Wenn ein Amerikaner in einem deutschen Sportwagen über den Highway braust, kann es sein, das ihm ein “what a fahrvergnuegen!” herausrutscht. Auch “kindergarten”, “weltanschauung” und “apfelstrudel” gehen den Amerikanern leicht über die Lippen. Unbestritten ist, dass sich eine Menge Anglizismen im Deutschen breit gemacht haben, was vielerorts um das Idiom Goethes bemühte Sprachwächter auf den Plan ruft. Aber auch umgekehrt haben sich deutsche Wörter im Angelsächsischen und anderswo eingenistet – und führen dort ein fröhliches Eigenleben. Nebenbei verraten diese Leihwörter auch viel über das Bild der Deutschen im Ausland und über spezielle deutsche Befindlichkeiten: Geschichtsbeladen und fast weltweit gebräuchlich ist z.B. der Ausdruck “blitzkrieg”. Die Franzosen haben in den 1980er Jahren den Ausdruck “le waldsterben” übernommen, da sie das Phänomen für einen Auswuchs typisch deutscher Hysterie (“l'angst”) hielten. Oder wie die Amerikaner sagen: “German angst”.
The zeitgeist und le leitmotif
Amerikaner oder Briten diskutieren über den “zeitgeist“, hören einem “glockenspiel” zu, suchen nach dem “leitmotiv” (bzw. “leitmotif) oder durchwandern das “hinterland”. Solche Leihwörter schmücken aber nicht nur das Englische, sondern auch viele andere europäischen Sprachen. Wie kommt es dazu?
Das Wort “kindergarten”, das der deutsche Pädagoge Friedrich Fröbel um 1840 zur Bezeichnung seiner Vorschule für die Kleinen und Kleinsten aufbrachte, gilt als Paradebeispiel für den deutschen Kulturtransfer ins Englische: Großbritannien und Nordamerika übernahmen nicht nur die Vorschulidee, sondern mit ihr auch die deutsche Vokabel. Das “Oxford Dictionary of Current English” übersetzt “kindergarten” sogar ganz unverblümt mit “children's garden”.
Weit verbreitet ist auch der Begriff “angst”, der erstmalig mit der Verbreitung der Freudschen Psychoanalyse in den englischen Sprachgebrauch gelang und mit dem das Ausland die so typisch deutsche Passion, immer mit dem Schlimmsten zu rechnen, beschreibt.
Dazu tummeln sich eine ganze Reihe von Übernahmen im englischsprachigen Ausland, die zwar nicht so populär sind wie “kindergarten” oder “angst”, nichtsdestotrotz dort aber häufig Verwendung finden. So mündeten z.B. die Radikalenerlasse im Deutschland der 70er Jahre, die auch im Ausland auf starke Kritik stießen, in Großbritannien in die “Campaign Against Berufsverbot”. “Fahrvergnuegen” kam zusammen mit den Werbekampagnen von Volkswagen, Audi etc. nach Amerika und geht den Menschen dort leichter über die Lippen als “pleasure in driving a car”. Die amerikanische Version von Microsoft Encarta beschreibt das “glockenspiel” als “percussion musical instrument, consisting of a series of metal bars.” Richard Wagners “leitmotif” – von ihm selbst “Grundthema” genannt – wird zweckentfremdet und mehr im Sinne von “Motto” verwendet.
Aus den 30er Jahren, als erstmals Publikationen über Bergsteigen auftauchten, stammen “rucksack” und “abseil”. So schrieb R.C. Evans in “On Climbing”: “He had been abseiling and the rock over which he had looped his doubled rope had come away.” Als sich die philosophischen Theorien von Marx und Hegel im 19. Jahrhundert verbreiteten, wurde “weltanschauung” übernommen. F. Quinn schrieb 1938 in “Mission of Austria”: “Both Catholicism an National Socialism are weltanschauungen”. Und statt “the spirit of the time” oder “general trend of thought or feeling characteristic of a particular period of time” sagte schon D. Piper in “Image of Poet” : “Shakespeare becomes in a sense an ever-changing embodiment of the zeitgeist.”