zugrunde gehen. Bei deren Zersetzung verbrauchen Mikroorganismen so viel Sauerstoff, dass Tiere und Kleinstlebewesen verenden – das Gewässer »kippt um«. Quellen der Nährstoffeinträge sind Waschmittelrückstände, Dünger und vor allem das Ausbringen von Gülle. Gülle enthält darüber hinaus Nitrationen, die in das Trinkwasser gelangen können. Nitrat selbst ist ungiftig, wird aber im Körper zu Nitrit umgesetzt, das sich schädlich auf das Hämoglobin auswirkt.

Auch die chemische Industrie trägt zur ständigen Gewässerbelastung bei. Werden etwa über einen längeren Zeitraum kleinere Mengen z. B. giftiger Schwermetalle wie Blei oder Quecksilber über das Wasser der Nahrungskette zugeführt, reichern sie sich im menschlichen Gewebe an. Daher führen auch sehr kleine Emissionen dieser Stoffe langfristig zu erheblichen Gesundheitsschäden.

Können Abwässer überhaupt gereinigt werden?

Ja, doch weil die Konzentration von Schadstoffen und Keimen im Abwasser so hoch ist, reicht die biologische Selbstreinigungskraft von Flüssen und Gewässern nicht mehr aus. Daher werden Abwässer in Kläranlagen gereinigt. In einer modernen Kläranlage durchlaufen die Abwässer zunächst eine mechanische, dann eine biologische Reinigungsstufe. In der mechanischen Reinigungsstufe werden Fest- und Schwebstoffe entfernt: Rechenartig angeordnete Gitterstäbe filtern grobe Verunreinigungen aus, Sand und andere Festkörper setzen sich in den folgenden Sandfängern fest. Das Wasser durchläuft dann große Becken, in denen sich Schwebstoffe absetzen können.

Die biologische Klärstufe entfernt vor allem Nährstoffe wie Stickstoff, Nitrat und Nitrit sowie Phosphate. Dies schützt die Gewässer vor Eutrophierung. Die Verfahren sind den natürlichen Reinigungssystemen der Gewässer entlehnt: Mikroorganismen nehmen die abzubauenden Stoffe auf, verdauen sie und scheiden leichter abzubauende und weniger gefährliche Stoffe wieder aus. Technisch erfolgt die biologische Reinigung, indem das mechanisch gereinigte Wasser über eine drei bis vier Meter hohe Schüttung aus porösem Naturstein oder Sand läuft, auf der sich die gewässerreinigenden Bakterien angesiedelt haben.

Wieso friert ein See am Boden nicht zu?

Das hängt mit einer besonderen Eigenschaft des Wassers zusammen: Kühlt man Wasser ab, wird es bis zu einer Temperatur von 4 °C zunächst schwerer, darunter aber leichter! Eis hat eine um etwa zehn Prozent geringere Dichte als Wasser und schwimmt deshalb obenauf. Teiche, Seen und die Polarmeere gefrieren deshalb von der Oberfläche her. Da Eis Wärme sehr schlecht leitet, schützt es die tieferen Wasserschichten und die darin ausharrenden Lebewesen vor dem Gefrieren.

Wussten Sie, dass …

jede Person in Deutschland durchschnittlich jeden Tag 127 Liter Trinkwasser verbraucht? Das meiste davon wird zum Baden und Duschen verwendet.

in Deutschland täglich eine Fläche versiegelt wird, die so groß ist wie etwa 250 Fußballfelder? Insgesamt sind bereits 12 % der Landesfläche bebaut oder zugepflastert.

Atmosphärenwissenschaften: Luft, Klima, Wetter

Weshalb ist die Erdatmosphäre für uns überlebenswichtig?

Alle Lebewesen atmen die in der Atmosphäre enthaltenen Gase. Darüber hinaus ist sie zum einen ein wirksamer Schutz vor der schädlichen kurzwelligen Sonnenstrahlung und zum anderen wirkt sie gegen die eisige Kälte des Weltalls wie ein wärmender Mantel.

Doch unmittelbar nach ihrer Entstehung vor 4,5 Milliarden Jahren hatte die Erde überhaupt keine Gashülle. Erst aus den Ausdünstungen erkaltender Lava bildete sich die Uratmosphäre, die vermutlich Wasserdampf, Kohlendioxid, Stickstoff, Methan und verschiedene Säuren enthielt. Freier Sauerstoff war zunächst nicht vorhanden, doch das war auch gut so: Ohne schützende Zellwände wären die ersten Lebensformen von ihm sofort zersetzt worden.

Mit fortschreitender Abkühlung kondensierte der Wasserdampf und die Ozeane entstanden. Mit den ersten Fotosynthese treibenden Einzellern begann dann vor etwa zwei Milliarden Jahren die Umwandlung des Kohlendioxids in den für uns heute so unverzichtbaren Sauerstoff, bis vor einigen Hundert Millionen Jahren die heutige Sauerstoffkonzentration von knapp 21 Prozent erreicht wurde.

Was ist Luft?

Luft ist der Stoff, mit dem die Erdatmosphäre gefüllt ist. In der Antike hielt man Luft für ein Element, doch heute weiß man, dass sie ein Stoffgemisch ist. Ihre Bestandteile sind Stickstoff, Sauerstoff, verschiedene Edelgase und Kohlendioxid sowie schwankende Mengen Wasserdampf.

Mehr als drei Viertel der Luft bestehen aus Stickstoff. Die Moleküle dieses Gases sind aus zwei Atomen aufgebaut, die sehr fest aneinander gebunden und wenig geneigt sind, Bindungen mit anderen Elementen einzugehen. Daher unterhält Stickstoff keine Verbrennungsprozesse, sondern »erstickt« sie. Das Element Sauerstoff macht etwa ein Fünftel der Luft aus. Es besteht ebenfalls aus zweiatomigen Molekülen, die jedoch weniger stark aneinander gebunden sind. Sauerstoff ist lebensnotwendig, ohne ihn ist keine Atmung möglich. Reiner Sauerstoff, über längere Zeit eingeatmet, wirkt jedoch giftig.

Edelgase sind mit knapp einem Prozent in der Luft vertreten, wobei das Element Argon am häufigsten ist. Die übrigen Gase sind tatsächlich nur in Spuren, das heißt in Bruchteilen von Promillen, vorhanden. So findet sich Kohlendioxid mit einem Anteil von 0,37 Promille. Es ist jedoch für das Bestehen des irdischen Lebens von immenser Bedeutung, den Gehalt dieses Treibhausgases weder zu über- noch zu unterschreiten. Pflanzen benötigen Kohlendioxid für die Fotosynthese, bei der Sauerstoff freigesetzt wird.

Wie wird die Atmosphäre erforscht?

Mithilfe modernster Technik, die am Boden, in Ballonen oder Satelliten installiert ist.

Einige Parameter der unteren Lufthülle lassen sich vom Boden aus messen, so Temperatur, Feuchtigkeit, Luftdruck und Wind. Um herauszufinden, was sich in höheren Schichten tut, richtete man zunächst Messstationen auf hohen Bergen ein, die für Dauerbeobachtungen noch heute von Bedeutung sind. Mit der Erfindung bemannter Heißluftballons konnte man endlich weiter vorstoßen; bei Messfahrten über 10 km Höhe schwanden jedoch jedem Piloten die Sinne. Daher schickte man bald unbemannte, mit Instrumenten bestückte und mit Helium befüllte Freiballons in die Höhe.

Schon nach dem Ersten Weltkrieg kamen Radiosonden zum Einsatz: kleine Gasballons, die während des ein- bis zweistündigen Aufstiegs in Höhen von 30–50 Kilometern z. B. Feuchte-, Temperatur- und Luftdruckwerte messen und über Kurzwelle an die Bodenstation senden. Platzt der Ballon wegen des sinkenden Luftdrucks, segeln die Instrumente an einem Fallschirm zu Boden. Indem man den Ballon von der Erde aus mit einem sog. Windradar anpeilt, misst man die Richtung und Stärke der Höhenwinde. Radar wird auch zur Niederschlagsmessung eingesetzt: Wassertropfen, Eis und Hagel reflektieren auftreffende Radarstrahlen. Die Stärke der Rückstrahlung (Radarecho) gibt unter anderem Aufschluss über die Niederschlagsintensität, die Zeit bis zum Echo über die Entfernung und der Dopplereffekt über die Bewegung der Partikel. Die Dicke der Ozonschicht erfasst man mit Spektrometern, die das Sonnenlicht analysieren.

1960 wurde der erste Wettersatellit in eine polare Umlaufbahn geschossen. Seit 1963 übertragen die künstlichen Trabanten ihre Messdaten an Bodenstationen und seit 1966 kreisen geostationäre Satelliten 35 Kilometer über dem Äquator – mit derselben Geschwindigkeit, mit der die Erde sich dreht, so dass sie stets denselben Ausschnitt überwachen. Mit fünf geostationären und zwei polarumlaufenden Satelliten lässt sich heute die ganze Erdoberfläche kontinuierlich beobachten.

Wie entsteht das Ozonloch?

Durch Chemikalien, die in 15 bis 30 Kilometern Höhe mit dem Ozon reagieren und es zerstören, dabei selbst aber kaum verändert werden.

