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Planet der Affen: Wer würde die Erde beherrschen, wenn es uns nicht gäbe?

Unsere Spezies gilt als Herrscher des Planeten. Wir stehen an der Spitze aller Nahrungsketten und haben uns mit unserer Intelligenz jeden Kontinent und dessen Natur untertan gemacht. Doch was, wenn es uns Menschen nie gegeben hätte - beziehungsweise wenn wir aussterben würden? Welches Tier würde dann auf dem Thron des Planeten sitzen? Würde die Erde dann vielleicht wie im Kino zu einem Planeten der Affen?
AMA, 08.05.2024
V.l.n.r.: Berggorilla, Oran-Utan und Schimpanse

© Gorilla: Erik Pearson, iStock: Orang-Utan: Neurobite, iStock; Schimpanse: USO, thinkstock

In der Bibel heißt es: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“ Gesagt, getan. Wir Menschen sind zwar nicht annähernd die zahlreichste Spezies auf dem Planet, dafür aber bei weitem die einflussreichste.

Wir haben alle Kontinente erobert, riesige Städte gebaut, ganze Landschaften umgestaltet und den Tieren unseren Willen aufgezwungen. Wir jagen sie, halten sie als Haustiere, stecken sie in Käfige, pferchen sie in der Massentierhaltung zusammen oder führen schmerzhafte Experimente an ihnen durch. Doch was wäre, wenn wir Menschen aussterben würden? Würden dann andere Tiere die Rolle des Weltenherrschers besetzen? Und wenn ja, welche?

Wie realistisch ist ein Planet der Affen?

Wissenschaftler und Science-Fiction-Autoren haben auf diese Fragen schon viele verschiedene Antworten gefunden. Die Antwort des französischen Schriftstellers Pierre Boulle lautet zum Beispiel, dass Menschenaffen wie Schimpansen, Gorillas und Orang-Utans unsere Thronfolger wären. Sein vielfach verfilmter Roman „Planet der Affen“ erzählt davon, dass intelligente Affen die Menschheit unterjochen und den Spieß umdrehen. Ähnlich wie wir haben sie mit der Zeit den aufrechten Gang, Sprache, Technologie und vielerlei anderes als typisch menschlich Geltendes für sich entdeckt – inklusive der Unterdrückung anderer Spezies.

In der neuesten Adaption des Klassikers von 1963, deren vierter Teil am 8. Mai 2024 in die deutschen Kinos kommt, gelingt den Affen die Thronbesteigung, nachdem ein Laborvirus einen Großteil der Menschheit ausgerottet hat. Doch genau da würde im echten Leben der Haken liegen, wie Luc Bussiere von der University of Stirling betont: „Es ist unwahrscheinlich, dass nichtmenschliche Primatengesellschaften unsere Vorherrschaft auf der Erde erben werden, denn die Menschenaffen werden uns wahrscheinlich beim Aussterben zuvorkommen.“

Schließlich gelten alle Menschenaffen als gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Selbst wenn ein Virus ausschließlich uns dahinraffen würde, was aufgrund unserer hohen anatomischen und genetischen Ähnlichkeit bereits unwahrscheinlich genug ist, dann wären die Populationen von Gorilla, Schimpanse und Co wahrscheinlich zu verstreut und fragil, um sich zum Weltenherrscher zu erheben. Beziehungsweise bräuchte es selbst bei stabilen Populationen noch viele Millionen Jahre, bis die Evolution sie uns so ähnlich machen könnte wie in Planet der Affen dargestellt.

Dominant ist nicht gleich menschenähnlich

Die Frage ist sowieso, was genau eine dominante, herrschende Spezies eigentlich ist. Davon auszugehen, dass darunter nur Lebewesen wie Primaten fallen, die unsere eigenen Lebensweisen eins zu eins kopieren können, ist ziemlich selbstverliebt. Auch wenn wir das gerne glauben würden, so ist der Mensch keineswegs die Krone der Schöpfung. Es ist lediglich ein glücklicher Zufall, dass die Kombination unserer besonderen Eigenschaften – Intelligenz, aufrechter Gang, opponierbare Daumen, Leben im Sozialverbund – uns große evolutionäre Erfolge gebracht hat. In einem anderen Zeitfenster der Erdgeschichte hätten wir damit vielleicht nicht so viel anfangen können.

