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Schatzhaus des Atreus in Mykene: Größte Kreiskuppel der Antike

Aus welcher Zeit stammt das »Schatzhaus des Atreus«?

Dieses Gebäude im griechischen Mykene gehört zu einer Gruppe von monumentalen Kuppelgräbern aus der Zeit von 1400 bis 1250 v.Chr. Mit ihnen erreichen die aus der Jungsteinzeit überlieferten Techniken der Kragkuppel und des Megalithbaus ihren Höhepunkt.

Gibt es ähnliche Grabbauten?

In gewisser Weise ja. Dieses Mykener Kuppelgrab weist große Ähnlichkeit mit einem Grabbau in Orchomenos in Mittelgriechenland auf, das der griechische Geograph Pausanias als »Schatzhaus des Minyas« bezeichnet hatte. Die baulichen Merkmale gleichen sich so sehr, dass Fachleute denselben Architekten beziehungsweise dieselbe Bauschule vermuten. Alle wesentlichen Elemente des ägäischen Grabbaus sind in den mykenischen Kuppelgräbern der späten Bronzezeit zwischen 1400 und 1250 v. Chr. erfasst: ein Tumulus (Hügel) als äußerlich sichtbare Form, ein gemauerter Dromos (Eingangsweg) als Zugang, die Kragkuppel als Überdeckung sowie Schacht- oder seltener Kammergräber im Innern der Anlagen. Als weiteres gemeinsames Kennzeichen findet sich ein Tor mit einem tonnenschweren entlasteten Türsturz. Dieser Grabtypus war im gesamten mykenischen Herrschaftsgebiet verbreitet; am häufigsten findet er sich im Kerngebiet, der Argolis, davon allein neunmal in Mykene selbst.

Warum gilt das Mykener Kuppelgrab als architektonische Meisterleistung?

Weil es das herausragende Beispiel seiner Gattung ist und 1400 Jahre lang, bis zum Neubau des römischen Pantheon, dem Bau für die römischen Staatsgötter und Heroen, unter Kaiser Hadrian (Reg. 118–138) die größte Kreiskuppel der Antike bleiben sollte. Das um 1250 v. Chr. errichtete Bauwerk ist das am besten erhaltene Grab dieses Typus.

Welche Ausmaße hat das Gebäude?

Der zum Eingang führende ungedeckte Gang von 35 Metern Länge und sechs Metern Breite wird flankiert von zehn Metern hohen Mauern aus rechtwinkligen Quadern. Das Tor erweckte ursprünglich den Eindruck einer Palastfassade. Insgesamt etwa elf Meter hoch, war der Eingang von grünen Halbsäulen flankiert und reich mit plastischen, farbigen Ornamentbändern sowie Reliefs dekoriert.

Bei einem Durchmesser von 14,50 Metern erreicht der dahinter liegende bienenkorbförmige Raum aus strengen Quadern eine Höhe von 13,20 Metern. Wir haben hier die vollendete Umsetzung der Technik des »falschen Gewölbes« vor uns: Jeder der waagrecht gesetzten Steine ist so behauen, dass die innen sichtbare Seite entsprechend der Kreisform des Grundrisses gebogen ist. Nach oben hin überragen sie sich jeweils so weit, dass sich daraus die Bienenkorbform der Kuppel ergibt.

Warum ist die Grabkammer nicht geschmückt?

Vermutlich wurde sie nicht fertig gestellt. Die Grabkammer ist ein roh in den Felsen gehauener Raum. Der Zugang erfolgt durch ein Tor, das konstruktionsmäßig dem Eingangsportal ähnelt, aber viel kleiner dimensioniert ist.

Welcher Fluch lag auf dem Haus des Atreus?

Nach der griechischen Mythologie war das königliche Haus von Atreus vom Unglück verfolgt. Der Grund lag bei Großvater Tantalos: Dem König von Lydien war der lange Umgang mit den Göttern zu Kopf gestiegen. Um sie auf die Probe zu stellen, servierte er ihnen seinen Sohn Pelops zerteilt zum Mahl. Natürlich merkten die Götter das und setzten den Jungen wieder zusammen. Tantalos wurde mit ewigen Qualen im Hades bestraft und vererbte seine Schuld bis ins vierte Glied. Pelops wurde verflucht, blieb aber ansonsten verschont. Niobe, Tochter des Tantalos, straften die Götter für ihren Hochmut. Atreus, Sohn des Pelops und der Hippodeima, und seine Kinder und Enkel aber bekamen die ganze Last des göttlichen Zornes zu spüren.

Die berühmtesten Söhne des Atreus, Menelaos und Agamemnon, mussten in den Trojanischen Krieg ziehen, nachdem Menelaos' Frau Helena vom trojanischen Prinzen Paris entführt worden war. Nach dem Krieg kehrten Menelaos und Helena versöhnt und glücklich nach Sparta zurück. Der siegreiche Agamemnon jedoch starb gleich nach seiner Rückkehr nach Mykene einen schmählichen Tod in der Badewanne: Seine Gattin Klytämnestra hatte sich zwischenzeitlich mit Aigisthos verbandelt, dem Cousin Agamemnons, der auch schon den Onkel Atreus umgebracht hatte. Sieben Jahre später wurde der Mord an Agamemnon von dessen Kindern Elektra und Orestes gerächt. Erst als Orestes auf Fürsprache von Athena und Apollon vom Areopag in Athen vom Mord an seiner Mutter freigesprochen wurde, war der Fluch auf dem Haus Atreus gebrochen.

Wussten Sie, dass …

Atreus die Söhne seines Bruder Thyestes tötete, kochte und dem Bruder zum Essen vorsetzte? Das war die Rache dafür, dass Thyestes zuvor Atreus' Frau Aerope verführt hatte.

der Name Atreus auf Griechisch »der Furchtlose« bedeutet?

Atreus es fertigbrachte, die Sonne rückwärtsgehen zu lassen? Das war ein geschickter Schachzug im Thronstreit mit Bruder Thyestes, bei dem Zeus dem Atreus zu Hilfe kam und den Lauf des Gestirns veränderte.

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