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Musikhören als Lernhelfer?

Klausuren schreiben, Auswendiglernen, Formeln verstehen… Für manche sind diese Zeiten längst vorbei, andere stecken mitten drin. Aber bestimmt jeder von uns hat sich schon einmal gewünscht die lästige Lernerei mit einem Trick einfacher machen zu können. Auf diversen Plattformen gibt es dafür spezielle Lernmusik-Playlists - meist eine Mischung aus Walgesang und Enya. Doch was steckt wirklich hinter dem Einfluss von Musik auf unsere Lernfähigkeit?
JFR, 27.01.2022

Steigert Musik die Lernleistung oder stört sie nur die Konzentration?

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Der Mozart-Effekt – also die Steigerung der Intelligenz durch das Hören von Mozart – ist zwar schon lange als Mythos entlarvt, aber die positiven Effekte von Musik auf unser Wohlbefinden und unsere Gehirnaktivität stehen außer Frage. Musik kann Flugangst lindern, ist Teil von Therapien für psychische Erkrankungen und prägt Kinder schon im Mutterleib. Auch auf molekularer Ebene haben Forschende den Einfluss von Musik nachweisen können.

Was stellt Musik im Gehirn an?

Wenn Musiker ein Klavierkonzert geben oder ein neues Stück auf der Klarinette lernen, entstehen neue Nervenverbindungen, die die verschiedenen Gehirnareale besser vernetzen. Dadurch sind Musiker häufig motorisch geschickter und haben eine feinere Hörwahrnehmung. Aber nicht nur die Gehirnregionen für Gehör und Fingerfertigkeit werden beeinflusst.

Schon länger ist bekannt, dass eine frühe musikalische Ausbildung die Aufmerksamkeit von Kindern stärkt und es den Kindern leichter fällt, sich an Gelerntes zu erinnern. Musizierende Schüler haben beispielsweise in der Schule häufig bessere Noten, egal ob in Mathe oder Englisch. Musik hat demnach definitiv eine Auswirkung auf die Entwicklung der Lernfähigkeit und kann die Leistungen in der Schule langfristig verbessern. Der Blockflötenunterricht in der Grundschule war also doch nicht umsonst.

Musik steigert zwar nicht die Intelligenz, hat aber definitiv eine Auswirkung auf die Entwicklung der Lernfähigkeit und kann die Schulleistungen langfristig verbessern.

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Studien widersprechen sich

Doch wie sieht es nun mit der unmittelbaren Steigerung der Leistung aus? Würden wir in Klausuren besser abschneiden, wenn der Lehrer oder die Dozentin die Musikanlage aufdrehen würde?

In einer Studie aus dem Jahr 2012 von der Universität Caen-Basse-Normandie in Frankreich haben 250 Studierende an einer eine Video-Vorlesung teilgenommen, bei der die Hälfte der Studierenden zusätzlich klassische Musik hörte. Beim Ausfüllen eines anschließenden Multiple-Choice-Fragebogens schnitt die musikhörende Gruppe signifikant besser ab. Auf ganz andere Ergebnisse kamen allerdings Forschende der Cardiff Metropolitan University aus Wales: In ihren Studien von 2018 schnitten Studierende in Klausuren ohne Musik bis zu 60 Prozent besser ab als ihre Kommilitonen, die während der Klausur Musik hörten.

Musik als Motivationsbooster

In einer weiteren Studie fanden Forschende 2015 heraus, dass nach einem ausführlichen Genuss von klassischer Musik bestimmte Gene deutlich aktiver waren. Diese Gene waren mit der Förderung von Gedächtnis und Lernen assoziiert und regten die Ausschüttung des Glückshormons Dopamin an. Jedoch wurden die Gene durch Musik nur aktiviert, wenn die Probanden zuvor musikalisch ausgebildet waren. Inwiefern sich die Aktivierung dieser Gene allgemein auf die akute Lernfähigkeit auswirkt, bleibt damit offen.

Eckart Altenmüller von der Hochschule Hannover hält aber einen von Musik ausgelösten Effekt des Dopamins durchaus für möglich. Wenn wir Musik hören, die uns gefällt, sind wir glücklicher und fühlen uns wohl, was erheblich zur Leistungssteigerung beitragen kann. Schließlich ist man viel motivierter den ganzen Tag am Schreibtisch zu verbringen, wenn man dabei Musik hören kann, die die Stimmung hebt und eventuell sogar Stress reduziert.

Jeder lernt anders

Insgesamt ist die Forschung zu der Frage ob Musik das Lernen verbessert lange noch nicht abgeschlossen. In einem scheinen sich aber alle einig zu sein: Es kommt immer drauf an - sowohl bei der Musikrichtung als auch beim Lernfach. Etwa beim Auswendiglernen wird klassische Musik empfohlen, denn Musik mit Liedtexten würde eher stören und ablenken. Ist beim Lernen eher Verständnis und Kreativität gefragt, kann jegliche Musik die das Gehirn stimuliert und das kreative Denken anregt helfen.

Als wie hilfreich das Musikhören wahrgenommen wird, hängt außerdem auch immer davon ab was für ein Lerntyp die jeweilige Person ist und wie schnell sie allgemein abgelenkt wird. Wer nicht auf neue Forschungsergebnisse warten will, probiert es also am besten mal selber aus, zum Beispiel mit dieser beliebten Musik zum Lernen.

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