Der niederländische Forscher Paul J. Crutzen wies 1970 nach, dass Stickstoffoxide den Ozongehalt verringern. 1974 entdeckten dann die beiden amerikanischen Chemiker Mario Molina und Sherwood Rowland nicht nur, dass auch Chlor dazu in der Lage ist, sondern vor allem, dass es in Form von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) in bedrohlichen Mengen in die Ozonschicht gelangt war. FCKWs galten bis dahin als ideale, weil reaktionsträge Kältemittel und Treibgase für Spraydosen. In der Ozonschicht werden sie bei sehr tiefen Temperaturen und intensivem UV-Licht zersetzt und geben dabei das Chlor frei. Jedes Chloratom fördert die Spaltung vieler Zehntausend Ozonmoleküle, wodurch letztlich der UV-Schutzschild durchbrochen wird.

Von wo drohen der Atmosphäre Gefahren?

Insbesondere von der seit etwa 100 Jahren ständig sich intensivierenden Industrialisierung. Sie führte zu einem massiven Ausstoß an schädlichen Gasen, vor dem die Selbstreinigungskräfte der Natur mehr und mehr versagen. Wie groß die von diesen Stoffen angerichteten Schäden sind, hängt nicht nur von der emittierten Menge ab, sondern auch von ihrer Verweildauer sowie möglichen Reaktionsprodukten. Je länger sie existieren, desto weiter kann der Wind sie verteilen – über eine Halbkugel innerhalb weniger Monate, global in ein bis zwei Jahren. Moleküle wie die FCKW werden noch viele Jahrzehnte nach einem totalen Produktionsstopp in der Atmosphäre zu finden sein, weil sie sehr langlebig sind. Andere Stoffe reagieren dagegen chemisch oder werden mit Regen oder Staub aus der Luft entfernt.

Wie zuverlässig sind Wettervorhersagen?

Recht zuverlässig, denn die Meteorologen stützen ihre Aussagen auf Messungen von weltweit fast 15 000 Stationen, in denen Wetterdaten erfasst und meist automatisch an zentrale Einrichtungen übermittelt werden. Einige der wichtigsten Stationen befinden sich in 36 Kilometern Höhe über der Erde. Es sind Wettersatelliten, wie der europäische Meteosat. Mithilfe von Supercomputern berechnet man aus allen zu einer bestimmten Zeit vorliegenden Daten für jeden Punkt des Vorhersagegebiets einen neuen Datensatz für einen etwas späteren Zeitpunkt, daraus wieder neue Daten für den nächsten Zeitschritt und so weiter. Die so entstehenden Kurzfristvorhersagen, die wir als Wetterberichte aus den Medien kennen, liegen gar nicht so schlecht, wie man immer glaubt: Sie haben eine Trefferquote von etwa 85 Prozent. Temperaturen werden sogar mit etwa 90 Prozent Wahrscheinlichkeit richtig vorhergesagt.

Übrigens: Die Meteorologen unterscheiden vier »Zeithorizonte«. Kürzestfristvorhersagen betreffen die nächsten zwölf Stunden. Kurzfristvorhersagen beginnen in zwölf Stunden und umfassen etwa drei Tage. An sie schließen sich die mittelfristigen Vorhersagen an, die sich auf bis zu zehn Tage erstrecken. Der Zeitraum danach wird von den langfristigen Vorhersagen erfasst.

Wie bestimmt das Meer unser Klima?

Durch Meeresströmungen, aber auch durch seine große Wärmespeicherfähigkeit, die extreme Temperaturschwankungen abmildert: Im Sommer heizt sich das Meer auf und speichert die Wärme, im Winter gibt es sie allmählich wieder ab. Meeresströmungen wie der Golfstrom bringen enorme Mengen an Wärmeenergie aus äquatornahen Zonen in hohe Breiten – oder verfrachten bei kalten Strömungen wie dem Humboldt-Strom vor Chiles Küste ein Energiedefizit in umgekehrte Richtung.

Diese Strömungen treten jedoch nicht isoliert auf, sondern bilden ein den ganzen Globus umspannendes System. Kaltes Wasser sinkt im Nordatlantik ab und zieht warmes Oberflächenwasser aus dem Golf von Mexiko in Richtung Nordeuropa. Gleichzeitig strömt das kühle Wasser am Meeresboden den Atlantik entlang, umrundet das Kap der Guten Hoffnung und fließt zum Teil in den Indischen Ozean, zum Teil an der Antarktis entlang bis zum Pazifischen Ozean. Dort steigt das Wasser auf, fließt als Oberflächenströmung im südlichen Indischen Ozean wieder zusammen, umrundet erneut Südafrika und gelangt schließlich quer durch den Südatlantik wieder in Richtung des Golfs von Mexiko, wo sich der Kreis schließt. Die mit den Strömungen verbundene globale Umverteilung von Wärme hat deutliche Auswirkungen auf das Weltklima: So gibt es selbst in Nordnorwegen im Winter eisfreie Häfen und die kühlen Gewässer vor Südamerikas Westküste lassen alle Wolken sich bereits über dem Meer abregnen und machen die Atacama-Wüste in Nordchile zur trockensten Wüste der Welt.

Wird Europa in der Zukunft zu einer Wüste?

Zu welchem Endzustand die durch die sog. Treibhausgase ausgelöste Klimaerwärmung in Europa führen wird, lässt sich noch nicht abschätzen. Doch dass es Verschiebungen der Klimazonen geben wird, ist sicher. Auch mit häufigeren und stärkeren Unwettern muss man rechnen, denn eine Erwärmung bedeutet, dass mehr Energie in der Atmosphäre steckt, die sich entsprechend heftiger entladen kann. Erste Anzeichen des Wandels sind bereits zu sehen: Zugvögel kommen früher zurück, Obstbäume blühen früher und Hochwasser werden häufiger.

Ist Ozon gut oder schlecht?

Das hängt davon ab, wo es sich befindet. »Schlechtes« Ozon bildet sich vor allem im Sommer bei hohen Abgaskonzentrationen in Bodennähe. Dann wird »Ozonalarm« ausgelöst, denn Ozon ist ein Reizgas und deshalb immer gesundheitsschädlich.

Das »gute« Ozon ist dagegen in 20 Kilometern Höhe zu finden, wo es die von der Sonne kommende hochenergetische UV-Strahlung abfängt und den »Ozonschutzschild« bildet. Es ist also nur deshalb so positiv zu bewerten, weil sich dort gewöhnlich keine Menschen aufhalten.

Wussten Sie, dass …

nur die Erdatmosphäre atembare Luft enthält? Die Gashüllen aller anderen bekannten Himmelskörper sind für uns lebensfeindlich.

ein Mensch keine fünf Minuten ohne Luft überlebt? Ohne Wasser kann er immerhin zwei Tage und ohne Nahrung sogar zwei Wochen auskommen.

die Erdatmosphäre aus mehreren Schichten besteht? Unterschieden werden die Troposphäre (bis 6 km Höhe), die Stratosphäre (bis 50 km), die Mesosphäre (bis 80 km), die Ionosphäre (bis 300 km) und die Exosphäre.

Bedeuten »Wetter« und »Klima« dasselbe?

Nein. Laut Lexikon ist Wetter der physikalische Zustand der Erdatmosphäre an einem bestimmten Ort und zu einem bestimmten Zeitpunkt. Das Wetter in einer Region bezeichnet man als Wetterlage, den Verlauf des Wetters innerhalb von Tagen als Witterung. Klima ist dagegen das zeitlich über Jahre oder Jahrzehnte gemittelte Wettergeschehen in Regionen, Kontinenten oder weltweit.

Wussten Sie, dass …

Eisbohrkerne Zeugen des Klimas in der Vergangenheit sind? Unterschiede in der Dicke von Sommer- und Wintereis etwa deuten auf eine Veränderung der Niederschlagsmenge hin und die Temperatur zur Zeit der Eisbildung lässt sich aus Lufteinschlüssen ableiten, da die Konzentration bestimmter Spurengase in der Atmosphäre sich mit der Lufttemperatur ändert.

Meeresströmungen die Reisezeit von Schiffen verkürzen? So brauchen in früheren Zeiten Segelschiffe dank des ostwärts gerichteten Golfstroms für die Fahrt von Amerika nach Europa zwei Wochen weniger als in umgekehrter Richtung.

Bodenkunde: Grundlage von Schutz und Bewirtschaftung

Sind Böden einheitliche Gebilde?

Nein, Böden sind sehr heterogene Systeme. Sie enthalten organische und mineralische Bestandteile, durchsetzt von Poren in unterschiedlicher Größe, die mit Bodenwasser oder Bodenluft gefüllt sind. Böden sind der Lebensraum von Mikroorganismen und Tieren und werden vom Wurzelwerk der Pflanzen durchdrungen. Zwischen allen Komponenten besteht ein komplexes Geflecht wechselseitiger Beeinflussung.

