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Blut: Spediteur für alle Zellen

Warum ist das Blut so wichtig?

Blut ist ein universelles Transportmittel. In unserem Organismus übernimmt es die Funktion des Verteilungs- und Abfuhrsystems. Ausgehend vom Herzen wird es durch die Blutgefäße zu den Geweben gepumpt, wo es die Zellen mit Nährstoffen, Sauerstoff und anderen wichtigen Substanzen versorgt. Von dort führt es die von den Zellen erzeugten Stoffwechselabbauprodukte wieder ab. Blut und Kreislaufsystem unterstützen die Homöostase durch Aufrechterhaltung eines konstanten inneren Körpermilieus.

Das Blut besteht aus Wasser und einer flüssigen Grundsubstanz, dem Blutplasma. Im Plasma zirkulieren die für den Sauerstofftransport zuständigen roten Blutkörperchen, die an der Immunabwehr beteiligten weißen Blutkörperchen sowie die Blutplättchen, deren Aufgabe die Abdichtung verletzter Blutgefäße ist.

Wie viel Blut fließt in unserem Körper?

Ein männlicher Erwachsener verfügt über etwa fünf bis sechs Liter Blut, eine Frau über vier bis fünf Liter. Das Blut stellt etwa acht Prozent der gesamten Körpermasse. Ein Blutstropfen enthält über 250 Millionen rote Blutkörperchen, 375 000 weiße Blutkörperchen und 16 Millionen Blutplättchen. Unser Körper wird von einem konstanten Blutstrom durchflossen. Blut ist an allen körperinternen Vorgängen beteiligt. Es ist Teil der Infektionsabwehr und unterstützt Heilungsprozesse.

Auf welche Aufgaben ist das Blut spezialisiert?

Blut befördert den in der Lunge aufgenommenen Sauerstoff zu jeder einzelnen Körperzelle. Gleichzeitig transportiert es das Kohlendioxid von den Zellen zu den jeweiligen Stätten der Ausscheidung. Blut leitet außerdem Glucose und andere Nährstoffe aus dem Dünndarm zu allen Körperzellen und bringt Hormone von den Drüsen zu den Zielorten im Körper.

Blut sorgt zudem für die Bereithaltung einer ausreichenden Flüssigkeitsmenge im Körperkreislauf. Es reguliert seinen eigenen pH-Wert (ein Maß für den Säuren- oder Basengehalt) sowie den pH-Wert der die Zellen umgebenden Gewebsflüssigkeit. Durch den konstanten Blutfluss trägt das Blut auch zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur bei. Schließlich ist das Blut an der Abwehr von Infektionen beteiligt. Es identifiziert und zerstört eindringende Krankheitserreger wie Bakterien und Viren. Es stoppt den Blutfluss aus verletzten Blutgefäßen, indem es die Blutgerinnung einleitet.

Was schwimmt im Blutplasma?

Der flüssige Anteil des Blutes, das Plasma, besteht zu etwa 90 Prozent aus Wasser. Darin gelöst finden sich etwa 100 verschiedene Substanzen, die entweder die Transportfunktion des Blutes nutzen oder zu seiner stabilen Zusammensetzung beitragen. Die wichtigsten sind:

  • Unterschiedliche Eiweißkörper wie die an der Blutgerinnung beteiligten Plasmaeiweiße (z. B. das Fibrinogen), die Albumine (steuern Flüssigkeitsgehalt und pH-Wert des Blutes mit) und die Antikörper (besondere Abwehrmoleküle, die eindringende Erreger zerstören)
  • Natrium, Kalium und andere Salze, die die normale Konzentration und den pH-Wert des Blutes aufrechterhalten
  • Chemische Botenstoffe, die auch Hormone genannt werden
  • Verdauungsprodukte wie Glucose, Aminosäuren und Fettsäuren, die zu den einzelnen Zellen transportiert werden
  • Abfallprodukte der Stoffwechseltätigkeit in den Zellen, beispielsweise Kohlendioxid und Harnstoff.

Warum ändert sich die Zusammensetzung des Blutplasmas?