Dass eine erfolgreiche und somit potenziell dominante Spezies keineswegs menschenähnlich sein muss, haben wir in der Vergangenheit schon oft beobachten können. So waren vor 1,2 Milliarden Jahren zum Beispiel die Bakterien die dominante Lebensform unseres Planeten und viele, viele Jahre später dann die Dinosaurier. Und wer weiß, wie diese sich weiterentwickelt hätten, wenn der Asteroideneinschlag nicht zu ihrem Untergang geführt hätte. Auf der Suche nach der nächsten dominanten Spezies müssten wir also eher nach Tieren Ausschau halten, die in Zukunft mit ihren persönlichen Eigenschaften die besten Erfolgschancen hätten – und nicht nach jenen, die uns selbst am ähnlichsten sind.

Laborratte orientiert sich in einem Labyrinth
Anpassungsfähig, empathisch und sehr clever: Ratten hätten das Potential, zur herrschenden Lebensform auf der Erde zu werden

© NeilLockhart, iStock

Ein Planet der Ratten?

Der britische Biologe Richard Dawkins sieht an dieser Stelle die Ratten im Vorteil. Sie sind anpassungsfähig, clever und empathisch und würden ein weiteres Massenaussterben mit hoher Wahrscheinlichkeit überleben. In ein paar Millionen Jahren könnten sich die heutigen Ratten dann auch erheblich weiterentwickelt und diversifiziert haben. Dawkins schweben zum Beispiel „Herden riesiger Weideratten, die von riesigen, säbelzahnigen Raubratten verfolgt werden“ vor.

Klingt dystopisch, ist aber nicht gänzlich an den Haaren herbeigezogen. Denn bei der Suche nach einer Spezies, die nach unserem Ableben die Erde beherrscht, dürfen wir auch die Evolution nicht außer Acht lassen. Hierfür ein eindrucksvolles Beispiel: Alle modernen Säugetiere stammen von winzigen mausartigen Vorfahren ab, die einst im Schatten der Dinosaurier gelebt haben. Erst als diese ausstarben, hatten unsere Ahnen die Möglichkeit, alle möglichen Nischen zu besetzen. Aus nachtaktiven Mäusen wurden Raubkatzen, Elefanten, Delfine, Menschen und viele mehr.

Gibt man modernen Ratten also genug Zeit und Raum zur Entfaltung, könnten auch diese sich diversifizieren und schließlich zur herrschenden Lebensform werden. Ob herrschend im Falle der Ratten aber auch bedeutet, irgendwann komplexe Technologie zu entwickeln, Städte zu bauen und andere Lebewesen zu unterjochen, bleibt offen.

Ameisen mit Blattläusen
Ameisen punkten vor allem durch Organisation und Interaktionsregeln statt durch individuelle Intelligenz.

© beachgrampa, iStock.com

Ein weiterer heißer Kandidat

Doch die zukünftigen Herrscher der Welt könnten auch deutlich unscheinbarer sein. Einige Wissenschaftler wetten darauf, dass es die Ameisen sind, die den Planeten nach unserem Aussterben beherrschen werden. Auf gewisse Weise tun sie das auch jetzt schon – allerdings im Geheimen. Würde man alle Ameisen der Welt in eine riesige Waagschale werfen und in eine zweite alle Menschen, dann wäre die Waage ausgeglichen. Zwar wiegt ein einzelner Mensch deutlich mehr als eine Ameise, doch leben auf der Erde nur acht Milliarden Menschen und 10.000 Billionen Ameisen.

In ihren Kolonien, die im Übrigen als architektonische Meisterwerke mit Vorrats- und Brutkammern gelten, verhalten sich die Ameisen überraschend menschenähnlich. So bewirtschaften sie zum Beispiel eigene Pilzfarmen und halten sowie melken sogar ihr eigenes Vieh: Blattläuse. Die Stärke der Ameisenstaaten kommt durch ihren sozialen Zusammenhalt. Er ermöglicht es ihnen auch, gegen andere Staaten in den Krieg zu ziehen und eigene Lazarette zu betreiben, in denen sie Verwundeten Antibiotika verabreichen.

Natürlich sind Ameisen sehr klein und damit nicht die Art Weltenherrscher, die den meisten von uns vorschwebt, aber auch in ihrem Fall lässt sich nicht sagen, welche Pläne die Evolution mit den sechsbeinigen Insekten noch hat beziehungsweise wie die Erde aussehen wird, die wir ihnen hinterlassen.

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