Grünlandboden beispielsweise besteht typischerweise aus 25 % Luft, 25 % Wasser, 45 % mineralischen und 5 % organischen Bestandteilen; Letztere befinden sich vor allem in der obersten, der Humusschicht. Sie bildet sich aus abgestorbener pflanzlicher und tierischer Substanz, die als ungeordnetes Gemisch von Makromolekülen – den Huminstoffen – vorliegt. Huminstoffe können sich gut mit Wassermolekülen und Metallionen verbinden, weshalb Humus ein guter Wasser- und Nährstoffspeicher ist. Die kleinsten Bodenpartikel sind die Tonminerale. Sie bilden ein Gerüst aus Aluminiumsilicat, das außer Wasser auch positiv geladene Pflanzennährstoffe, sog. Kationen wie Ca2+, Mg2+ oder K+, speichern kann.

Was macht einen fruchtbaren Boden aus?

Es sind Faktoren wie Korngröße, mineralische Zusammensetzung des Ausgangsgesteins, Anteil der organischen Substanz und pH-Wert. Dabei gilt: je nährstoffärmer die mineralische Basis und je geringer der Humusgehalt, desto unfruchtbarer der Boden.

Die besten Voraussetzungen für fruchtbare Böden bieten daher Ausgangssubstrate, die reich an Natrium (Na), Calcium (Ca), Kalium (K), Magnesium (Mg) und Eisen (Fe) sind, z. B. Löss, Kalkstein, Schiefer oder Basalt. Böden, die sich auf Sandsteinen, Granit oder Grauwacke entwickeln, sind dagegen von vornherein nährstoffarm. Ähnliches gilt für den Humusanteil in Böden: In vegetationsreichen Regionen wird viel Biomasse zersetzt und in Humus umgewandelt.

Eine wichtige Rolle spielt auch der pH-Wert, denn Pflanzen können nur wachsen, wenn er in einem bestimmten, artspezifischen Bereich liegt. Zum Glück sorgt der Boden selbst dafür, dass sein pH-Wert keinen allzu großen Schwankungen unterworfen ist. Vor allem der Versauerung, also der Absenkung des pH-Werts durch Zufuhr von positiven Wasserstoffionen (Protonen), kann der Boden durch Aufnahme von Protonen begegnen. Daran sind unter anderem Carbonate, Silicate und Tonminerale beteiligt. Diese Pufferkapazität des Bodens ist allerdings nicht beliebig belastbar. In vielen Regionen ist sie in den letzten Jahrzehnten durch den sauren Regen erschöpft. Neben einer zunehmenden Versauerung der Böden ist auch eine Auswaschung von Nährstoffen die Folge, denn alle Speicherplätze für Nährstoff-Ionen werden von gepufferten Protonen besetzt.

Welche Stoffe belasten heute den Boden?

Vor allem in Wasser gelöste Luftschadstoffe, Schwermetalle, Düngemittel, Biozide und Mineralöle. Zu den Schadstoffen, die über den Regen in den Boden gelangen, gehören insbesondere die Oxide von Schwefel und Stickstoff. Sie bewirken eine Versauerung des Bodens und dadurch eine Freisetzung von Schwermetall-Ionen, die sonst in unlöslicher und somit unschädlicher Form im Boden vorliegen. In begrenztem Umfang ist es möglich, der Bodenversauerung durch Einbringen von Kalk entgegenzuwirken.

Noch problematischer sind aber Schwermetallionen, die aus Industriestäuben, Klärschlamm, Gülle und Abwasser in den Boden zusätzlich eingeschwemmt werden. Abgesehen davon, dass Schwermetalle die Fruchtbarkeit der Böden mindern, gelangen sie teilweise auch in die Nahrungskette und gefährden so die menschliche Gesundheit. Dasselbe gilt für die Biozide, die in der Landwirtschaft zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden. Auch die aus dem Kfz-Verkehr und aus Deponien stammenden Mineralöle sind für viele Bodenorganismen giftig.

Eine Bodenbelastung im physikalischen Sinn stellt die Bodenverdichtung durch Befahren mit Fahrzeugen dar, bei der das Porenvolumen vermindert wird. Auch können in verdichtetem Boden keine Organismen leben, da in ihm zu wenig Sauerstoff zum Atmen vorhanden ist.

Was bedeutet »biologisch abbaubar«?

Dass Stoffe im Boden von Mikroben zersetzt werden können. Biologisch leicht abbaubar sind Stoffe biologischen Ursprungs wie Proteine (Eiweiße), Kohlenhydrate oder Fettsäuren. Biologisch schwer abbaubar sind meistens Stoffe, die vom Menschen eingebracht werden, wie etwa Erdöl, Pestizide, Waschmittel und Kunststoffe. Sie können sich im Boden unter Umständen stark anreichern.

Wussten Sie, dass …

es Böden gibt, die ständig gefroren sind? Solche Permafrostböden tauen lediglich im Sommer in den oberen Bereichen auf, der Untergrund bleibt jedoch ganzjährig gefroren.

Regenwürmer für die Fruchtbarkeit eines Bodens besonders wichtig sind? Als Erdfresser durchmischen sie das Material im Darm besonders intensiv und bilden die sog. Ton-Humus-Komplexe.

weltweit bereits 15 % der Böden geschädigt sind? Vor allem durch Bodenerosion, Versalzung und Desertifikation (Wüstenbildung) geht immer mehr fruchtbares Ackerland verloren.

Agrartechnik: Vom Bauern zum Agraringenieur

Bringen Maschinen der Landwirtschaft nur Vorteile?

Nein. Sie senken zwar die Produktionskosten durch die Einsparung von Arbeitskräften, strapazieren unter Umständen jedoch den Boden und dessen Fruchtbarkeit. Darüber hinaus ist die stark gesunkene Zahl von landwirtschaftlichen Arbeitsplätzen auf dem Land nur betriebswirtschaftlich, nicht jedoch gesellschaftlich vorteilhaft.

Zu den gängigsten Landmaschinen gehören Traktoren und Pflüge. Während Traktoren ständig weiterentwickelt wurden, hat sich das bereits seit 2000 Jahre bekannte Prinzip der Pflugschar bis heute ohne nennenswerte Änderung erhalten: Die Schar schneidet den Boden horizontal ab und leitet ihn zum Streichblech, das ihn wendet und zerkrümelt. Durch das Aufschneiden lockert der Boden auf und die Durchlüftung verbessert sich. Allerdings unterbricht das Wenden die langen, tief reichenden Bodenporen. Wasser kann dann von unten nicht mehr über die Untergrenze der zu bearbeitenden Bodenschicht hinaus aufsteigen.

Das Wenden durchmischt die oberste, humusreiche Bodenschicht mit darunter liegenden Bereichen. Zu tiefes Pflügen führt jedoch dazu, dass organische Stoffe so tief verlagert werden, dass sie sich nicht zu Humus zersetzen – dadurch gehen dem Boden wertvolle Nährstoffe verloren. Gleichzeitig kommt zu viel totes Bodenmaterial nach oben. Schwere Zugmaschinen verdichten außerdem den Boden stark, was ihn wasserundurchlässig macht und die Hochwassergefahr erhöht.

Gibt es technische Lösungen gegen die Überdüngung?

Ja, mithilfe der modernen Informationstechnologie soll das Problem an der Wurzel gepackt werden. Eine Ursache der Überdüngung ist nämlich die uneinheitliche Bodenqualität eines Ackers, auf den im herkömmlichen Landbau jeweils einheitliche Mengen an Dünger oder Pflanzenschutzmitteln ausgebracht werden. Manche Stellen erhalten daher zu viel, andere zu wenig – es kommt also einerseits zu Ertragseinbußen und anderenorts zum Austrag von überschüssigen Mengen ins Grundwasser. Sensoren sollen Landmaschinen in die Lage versetzen, automatisch Wuchsparameter, Bodeneigenschaften, den Unkrautbefall und prognostizierte Erträge metergenau zu erfassen. Wird gleichzeitig über GPS die Position der Maschine registriert, lassen sich absolute Kartierungen erstellen. Fügt man noch Wetterdaten sowie Prognosemodelle und weiteres Expertenwissen hinzu, so ergibt sich ein »Geo-Informationssystem« (GIS), das eine genaue Dosierung von Dünger oder Agrarchemikalien ermöglicht. Solche Verfahren der »teilflächenspezifischen Pflanzenproduktion« werden derzeit von verschiedenen Stellen erforscht.

Wie helfen Sensoren der Landwirtschaft?

Sensoren sollen u. a. eingesetzt werden, um Pflanzenkrankheiten zu erkennen. Dies ist prinzipiell mittels Temperaturmessungen möglich, weil die Oberflächentemperatur der Pflanzen von deren Transpiration und diese wiederum von ihrem Gesundheitszustand abhängt. Daneben gibt es Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen der elektrischen Bodenleitfähigkeit und der Zusammensetzung des Bodens (Gehalte von Ton, Schluff und Sand), die den Wasserhaushalt des Bodens bestimmt, oder zum Einsatz von Laserscannern zur Erkennung von Unkrautbewuchs.

Was ist nachhaltige Landwirtschaft?

Nachhaltig ist die Landbewirtschaftung, wenn Boden, Wasservorräte und Luft so geschont werden, dass sie nachfolgenden Generationen im selben Umfang wie heute zur Verfügung stehen. Das bedeutet beispielsweise, dass Wasser und Böden nicht über ihre natürliche Regenerationsfähigkeit hinaus mit Dünger und Pflanzenschutzmitteln belastet werden dürfen. Chemische Herbizide (Unkrautvertilger) und Pestizide (Schädlingsbekämpfungsmittel) können im biologischen Kreislauf oft schlecht abgebaut werden, außerdem kommt es zu Resistenzen bei den zu bekämpfenden Schädlingen. Integrierter Pflanzenschutz schafft hier Abhilfe durch mechanische Unkrautbeseitigung, den Anbau schädlingsresistenter Sorten oder biologische Schädlingsbekämpfung mit Nützlingen.

Sind Landwirte Rohstoffproduzenten?

Ja. Angesichts der immer knapper werdenden fossilen Rohstoffe wie Erdöl und Erdgas kommt dem Anbau von sog. nachwachsenden Rohstoffen wie beispielsweise Raps, Faserpflanzen oder Holz eine immer größere Bedeutung zu.

Aus Rapsöl lässt sich nicht nur »Biodiesel«, sondern auch Schmier- und Hydrauliköl herstellen. Öle aus anderen Pflanzensamen sind ferner in der chemischen Industrie als Grundstoff für die Produktion von Tensiden in Reinigungsmitteln gefragt. Schließlich eignen sich Pflanzenreste, wie beispielsweise Hanf- oder Flachsfasern, als umweltfreundliche Dämmstoffe oder als Zusatzstoffe zur Verstärkung von modernen Werkstoffen wie etwa Kunstharzen.

Wussten Sie, dass …

die Zahl der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft massiv gesunken ist? In den alten Bundesländern verringerte sie sich seit 1950 von 28 Personen pro 100 Hektar auf etwa vier.

vor 100 Jahren ein Bauer lediglich neun Menschen ernähren konnte? Heute erzeugt ein einziger Landwirt Nahrungsmittel für 119 Personen.

Was versteht man unter konservierender Bodenbearbeitung?

Eine Technik, die die Nachteile des Pflügens vermeidet. Hierbei wird der Boden nicht gewendet, sondern beispielsweise mit Rotoreggen in mehreren Schichten gelockert, so dass die humusreichen Schichten oben verbleiben. Für diese Art der Bodenbearbeitung können auch leichtere Traktoren eingesetzt werden, was die Bodenverdichtung verringert. Allerdings kann sich auf solchen Flächen Unkraut leichter verbreiten, da es an der Erdoberfläche bleibt. Außerdem kann die feine Zerkrümelung des Bodens in feuchten Regionen zur Verschlämmung führen.

Kolumnentitel

Weshalb stecken Bodenschätze meist tief in der Erde?

Weil sie ihre Entstehung Prozessen im Erdinneren verdanken. Im Lauf der Jahrmilliarden wurden viele Gesteine durch die Bewegungen der Kontinentalplatten immer wieder in das Erdinnere gezogen. Hitze und der dort herrschende Druck machten sie zähflüssig und veränderten sie. Dabei vermischten sie sich mit anderen Gesteinen oder wurden durch chemische Reaktionen in ihrer Zusammensetzung verändert. Im geschmolzenen Zustand sanken schwere chemische Elemente wie Eisen oder Gold langsam nach unten, leichtere reicherten sich in oberflächennahen Schichten an. Gelangte später eine solche Schwermetallablagerung durch Konvektion und Tektonik wieder nach oben, befanden sich abbauwürdige Erzgänge in zugänglichen Tiefen.

Die ersten Bergwerke entstanden wohl, als die wenigen an der Erdoberfläche ausstreichenden Lagerstätten von Kohle oder Erz zur Neige gingen und man begann, den Adern und Flözen in der Erde zu folgen. Schon in der Antike wurden Bergwerke im industriellen Maßstab betrieben. Die Arbeitsbedingungen waren hart: Eingezwängt in winzige Felsspalten, mit Hammer und Schlägel aus Stein, Bronze, später auch Eisen, ein qualmendes Lämpchen an Hut oder Stirnband oder auf einem Felsvorsprung stehend, mussten die Bergleute das erzhaltige Gestein aus dem Fels lösen. Der technische Fortschritt verbesserte die Lage der Bergleute, so etwa die gegen Ende des letzten Jahrhunderts zum Einsatz gekommenen ferngesteuerten Vortriebsgeräte.

Wie kommt man Bodenschätzen auf die Spur?

Mithilfe ausgefeilter Technik. Prospektoren, wie die modernen Schatzsucher korrekt heißen, bedienen sich etwa seismologischer Methoden: In abgelegenen Regionen und zur Untersuchung großer Flächen legt man kleine Sprengladungen aus. Die von diesen hervorgerufenen Erschütterungen werden mit Seismographen registriert und am Computer in ein dreidimensionales Bild des Untergrunds umgerechnet.

In technisch oder ökologisch sensiblen Bereichen kommen so genannte Rüttler zum Einsatz, die in einem bestimmten Rhythmus auf den Boden aufstampfen. Auf Pkw-Anhänger oder Lkws montiert, können sie im Gelände mühelos von einem Messpunkt zum nächsten bewegt werden.

An den Grenzen zwischen verschiedenen Gesteinsarten werden die von Sprengung oder Rüttler ausgelösten Schallwellen gebrochen und reflektiert, wobei sie sich in mehrere Teilwellen aufspalten. Diese erreichen die Geophon genannten Sensoren zu unterschiedlichen Zeiten. Da Temperatur, Dichte und Zusammensetzung des Gesteins die lokale Schallgeschwindigkeit bestimmen, lässt sich aus den Ankunftszeiten der einzelnen Teilwellen auf die geophysikalischen Parameter der durchlaufenen Schichten schließen. Sind auf diese Weise mögliche Lagerstätten eingegrenzt, werden ergänzende Messungen durchgeführt. So können etwa Mikroorganismen auf mögliche Erdöl- oder Erdgasvorkommen hindeuten.

Was macht Edelsteine so wertvoll?

Ihre vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten. Denn nicht nur als Schmucksteine sind Rubin, Saphir und Diamant begehrt, auch die Industrie nutzt sie. So werden etwa aus Diamanten hochwertige Bohr-, Schleif- und Polierwerkzeuge hergestellt, Rubine sind Bestandteil von Lasern und Saphire dienten einst in Schallplattenspielern als Tonabnehmer.

Bei diesen auch als Edelsteine bzw. Halbedelsteine bezeichneten Mineralien handelt es sich um große Kristalle mit einheitlicher Zusammensetzung – Bergkristall etwa besteht aus Quarz (chemisch Siliciumdioxid), Diamant aus Kohlenstoff. In einem Kristall wiederholt sich ein mehr oder weniger einfaches Grundmuster (etwa ein Würfel) Billionen von Billionen Male. Im Prinzip findet sich deren Form auch in perfekt gewachsenen natürlichen Kristallen, in der Praxis müssen Edelsteine meist zunächst geschliffen und poliert werden. Erst dann erhalten sie ihre Transparenz und Brillanz.

Neben der chemischen Zusammensetzung bestimmt übrigens vor allem die Kristallstruktur die Eigenschaften eines Minerals. So bestehen der absolut härteste Stoff, Diamant, und einer der weichsten, Graphit, aus demselben Element: Kohlenstoff. Doch während die Kohlenstoffatome im Diamant ein dreidimensionales Gitter bilden, bei dem jedes Atom fest mit vier weiteren verbunden ist, gruppieren sie sich im Graphit zu leicht gegeneinander zu verschiebenden Ebenen.

Was ist das schwarze Gold?

Es handelt sich um Erdöl und Kohle, ohne die unsere heutige technische Zivilisation nicht hätte entstehen können.

In Deutschland, England und anderen Industrieländern war die Förderung und Nutzung der Steinkohle das Symbol für die Industrialisierung. »Rauchende Schlote« wurden als Beleg für wachsenden Wohlstand, später jedoch für die unerträglich gewordene Luftverschmutzung gesehen. Heute ist in Deutschland der Steinkohlebergbau fast völlig verschwunden, denn in anderen Teilen der Welt kann der Rohstoff wesentlich billiger gefördert werden.

Wertvoller ist heute das Erdöl – wie nicht zuletzt die steigenden Preise zeigen. Denn das Rohöl lässt sich zu zahlreichen Substanzen veredeln, von denen Benzin und Heizöl nur die einfachsten sind. Raffiniertes Erdöl ist beispielsweise Ausgangssubstanz für eine große Zahl von Kunststoffen und Medikamenten.

Die Suche nach Erdöl ist sehr aufwendig. Ist eine viel versprechende Gesteinsformation gefunden, wird zunächst eine Probebohrung niedergebracht: In das entstehende Bohrloch werden Rohre verlegt, deren Durchmesser langsam abnimmt – das Bohrloch wird also nach unten hin immer schmaler. Wasser mit besonderen Zusätzen dient als Spülflüssigkeit. Es kühlt den Bohrmeißel und sorgt mit seinem hohen Gewicht dafür, dass kein Erdöl aus dem Bohrloch nach oben schießt. Ist die Probebohrung erfolgreich, wird das geförderte Öl in Tanks gelagert und dann zum Ölhafen transportiert. Von dort geht es über See zu den großen Umschlagplätzen wie Rotterdam, dem größten Ölhafen Europas.

