Lexikon
Perm: Rotliegendes
Vor 290–270 Mio. Jahren: Das Rotliegende
Um 290 Mio.
Am Ostrand Europas verwandelt sich das geosynklinale Uralgebiet in eine flache Lagune.
Im Reich der Insekten entwickeln sich Steinfliegen (Plecoptera), Schnabelfliegen (Mecoptera) und erste Netzflügler (Neuroptera). Auch die ersten Käfer (Coleoptera) erscheinen mit heute meist ausgestorbenen Gattungen. Daneben bevölkern Geradflügler (Orthoptera) wie Heuschrecken, Ohrwürmer usw. das Land.
290–280 Mio.
Im Döhlener Becken, einer Senke bei Dresden, lagern sich über 700 m mächtige Molasse-Sedimente (Brandschiefer, Steinkohle, Kalkstein) ab. Die Schichten führen zahlreiche Fossilien. In Manebach bei Ilmenau fossilisieren in den Molasse-Sedimenten des Saale-Troges über 60 Pflanzen- und 15 Tierarten.
290–270 Mio.
Auf der Südhalbkugel entwickelt sich der Samenfarn Glossopteris. Die Firnunterordnung Königsfarne (Osmundaceae) ist dagegen auf den Nordkontinenten verbreitet.
Wesentliche klimatographische und geographische Veränderungen treten ein: Nach einer langen Feuchtigkeitsperiode wird das Wetter: im Unterperm – besonders auf der Nordhalbkugel – zunehmend trocken. Wüsten, Salzlagunen und Salzseen entwickeln sich. Es entstehen Steinsalz- und Kalilager.
In Nordamerika und Ostgrönland, in Europa und Sibirien (Angara-Land) entstehen mächtige Roterde-Ablagerungen (Sandstein).
Auf dem Angara-Kontinent (Sibirien) lässt sich deutlich ein Schwerpunkt der Kohlenbildung in gemäßigt warmen, feuchten Klimaten erkennen. – In Europa entstehen noch vereinzelt Kohlenlager in Süßwassermooren.
Es herrscht Geokratie, d.h. das Festland herrscht gegenüber dem Meer vor; das Meer hat sich weit gehend von den Kontinenträndern zurückgezogen.
Während die Karbon-Flora langsam ausstirbt, kommt es zu einem ersten Mengenauftreten von Koniferen (Gattung Walchia). Auch die sogenannte Kupferschiefer-Flora des Zechsteins kündigt sich bereits an.
Mit mehreren Gattungen treten erste Laubmoose (Musci) auf, was durch zahlreiche fossile Laubmoosfunde aus dem Perm Sibiriens belegt wird. Die seit dem Karbon (360–290 Mio.) bekannten Ginkgo-Gewächse entwickeln sich rasch weiter. Ihre weiteste Verbreitung erfahren sie aber erst vor 215 bis 115 Mio. Jahren.
Mit der Ordnung Cycadales, farn- bis palmförmige Pflanzen bis zu Baumgröße, entsteht die Klasse der cycadeenartigen Gewächse (Cycadophyta).
Die ältesten, unzweifelhaften Vertreter der Nesseltierunterklasse Octocorallia sind erstmals im Perm sicher nachweisbar. Fossil überliefert sind ihre kalkigen Röhren oder ihr Stützskelett (Skleren).
Erstmals erscheint die Foraminiferenunterordnung Rotaliina, große Einzeller mit einer beachtlichen Formenvielfalt, die wertvolle Leitfossilien darstellen.
Neu im Stamm der Schwämme (Porifera) ist die Ordnung Pharetronida. Es handelt sich dabei um Kalkschwämme mit einem dickwandigen Skelett.
Die Familie Chaetangiaceae aus dem Stamm der Rotalgen (Rhodophyta) lässt sich erstmals nachweisen.
290–250 Mio.
Hauptpflanzen in den Kohlenlagern Koreas bis Sumatras sind Vertreter der Farnsamerordnung Gigantopterides, riesige Pflanzen mit großen gegabelten oder gelappten Blättern.
Vertreter der Reptilienordnung Pareiasauria erscheinen. Einige Arten dieser großen Tiere mit kräftigen Gliedmaßen besitzen einen knöchernen Panzer.
