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Konflikte im 21. Jahrhundert: Alte Wunden, neue Fronten

Wie viele Kriege werden auf der Welt geführt?

2005 zählte das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung weltweit 249 Konflikte, darunter zwei Kriege und 22 gewaltsame Konflikte (»ernste Krisen«); die restlichen Auseinandersetzungen wurden weitgehend gewaltlos ausgetragen.

Als Konflikte gelten Interessengegensätze um nationale Werte wie Autonomie oder territoriale Machtaufteilung. Sie müssen einige Zeit dauern, eine bestimmte geografische Ausdehnung haben und zwischen mindestens zwei Parteien (Staaten, Organisationen etc.) ausgetragen werden. Wenigstens eine Staatsmacht muss beteiligt sein.

Finden Kriege immer zwischen Staaten statt?

Nein. Heute überwiegen sogar die innerstaatlichen Auseinandersetzungen. Viele Konfliktforscher bezeichnen diese mittlerweile auch als Kriege, wenn sie von längerer Dauer und großer Intensität sind. Allerdings sind die genauen Definitionen von Krieg, Bürgerkrieg und ernster Krise durchaus strittig.

Das Ziel eines Bürgerkrieges – einer bewaffneten Auseinandersetzung größerer Bevölkerungsteile mit der Staatsmacht – ist die Änderung der Gesellschaftsordnung oder auch nur der Sturz der Regierung. Hinzu kommen ethnische Konflikte, also Auseinandersetzungen zwischen Volksgruppen, z. B. der Konflikt zwischen den Hutu und Tutsi in Ruanda, bei dem 1994 innerhalb von 100 Tagen etwa eine Million Menschen ums Leben kamen.

Wie verlaufen die weltweiten Fronten?

Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts vor eineinhalb Jahrzehnten wurde aus einem bipolaren (zweipoligen) Kräfteverhältnis eine multipolare (mehrpolige) Ordnung mit den USA als einziger Supermacht.

Bis Ende der 1980er Jahre wurden rivalisierende Konfliktparteien in einem Staat häufig von den USA bzw. der Sowjetunion unterstützt, die ihre Einflusssphären sichern wollten. Die Auflösung des Warschauer Pakts machte solchen Stellvertreterkriegen ein Ende. Zugleich kam es nach dem Zusammenbruch der alten Weltordnung in vielen Staaten zu politischer Instabilität; die Tendenz zur Entstaatlichung von Konflikten verstärkte sich.

Wie entstehen Konflikte?

Zu den bekanntesten Theorien darüber zählt die vom »Kampf der Kulturen«: Dem Harvard-Professor Samuel P. Huntington zufolge stellen die mit der Globalisierung zusammenhängende Wanderung (Migration) großer Bevölkerungsgruppen und die Verlagerung von Produktionsstätten den Fortbestand der Nationalstaaten in Frage. Vor allem in der islamischen Welt werde die Globalisierung als Angriff der westlichen Industriestaaten auf Traditionen und Werte betrachtet, was den Fundamentalismus schüre.

Andere Erklärungsansätze stellen die Konkurrenz um knappe Ressourcen wie Wasser in den Vordergrund. Der Verteilungskampf um Rohstoffe wird demnach heftiger werden; manche Wissenschaftler befürchten gar einen Weltkrieg um Rohstoffe.

Was ist der Nahostkonflikt?

Als Nahostkonflikt wird vor allem die spannungsreiche Beziehung des 1948 gegründeten Staates Israel zu seinen arabischen Nachbarn bezeichnet. Im ehemaligen britischen Mandatsgebiet Palästina standen sich seit Ende des 19. Jahrhunderts jüdische Einwanderer und Araber gegenüber.

Ab 1964 kämpfte die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) für einen eigenen Palästinenserstaat. Israel hielt das 1967 eroberte, vornehmlich von Palästinensern besiedelte Ost-Jerusalem, Westjordanland und den Gazastreifen besetzt und baute dort zahlreiche jüdische Siedlungen. 1987 begann ein palästinensischer Volksaufstand (Intifada) gegen die Besatzer. 1993 gelang eine gegenseitige Anerkennung von Israel und Palästinensern, 1994 erhielten die Palästinenser unter Führung der PLO eine Teilautonomie, doch Israels Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten bot immer wieder Anlass zu Zusammenstößen. 1999 begann die zweite Intifada.

Terrororganisationen wie die Hamas verübten zahlreiche Selbstmordanschläge. Die Hamas hat sich in den palästinensischen Autonomiegebieten inzwischen auch als politische Partei etabliert und Anfang 2006 die Wahlen gewonnen. Eine Lösung des Konflikts ist nicht in Sicht.

Was versteht man unter Terrorismus?

Terrorismus ist eine Sammelbezeichnung für politisch oder religiös motivierte Gewalttaten, mit denen radikale und extremistische Ziele durchgesetzt werden sollen.

Zu unterscheiden sind der sog. Staatsterror und der Terrorismus »von unten«. Staatsterror dient Diktatoren zum Machterhalt; die Mittel reichen von Einschränkungen der Freiheitsrechte, Einschüchterungsaktionen und Pressezensur bis zu Folter, Verhaftungen und Mord. Ausführendes Organ der Gewaltherrschaft sind Sicherheits- und Geheimdienste, Polizei, Militär oder paramilitärische Organisationen.

Als Terrorismus im engeren Sinn werden Gewalttaten bezeichnet, die sich gegen die bestehenden Herrschaftsverhältnisse richten. Zum sog. revolutionären Terrorismus zählen alle Gruppierungen, welche die gesellschaftliche und politische Ordnung eines Landes beseitigen wollen. Ziel der Anschläge sind vor allem Repräsentanten und Institutionen des Staats. Der sog. nationale Terrorismus kämpft meist gegen eine Fremdherrschaft im eigenen Land und für nationale Eigenständigkeit.

