Lexikon
Reichskirche
ähnlich der Staatskirche oder Nationalkirche eine Kirche, die unter der Hoheit bzw. unter dem Einfluss eines Reiches steht (Gegensatz: Trennung von Staat und Kirche). Die Geschichte der Reichskirche beginnt mit der staatlichen Anerkennung, Privilegierung und Einordnung der christlichen Kirche in das Römische Reich durch Konstantin den Großen 313 und mit der Proklamation des Christentums zur alleinigen Staatsreligion durch Theodosius I. 380. Während im Westen die Ausbildung der Zweischwertertheorie die Unabhängigkeit der Kirche vom Kaiser beförderte, wurde im byzantinischen Osten seit Justinian I. eine völlig unter der Oberhoheit des Kaisers (Cäsaropapismus) stehende Kirche geschaffen, die bis zur Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 andauerte.
Unter Karl dem Großen wurde auch im Westen die Reichskirche erneuert. Seine Kaiserkrönung 800 führte zur Wiederbelebung des Gedankens vom Heiligen Römischen Reich. Otto der Große baute die Reichskirche als Gegengewicht gegen die Herzogsgewalt weiter aus (ottonisch-salisches Reichskirchensystem). Er beteiligte sie umfassend an der Reichsregierung und stattete sie mit staatlichem Besitz aus. Das System gründete auf der Verfügungsgewalt des Königs über das faktisch als Reichsgut behandelte Kirchengut und auf der Investitur der Bischöfe (und Äbte) durch den König.
Unter den übrigen Ottonen und den Saliern wurde die politische Ordnung der Reichskirche weitergeführt und unter Heinrich III., der Päpste ab- und einsetzte, vollendet. Der Investiturstreit erschütterte dieses System in den Grundfesten; unter Friedrich II. brach es völlig zusammen; weltliche und geistliche Fürsten wurden Landesherren.
Die neuzeitliche Reichskirche des Hl. Römischen Reichs Deutscher Nation hat ihren Grund im Wiener Konkordat von 1448, das jedoch durch Fürstenkonkordate entscheidend modifiziert wurde, die die Kirchenhoheit in den Territorien den Reichsfürsten gaben und damit das Landeskirchentum vorbereiteten. Die Reichskirche erfuhr durch die Reformation eine nachhaltige Schwächung. Der Reichsdeputationshauptschluss 1803 führte zum Ende des Hl. Römischen Reichs Deutscher Nation und der damit verbundenen Reichskirche.
Aus den Befreiungskriegen gegen Napoleon I. erwuchsen Bemühungen um kirchliche Einigung, die in zwei Strömungen ihren Ausdruck fanden: 1. in der auf J. G. Fichte und F. L. Jahn zurückgehenden Forderung nach einer völkisch-nationalen Reichskirche; 2. in der durch F. Schleiermacher u. a. Theologen betriebenen Vereinigung der evangelischen Landeskirchen zu Kirchenunionen. 1848 wurde die Forderung nach einer „evangelisch-protestantischen Kirche des Reiches“ wieder erhoben. Besonders der Protestantenverein machte sich zum Vorkämpfer einer „deutschen Nationalkirche“. Das 1. Vatikanische Konzil 1869/70 verwarf mit dem Unfehlbarkeitsdogma katholischerseits alle nationalkirchlichen Bestrebungen. Der Gedanke einer Reichskirche, die sämtliche Konfessionen umfassen sollte, lebte noch einmal unter den vom nationalsozialistischen Regime begünstigten Deutschen Christen auf; er spielt in der Zeit nach 1945 keine Rolle mehr.
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