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Die Krankheitsabwehr – Festung des Körpers

Zum Schutz gegen die zerstörerischen Kräfte von infektiösen Mikroorganismen oder entarteten Zellen hat der Körper ein hochentwickeltes Verteidigungssystem aufgebaut. Dieses System besteht zum einen aus einer äußeren Barriere durch Haut und Schleimhäute. Zum anderen agieren hochspezialisierte Zellen und chemische Substanzen innerhalb der Körperfestung als Wächter. Dort patrouillieren sie ununterbrochen und halten Ausschau nach Zeichen einer Invasion durch Bakterien und andere feindliche Organismen. Beim ersten Zeichen solch einer Invasion – oder Infektion – reagiert der Sicherheitsdienst des Körpers blitzschnell und versucht, die Invasoren abzuwehren und schließlich zu besiegen.

Ein Teil des Abwehrsystems ist also unspezifisch, d. h. es ist nicht wählerisch, sondern attackiert jeden entdeckten Eindringling. Ein anderer Teil – der spezifische Teil oder das Immunsystem – wendet sich nur gegen bestimmte Eindringlinge und kann sich sogar später an sie »erinnern«, so dass sie bei einem erneuten Angriff schnell identifiziert und unschädlich gemacht werden können. Diese erworbene »Unempfänglichkeit« gegenüber einem speziellen Eindringling oder Erreger wird als Immunität bezeichnet und kann durch eine Schutzimpfung auch unabhängig von einer tatsächlichen Erkrankung herbeigeführt werden.

Die Zellen und Substanzen des körpereigenen Abwehrsystems befinden sich zum größten Teil im Blutkreislauf und vor allem im Lymphsystem. Dieses besteht aus besonderen Organen und zahlreichen Kanälen, die alle Bereiche des Körpers durchziehen und neben der Krankheitsabwehr für den Flüssigkeitsaustausch zwischen Körpergeweben, Blut und Lymphflüssigkeit sorgen.

Infektionskrankheiten: Vorsicht, Ansteckungsgefahr!

Warum werden wir krank?

Die Körpermaschinerie arbeitet nicht immer perfekt. Ab und zu schleichen sich Fehler ein und es kommt zu Ausfällen. Diese Abweichung vom Normalzustand wird als Krankheit bezeichnet. Der menschliche Organismus wird von zwei Hauptgruppen von Erkrankungen betroffen, den Infektionskrankheiten und den nicht übertragbaren Krankheiten, die lokal, also nur in einem bestimmten Körperbereich, oder im ganzen Körper auftreten können.

Infektionskrankheiten werden von parasitären Organismen verursacht, die die natürlichen körpereigenen Verteidigungsmechanismen überwinden und in den Organismus eindringen, wo sie wachsen und sich vermehren. Sie werden auch als Pathogene oder Erreger bezeichnet. Die meisten Infektionskrankheiten sind von Mensch zu Mensch übertragbar.

Welche Krankheitserreger gibt es?

Die häufigsten Krankheitserreger sind Mikroorganismen, also Viren und Bakterien, aber ebenso Einzeller und Pilze. Auch wenn die meisten Erreger zu den Mikroorganismen gehören, ist es jedoch keinesfalls so, dass alle Mikroorganismen beim Menschen Krankheiten hervorrufen. Typischerweise beeinträchtigen Mikroorganismen die Zellfunktion oder sondern zellschädigende Giftstoffe (Toxine) ab. Diese Aktivitäten der Mikroorganismen und die entsprechenden Reaktionen des Immunsystems führen dann zur Herausbildung der typischen Zeichen und Symptome einer Erkrankung. Andere Pathogene sind etwas größere tierische Organismen (z. B. Egel, Bandwürmer oder Läuse), die auf der Haut, in Darm, Leber, Blut und anderen Körperbereichen leben.

Auf die Phase des Eindringens eines Krankheitserregers erfolgt die Inkubationszeit, die je nach Erreger einen Zeitraum von Stunden bis zu Jahren umfassen kann, bevor die Erkrankung schließlich zum Ausbruch kommt.