Was sind Bodenschätze?

Alle Rohstoffe, die im ober- oder unterirdischen Bergbau wirtschaftlich gewonnen werden können, zählen zu den Bodenschätzen – also bei weitem nicht nur Silber, Gold und Edelsteine. Zu ihnen gehören auch organische Substanzen wie Torf, Kohle oder Öl, Minerale wie Salz oder Talk, Steine und Erden, also Kies oder Sandstein, Erze wie Eisen und das aluminiumhaltige Bauxit sowie Mineralien, darunter Bergkristall und Diamant.

Wasser, das in den Wüstengürteln der Erde oft nur unterirdisch vorhanden ist und gefördert wird, zählt man noch nicht einheitlich zu den Bodenschätzen, ebenso wenig wie natürliche Ressourcen, etwa Pflanzen oder Tiere.

Wussten Sie, dass …

das älteste Mineral ein Zirkon ist? Er wurde in einem 4,4 Milliarden Jahre alten Felsen in Australien gefunden.

der größte und wertvollste Diamant der »Stern von Afrika« war? Er hatte 530,2 Karat (106 Gramm) und wurde in 105 Diamanten geschnitten, da er im Ganzen unbezahlbar gewesen wäre.

Erdöl schon vor 12 000 Jahren genutzt wurde? In Mesopotamien dichtete man beispielsweise damit Schiffe ab, nachdem man die schwarze Masse zuvor mit Sand, Schilf und Ähnlichem vermischt hatte.

Elektrizität: Energie für alle

Gibt es in der Natur Elektrizität?

Ja, etwa in Gewittern oder in Lebewesen. Am eindrucksvollsten zeigt sich die natürliche Elektrizität in den Blitzen. In ihnen entladen sich hohe elektrostatische Ladungen, die sich durch Reibung in den Gewitterwolken aufgebaut haben.

Aber auch innerhalb des menschlichen und tierischen Organismus fließen elektrische Ströme. Sie sind jedoch so schwach, dass man sie nicht spüren, sondern nur mit empfindlichen Geräten messen kann. Diese Ströme lassen das Herz schlagen, bewegen die Gliedmaßen und geben in Form der Hirnströme ein Bild der Gedanken und Empfindungen. Sie können nicht nur gemessen werden, sondern dienen in der Medizin sogar dazu, Krankheiten zu erkennen.

Manche Tiere nutzen Elektrizität als Waffe. Zitterrochen und Zitteraal beispielsweise können hohe elektrische Spannungen aufbauen, mit denen sie sich wirkungsvoll gegen Angreifer verteidigen. Darüber hinaus sind sie in der Lage, elektrische Signale, die durch die Muskelbewegung von Fischen ausgelöst werden, wahrzunehmen und so ihre Beute zu orten.

Wie wird elektrische Energie gewonnen?

Sie entsteht durch Umwandlung aus anderen Energieformen, z. B. der in Molekülen gespeicherten chemischen Energie. Sie lässt sich in einer Brennstoffzelle unmittelbar in elektrische Energie umwandeln. Ein Kohlekraftwerk setzt dagegen zunächst die im Brennstoff vorhandene chemische Energie in Wärme um. Sie wird zum Teil zum Heizen genutzt, zum Teil aber in Bewegungsenergie umgewandelt, die die Turbinen antreibt; am Generator schließlich entsteht aus der Bewegungsenergie elektrische Energie.

Aus unserem täglichen Leben ist die elektrische Energie nicht mehr wegzudenken, obwohl wir sie erst seit gut hundert Jahren im Alltag nutzen. Die Vielzahl elektrischer Maschinen, die uns heute im Haushalt und am Arbeitsplatz vieles erleichtern, verschaffen uns – bei aller Kritik an Übertechnisierung oder Wegfall von Arbeitsplätzen durch Automatisierung – viel Freiheit, um uns mit Dingen beschäftigen zu können, die über den täglichen Broterwerb hinausgehen. Dennoch ist der Pferdefuß nicht zu übersehen: die Abhängigkeit unserer Gesellschaft vom »Fließen des Stroms«.

Was macht den Transport von elektrischer Energie so schwierig?

Die zum Teil hohen Stromverluste. Fließt Strom durch Kabel, entsteht nämlich Wärme, deren Menge von der Stromstärke abhängt. Diese Wärme bedeutet einen Energieverlust, denn sie geht für die Nutzung in elektrischen Geräten verloren.

Solche Wärmeverluste können jedoch deutlich reduziert werden: Es geht ja nicht darum, große Ströme zum Verbraucher zu bringen, sondern große elektrische Leistung! Die ist aber das Produkt aus Spannung und Stromstärke. Dieselbe Leistung wird erreicht, wenn statt hoher Ströme – die Wärme erzeugen – hohe Spannungen transportiert werden. Muss ein Kraftwerk z. B. 10 000 Kilowatt liefern, wäre bei der Netzspannung von 230 Volt eine Stromstärke von etwa 43 Kiloampere nötig. Bei den 380 000 Volt einer Überlandleitung braucht man dagegen nur noch 26 Ampere – und hat entsprechend wenig Wärmeverluste. Deshalb wird der Strom im Kraftwerk über einen Transformator geschickt, der eine Hochspannung von 380 000 Volt erzeugt. Bevor diese die Endverbraucher erreicht, wird sie wieder auf 230 Volt heruntertransformiert.

Erzeugt Elektrizität Abfall?

Abgesehen von den Schadstoffen, die bei seiner Entstehung anfallen, sind Wärme, Licht, Bewegung und chemische Energie direkte »Abfall«-Produkte fließenden Stroms.

Strom erwärmt z. B. den Leiter, durch den er fließt. Das Stromkabel eines Geräts, das über lange Zeit hinweg in Gebrauch war, zeigt dies ganz deutlich. Das bedeutet, dass Strom in Wärme umgewandelt wird. Die fließenden Ladungsträger stoßen nämlich ständig mit den Atomen des Leitermaterials zusammen, was den Leiter aufheizt. Man nutzt diesen Effekt in Heizdecken oder Heizlüftern zur direkten Wärmeerzeugung aus.

In Heizlüftern beginnt der dünne Draht sogar zu glühen. Diesen Glüheffekt kann man bei anderen Haushaltsgeräten und natürlich auch bei Glühbirnen beobachten. Die meisten Metalle halten so hohe Ströme nicht aus und schmelzen. Daher werden Glühbirnen aus Wolframdrähten hergestellt, die eine entsprechend hohe Hitzebeständigkeit aufweisen. Zudem wird bei der Herstellung der Birne die Luft aus dem Glaskolben herausgepumpt, was die chemische Korrosion des Wolframs verhindert.

In der Chemie werden elektrische Ströme als Auslöser von chemischen Reaktionen genutzt. So liegen in Wasser gelöste chemische Substanzen meist als Ionen vor und Ionen sind geladene Teilchen (beispielsweise Natriumchlorid, NaCl, das in Na+ und Cl zerfällt). Fließt nun ein Strom durch die Lösung, so wandern die Ionen zu den entsprechenden Polen der Stromquelle. Ähnliches gilt für geschmolzene Erze: Mittels Strom, der durch die Schmelze fließt, können die geladenen Metall-Ionen (z. B. Aluminium-Ionen) vom übrigen Material getrennt werden.

Wie funktioniert eine Sicherung?

Sie unterbricht den Stromkreis, wenn die Stromstärke zu hoch wird. Haushaltssicherungen kommen in zwei Varianten vor. Die klassische Schmelzsicherung besteht aus einem isolierenden Keramikzylinder, in dessen Inneren ein Draht gespannt ist. Wird die Stromstärke zu hoch, schmilzt der Draht im Inneren durch und die Sicherung löst aus. Die moderne Variante ist der Sicherungsautomat – ein Schalter, der durch einen Bimetallstreifen betätigt wird. Infolge der Hitze, die bei hohen Strömen entsteht, verbiegt sich das Bimetall und schaltet so den ganzen Stromkreis ab. Bei Automaten, die eine Spule enthalten, entsteht ein Magnetfeld, das die Abschaltung bewirkt.

Wussten Sie, dass …

das Phänomen Elektrizität bereits in der Antike bekannt war? Griechische Naturphilosophen beschrieben die Wirkung von Bernstein, der, wenn er an Fell gerieben wird, elektrische Ladungen freisetzt, die leichte Gegenstände anziehen und Blitze erzeugen.

man nicht zu viele Geräte an ein Verlängerungskabel anschließen sollte? Es kann zu einer Überlastung, also Überhitzung der Kabel, kommen, die einen Kabelbrand verursachen kann.

jeder Mensch einen natürlichen Herzschrittmacher hat? Es ist ein Nervenknoten, der elektrische Impulse übermittelt und so den Herzschlag initiiert.

Kraftwerke für Grund- und Spitzenlasten: Kohle, Gas & Dampf

Weshalb gibt es unterschiedliche Kraftwerkstypen?

Damit die Energieversorger in der Lage sind, flexibel auf den Stromverbrauch zu reagieren.