Lässt sich terroristische Gewalt rechtfertigen?

Die Frage, was als rechtmäßige (legitime) Gewalt gegen eine Besatzungsmacht gelten kann, führt auf ein gefährliches Feld der ideologischen Wertung: Ist die tschetschenische Verteidigung gegen russische Interventionstruppen in den Tschetschenienkriegen (1994–96, ab 1999) gerechtfertigt? Wenn ja, gilt das auch für Anschläge gegen die US-amerikanische und britische Besatzungsmacht im Irak? Wer hat das Recht, mit Gewalt für einen eigenen Staat zu kämpfen: die Kurden im Irak, aber nicht in der Türkei, die Palästinenser im Nahen Osten, aber nicht die Basken in Spanien? Vielen sog. Freiheitskämpfern ist jedes Mittel recht, auch Anschläge gegen zivile Ziele wie Touristenzentren, Verkehrsmittel, Krankenhäuser und belebte Märkte. Von einem legitimen Notwehrrecht gegen Fremdherrschaft kann bei solchen Verstößen gegen das Völkerrecht nicht die Rede sein.

Wann wurde der Terrorismus international?

Um weltweite Öffentlichkeit herzustellen, trugen Terroristen in den 1970er Jahren die Gewalt in unbeteiligte Staaten. So nahmen arabische Terroristen bei den Olympischen Spielen 1972 in München Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln, um in Israel inhaftierte Gesinnungsgenossen freizupressen. Ab den 1990er Jahren verübten islamistische Terrororganisationen Anschläge gegen US-amerikanische Einrichtungen in aller Welt.

Wofür kämpft Al Qaida?

Mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington D. C. wurde deutlich, dass islamische Extremisten nicht mehr nur einzelnen Regierungen, sondern – verkürzt gesagt – der westlichen Zivilisation den Krieg erklärt haben, von der sie sich bevormundet und unterdrückt fühlen. Ihr Ziel ist die Errichtung einer islamisch geprägten Weltordnung. Bei dem schwersten Terroranschlag in der Geschichte der Menschheit starben ca. 3400 Menschen. Die Täter stammten aus den Reihen des Terrornetzwerks Al Qaida um den saudi-arabischen Islamisten Usama bin Laden.

Wie reagierten die USA auf den 11. September?

Die Terroranschläge wurden von den USA als Kriegserklärung gewertet und mit einem sog. Feldzug gegen den Terrorismus beantwortet.

War der Schlag gegen Al Qaida und das sie unterstützende Taliban-Regime in Afghanistan ab Ende 2001 noch von den Vereinten Nationen gedeckt, so handelten die USA und eine »Koalition der Willigen« im Irakkrieg 2003 ohne Rückendeckung der UNO. Befürworter des Irakkriegs betonten, dass nur militärische Stärke Terroristen in ihre Schranken weisen könne; Kritiker befürchten eine Destabilisierung ganzer Regionen.

Übrigens: Bei allen Differenzen ist man sich einig über die Notwendigkeit, den Kampf gegen den Terrorismus zukünftig über staatliche Grenzen hinweg zu führen. Auch zu diesem Zweck schufen die NATO-Staaten und Russland 2002 den sog. NATO-Russland-Rat. Im selben Jahr legte der Europarat verschiedene Leitlinien für den gemeinsamen Kampf gegen den internationalen Terrorismus fest.

Warum wurde der Irakkrieg geführt?

Im März 2003 marschierten Truppen einer Koalition unter Führung der USA in den Irak ein, weil das arabische Land angeblich über Massenvernichtungswaffen verfügte und eine Bedrohung für den Weltfrieden darstellte.

Anfang 2004 mussten der US-amerikanische Präsident George W. Bush und der britische Premierminister Tony Blair eingestehen, dass diese Geheimdienstinformationen falsch waren. Als Kriegsmotive rückten zwei andere Aspekte in den Mittelpunkt: die Sicherung der Energiezufuhr aus der ölreichen Region am Persischen Golf und – als wesentlicher Teil des Kriegs gegen den Terrorismus – ein Regimewechsel im Irak.

Mit der offiziellen Einstellung der Kriegshandlungen im Mai und der Gefangennahme des Diktators Saddam Hussein im Dezember 2003 zeichnete sich jedoch keine Befriedung des Landes ab. Nach wie vor fallen ausländische Soldaten und Iraker Anschlägen zum Opfer.

Worum geht es eigentlich beim Konflikt in ...

Afghanistan? Eine Koalition unter Führung der USA bekämpfte ab 2002 das islamistische Regime der Taliban und die Terrororganisation Al Qaida. Eine internationale, vor allem um die Hauptstadt Kabul stationierte Friedenstruppe (ISAF) soll die Regierung schützen und den Wiederaufbau des Landes überwachen.

der Demokratischen Republik Kongo? Hier kämpften ab Ende der 1990er Jahre Truppen aus Angola, Namibia und Simbabwe gemeinsam mit der Zentralregierung gegen Rebellengruppen, die von Ruanda und Uganda unterstützt wurden. In dem mittlerweile »erkalteten« Konflikt geht es vor allem um die reichen Rohstoffreserven des Landes.

Kaschmir? Einheimische und pakistanische Muslime betreiben seit 1948 die Abspaltung des Bundesstaates von Indien und die Vereinigung mit dem pakistanischen Teil der Himalayaregion.

Tschetschenien? Rebellen versuchen eine Abspaltung der muslimischen Teilrepublik von Russland zu erzwingen. Der gewaltsame Konflikt dauert seit 1991 an.

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