Von wegen Sommerloch! Die Politiker selbst bringen immer freiwillig genügend Schreibstoff aus ihrem Urlaub mit. Sei es, weil sie schnell wieder zurückkommen, sei es, weil sie Mist bauen. Wenn sie ihre Ferien unterbrechen und gleich wieder in den Alltag einsteigen, muss man sich Sorgen machen, weil erschöpfte Politiker mehr Fehler machen als ausgeruhte. Bei negativen Schlagzeilen, sorgen wir uns um deren Kompetenz. Kommen Sie mit in die Urlaubszeiten der Politiker!
Partys am Pool
Der Politiker, der offenbar am liebsten Schlagzeilen macht – ob freiwillig oder nicht – ist Berlusconi. Von den Italiener gefürchtet und gehasst und doch immer wieder gewählt. Berlusconi ist natürlich die Unschuld in Person. Das haben wir im Sommer 2008 gelesen und gehört, nachdem Bilder von seinem Anwesen der Villa Certosa auf Sardinien veröffentlicht worden waren: Wilde Partys mit jungen, hübschen Frauen im Tanga und oben ohne. Das ist Berlusconis Sommerpolitik. Hand aufs Herz: Berlusconi war unschuldig, wie er mehrmals betonte. Natürlich. Nur die Grenze zwischen Privatimperium und Rolle als Staatsmann war plötzlich durchlässig. Die Fotos waren ein Skandal, der monatelang die Presse beherrschte. Vor allem, weil er in die Zeit des Rosenkriegs zwischen ihm und seiner Frau Veronica Lario fiel. Sie hatte Berlusconi bezichtigt, mit mindesten einer Minderjährigen ein Verhältnis gehabt zu haben. Und noch was: Er hat erstritten, billig nach Sardinien fliegen zu können. Der Staatschef hatte noch mehr auf Lager. Er kann wunderbar zu unpassendsten Momente die unsensibelsten Sprüche ablassen. Nach dem Erdbeben in der Region l’Aquila mussten die obdachlos Gewordenen irgendwo untergebracht werden. Berlusconi verglich dies mit einem Camping-Urlaub und riet den Betroffenen, doch einfach an den Strand zu fahren. Angeblich hatte er die Stimmung ein wenig aufhellen wollen.
Fahrradfahren auf Maryland
Nächster politischer Urlaubsheld ist George W. Bush. Er ist in der Politik wie privat ein Rätsel. Immer frisch, und das nach zwei Kriegen und einer Weltwirtschaftskrise. Wenns nötig war, wusste er geschickt auszuweichen. Als am 11. Mai 2005 ein Sportflugzeug Richtung Kapitol flog und Dick Cheney und Laura Bush in den Bunker fliehen mussten, stellte sich heraus, dass Bush gerade vergnüglich auf Maryland radelte. Apropos: Bush hat das obsessive Verlangen nach körperlicher Anstrengung. Wenn er nicht radelt, trägt er das Rad auf einem Arm und trainiert so seine Muckis. Ebenfalls 2005 frönte Bush auf seiner Texas-Ranch wochenlang dem Müßiggang und ließ die Flut in New Orleans Flut und Politik Politik sein. Als die Räumungsarbeiten auf Hochtouren liefen, kam er dann doch mal zurück ins Weise Haus. Sein Statement war: "Ich bin Texaner, ich liebe diesen Ort und gehe so oft dahin, wie ich kann, hier kann ich entspannen – der Job folgt einem doch ohnehin überall hin, Du bist immer Präsident.“ Wie wahr. Er war immer noch Präsident als er harsche Worte gegen Russland richtete, Moskau mit Isolation drohte, die Waffen sprechen ließ und sich selbst wieder auf seine Ranch zurückzog.
Sommerresidenzen und Yachturlaube
Wo Bush ist, da ist Sarkozy nicht weit. Er hat ja ein Faible für Amerika. Und so führte ihn der erste Urlaub nach seiner Wahl 2007 in die Staaten. Und zwar auf einer Villa mit Seeblick. Ganz in der Nähe der Bushschen Sommerresidenz – versteht sich. Die wöchentliche Miete betrug stolze 22.000 Euro. Wer das wohl gezahlt oder mitfinanziert hat? Dieselbe Frage stellten sich Medien und der sozialistische Abgeordnete René Dosière als Sarkozy mit seinem Yachturlaub in die Schlagzeilen geriet. Die Yacht gehört dem französischen Milliardär Vincent Bollore.
Der einsame Präsident
Bushs Nachfolger, US-Präsident Barack Obama, kehrt in den Ferien gern an seinen Geburtsort Hawaii zurück. Zum Eisessen und Golf spielen. In diesem Jahr muss Obama auf Urlaub verzichten und in der Politik bleiben. Amerikas First Lady Michelle Obama fährt nur mit ihrer jüngsten Tochter an die Costa del Sol in Südspanien. Barack Obama steht allein da – auch politisch gesehen.
Politik raus – Urlaub rein?