Der Stromverbrauch ist weder im Tagesverlauf noch im Jahresverlauf konstant. Man unterscheidet daher Kraftwerke u. a. nach der Schnelligkeit, mit der sie Hitze erzeugen können. Die so genannten Grundlastkraftwerke (Kernkraftwerke und Kohlekraftwerke) sind wegen ihrer großen Trägheit eher für den kontinuierlichen Betrieb geeignet. Spitzenlastkraftwerke wie etwa Gasturbinen-, aber auch einige Kohlekraftwerke lassen sich in Zeiten hohen Verbrauchs schnell zuschalten.

Was treibt die meisten Kraftwerke an?

Es sind fossile Brennstoffe, also Erdgas, Erdöl und Kohle. Über 60 Prozent der elektrischen Energie werden in Deutschland daraus erzeugt. Diese Stoffe entstanden aus den Überresten von Pflanzen, die vor vielen Millionen Jahren gelebt haben. Die von ihnen durch Fotosynthese gewonnene und gespeicherte Energie können wir heute durch Verbrennung freisetzen und nutzen.

Entsteht aus Kohle auf direktem Weg Strom?

Nein, die Kohle wird eingesetzt, um Dampf zu erzeugen, der Turbinen antreibt, welche den Strom erzeugen.

In einem Kohlekraftwerk wird pulverisierte Kohle bei über 1000 °C im Dampferzeuger verbrannt. Das in Rohren durch den Brennraum geleitete Wasser wird durch die Verbrennungswärme so stark erhitzt, dass es verdampft. Der 540 °C heiße Dampf steht unter einem Druck von ca. 200 bar. Dies versetzt ihn in die Lage, die Turbinen anzutreiben, an denen er vorbeigeleitet wird. Um den Dampf optimal zu nutzen, sind Hochdruck-, Mitteldruck- und Niederdruckturbinen hintereinander angeordnet. Beim Durchströmen der Turbinen sinken Druck und Temperatur des Dampfes, wodurch aber sein Volumen zunimmt. Die Laufräder der Turbinen sind mit Schaufeln ausgerüstet, auf die der Dampf beim Vorbeiströmen Druck ausübt. Dies versetzt die Turbine in Drehung. Die Schaufelräder werden von Hochdruck- zu Niederdruckturbine größer, damit am Schluss ein großes Dampfvolumen geringen Drucks die gleiche Drehzahl erzeugt wie am Anfang das kleine Volumen hohen Drucks.

Hinter der Turbine hat der Dampf seinen Druck verloren. Die restliche Wärme von etwa 40 °C wird ihm in einem Wärmetauscher entzogen, in dem der Dampf an Rohren vorbeigeleitet wird, die von Kühlwasser durchströmt werden. Der Dampf kondensiert an den Rohraußenseiten, und das abtropfende Wasser wird zurück in den Brennraum geleitet und erneut verdampft.

Weshalb haben Kraftwerke Kühltürme?

Um die Abwärme der Brennprozesse zu »entsorgen«. Am unteren Ende des Kühlturmes sind Öffnungen, durch die Luft einströmen kann. Sie erwärmt sich am Kühlwasser, das innerhalb des Turmes versprüht wird, und erhält dadurch einen Auftrieb. Beim Aufstieg nimmt sie Dampf und Tröpfchen mit und tritt am oberen Ende in die Atmosphäre aus. Herrschen niedrige Außentemperaturen, entstehen die bekannten Dampfschwaden. Der Dampf aus dem Kühlturm ist übrigens weitgehend schadstofffrei.

Verpesten Kohlekraftwerke die Luft?

Nicht mehr in dem Ausmaß wie in vergangenen Jahrzehnten, denn in modernen Kraftwerken wird das bei der Verbrennung gebildete Rauchgas von Stickoxiden, Schwefel und Staub gereinigt.

In einer Entstickungsanlage werden Stickoxide mithilfe von Ammoniak zu unschädlichem Stickstoff und Wasser umgewandelt. Staub wird dem Rauchgas mithilfe elektrostatischer Filter entzogen und der Schwefel – dessen Oxide sich in der feuchten Atmosphäre zu Schwefelsäure umwandeln würden – wird unschädlich gemacht, indem man das Rauchgas mit Calciumcarbonat besprüht. Es reagiert dabei mit Schwefeldioxid zu Gips, der als Baumaterial verkauft wird.

Lediglich das bei der Verbrennung entstehende Kohlendioxid (CO2) entweicht in die Atmosphäre. Leider verstärkt es den Treibhauseffekt und ist damit mitverantwortlich für die sich abzeichnende Klimaänderung.

Welche Alternative zur Kohle gibt es?

Gas kann ebenfalls zum Antrieb von Turbinen verwendet werden. Gasturbinen können sehr schnell anlaufen und sind daher flexibel einsetzbar. Verglichen mit den einigen Hundert Megawatt (MW), die ein Dampfkraftwerk erzeugt, ist die Leistung eines Gasturbinenkraftwerks mit 1 bis 300 MW meist etwas geringer. Die Gasturbine wird von einem etwa 1000 °C heißen Gasstrahl angetrieben. Erzeugt wird dieser, indem Erdgas zusammen mit verdichteter Luft verbrannt wird. Ein großer Teil der Leistung wird für das Verdichten der Luft benötigt, so dass im Generator lediglich 33 bis 42 Prozent in elektrische Leistung umgewandelt werden.

Gasturbinenkraftwerke kommen ohne Kühltürme und Rauchgasreinigung aus und die Investitionskosten sind geringer als bei Dampfkraftwerken. Dem stehen jedoch höhere Stromerzeugungskosten gegenüber, weshalb man Gasturbinenkraftwerke meist als Spitzenlastkraftwerke einsetzt.

Die Abgase eines Gasturbinenkraftwerkes sind noch ca. 500 °C heiß; es liegt nahe, sie für den Betrieb eines Dampfkraftwerks zu nutzen. Dies geschieht in Kombinationskraftwerken, bei denen Gasturbinen und Dampfturbinen hintereinander geschaltet sind. Ihr Wirkungsgrad steigt damit auf etwa 55 Prozent.

Was verrät der Wirkungsgrad?

Er gibt an, wie viel Prozent der Ausgangsenergie in brauchbare Energie umgewandelt werden. Bei der Umwandlung von Wärme in andere Energieformen kann aus physikalischen Gründen niemals ein Wirkungsgrad von 100 Prozent erreicht werden, denn ein Teil wird wieder als Wärme an die Umgebung abgeführt. In der Praxis haben beispielsweise Steinkohlekraftwerke Wirkungsgrade bis 45 Prozent, Braunkohlekraftwerke bis 40 Prozent.

Wussten Sie, dass …

der Stromverbrauch, anders als vielleicht angenommen, in Deutschland sinkt? 1990 lag er bei 552 Milliarden Kilowattstunden, 2002 bei nur noch 504 Milliarden Kilowattstunden.

die Braunkohlevorräte der Erde noch für mindestens 500 Jahre reichen werden? Allerdings enthält Braunkohle mehr Fremdstoffe als Steinkohle, so dass für Braunkohlekraftwerke strengere Umweltauflagen gelten.

Kernkraftwerke: Hochkomplex und umstritten

Wie lässt sich aus der Uranspaltung Energie gewinnen?

Indem man die Spaltung im Rahmen einer Kettenreaktion ablaufen lässt. Natürliches Uran enthält drei Isotope. Isotope besitzen dieselbe Anzahl elektrisch positiver Kernteilchen (Protonen), aber unterschiedlich viele elektrisch neutrale Partikel (Neutronen). Über 99 Prozent des natürlichen Urans besteht aus Atomen mit der Massenzahl 238, also aus 238U (92 Protonen und 146 Neutronen), 0,7 Prozent aus 235U (mit 143 Neutronen), der Rest aus 234U. Die Isotope zerfallen spontan: Man spricht von radioaktivem Zerfall. Dabei werden einzelne Neutronen frei, die beim Zusammenprall mit anderen Urankernen wiederum Spaltungen auslösen könnten, aber solche »induzierten« Spaltungen kommen in der Natur kaum vor, weil die Konzentration des Urans in Gesteinen zu gering ist.

Eine wichtige Voraussetzung zur technischen Nutzung der Kernspaltung ist somit eine Anreicherung des Urans. 238U ist aber nicht für eine Kettenreaktion geeignet, weil es sich durch die Aufnahme von Neutronen in Plutonium umwandelt. Man benötigt 235U, in dem aber nur langsame, sog. thermische Neutronen eine Spaltung auslösen können. Die bei Spaltungen frei werdenden Neutronen besitzen eine zu hohe Geschwindigkeit und müssen daher abgebremst werden. Treffen thermische Neutronen auf einen 235U-Kern, bildet sich 236U, das sofort in zwei kleinere Kerne und zwei bis drei Neutronen zerplatzt. Dringen diese – nach Abbremsung – in andere 235U-Atome ein, werden bereits vier bis sechs weitere Neutronen frei, die ihrerseits Spaltprozesse anregen können: Die Kettenreaktion ist ausgelöst. Und bei jeder Spaltung wird Energie frei.

Wie wird die Kettenreaktion aufrechterhalten?