Wie breitet sich eine Erkrankung aus?

Die meisten Infektionskrankheiten sind übertragbar, d. h., sie können, hauptsächlich während der Inkubationszeit, von einer zur anderen Person weitergegeben werden. Dies geschieht entweder durch direkten Kontakt mit einem Infizierten, z. B. durch Geschlechtsverkehr, oder durch indirekten Kontakt, z. B. durch Verzehr einer Speise, die mit einer infizierten Person in Berührung gekommen ist. Andere Übertragungsmöglichkeiten sind die Tröpfcheninfektion durch Anhusten oder Anniesen, infizierte Bluttransfusionen oder die Verwendung von nicht sterilen Injektionsnadeln. Einige übertragbare Krankheiten, z. B. der Schnupfen, sind hochansteckend. Sie werden sehr leicht von einer Person zur andern übertragen; d. h. sie besitzen eine hohe Kontagiosität. Die meisten Menschen, die Infektionskrankheiten weitergeben, weisen auch selbst die Symptome und Zeichen der Krankheit auf. Es kann jedoch auch vorkommen, dass sich bei einzelnen Infizierten die Krankheit zwar (noch) nicht zeigt, dass die Erreger aber dennoch weitergegeben werden können. Diese Menschen werden Keimträger genannt. HIV-Infektionen und Hepatitis B und C werden häufig durch solche Keimträger weitergegeben.

Können nur Menschen Krankheiten übertragen?

Nein. Bei einer kleinen Anzahl von Krankheiten, so z. B. Malaria, erfolgt die Übertragung auch durch Tiere, die als Überträger bezeichnet und ihrerseits nicht von der Krankheit betroffen werden. Tetanus – bekannt als Wundstarrkrampf – wird von den Sporen des Tetanusbazillus verursacht, die sich in verunreinigter Erde befinden und meist über kleine Hautverletzungen in den Organismus eindringen können.

Was bedeutet Virulenz?

Der medizinische Begriff bezeichnet die Infektionskraft eines Erregers. Die Virulenz dient als Maßstab für seine Aggressivität und richtet sich nach der Anzahl der Erkrankten (Morbidität) oder der Todesfälle (Mortalität) bei einer bestimmten Erkrankung. Einige Erkrankungen oder Bakterienstämme, die zu Erkrankungen führen, sind besonders virulent. Je nach Schwere erfolgt die Überwindung einer Infektionskrankheit durch die Aktivität des körpereigenen Immunsystems oder durch zusätzliche Unterstützung von außen in Form von Medikamenten, insbesondere Antibiotika.

Was ist ein Symptom?

Jede Erkrankung betrifft den Körper auf die ihr eigene Weise und bildet charakteristische Symptome und Zeichen aus. Als Symptome werden die Ausdrucksformen einer Krankheit bezeichnet, die vom Betroffenen subjektiv bemerkt und einem Mediziner oder Therapeuten mitgeteilt werden. Krankheitszeichen werden hauptsächlich von einem Arzt oder Therapeuten registriert. Die Symptome und Zeichen führen dann zusammen mit der medizinischen Vorgeschichte des Patienten, der so genannten Anamnese, zur Benennung des Krankheitsbilds (Diagnose), so dass nun eine geeignete Behandlung (Therapie) eingeleitet werden kann.

Wo leben die Bakterien?

Bakterien, die kleinsten lebenden Organismen, halten sich zu Abermilliarden nicht nur in Boden, Luft und Wasser, sondern auch auf und im menschlichen Körper auf, wo sie ihn bei vielen Aufgaben unterstützen. Krankheits erregende Bakterien werden Keime genannt und schaden dem Körper durch die Ausschüttung von Giftstoffen. Diese Gifte beeinträchtigen die Zelltätigkeit oder zerstören die Zellen sogar. Zu den durch Bakterien ausgelösten Infektionen gehören u. a. Blasenentzündung, Lebensmittelvergiftung, Diphtherie, Scharlach, Tetanus, Tuberkulose und Keuchhusten. Sie werden meist mit Antibiotika bekämpft.

