wissen.de Artikel

25 Jahre PISA-Studie: Warum schneiden wir so schlecht ab?

Vor 25 Jahren hat die PISA-Studie erstmals die Fähigkeiten von 15-jährigen Schülern weltweit in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften erhoben. Auch in diesem Jahr findet der Test wieder statt. Aber was genau testet die PISA-Studie eigentlich? Wie schlägt sich Deutschland? Und wieso steht die Erhebung immer wieder in der Kritik?
SSC, 09.04.2025
Symbolbild PISA-Studie

© Ridofranz, iStock (Schulklasse); OECD (Logo)

Seit dem Jahr 2000 beweisen sich weltweit Schüler im Alter von 15 Jahren alle drei Jahre bei der sogenannten PISA-Studie. Sie gilt als wichtigster Bewertungsmaßstab für Bildungsqualität. Eingeführt wurde die Erhebung von der OECD – der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zu den Teilnehmern gehören dementsprechend alle 38 OECD-Mitgliedsstaaten sowie verschiedene Partnerstaaten wie Kasachstan, Marokko oder Guatemala.

Der Name PISA steht dabei für „Programme for International Student Assessment“ (Programm zur internationalen Schülerbewertung). Aber wie genau bewertet die PISA-Studie die teilnehmenden Schüler?

Was erfasst die PISA-Studie?

Das Ziel der PISA-Studie besteht den Organisatoren zufolge darin, zu „analysieren, wie gut es den Schulsystemen gelingt, das Fundament für ein erfolgreiches Leben zu legen“. Daher fällt die Wahl bei den Teilnehmern auch auf 15-jährige Schüler, denn in diesem Alter ist in fast allen Ländern das Ende der Pflichtschulzeit erreicht. Bis dahin sollten Jugendliche im besten Fall verschiedene, für das weitere Leben wichtige Fähigkeiten erlangt haben.

„Die OECD-Staaten haben sich auf bestimmte Kompetenzen geeinigt, die als wichtig für die Vorbereitung auf das Leben angesehen werden: Lesekompetenz, mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenz“, erklärt Bildungswissenschaftlerin Cordula Artelt von der Universität Bamberg. „Im Gegensatz dazu wäre beispielsweise Kreativität als Kompetenz schwieriger zu messen. Daher ist sie nicht Teil der PISA-Studie.“

Bei jeder Erhebung steht eine andere Kompetenz im Fokus – in diesem Jahr die Naturwissenschaften. Zusätzlich gehören 2025 auch Kompetenzen in der Fremdsprache Englisch und dem „Lernen in der digitalen Welt“ dazu. Die Aufgaben der PISA-Studie sind überwiegend Multiple-Choice-Fragen, die die Schüler innerhalb von zwei Stunden am Computer beantworten müssen.

Ostasien vorne…

Doch welche Länder schneiden am besten ab? Bei der letzten Erhebung im Jahr 2022 führte Singapur mit einer durchschnittlichen Punktzahl von 559 die Liste an. Darauf folgten weitere ostasiatische Staaten: die chinesische Sonderverwaltungszone Macau (535 Punkte), Taiwan (533 Punkte), Japan (533 Punkte) und Südkorea (523 Punkte). Danach folgte mit Estland (515 Punkte) das erste europäische Land auf dem siebten Platz. Deutschland belegte mit 482 Punkten Platz 24 von 81.

Was aber macht ausgerechnet Singapur so erfolgreich? „Singapur hat ein komplett anderes Bildungssystem. Was dort besonders auffällt, ist die starke Wertschätzung für Bildung“, erklärt Artelt. „Singapur investiert stark in sein Bildungssystem, insbesondere in die Ausbildung und Weiterbildung von Lehrkräften.“

… Deutschland im Abwärtstrend

Hierzulande sind die PISA-Ergebnisse von Anfang an eher durchwachsen. So schockte Deutschland bei der ersten Erhebung im Jahr 2000 mit vergleichsweise schlechten Ergebnissen, die unter dem OECD-Durchschnitt lagen. „Am Anfang der Zyklen der PISA-Untersuchung hatte Deutschland einen schlechten Start mit seinen Werten in der ersten Veröffentlichung 2000“, erklärt Artelt. „Anschließend haben wir eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung erlebt bis 2012. Zeitweise lag Deutschland sogar über dem OECD-Mittel, wenn auch nie ganz oben. Seit 2012 ist wieder ein Abwärtstrend zu beobachten.“

Nach dem sogenannten „PISA-Schock“ beschloss die Kultusministerkonferenz in allen Bundesländern sieben Maßnahmen, zum Beispiel eine „bessere Förderung benachteiligter Kinder“ oder eine „Qualitätssicherung durch verbindliche Standards und Evaluation“. Deutschland ist allerdings nicht das einzige Land, das über die Jahre zunehmend schlechter abgeschnitten hat. Woran liegt das?

Warum werden die Ergebnisse immer schlechter?

„In den letzten zwölf Jahren hat sich in den Ländern, die an PISA teilnehmen, viel verändert, insbesondere in der Zusammensetzung der Schülerschaft“, erklärt Artelt. „So ist beispielsweise der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund deutlich gestiegen.“

Im Jahr 2023 hatte rund jeder dritte Schüler in Deutschland einen Migrationshintergrund – 2000 traf dies auf etwa neun Prozent der Schüler zu. Ein Migrationshintergrund ist neben sprachlichen Hürden häufig auch mit einem schwächeren sozialen Stand der eigenen Familie verbunden. Dadurch fehlen zum Beispiel die finanziellen Mittel für Nachhilfe. 

Darüber hinaus machen Bildungsexperten auch die Corona-Pandemie für das schlechtere Abschneiden der Schüler verantwortlich. Durch die gestiegene Eigenverantwortung und improvisierte Online-Lehre haben zahlreiche Jugendliche den Anschluss an den Unterrichtsstoff verloren – besonders in Deutschland. „Die Ergebnisse gesonderter Erhebungen zeigen, dass wir noch immer hinterherhinken, was die intelligente Nutzung digitaler Medien für Unterrichtszwecke angeht“, berichtet Artelt.

Kritik an der PISA-Studie

Bildungsexperten kritisieren die Erhebung jedoch auch immer wieder, besonders was die Repräsentativität der Studie anbelangt. Sie sagen, einige Länder würden Schüler aus vermeintlich bildungsfernen Familien gezielt von der Erhebung ausschließen. Schüler, die aus ländlichen Gebieten Chinas nach Shanghai zugewandert sind, hätten in der chinesischen Metropole zum Beispiel gar kein Recht auf einen Schulplatz. In Mexiko und der Türkei würden 40 Prozent der 15-jährigen Schüler aus vornehmlich bildungsfernen Familien sogar überhaupt keine Schule mehr besuchen.

Aber auch die Methodik der Studie sorgt für Diskussionen. Die Schüler könnten bei den Multiple-Choice-Fragen zum Beispiel einfach raten und die Übersetzungen der Aufgaben könnten fehlerhaft sein. Die PISA-Studie sollte Experten zufolge daher nicht als alleiniges Messinstrument für den Bildungsstand herangezogen werden.

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon