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Totale Sonnenfinsternis: Warum sie so selten ist

Es ist soweit: Heute, am 8. April 2024, werden Millionen Menschen in Nordamerika ein Himmelsschauspiel der besonderen Art erleben – eine totale Sonnenfinsternis. Während man jedoch eine Mondfinsternis auf der halben Erde bestaunen kann, ist die Verdunklung der Sonne nur in einem schmalen Streifen quer durch den Kontinent sichtbar. Aber warum? Wie funktioniert eine Sonnenfinsternis und warum ist sie bei uns so selten zu sehen?
NPO, 08.04.2024
Totale Sonnenfinsternis

© Gary Seronik

Eben war es noch taghell, doch dann wird es plötzlich dunkel – die Sonne verschwindet hinter dem dunklen Mond. Eine Sonnenfinsternis ist ein Phänomen, das schon vor Jahrtausenden für Staunen und Angst sorgte. Doch auch heute noch fasziniert eine Eklipse – und liefert wertvolle Daten für die Wissenschaft.

Gebie der totalen Sonnenfinsternis am 08.04.2024
Die Verfinsterung beginnt kurz vor 20:00 Uhr unserer Zeit in Mexiko und endet gegen 22 Uhr über der Nordostküste Kanadas. In Irland oder in Großbritannien könnte es am Abend bei klarem Wetter immerhin für eine partielle Finsternis reichen.

© Sky & Telescope illustration / Fred Espenak

Wann und wo ereignet sich die Sonnenfinsternis?

Am 8. April 2024 können Millionen Menschen in den USA, Kanada und Mexiko eine totale Sonnenfinsternis erleben. Sie beginnt am Vormittag gegen 11:00 Uhr Ortszeit in Mexiko – kurz vor 20:00 Uhr bei uns. Dann wandert die Zone der Totalität Richtung Nordosten über den nordamerikanischen Kontinent und endet gegen 22 Uhr unserer Zeit über der Nordostküste Kanadas.

Für uns in Deutschland ist dieses Schauspiel leider nicht direkt sichtbar. Die NASA überträgt die totale Sonnenfinsternis aber ab 19:00 Uhr unserer Zeit in einem mehrstündigen Livestream. In diesem wird sie Aufnahmen der Sonnenfinsternis  von Teleskopen am Boden und in der Luft zeigen und Astronomen erklären die Phänomene.

Schematische Darstellung einer Sonnenfinsternis
Schematische Darstellung einer Sonnenfinsternis

© Sky & Telescope illustration / Beatriz Inglessis

Wie geschieht eine Sonnenfinsternis?

Dass wir auf der Erde überhaupt ein solches Phänomen beobachten können, ist eigentlich eine Art kosmischer Zufall: Der Mond ist 400 Mal kleiner als die Sonne und könnte sie daher niemals vollständig verdecken. Da die Sonne aber ungefähr 400 Mal weiter von der Erde entfernt ist als der Mond, erscheinen beide Himmelskörper von der Erde aus fast gleichgroß – eine totale Sonnenfinsternis ist möglich.

Bei einer Sonnenfinsternis schiebt sich der Mond so zwischen Erde und Sonne, dass er einen riesigen kegelförmigen Schatten auf unseren Planeten wirft. Dort, wo die Umbra, der dunkle Kernschatten des Mondes, auf die Erdoberfläche trifft, erscheint die Sonne vollstündig vom dunklen Mond verdeckt. Nur noch die solare Atmosphäre, die Korona, ist als leuchtender Strahlenkranz sichtbar.

Weil die Umlaufbahnen von Erde und Mond jedoch Ellipsen sind, variieren ihre Abstände zu uns und zur Sonne leicht. Steht der Mond bei der Finsternis relativ weit von uns entfernt, erscheint er kleiner und ein heller Ring der Sonnenscheibe bleibt sichtbar – wir sehen eine ringförmige Sonnenfinsternis. Ist uns der Mond bei der Eklipse jedoch relativ nah, wie am 8. April 2024, dann bedeckt er die Sonnenscheibe vollständig – eine totale Sonnenfinsternis tritt ein.

Warum gibt es nicht bei jedem Neumond eine Eklipse?

Rein theoretisch steht der Mond bei jedem Neumond von uns aus gesehen vor der Sonne. Aber warum gibt es dann nicht jeden Monat eine Sonnenfinsternis? Weil die Mondbahn gegenüber der Erdbahn um etwa fünf Prozent geneigt ist, wandert der Mond nicht bei jeder Umkreisung genau vor der Sonne vorbei, sondern passiert sie meist knapp ober- oder unterhalb. Der Schatten, den der Mond wirft, verfehlt dann die Erde und erzeugt daher auch keine Sonnenfinsternis.

Alle sechs Monate erreicht der Mond jedoch einen der zwei Knotenpunkte, an denen die geneigte Mondbahn die Erdbahn kreuzt. Nur in der Nähe dieser Knoten ist eine Sonnenfinsternis überhaupt möglich. Wenn der Mond sowohl in Knotennähe als auch in Neumond-Position steht und sich noch dazu nah genug an der Erde befindet, um die Sonnenscheibe vollständig zu verdecken, dann gibt es eine totale Sonnenfinsternis.

Warum ist eine totale Sonnenfinsternis bei uns so selten?

Betrachtet man die Erde insgesamt, sind Sonnenfinsternisse daher gar nicht so selten: Immerhin gibt es zwei bis drei solcher Eklipsen pro Jahr. Allerdings trifft der Kernschatten des Mondes dabei die Erde oft nicht ganz. Eine totale Sonnenfinsternis ereignet sich dagegen alle ein bis zwei Jahre einmal. Weniger als 70 Mal in einem Jahrhundert passen alle Faktoren zusammen, damit wir dieses Schauspiel sehen können. Dann steht der Mond an der richtigen Stelle und im richtigen Abstand und sein Kernschatten streicht über uns hinweg. Ein bestimmter Ort liegt daher im Schnitt nur alle 375 Jahre in diesem Schattenpfad.

In Deutschland ereignete sich die letzte totale Sonnenfinsternis im August 1999, am 20. März 2015 gab es eine partielle Sonnenfinsternis, bei der die Sonne bis auf eine schmale Sichel verdunkelt war. Die nächste totale Sonnenfinsternis in Deutschland wird sich am 3. September 2081 ereignen – 82 Jahre nach der totalen Finsternis vom 11. August 1999.

Pfad der Totalität für die totale Sonnenfinsternis vom 8. April 2024.
Pfad der Totalität für die totale Sonnenfinsternis vom 8. April 2024.

Warum ist der Pfad der Totalität so schmal?

Bei einer totalen Mondfinsternis kann die halbe Erde den "Blutmond" bestaunen. Gibt es jedoch eine totale Sonnenfinsternis, dann ist die verdunkelte Sonne nur in einem relativ schmalen, rund 300 Kilometer breiten Streifen zu sehen – und auch dies nur wenige Minuten lang. Eine Mondfinsternis hält dagegen mehr als eine Stunde lang an.  Aber warum?

Der Grund liegt in der schmalen Spitze des kegelförmigen Kernschattens und an unserer Beobachtungsposition: Bei einer Mondfinsternis zieht der Mond durch das schmale Ende des irdischen Kernschattens, wir können dieses Ereignis aber überall dort sehen, wo es Nacht ist und der Mond an Himmel steht, weil wir gewissermaßen am breiten Ursprung dieses Schattens sitzen.

Bei einer Sonnenfinsternis ist der Schattenfall genau umgekehrt: Nur die Spitze des lunaren Kernschattens rast mit rund 700 Kilometern pro Sekunde – schneller als der Schall - über die Erde hinweg. Sie erzeugt ein schmales, gebogenes Schattenband, das sich über tausende Kilometer über die gekrümmte Oberfläche der Erde erstreckt, aber eben nur rund 300 Kilometer breit ist. Weil der Kernschatten sich so schnell bewegt, dauert die komplette Verdunklung der Sonne an einem Ort innerhalb dieses "Pfad der Totalität" immer nur wenige Minuten. Bei der aktuellen Sonnenfinsternis in den USA variiert die Dauer der völligen Verfinsterung zwischen zwei und gut vier Minuten.

Ausmaß der Verdunklung bei einer totalen Sonnenfinsternis
Ausmaß der Verdunklung bei einer totalen Sonnenfinsternis,

 © Sky & Telescope / Rick Fienberg / Beatriz Inglessis

Wie dunkel wird es bei einer totalen Sonnenfinsternis?

Wenn der Mond die Sonnenscheibe völlig bedeckt, sinkt die Helligkeit innerhalb kürzester Zeit um das mehr als Hundert- bis Tausendfache ab. Der Himmel verdunkelt sich, nur der Horizont schimmert noch schwach rötlich. Schlagartig wird es kühler, durch die Temperaturunterschiede zwischen Totalitäts- und Randzone kommt Wind auf. Am dunklen Himmel werden nun sogar Planeten und hellere Sterne sichtbar.

 Von der Sonne ist jetzt nur noch die Korona sichtbar – ein weißlich leuchtender Strahlenkranz um die dunkle Mondscheibe. Eine Million Mal leuchtschwächer als die Sonne selbst, ist diese heiße Gashülle nur während einer totalen Sonnenfinsternis zu beobachten. Wie eine unregelmäßige Krone breitet sich das leuchtende Gas in alle Richtungen aus, bevor es verlischt.

Pflanzen und Tiere deuten Dunkelheit und Kälte während der Totalität als plötzlichen Nachteinbruch: Vögel hören auf zu singen und tagblühende Pflanzen schließen ihre Blüten. Bienen, die für ihre Navigation auf das polarisierte Licht der Sonne angewiesen sind, verlieren die Orientierung und stoppen ihre Nektarsammelflüge. In der kurzen Zeit der Totalität scheint die Natur „im Schlaf zu versinken“.

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