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Elizabeth II. von England – die Königin für alle (Podcast 175)

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Großbritannien ist vielseitig – und wird wie jedes Land von Außenstehenden doch immer wieder auf eine Handvoll Stichworte reduziert. Man denkt an Tee, Fußball, Popmusik und Sperrstunde, aber natürlich auch an berühmte Bauwerke wie die Tower Bridge, den Buckingham Palace, Westminster Abbey und den Millenium Dome. Und man denkt an die Queen. Kaum eine Persönlichkeit der Zeitgeschichte ist so bekannt wie sie und zugleich über einen Zeitraum von mehr als sechs Jahrzehnten so allgemein und hoch geachtet. Am 6. Februar 1952, am Todestag ihres Vaters, wurde sie als neue Königin von Großbritannien und Irland proklamiert. Höchste Zeit also, Elizabeth der II. einen Hausbesuch abzustatten. wissen.de-Autor Kai Jürgens hat das getan.

 

Eine sehr britische Familie

Wer sich mit dem Leben von Elizabeth II. beschäftigen will, muss zunächst ihre Familie kennen lernen. Sie entstammt dem Haus Windsor, das es unter diesem Namen allerdings erst seit 1917 gibt. Der Grund liegt im Ersten Weltkrieg – die Windsors haben deutsche Vorfahren und versuchten, dies durch die Annahme eines typisch britischen Namens zu verschleiern. Tatsächlich sind sie, seit Königin Victoria 1840 Prinz Albert zum Mann nahm, Abkömmlinge des Hauses Sachsen-Coburg und Gotha, eines deutschen Adelsgeschlechts. Zuvor hatte fünf Generationen lang die Linie des Königreichs Hannover den König gestellt.

Übrigens war bei Elizabeths Geburt am 21. April 1926 in London keineswegs sicher, dass sie eines Tages Königin werden würde. Ihr Vater Albert war nämlich nur der zweitälteste Sohn des regierenden Königs George V., weswegen davon auszugehen war, dass der erstgeborene Edward die Thronfolge antreten würde. Das war 1936 auch der Fall. Doch der Erbe war unter dem Namen Edward VIII. nur zehn Monate König. Er dankte ab, um die US-Amerikanerin Wallis Simpson heiraten zu können, die nicht nur bürgerlich, sondern auch zweimal geschieden war; ein in damaliger Zeit beispielloser Vorgang. Nun war der Platz frei für Albert, der sich George VI. nannte und das Amt von 1936 bis 1952 innehatte.

Seine Frau war Elizabeth Bowes-Lyon, die "erste“ Queen Elizabeth, die allerdings nie als regierende Monarchin in Erscheinung trat. Beim Volk war sie in erster Linie als "Queen Mum“ bekannt und beliebt, eine inoffizielle aber durchaus respektvolle Bezeichnung. Sie war es, die bekannt gab, dass die königliche Familie während des Zweiten Weltkriegs nicht ins sichere Exil gehen würde: "The princesses cannot go without me, I cannot go without the King and the King will never go!“ – "Die Prinzessinnen können nicht ohne mich gehen, ich kann nicht ohne den König gehen und der König geht niemals.“ Doch auch ihre älteste Tochter sollte sich im Krieg hervortun.

 

Elizabeth – eine Frau mit Charakter

Seit der Krönung ihres Vaters war klar, dass Elizabeth eine große Verantwortung zukam. Gemeinsam mit ihrer vier Jahre jüngeren Schwester Margarte wurde sie zuhause unterrichtet. Aber Elizabeth nahm darüber hinaus die Herausforderung des Krieges an und ließ sich im Rahmen des Heimathilfsdienstes zur Kraftfahrerin und Automechanikerin ausbilden. Das war im Jahr 1944 und ausgesprochen unüblich. Wie viel Überzeugungsarbeit dieses Zugeständnis Elizabeth gekostet haben mag, wird daraus ersichtlich, dass sie bis ins nächste Jahrhundert hinein das einzige weibliche Mitglied der königlichen Familie war, das Militärdienst geleistet hat.

Auch bei der Wahl ihres Ehemannes legte Elizabeth Format an den Tag. Sie entschied sich für Philip Mountbatten, der als Prinz von Griechenland und Dänemark 1921 auf Korfu geboren wurde. Philip nahm die britische Staatsangehörigkeit erst 1947 und damit im Jahr seiner Eheschließung an. Allerdings stammen sowohl er als auch Elizabeth von Königin Victoria ab, die beider Ur-Ur-Großmutter war. Philip machte betont britischen Humor zu seinem Markenzeichen und gewann damit immer wieder Sympathien – wenn nicht für die Krone, so doch zumindest für sich. So fragte er beispielsweise einen Studenten, der zu Fuß Papua-Neuguinea durchquert hatte: "You managed not to get eaten, then?“ (Sie haben es also geschafft, nicht gegessen zu werden?) oder attestierte einem britischen Touristen in Budapest: "You can’t have been here that long, you don’t have a pot belly.“ (Sie können noch nicht lange hier sein – Sie haben keinen Bierbauch.) Über die kantonesische Küche: "If it has four legs and isn’t a chair, has wings and isn’t an aeroplane, swims and isn’t a submarine, the Chinese will eat it.“ (Wenn es vier Beine hat und kein Stuhl ist, wenn es Flügel hat und kein Flugzeug ist, wenn es schwimmt und kein U-Boot ist, dann wird es ein Chinese essen). Immerhin gilt dieser bissige Witz auch der eigenen Familie. So fragte er seine frisch gekrönte Frau mit Blick auf deren Krone: "Wo hast du diesen Hut her?“

 

Die Krone und weiter

Elizabeth wurde 1952 zur Königin proklamiert und am 2. Juni 1953 gekrönt. Sie nahm ihre offiziellen, zeremoniellen und repräsentativen Aufgaben von Anfang an sehr ernst. Schließlich ist sie nicht nur die Königin des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, sondern auch Staatsoberhaupt von weiteren sechzehn Nationen, den sogenannten Commonwealth-Königreichen. Hierzu gehören etwa Australien, Kanada und Neuseeland. Auch steht Elizabeth symbolisch dem Commonwealth of Nations vor, einem lockeren Staatenbund, der sich aus dem untergegangenen British Empire entwickelte und dessen Modernisierung Elizabeth maßgeblich förderte. Dank Indien, dem mit Abstand einwohnerstärksten Land des Commonwealth, umfasst der Bund knapp ein Drittel der Erdbevölkerung. Es wundert also nicht, dass Elizabeth viel auf Reisen ist. Sie gilt als weitest gereistes Staatsoberhaupt der Geschichte – und zweifelsohne als eines der beliebtesten. 

Die einzige ernsthafte Krise zwischen ihr und ihren Untertanen hat ausgerechnet mit einer anderen Frau zu tun. Elizabeth ist Mutter von vier Kindern, von denen Charles, der Prince of Wales, der älteste und bekannteste ist. 1981 hatte er die Bürgerliche Diana Spencer geheiratet, doch die Ehe scheiterte und wurde nicht zuletzt auf das Betreiben Elizabeths hin 1992 geschieden, unter dem voyeuristischen Blick der englischen Boulevardpresse. Als Diana 1997 bei einem Autounfall ums Leben kam, hielt sich die Königin mit Trauerbekundungen auffällig zurück; sie unterbrach nicht einmal ihren Sommerurlaub. Mit negativen Folgen für das eigene Ansehen in der Bevölkerung. Später weigerte sie sich, die geschiedene Camilla Parker-Bowles als neue Partnerin von Charles anzuerkennen. Die beiden heirateten erst 2005, konnten sich also gegenüber Elizabeth durchsetzen. Zeigten sich hier vielleicht Ermüdungserscheinungen bei der Queen?

 

Die Zukunft der Krone

Elizabeth ist die am zweitlängsten regierende britische Monarchin; ihre Amtszeit übertrifft die ihrer direkten vier Vorgänger auch dann, wenn man deren Jahre zusammenzählt. Sie wird nur von Queen Victoria übertroffen, die diese Rolle fast 64 Jahre ausfüllte. Mit Elizabeths Abdanken ist dennoch nicht zu rechnen. Zum einen, weil die Beliebtheit der konstitutionellen Monarchie in England trotz ihrer beträchtlichen Kosten ungebrochen ist, auch wenn vereinzelt kritische Fragen zu hören sind. Zum anderen, weil eine Königin viel eher Identität und Einheit stiften kann als ein gewählter Präsident, der die Rolle nur für wenige Jahre wahrnimmt. Letztlich aber lässt sich das Amt weit weniger gerecht bewerten als die Person, die es ausfüllt. Man muss kein ausgesprochener Freund der Monarchie sein, um festzustellen, dass Elizabeth II. die ihr gegebenen Möglichkeiten sehr nachdrücklich genutzt hat und auch weiterhin nutzt. Gewiss, einige "alte Zöpfe“ könnten wohl abgeschnitten werden, um das Haus Windsor fit für das 21. Jahrhundert zu machen; dies wird Aufgabe der Enkelgeneration sein. Das Ende ihrer Regentschaft ist daher kaum in Sicht – auch nicht nach sechs Jahrzehnten.

 

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