Durch sog. Moderatoren, mit denen Zahl und Geschwindigkeit der im Reaktorkern umherschwirrenden Neutronen gesteuert werden können. Ziel ist es, die für die Spaltung von 235U benötigten thermischen Neutronen in genügend großer Zahl bereitzustellen. Geeignete Moderatorstoffe sind beispielsweise Wasser und Graphit. In diesen Stoffen werden schnelle Neutronen durch Stöße abgebremst, langsame dagegen werden kaum beeinflusst.

Was sind Brennstäbe?

In ihnen findet die Kettenreaktion statt. Sie sind aus mehreren Scheiben (auch Tabletten oder Pellets genannt) aufgebaut, die aus Urandioxid bestehen und eine lange Säule bilden. Damit genügend 235U für die Kettenreaktion zur Verfügung steht, wird es bei der Brennstabherstellung angereichert, so dass sein Anteil am Pelletmaterial mindestens drei Prozent beträgt. 50 bis einige Hundert Brennstäbe bilden ein Brennelement, mehrere Brennelemente den Reaktorkern. Zwischen den Brennstäben befinden sich neben dem Moderator die sog. Steuerstäbe. Diese bestehen aus einem Material, das Neutronen abfängt, wie beispielsweise Bor, Cadmium oder Hafnium. Werden die Steuerstäbe in den Reaktorkern eingefahren, verringert sich die Kettenreaktion, sind sie ganz hineingeschoben, kommt die Kettenreaktion zum Stillstand, beim Herausziehen wird sie wieder in Gang gesetzt.

Übrigens: Jährlich muss etwa ein Drittel der Brennelemente ausgetauscht werden. Ausgediente Brennelemente lässt man zunächst für einige Jahre in einem Abklingbecken abkühlen. Wird – wie in Deutschland – auf die Wiederaufbereitung verzichtet, kommen die Brennelemente anschließend in ein Zwischenlager. Transportiert werden sie in den sog. CASTOR-Behältern, in denen sie auch im Lager verbleiben. Von dort müssten sie eigentlich nach etwa 40 Jahren in ein Endlager gebracht werden – ein solches Lager gibt es aber bis heute nicht.

Setzen Kernkraftwerke Radioaktivität frei?

Ja, allerdings im Normalbetrieb nur zwischen einem Tausendstel und einem Zehntausendstel der natürlichen Radioaktivität.

Fürchterliche Folgen kann ein Ausfall der Kühlung haben – wie beim Unfall in Tschernobyl 1986: Das dort verwendete Druckröhrenkraftwerk setzte Graphit zur Moderation ein, das, neben den Wasserrohren für das Kühlwasser, in Stäben durch die Brennelemente geführt wurde. Nach dem Ausfall der Wasserkühlung klemmten die Stäbe fest. Die Moderation fachte die Kettenreaktion weiter an, bis das schmelzende Uran mit Restwasser eine Dampfexplosion auslöste. Anders bei Wassermoderation: Hier steigt beim Ausfall der Kühlung die Temperatur an, das Wasser verdampft und die Moderation fällt aus. Die nun schnellen Neutronen können das Uran nicht mehr spalten, die Kettenreaktion bricht ab.

Was ist Kernfusion?

Bei der Kernfusion werden leichte Atomkerne miteinander verschmolzen, und es wird Energie frei. Nach diesem Prinzip erzeugt auch die Sonne ihre Energie. Dort werden jeweils vier Wasserstoffkerne zu einem Heliumkern verschmolzen, und zwar ergeben 1000 Gramm Wasserstoffkerne 993 Gramm Heliumkerne, die Differenz von sieben Gramm wird als Energie abgestrahlt. Dieser Fusionsprozess lässt sich nicht so einfach in Laboratorien oder Reaktoren auf der Erde nachbilden. Hier verwendet man – bisher aber nur in Experimenten – nicht gewöhnlichen Wasserstoff, sondern Deuterium (D) und Tritium (T), zwei Isotope des Wasserstoffs mit einem bzw. zwei Neutronen. Die Fusion von Deuterium und Tritium (»D-T-Reaktion«) könnte eine Energie von 100 Millionen Kilowattstunden pro Kilogramm D-T-Gemisch liefern!

Was brütet ein Brutreaktor aus?

Spaltbare Isotope, die das nur begrenzt vorhandene 235Uran ersetzen könnten. Speziell konstruierte Reaktoren können aus dem häufig vorkommenden 238Uran oder 232Thorium spaltbare Isotope durch Kernreaktionen »erbrüten«. Der einzige deutsche Versuchsreaktor dieser Art stand in Kalkar. Aus technischen Gründen und angesichts der anhaltenden öffentlichen Proteste wurde der »schnelle Brüter« jedoch nie in Betrieb genommen. Denn die Brütertechnologie erfordert den Umgang mit großen Mengen Plutoniums, das sowohl waffenfähig als auch außerordentlich giftig ist.

Wussten Sie, dass …

die Sonne schon seit mindestens fünf Milliarden Jahren Kernfusion »betreibt«? Alle Forschungslaboratorien der Welt kommen zusammen auf nur wenige Sekunden.

die Verbrennung von einem Kilogramm Steinkohle acht Kilowattstunden Energie liefert, die Spaltung von einem Kilogramm Uran 23 Millionen Kilowattstunden?

Erneuerbare Energiequellen: Wind, Sonne und Wasser

Was ist der Unterschied zwischen Sonnenkollektoren und Solarzellen?

In Sonnenkollektoren erhitzt die Sonnenstrahlung eine Flüssigkeit, die dann über Wärmetauscher zur Erwärmung von Brauchwasser eingesetzt wird (solarthermische Energiegewinnung). Bei Solarzellen wird die Sonnenstrahlung direkt genutzt, um elektrischen Strom zu erzeugen (Energiegewinnung durch Photovoltaik). In Kraftwerken erzeugt die Sonnenwärme Dampf und treibt Generatoren an. Die meisten dieser Kraftwerke sind noch im Experimentierstadium, lediglich das kalifornische Parabolrinnenkraftwerk in der Mojave-Wüste liefert seit Jahren eine Leistung von etwa 350 Megawatt.

Übrigens: Auf Hausdächern sind überwiegend Photovoltaikanlagen installiert. Moderne Systeme sind dabei nicht auf sonniges Wetter angewiesen, sondern arbeiten immer, solange es nur hell ist. Sie liefern auf 1,5 Quadratmetern Fläche etwa 100 Watt. Ein Hausdach mit 60 Quadratmetern Solarzellen kann über das Jahr gemittelt über 8000 Kilowatt pro Stunde liefern.

Weshalb sind Windkraftwerke auf hoher See effektiver als an Land?

Weil der Wind auf See kräftiger und gleichmäßiger weht. Und das ist die Voraussetzung für die kontinuierliche Erzeugung von elektrischer Energie.

Der Rotor einer Windkraftanlage wird meist mit drei Blättern ausgestattet und an einer Horizontalachse angebracht. Trifft der Wind auf den Rotorflügel, bewirkt die asymmetrische Form, dass die Windgeschwindigkeit vor dem Rotor höher ist als dahinter. Dadurch baut sich ein Druckunterschied auf. Der Flügel weicht dem hohen Druck aus, der Rotor dreht sich. Werden die Windgeschwindigkeiten zu hoch, entstehen jedoch Wirbel in der Nähe der Blätter, die Energie verbrauchen. Dies versucht man durch spezielle Flügelformen zu vermeiden.

Wie kommt der Windstrom ins Netz?

Der Rotor treibt über ein Getriebe den Generator an. Wird der Strom direkt ins Stromversorgungsnetz eingespeist, muss die Drehzahl des Generators der Netzfrequenz entsprechen. Über das Getriebe ist dann auch die Drehzahl des Rotors festgelegt. Deshalb kann der Rotor sich einem veränderlichen Windangebot nicht anpassen, was zu Verlusten führt. Ein Weg, diese Verluste zu vermeiden, ist ein frei drehbarer Rotor. Dann muss der erzeugte Wechselstrom allerdings auf die Netzfrequenz umgerichtet werden.

Wie wird Energie aus Wasser erzeugt?

Durch unterschiedliche Typen von Wasserkraftwerken, z. B. Laufwasserkraftwerke oder Pumpspeicherkraftwerke.

Laufwasserkraftwerke werden direkt in den Fluss oder einen Seitenkanal eingebaut. Mithilfe eines Wehrs wird der Wasserpegel oberhalb des Kraftwerks auf konstantem Niveau gehalten. Das von oben nach unten strömende Wasser treibt die Turbine und mit ihr den Generator an. Während der Spiegel des Oberwassers konstant bleibt, hängt der des Unterwassers vom Wasserangebot ab – und damit auch die vom Kraftwerk erzeugte Leistung. Laufwasserkraftwerke können daher die Energie nicht verbrauchsabhängig liefern, weshalb sie als Grundlastkraftwerke dienen.

Bei den Pumpspeicherkraftwerken wirkt ein See oder Stausee als Speicher. In Niedrigverbrauchszeiten pumpt man mit im Kraftwerk erzeugtem Strom Wasser in ein höher gelegenes Reservoir, um bei Bedarf in Spitzenverbrauchszeiten Wasser aus dem See zur Stromerzeugung entnehmen zu können.

Liefern auch Pflanzen Energie?

Ja, und zwar meist dadurch, dass sie entweder verbrannt werden oder aus ihnen Brennstoff hergestellt wird.

Im letzten Jahrzehnt gingen Biomasseheizkraftwerke mit Leistungen zwischen 300 Kilowatt und 10 Megawatt in Betrieb, in denen Holzhackschnitzel verbrannt werden. Solche Kraftwerke versorgen Wohnhäuser und kommunale Einrichtungen. Ein Kubikmeter Holz hat dabei den Heizwert von 320 Litern Heizöl. Soll neben der Wärme zusätzlich Strom erzeugt werden, kommt Biogas zum Einsatz, das als Abfallprodukt in Mülldeponien und Kläranlagen, aber auch in der Landwirtschaft entsteht.

Wie funktioniert Erdwärme?

In unseren Breiten mit einem im Boden installierten Wärmetauscher, der die Wärme direkt dem Erdreich entnimmt. Allerdings ist eine Wärmepumpe erforderlich, um die Temperatur so weit zu erhöhen, dass man damit heizen kann.

In vulkanischen Regionen wird zudem der Dampf heißer Quellen an die Oberfläche geholt, wo er dann Turbinen antreibt.

Wussten Sie, dass …

die Wasserkraft in Deutschland etwa 4% der gesamten Energie ausmacht? In Norwegen trägt sie dagegen zu fast 100 % zur Energieversorgung bei.

Deutschland bei der Erzeugung von Windenergie an der Weltspitze liegt? Die Hälfte der in Europa erzeugten Windenergie kommt nämlich aus der Bundesrepublik.

der Wirkungsgrad je nach Kraftwerkstyp sehr unterschiedlich ist? Während es Windkraftanlagen auf einen Wirkungsgrad von immerhin 20–30 % bringen, liegt der von photovoltaischen Kraftwerken bei lediglich 5–12 %.

Wasserstofftechnologie: Dezentrale Energie

Welchen Vorteil hat Wasserstoff gegenüber anderen Energieträgern?

Er ist erneuerbar, nahezu unerschöpflich, umweltfreundlich und risikoarm. Zudem bildet ein Energiesystem, das auf Wasserstoff basiert, einen geschlossenen Stoffkreislauf. Grundlage ist entmineralisiertes Wasser, das dem irdischen Wasserhaushalt entnommen wird. Es wird mittels Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufgetrennt. Der Wasserstoff wird gasförmig über Pipelines oder in flüssiger Form von Tankschiffen zu den Verbrauchern transportiert. Dort wird er entweder unter Energieabgabe mit Luftsauerstoff kombiniert, wobei wieder Wasser entsteht, oder in verschiedenen Anlagen zur Erzeugung von Wärme und Strom genutzt.

Dagegen ist das auf fossilen oder nuklearen Brennstoffen beruhende System zur Umwelt hin offen. Es nutzt begrenzt vorrätige Stoffe aus der Erdkruste, wandelt sie chemisch oder nuklear vielfältig um und gibt Rest- und Schadstoffe an die Geosphäre zurück. Dazu gehören beispielsweise Treibhausgase, radioaktive Spaltprodukte und giftiges Plutonium.

Lässt sich Wasserstoff speichern?

Ja, z. B. in flüssiger Form. Dazu muss er allerdings auf eine Temperatur von –253 °C heruntergekühlt werden. Für diesen Prozess ist Energie aufzuwenden: Verflüssigungsanlagen benötigen etwa eine Kilowattstunde, um die Energie von drei Kilowattstunden in Form von flüssigem Wasserstoff bereitzustellen.

Die Tanks, in denen er gelagert wird, sind doppelwandige Konstruktionen, wobei im Zwischenraum ein Vakuum herrscht. Um den Strahlungsaustausch (und damit ein Aufheizen des Wasserstoffs) zu behindern, sind die Tanks mit einer Vielzahl von Knitterfolienlagen ausgestattet. Dennoch kann die Wärmeübertragung von außen nach innen nicht völlig unterbunden werden und führt dazu, dass bei großen Tanks beispielsweise täglich etwa 0,1 Prozent des Wasserstoffs verdampft und nach außen dringt. Die abdampfenden Mengen werden genutzt, wieder verflüssigt oder müssen sicher abgeblasen werden.

Will man Wasserstoff als Autotreibstoff einsetzen, müssen die Tanks den Sicherheitsanforderungen genügen. So muss die Kühlung zuverlässig arbeiten und darf nicht während der Fahrt ausfallen. Bei einem Unfall darf es nicht zu einer Explosion kommen, denn Wasserstoff ist, genauso wie Benzin oder Diesel, brennbar. Allerdings ist die Gefahr nicht so groß, wie sie manchmal dargestellt wird. Die sog. Knallgasreaktion zwischen Wasser- und Sauerstoff ist zwar heftig. Doch wegen seiner Flüchtigkeit liegt Wasserstoff nach einem Unfall weniger konzentriert vor als dies bei Benzindämpfen der Fall wäre und dazu brennt er mit kleinerer und kälterer Flamme als Kohlenwasserstoffe.

Wird Wasserstoff bereits als Energielieferant eingesetzt?

Ja, beispielsweise in der Raumfahrt als Raketentreibstoff und vor allem in Brennstoffzellen, in denen er mit Sauerstoff zu Wasser reagiert und dabei Energie freisetzt.

Es gibt unterschiedliche Typen von Brennstoffzellen, von denen die meisten noch im Entwicklungsstadium sind. Bereits in den 1950er Jahren wurde die alkalische Brennstoffzelle entwickelt, und zwar für die Raumfahrt. Sie wird mit reinem Wasserstoff und Sauerstoff betrieben und hat daher nur Wasser als Abfallprodukt. Mit 70 Prozent erreicht sie einen hohen elektrischen Wirkungsgrad. Theoretisch können Brennstoffzellen einen elektrischen Wirkungsgrad von bis zu 100 Prozent erreichen, da chemische Energie ohne den Umweg über Wärme in elektrische umgewandelt wird. Praktisch bringen es die einzelnen Zellen aber nur auf einen Wirkungsgrad von 40 bis 70 Prozent; der Wirkungsgrad des Gesamtsystems liegt zwischen 35 und 60 Prozent.

Alkalische Brennstoffzellen sind nicht für den breiten Einsatz geeignet. Um Brennstoffzellen etwa in Blockheizkraftwerken einsetzen zu können, wurde der phosphorsaure Typ entwickelt. Er arbeitet mit Wasserstoff, der aus Erdgas erzeugt wird. Dabei fallen zwar Schadstoffe wie Stickoxide und auch Kohlendioxid an, ihre Mengen liegen aber deutlich unter denjenigen, die fossil beheizte Dampfkraftwerke ausstoßen.

Eine durchaus realistische Zukunftsvision ist, dass Wasserstoff in Spitzenlastkraftwerken zum Einsatz kommt. Kernstück eines solchen Kraftwerks könnte ein Dampferzeuger sein, in dem Wasserstoff und Sauerstoff in einer Brennkammer reagieren. Mit dem entstehenden Wasserdampf könnte dann eine Turbine angetrieben werden.

Welche Vorteile haben Brennstoffzellen?

Sie haben einen hohen Wirkungsgrad, sind frei von Schadstoffen, verursachen keine Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid, haben eine geringe Lärmbelastung und beruhen auf dem fast unbegrenzt verfügbaren Rohstoff Wasser. Derzeit ist jedoch die Verwendung von Erdgas noch kostengünstiger als der Einsatz von Wasserstoff. Die Bilanz bessert sich aber drastisch, wenn Wasserstoff durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen und der dazu nötige Strom aus Solar- oder Windenergie erzeugt wird. Ein weiterer Pluspunkt beruht darauf, dass Wasserstoff einfach zu transportieren ist, so dass Brennstoffzellen die zeitliche und örtliche Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage bei erneuerbaren Energien ausgleichen können.

Der Einsatzbereich von Brennstoffzellen reicht übrigens vom Ladegerät für Handys mit wenigen Watt Leistung über die Verwendung in Fahrzeugen bis zum Betrieb von Kraftwerken von einigen Megawatt Leistung.

Wie entsteht aus Sonnenenergie Wasserstoff?

Durch Elektrolyse. Die Sonnenenergie wird in einer Photovoltaikanlage in elektrischen Strom umgewandelt. Dieser wiederum wird über Elektroden (Anode und Kathode) in einen Wassertank geleitet. An der Kathode nehmen die Wassermoleküle (H2O) Elektronen auf und werden so umgewandelt, dass Wasserstoff (H2) entweicht. Sauerstoff (O2) entsteht über eine weitere Reaktion an der Anode. Beide Gase können in Behältern aufgefangen werden.

Wussten Sie, dass …

ein Kilogramm Wasserstoff einen Brennwert von 33 Kilowatt pro Stunde hat? Das ist etwa viermal so viel wie Kohle.

der Wasserstoff 1766 entdeckt wurde? Der englische Chemiker Henry Cavendish stieß darauf, als er mit Quecksilber und Säuren experimentierte.

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