Die Familie umfasst wuchtig gebaute Pflanzenfresser mit schweren Gliedmaßen. Manche Arten werden bis zu 3 m lang. Die ersten Pareiasauria leben in Afrika, später wandern sie auch nach Europa und Asien aus (270–250 Mio.).
In Nordamerika entwickelt sich durch Überflutung des Midcontinent-Beckens von Süden her die Appalachen-Vorsenke. In Mitteleuropa lagern sich regional Kupferschiefer ab.
Die kühl-klimatischen Kohlengebiete Südafrikas rücken äquatorwärts vor und geraten damit in einen Klimawechsel. Das Wetter wird hier wärmer und zugleich trockener.
Weltweit herrschen heftiger Plutonismus und Vulkanismus. Dabei kommen besonders oft so genannte Glutwolkenausbrüche vor.
290–210 Mio.
Procolophonia, eine Unterordnung der Cotylosaurier mit zwei sehr unterschiedlichen kleinwüchsigen Reptilgruppen, sind in Europa und Südafrika – vermutlich aber sogar weltweit – verbreitet. In den Lagunen und Epikontinentalmeeren dieser Zeit leben Vertreter der Kopffüßerordnung Ceratitida. Diese Tiere mit planspiraligen Außengehäusen gehören zu den Ammonitenartigen.
290–140 Mio.
Vom Rotliegenden bis zum Oberjura (160–140 Mio.) treten des Öfteren fossile Koniferen (Nadelbäume) auf, deren systematische Stellung bisher noch unsicher ist.
Vertreter der neuen Kopffüßerordnung Phragmotheutida bewohnen die Meere. Wesentliche Merkmale dieser Tiere sind ihre zehn Fangarme mit Häkchendoppelreihen sowie ihre dreiteilige Innenschale. Neben den Phragmotheutida sind in den Meeren dieser Zeit noch zwei weitere Kopffüßerordnungen mit Innenskelett vertreten, die Teuthoidea und die Aulacocerida.
Um 288 Mio.
Die saalische Gebirgsbildung, eine sehr späte Phase der variszischen Orogenese (390–375 Mio.), spielt sich ab.
Um 280 Mio.
In Mitteleuropa leben reptilartige Amphibien der Art Chelydosaurus germanicus sowie Amphibien der Art Discosauriscus pulcherrimus.
In Nordamerika leben zahlreiche 3 bis 4 m große Echsen aus der Gruppe Pelycosauria (Arten Edaphosaurus pogonias, Dimetrodon incisivus u.a.). Daneben kommen kleine Raubreptillen der Art Varanosaurus acutirostris vor.
In Nordamerika leben primitive reptilartige Vierfüßer der Gattungen Diadectes und Seymouria. Diadectes ist vor allem in Texas verbreitet. Das Tier gehört mit rund 3 m Länge und einem massiven Körperbau zu den schwersten Vierfüßern des Unterperms. Aufgrund seiner Skelettbauweise ließe es sich als Reptil betrachten, doch widersprechen dieser Zuordnung gewisse Schädelmerkmale. Sein Gebiss lässt vermuten, dass Diadectes ein Pflanzenfresser ist.
In Südafrika erscheint eine der ersten Wasserechsen (Mesosaurus tenuidens). Die 1 m langen Fisch fressenden Echsen stammen als Reptilien nicht von Wasser-, sondern von Landtieren ab. Sie stellen die ersten Lebewesen dar, die vom Land ins Wasser zurückkehren und sich anatomisch wieder an diesen Lebensraum anpassen, so z.B. durch einen sehr schlanken Körper.
Um 270 Mio.
Gegen Ende des Unterperms geht die Vergletscherung in Australien und anderen Gebieten der Südhalbkugel zurück.
Zu den im Unterperm aussterbenden Tierordnungen gehören die Armfüßerordnung Orthida, die Moostierchenordnung Cryptostomata und die Reptilienordnung Pelycosauria. Auch die Calyptoptomatida, eine Klasse schalentragender Weichtiere mit konischen Gehäusen sowie die Steinkorallenordnungen Rugosa und Tabulata überleben das Perm nicht.
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