Kommen wir zum besonderen Freund der USA: Russland. Regierungschef Putin ist unter den Politikern wohl der mit den meisten Interessen. Und er schafft es auch, sich wirklich Zeit für den Urlaub zu nehmen. Der Russe ist Naturbursche. Action und Abwechslung lautet seine Devise. Schwimmen wie ein Schmetterling, auf Bäume klettern wie ein Affe, durch die Tundra wandern, Bootstouren machen, Angeln, Lagerfeuerstunden genießen, Holzhacken, und? Reiten! Und das alles nach getaner Arbeit. Wenn Putin reitet, dann gern mit nacktem Oberkörper und mit cooler Sonnenbrille. Ein echter Macho-Reiter. Er bemüht sich auch aus dem Urlaub stets um ein männliches Image. Und übrigens: Ganz abschalten kann auch Putin nicht. Er telefoniert täglich mit seinem Kollegen, Präsident Dmitri Medwedew, der ihn über den Stand der Dinge in Moskau informiert. Ja ehrlich, er freut sich dann auch wieder aufs Zuhause, den Alltag "Politik“. Putins Kollege Medwedew macht übrigens auch nur Urlaub auf Abruf. Neulich erst brach er seine Ferien wegen der nicht mehr kontrollierbaren, katastrophalen Waldbrände ab und nahm an einer Sondersitzung des Sicherheitsrates teil. Aber wenn er Urlaub macht, dann gern auf dem Boot.
Urlaub made in Germany
Und was machen unsere Deutschen Politiker? Wandern, Radeln, Baden. Am liebsten in den Bergen Norditaliens, aber auch in Österreich. Laut Urlaubsknigge für Politiker auf keinen Fall weit von der Heimat weg. Erlaubt sind Bayern, Allgäu, Europa. Fernziele lassen allzusehr auf Extravaganz schließen. Renate Künast meinte lax über den Urlaub: "Wenn was politisch Wichtiges ist, ist er halt früher zu Ende.“ Arbeitsministerin Ursula von der Leyen möchte trotzdem möglichst viel wandern und lesen, vor allem aber schlafen, schlafen und schlafen. Ob sie ihre Ruhe findet Mal sehen, denn Fotografen lechzen nach Kanzlern und Ministern in Badehose und Freizeitdress.
Im Pool mit dem Minister
Erinnern Sie sich an Scharping? Der SPD-Minister hatte 2001 mit seiner neuen Lebensgefährtin, der Gräfin Pilati-Borggreve posiert, Wein getrunken, sie geküsst, mit ihr im Pool geplantscht… - alles ganz freiwillig vor der Kamera. Der Starautor der "Bunte“, Paul Sahner, durfte alles sehen, mitschreiben, ein Fotograf knipste fleißig. Man wunderte sich ob so viel Extrovertiertheit. Natürlich telefonierte Scharping täglich mit Kanzler Schröder und Joschka Fischer wegen des albanischen Aufstands in Mazedonien. Die Bilder seines Urlaubs erschienen ausgerechnet dann, als Soldaten der Bundeswehr zu ihrem ersten Nachkriegseinsatz nach Kosovo ausrückten. Das Ende vom Lied: Nach den Anschlägen vom 11. September war Scharping der "Bin baden“ – eine Anspielung auf Bin Laden. Scharping musste ein Jahr später wegen Instinktlosigkeit zurücktreten.
Urlaub mit Wagner
Ein paar aktuelle Urlauber im Durchlauf: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hatte in Südafrika Osterferien mache wollen, brach ihn aber Anfang April ab, weil mehrere Bundeswehrsoldaten in Afghanistan getötet worden waren. Sein Statement dazu: "Die momentane Lage an politischen Hausaufgaben, die wir zu bewältigen haben, lässt nicht zu viel Ferien zu.“ Er hoffe auf etwas Zeit Anfang August – "ob es klappt, ist noch mal eine andere Frage.“ Bundespräsident Wullf war auf Mallorca und hat gleich für einen kleinen Skandal gesorgt, weil er in der Villa des Glamourpaares Maschmeyer und Veronica Ferres residiert hat. Das lässt auf die Welt schließen, in der er sich gern bewegt und aus der ihn Maschmeyer, Merkel und die ins Schloss Bellevue gehoben haben. Immerhin hat er laut Bundespräsidialamt den Urlaub selbst bezahlt. 2009 hat der damalige Ministerpräsident bei einem Flug nach Miami (USA) eingestanden, zu Unrecht ein kostenloses Upgrade in eine höhere Reiseklasse in Anspruch genommen zu haben. Und zum Schluss unsere Kanzlerin. Sie verrät nicht, wo sie Ferien macht. Klar ist, dass sie zu den Wagner-Festspielen nach Bayreuth gefahren ist und die letzten Urlaube sie nach Südtirol geführt haben. Wie auch immer sie sich aufhält: Guten Urlaub, Frau Merkel! Auch sie wandert gern, liest gern, kämpft gern, aber sie bundeskanzlert auch gern und…naja…