Was ist das Besondere an Viren?

Viren werden zwar zu den Mikroorganismen gerechnet, sind aber eher chemische Gebilde als Lebewesen. Denn die Fähigkeit zur Vermehrung ist das einzige Kennzeichen, das sie mit lebenden Organismen gemein haben. Dies schaffen Viren zudem nur, wenn sie in ein Lebewesen eindringen und seine Zellen dafür nutzen können. In den Zellen setzen Viren ihre Erbinformation frei; die Wirtszelle wird danach zerstört oder in ihrer Aufgabe stark behindert – das macht sich als Krankheitssymptom bemerkbar.

Viren sind etwa einhundertmal kleiner als Bakterien und werden, soweit möglich, durch Impfungen bekämpft. Typische virale Erkrankungen sind Schnupfen, Grippe, Windpocken, Masern, Mumps, Herpes und AIDS. Auf die meisten Viren reagiert das Immunsystem recht prompt mit einer Erkrankung und bewirkt dauerhaften Schutz. Manche, wie die Herpesviren, können sich jedoch dauerhaft im Körper verstecken und schlagen erst zu, wenn das Abwehrsystem geschwächt ist.

Was genau sind Pilze?

Als Pilze wird eine Gruppe niederer Pflanzen bezeichnet, die meist aus verzweigten oder unverzweigten Fäden bestehen. Sie vermehren sich über winzige kugelförmige Sporen, aus denen neue Pilze wachsen. Sie ernähren sich von organischen Materialien und wachsen bevorzugt in feucht-warmem Milieu. Pilze bilden einen Teil der natürlichen Flora von Haut, Mundhöhle, Scheide und Dickdarm. Dort leben sie mit Bakterien im Gleichgewicht, ohne Schaden anzurichten, und ernähren sich von toten Zellen oder Ausscheidungen.

Rund 100 Arten von Pilzen rufen bei Mensch und Tier Erkrankungen hervor, dazu zählen vor allem Fußpilz und Scheidenpilz, aber auch Allergien oder gefährliche Infektionen.

Wo befinden sich Würmer und Einzeller?

Würmer sind mehrzellige Organismen, die im Darm, im Blut, in Gallengängen, in der Leber oder in anderen Organen als Parasiten leben. Sie ernähren sich vom menschlichen Organismus und bilden zahlreiche Eier oder Larven, die den Körper meist mit dem Stuhl oder Urin verlassen. Sie werden oft über verseuchtes Wasser oder Nahrungsmittel übertragen und können schwere Infektionen wie Bilharziose oder Elephantiasis hervorrufen – Krankheiten, die in den Entwicklungsländern aufgrund mangelnder Hygiene weit verbreitet sind. Wurminfektionen sind mit Wurmmitteln (Anthelmintika) behandelbar.

Einzeller bestehen, wie der Name schon sagt, nur aus einer Zelle. Diese Organismen sind größer als Bakterien und leben vor allem in Wasser und Boden. Etwa 30 Arten können beim Menschen schwere, mitunter tödlich verlaufende Erkrankungen hervorrufen wie Amöbenruhr oder Malaria.

Wodurch fallen Hautparasiten auf?

Sie beißen. Hautparasiten wie Milben, Läuse, Wanzen, Zecken und Flöhe sind wirbellose Tiere, die ein hartes Außenskelett, Gliedmaßen und Gelenke besitzen und deshalb Gliederfüßer genannt werden. Sie verursachen beim Menschen durch ihre Bisse Hautrötungen und Juckreiz und können dabei – vor allem in den Tropen – Infektionskrankheiten übertragen.

Wie können Sie Ansteckung vermeiden?

Viele Infektionen können durch einfache Maßnahmen an ihrer Ausbreitung gehindert werden.