Die Plasmazusammensetzung ändert sich unaufhörlich, da die Körperzellen Stoffe aufnehmen und sie anschließend wieder ans Blut abgeben. Deshalb wird sie ununterbrochen von homöostatischen Regulationsmechanismen überwacht und auf einem vergleichsweise stabilen Niveau gehalten. Dies geschieht vor allem unter Beteiligung der Lungen, die für den Abtransport von Kohlendioxid zuständig sind, der Nieren, die überflüssiges Wasser und Salze entfernen und den pH-Wert regulieren, sowie der Leber, die Abfallprodukte und schädliche Stoffe in das Blut abgibt und vom Darm aufgeschlüsselte Nahrung weiterverarbeitet.

Wussten Sie, dass …

einem neugeborenen Kind lediglich zwei Tassen Blut zur Versorgung aller Organe zur Verfügung stehen?

die 30 000 Milliarden roten Blutkörperchen des Menschen, würden sie hintereinander auf einen Faden gereiht, fünfmal um den Äquator gewickelt werden könnten?

die roten Blutkörperchen im Lauf ihres Lebens rund 10 Millionen Mal über den Blutkreislauf das Herz passieren?

dem Arzt nur fünf Milliliter Blut des Patienten reichen, um ein großes Spektrum an Untersuchungen durchzuführen? Zahlreiche Krankheiten spiegeln sich in den Blutsubstanzen oder der Zusammensetzung des Blutes wider.

Was sind Erythrozyten?

Die roten Blutkörperchen. Sie sind aufgrund ihres geringen Durchmessers von etwa 0,007 Millimeter sowie ihrer Elastizität für den Substanztransport durch die feinsten Blutgefäße besonders geeignet.

Die wichtigste Aufgabe der roten Blutkörperchen ist die Versorgung aller Körperzellen mit Sauerstoff, der für die Energiegewinnung aus Nährstoffen unentbehrlich ist. Bei einer Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr tritt innerhalb von Minuten der Zelltod ein.

Die roten Blutkörperchen machen 44 Prozent des Blutvolumens und etwa 99 Prozent aller Blutzellen aus. Das Verhältnis von roten zu weißen Blutkörperchen beträgt etwa 800:1.

Warum ist das Blut rot?

Für die rote Farbe des Blutes ist ein Strukturelement der roten Blutkörperchen verantwortlich: das Häm.

Reife, rote Blutkörperchen verfügen weder über Zellkern und Mitochondrien noch über sonstige zelluläre Strukturen. Stattdessen sind sie mit Hämoglobinmolekülen bepackt, die die Fähigkeit besitzen, Sauerstoff anzulagern, ihn zu transportieren und wieder abzugeben. Hämoglobin besteht aus vier Untereinheiten, die jeweils aus einer Polypeptidkette und dem Häm mit einem zentralen Eisenatom zusammengesetzt sind. Die vier Polypeptidketten ergeben zusammen das Eiweiß Globin.

Wie funktioniert der Sauerstofftransport?

Der Sauerstoff gelangt durch die Atmung ins Blut. Auf dem Weg der roten Blutkörperchen durch die Lunge lagert sich jeweils ein Sauerstoffmolekül an ein Eisenatom der Hämgruppe an. Ein vollbeladenes rotes Blutkörperchen kann bis zu einer Milliarde Sauerstoffmoleküle transportieren.

Fließt das Blut in die Körpergewebe, gibt das Hämoglobin den Sauerstoff an die Zellen ab. Auf dem Rückweg vom Gewebe in die Lunge übernimmt das Blut den Abtransport des Abfallprodukts Kohlendioxid, das mit der Atemluft ausgeschieden wird. Etwa 20 Prozent des Kohlendioxids werden innerhalb der roten Blutkörperchen transportiert, die restlichen 80 Prozent liegen gelöst im Plasma vor.

Arbeiten die roten Blutkörperchen ein Leben lang?

Nein. Die Lebenserwartung der Erythrozyten liegt bei 80 bis 120 Tagen, überalterte Zellen werden von Milz und Leber abgebaut. Nach Abbau der Hämgruppen wird das enthaltene Eisen wiederverwertet, der Rest wird in den gelben Gallenfarbstoff Bilirubin umgewandelt. Die Bildung neuer Blutkörperchen erfolgt im roten Knochenmark der platten Knochen des Körperstamms sowie in den oberen Abschnitten der Oberarm- und Oberschenkelknochen. Jede Sekunde werden etwa zwei Millionen reifer, roter Blutkörperchen ins Blut abgegeben. Dieser rasante Ausstoß ist erforderlich, um die abgestorbenen roten Blutkörperchen zu ersetzen.

Welche Bedeutung haben die Blutgruppen?

Blutgruppen sind besondere Merkmale des Bluts, die bei Blutübertragungen zu Problemen führen können. Es gibt über 20 Blutgruppen bzw. Blutgruppensysteme. Die zur Unterscheidung dienenden Moleküle befinden sich auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen: Es sind Glycoproteine (Verbindungen von Kohlenhydraten und Eiweißen), die als Antigene bezeichnet werden und die jeweilige Blutgruppenzugehörigkeit einer Person definieren.

Die bedeutendsten Antigene sind diejenigen, die das AB0-Blutgruppensystem (gesprochen: a – be – null) bestimmen. Das AB0 System enthält nur zwei mögliche Antigene – nämlich A und B – sowie vier mögliche Blutguppen A, B, AB und 0. Zusätzlich enthält das Blutplasma noch einen Antikörper, den so genannten Rhesusfaktor, der einige Wochen nach der Geburt im Blut erscheint und Blutzellen, die sich nicht mit denen des eigenen Körpers vertragen, angreift und zerstört.

Ist eine Blutübertragung immer noch riskant?

Ja. Erhält eine Person Blut mit den falschen Blutgruppenmerkmalen, kann es zu einer lebensgefährlichen Unverträglichkeitsreaktion kommen. Das für die Blutspende bereitgestellte Blut muss daher einer sorgfältigen Kontrolle unterzogen werden und es muss sichergestellt sein, dass jedem Empfänger die korrekte Blutgruppe zugeordnet wird. Erhält nämlich ein Empfänger mit Blutgruppe A Blut der Blutgruppe B, so wendet sich der anti-B-Antikörper im Plasma des Empfängers gegen die B-Antigene der fremden roten Blutkörperchen und verursacht zunächst die Gerinnung und dann das Platzen der Blutkörperchen, wodurch enge Blutgefäße blockiert werden. Das Ergebnis dieser Transfusion wären starke Schmerzen und möglicherweise der Tod. Um dies zu vermeiden, muss das Blut vorher auf seine typischen Blutgruppenmerkmale hin untersucht werden.

Was ist Rhesus-positiv und was ist rhesus-negativ?

Bei etwa drei Vierteln der Bevölkerung findet sich eine eiweißartige Substanz im Blut, die als Rhesusfaktor bezeichnet wird. Diese Menschen werden als Rhesus-positiv bezeichnet. Fehlt der Faktor, sind sie rhesus-negativ. Rhesus-negative Menschen können durch eine Bluttransfusion oder durch die Geburt eines Rhesus-positiven Kindes gegenüber Rhesus-positivem Blut sensibilisiert werden. Dies führt bei einer späteren Schwangerschaft oder bei erneutem Kontakt mit Rhesus-positivem Blut zu schwer wiegenden Reaktionen. Diese Sensibilisierung kann durch eine Rhesus-Immunglobulininjektion vermieden werden.

Welche Aufgabe haben die weißen Blutkörperchen?

Sie spielen eine wichtige Rolle im körpereigenen Abwehrsystem gegen Infektionen mit Viren, Bakterien, Pilzen und Parasiten. Weiße Blutkörperchen (Leukozyten), eliminieren schädliche Stoffwechselprodukte, Gifte sowie Zelltrümmer und haben eine wichtige Funktion bei der Identifizierung und Zerstörung von anomalen Zellen, deren unkontrollierte Teilung zu gut- oder bösartigen Neubildungen (z. B. Tumoren) führen kann.

Die weißen Blutkörperchen verdanken ihren Namen der Tatsache, dass sie kein Hämoglobin enthalten und somit farblos sind. Im Gegensatz zu den Erythrozyten verfügen die Leukozyten über einen Zellkern und sämtliche interzelluläre Strukturen. Sie können durch Formveränderungen den Blutstrom über winzigste Kapillaren verlassen und in die umliegenden Gewebe wandern. Im Gewebe können sie eindringende Erreger aufspüren und unschädlich machen. Die weißen Blutkörperchen nutzen den Blutstrom nur als Transportmittel, der sie zu ihrem Einsatzort bringt. Durchschnittlich zirkulieren nur zehn Prozent der Leukozyten im Blutstrom. Die Mehrheit der weißen Blutkörperchen befindet sich im Gewebe oder im lymphatischen System.

Wie werden die Leukozyten unterteilt?

Die weißen Blutkörperchen werden in die drei Hauptgruppen Granulozyten, Monozyten und Lymphozyten unterteilt, die sich alle von den Stammzellen im roten Knochenmark ableiten. Im Lauf ihres Lebens, das je nach Zelltyp von einigen Stunden bis zu mehreren Wochen reichen kann, bilden die weißen Blutkörperchen das körpereigene Abwehrsystem.

Die Granulozyten verdanken ihre Bezeichnung der körnchenartigen Struktur ihres Zytoplasmas. Granulozyten reagieren auf Gewebezerstörung oder auf eingedrungene Mikroorganismen. Die meisten Granulozyten sind Phagozyten, d. h., sie können Zellen »fressen«. Granulozyten kommen in drei Untergruppen vor, als neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten. Die neutrophilen Granulozyten stellen etwa 50 Prozent der weißen Blutkörperchen. Sie sind aktive Phagozyten, die Entzündungsherde im Körper aufspüren. Eosinophile Granulozyten wenden sich gegen körperfremde Eiweiße und eindringende Parasiten wie Würmer. Die basophilen Granulozyten geben am Infektionsort die chemische Substanz Histamin ab und ziehen damit andere weiße Blutzellen an.

Welche Rolle spielen die Monozyten?

Die Monozyten sind die größten der weißen Blutkörperchen. Ihr Name rührt daher, dass diese Blutzellen lediglich einen Kern haben – unter dem Mikroskop ist seine Hufeisenform deutlich zu erkennen. Auf ihrem Weg ins Gewebe durchlaufen die Monozyten eine Verwandlung. Sie werden zu großen, höchst beweglichen Jägerzellen mit einem unstillbaren Appetit auf Bakterien und Zelltrümmer und sind aktiv bei chronischen bakteriellen und viralen Infektionen. Sie werden deshalb auch als Makrophagen oder große Fresszellen bezeichnet. Ortsständige Makrophagenpopulationen finden sich in den Lymphknoten und der Milz.

Welche Blutkörperchen vermitteln die Immunität?

Die Lymphozyten. Diese Untergruppe der weißen Blutkörperchen nimmt eine Schlüsselstellung innerhalb des Immunsystems ein. Nur ein geringer Teil der Lymphozyten zirkuliert im Blut. Die meisten befinden sich im lymphatischen Gewebe, häufig in Lymphknoten und Milz. Einige Lymphozyten bilden besondere Eiweißkörper, die als Antikörper bezeichnet werden und über das Lymphsystem und das Blut an den Infektionsort gelangen. Andere können die eindringenden Erreger auch direkt attackieren. Lymphozyten verfügen über ein »Gedächtnis«, mit dem sie körperfremde Mikroorganismen wiedererkennen. Diese Fertigkeit, die man allgemein als erworbene Immunität bezeichnet, befähigt sie zu einer unverzüglichen Reaktion auf Infektionen. Die zwei Hauptgruppen der Lymphozyten, die B- und T-Lymphozyten, erfüllen unterschiedliche Aufgaben bei der Abwehr von Krankheiten.

Was versteht der Arzt unter …

Eisenmangelanämie? Die häufigste Form der »Blutarmut« entwickelt sich aufgrund eines chronischen Eisenmangels und führt zu einer Verminderung des Hämoglobins, das normalerweise den Sauerstoff in den roten Blutkörperchen zum Gewebe transportiert. Symptome einer Anämie sind Blässe, Müdigkeit, Schwindel und Atemnot bei Anstrengung.

Hämolytische Anämie? Diese Form der »Blutarmut« wird durch einen erhöhten Abbau von roten Blutkörperchen ausgelöst, der durch vererbte Anomalien der roten Blutkörperchen oder durch eine mechanische Schädigung der Erythrozyten entstehen kann.

Leukämie? Dies ist der Fachbgetriff für »Blutkrebs«, eine bösartige Wucherung der weißen Stammzellen in Knochenmark, Milz und Lymphknoten. In der Folge kommt es zu Blutarmut, durch die Verdrängung von Blutplättchen zu Blutungen und schließlich zu schwer kontrollierbaren Infektionen durch den Mangel an funktionstüchtigen Abwehrzellen.

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