Lexikon

Staatsformen

die Arten der organisatorisch-soziolog. Struktur des Staats. 1. Nach der Repräsentanz des Staats (Staatsoberhaupt) unterscheidet man Monarchie u. Republik, wobei alle Nicht-Monarchien Republiken sind, auch Diktaturen.
2. Bei der Unterscheidung nach dem Träger der Staatsgewalt versagt die klassische Dreiteilung des Aristoteles nach der Herrschaft des Einzelnen, mehrerer oder vieler nebst ihren Zerrformen (Monarchie, Aristokratie, Politeia [Demokratie] einerseits, Tyrannis, Oligarchie, Demokratie [Anarchie] andererseits); Aristoteles bezeichnete die „gute“ Volksherrschaft als Politeia, die „entartete“ als Demokratie, später ist hier ein Bedeutungswandel eingetreten. Die drei „guten“ S. sind gemeinwohlorientiert, die drei „negativen“ egoistisch. Die heutigen Alternativen verfassungsrechtl. Art sind Demokratie oder Nichtdemokratie (Monokratie, Autokratie). Entweder liegt die Staatsgewalt beim Volk (Demokratie) oder bei Klassen, Ständen, Gruppen, Einheitsparteien oder sogar in der Hand eines Einzelnen („Führerstaat“).
3. Bei den Regierungsformen wird unterschieden zwischen dem parlamentarischen System u. der Unabhängigkeit der Regierung vom Vertrauen des Parlaments (das parlamentar. System haben z. B. Großbritannien u. Dtschld., nicht dagegen die USA u. die Schweiz). Nach der Organisationsform u. der Stellung des Regierungschefs wird unterschieden zwischen dem sog. Kanzlersystem („bestimmt die Richtlinien der Politik“) u. dem Kollegialsystem.
4. Nach dem Grad der Zentralisierung der Staatsmacht unterscheidet man zwischen unitarisch u. föderalistisch organisierten Staaten (Föderalismus), wobei die Staatsgestaltung Frankreichs, Italiens u. Großbritanniens mehr nach der ersten, die der USA, der großen lateinamerikan. Staaten, Dtschlds., der Schweiz u. Österreichs mehr nach der zweiten tendiert.
5. Unter funktionalen Gesichtspunkten hat C. Schmitt die Einteilung nach Gesetzgebungs-, Verwaltungs- u. Justizstaaten vorgeschlagen, was auf eine unterschiedl. Ausprägung bestimmter Staatstätigkeiten hinweist; dabei ist die Verwaltungsstaatlichkeit wegen ihrer leichten Dirigierbarkeit das Kennzeichen autoritärer u. totalitärer Systeme, während der liberale Staat mehr Gesetzgebungsstaat oder kontrollierender Justizstaat ist.
6. In gruppensoziolog. Sicht kennzeichnet man Staaten nach den jeweils herrschenden, d. h. im Wesentl. auch in den sozialen Prestigeansichten an der Spitze befindl. Gruppen: Beamtenstaat, Militärstaat, Ständestaat, Parteistaat. Diese Begriffe haben oft stark polemischen Charakter.
7. Nach historisch-polit. Gesichtspunkten lässt sich für Europa in der Neuzeit eine Entwicklung in folgender Richtung feststellen: a) der absolutistische Staat (als Wiege des modernen Staats) mit der Ausgestaltung der Bürokratie, der Erweiterung der Staatstätigkeiten, der Entwicklung der militär. Macht, gestützt vornehmlich auf den Adel als privilegierte Schicht; b) nach der Französ. Revolution der Übergang zur konstitutionellen Monarchie unter Anerkennung von Gewaltenteilung, beginnender Ausprägung von Grundrechten, was sich mit der Form eines liberalen Rechtsstaats verbinden lässt; c) der republikanisch-demokratische Verfassungsstaat moderner Prägung unter Einschluss des parlamentarischen Systems, der Grundrechte u. der Rechtsstaatlichkeit. Dabei kann sich die Form einer Diktatur einschieben, wie sie in Europa nach dem 1. Weltkrieg als Zeichen der Krise der Demokratien in den verschiedensten Formen verwirklicht wurde, z. B. in Italien, Spanien, Polen, Dtschld., Österreich, Rumänien. Die Diktatur steht als Bedrohung der Demokratie stets im Hintergrund u. kennzeichnet als Dauereinrichtung noch immer das kommunist. Staatensystem, obwohl es stark geschrumpft ist.
H. Heller, Staatslehre. 1934. M. Imboden, Die S. 1959, Nachdr. 1974. G. Jellinek, Allg. Staatslehre. 1922. E. Küchenhoff, Möglichkeiten u. Grenzen begriffl. Klarheit in der Staatsformenlehre. 2 Bde. 1967. H. Kelsen, Allg. Staatslehre. 1925. G. u. E. Küchenhoff, Allg. Staatslehre. 81977. R. Zippelius, Allg. Staatslehre. 91985.
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