Lexikon

Totalitarsmus

[
lateinisch
]
Herrschaftsprinzip einer Staatsführung, die die totale Verfügungsgewalt über die Gesellschaft und alle Lebensäußerungen ihrer Mitglieder beansprucht. Der totalitäre Staat sucht seine Bürger gleichzuschalten, durch eine Ideologie zu formen und zu mobilisieren. Diejenigen, die sich seinen Ansprüchen nicht unterwerfen, werden ausgegrenzt, gegebenenfalls vernichtet. Der totalitäre Staat ist eine Erscheinung des 20. Jahrhunderts und unterscheidet sich grundlegend vom Typus des demokratischen Verfassungsstaates, von einer autoritären Diktatur und auch von früheren autokratischen Staatsformen. Er hat die Unterdrückungsmechanismen früherer autokratischer Regime ins Unermessliche gesteigert.
Der Italiener G. Amendola prägte den Begriff Totalitarismus 1923 unter Bezugnahme auf den italienischen Faschismus. In der Folgezeit wurden auch die Gewaltsysteme des sowjetischen Kommunismus und des deutschen Nationalsozialismus als totalitär bezeichnet.
Nach dem 2. Weltkrieg lieferte H. Arendt 1951 in ihrem Werk „The origins of totalitarianism“ (dt.„Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“) eine Totalitarismustheorie, in der sie auf den Zusammenhang von Ideologie und Terror verwies. Bestimmte Gruppen (Juden, Kulaken) würden von totalitären Regimen als Feinde (Rassenfeinde, Klassenfeinde) identifiziert und dann vernichtet. Das später entstandene Totalitarismuskonzept von C. J. Friedrich und Z. Brzezinski schreibt totalitären Herrschaftsordnungen sechs Wesensmerkmale zu: 1. Die gesamte Staatsmacht liegt in den Händen einer streng hierarchisch aufgebauten Massenpartei, an deren Spitze ein einzelner Diktator oder eine diktatorisch regierende Gruppe steht. 2. Der Staat hat das Monopol auf Meinungsbildung und Nachrichtenverbreitung und kontrolliert alle Massenkommunikationsmittel. 3. Er vertritt eine Ideologie, die für alle Lebensbereiche verbindlich ist und mit Methoden der Massenpropaganda verbreitet wird. 4. Die Führung setzt ihren Willen mit terroristischen Mitteln durch; dem willkürlichen Vorgehen der Geheimpolizei sind keine rechtsstaatlichen Grenzen gesetzt. 5. Es gibt ein staatliches Waffenmonopol. 6. Die Wirtschaft wird zentral gelenkt.
Kritiker haben diesem Konzept vorgeworfen, es sei formal und statisch. Die unterschiedlichen Ziele der politischen Systeme fänden keine Berücksichtigung. Außerdem wurde argumentiert, dass die Totalitarismustheorie die Einzigartigkeit der nationalsozialistischen Verbrechen verharmlose. Von marxistisch-leninistischer Seite wurde der Totalitarismusbegriff als „bürgerlich-antikommunistische Konzeption“abgelehnt, die etwa die wirtschaftliche Eigentumsverhältnisse nicht berücksichtige. Tatsächlich hebt die Totalitarismustheorie auf die grundlegenden strukturellen Gemeinsamkeiten in der Herrschaftspraxis totalitärer Regime ab (Unterdrückung des Individuums, Ausschaltung konkurrierender Machtträger).
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