  • Verwenden Sie bei der Essenszubereitung frische Lebensmittel.
  • Vor den Mahlzeiten und nach dem Toilettengang sollten Sie die Hände gründlich waschen.
  • Verwenden Sie bei einer neuen sexuellen Beziehung einen geeigneten Schutz, z. B. ein Kondom.
  • Meiden Sie die Nähe zu Menschen mit akuten Atemwegserkrankungen. Halten auch Sie beim Husten und Niesen die Hand vor Mund und Nase.
  • Schützen Sie mit entsprechender Kleidung Ihre Haut vor Insektenstichen.
  • Stärken Sie Ihre Abwehrkräfte durch eine möglichst gesunde Lebensführung.
  • Erhalten Sie die Wirksamkeit von Antibiotika, indem Sie bei leichten Erkrankungen, beispielsweise Erkältungen, kein Antibiotikum einnehmen.

Wussten Sie, dass …

Bakterien so klein sind, dass 1000 von ihnen in eine Nadelspitze passen würden?

Erkältungsviren auf einem Taschentuch bis zu zwölf Stunden übertragungsfähig bleiben?

auf einem Quadratmeter Bettlaken mehrere zehntausend Milben leben können? Daher gilt: Bettwäsche regelmäßig wechseln, Schlafzimmer nicht überwärmen und täglich gut lüften.

Nicht übertragbare Krankheiten: Herausforderung für die Medizin

Was sind nicht übertragbare Krankheiten?

Nicht übertragbare Krankheiten werden nicht durch Erreger verursacht. Das bedeutet, dass sie nicht von einer zur anderen Person übertragen werden können. Diese Krankheiten können ihre Ursache z. B. in einem genetischen Defekt haben. Manche Erkrankungen werden durch Umweltfaktoren wie Belastung durch Strahlen oder chemische Substanzen ausgelöst. Zu den bekanntesten nicht übertragbaren Erkrankungen gehört Krebs.

Was ist Krebs?

Gerät die Zellteilung in bestimmten Körpergeweben außer Kontrolle, kommt es zu einer fehlerhaften und außergewöhnlich schnellen Zellvermehrung. Dies bezeichnet man als Neoplasie (Neubildung) oder Tumor. Krebs kann Folge einer genetischen Veranlagung, von äußeren Faktoren wie Strahlenbelastung oder Kontakt mit chemischen Substanzen (Karzinogenen) oder – seltener – von Viren sein. Tumoren stören die Homöostase und verursachen Schäden, da sie auf Organe, Blutgefäße oder Nerven drücken oder sogar die Funktion eines Organs beeinträchtigen können. Krebs ist eine Erkrankung der modernen Industrienationen. Hier stellen die verschiedenen Formen der Krankheit eine häufige Todesursache dar.

Wie unterscheidet sich ein gutartiger von einem bösartigen Tumor?

Bei einem gutartigen (benignen) Tumor handelt es sich um eine auf das Ursprungsgewebe begrenzte und langsam wachsende Neubildung. Die Auswirkungen eines gutartigen Tumors können unter Umständen durch seine Entfernung vermindert werden. Ein bösartiger (maligner) Tumor – und nur er wird als Krebs bezeichnet – wird durch zwei Charakteristika definiert: Die Tumorzellen breiten sich in das benachbarte Gewebe aus, d. h., sie wachsen invasiv. Außerdem streut der Primärtumor entartete Zellen aus. Im Fall von Brustkrebs breiten sich die Krebszellen über das Blut oder die Lymphflüssigkeit in andere Körpergewebe aus und bilden dort Sekundärtumoren, so genannte Metastasen.

Welche Erkrankungen sind genetisch bedingt?

Zu den bekanntesten genetisch bedingten Erkrankungen gehören Mukoviszidose und Muskelschwund. Erkrankungen aufgrund eines Gendefekts sind nicht selten. Meist wurde die Genveränderung von den Eltern vererbt oder sie entwickelte sich im Lauf des Lebens. Eine genetisch bedingte Veranlagung für bestimmte Krankheiten, beispielsweise Krebs, kann das persönliche Erkrankungsrisiko erhöhen. Familiäre Häufungen beobachtet man oft bei Asthma und bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf Systems.

Kann auch das persönliche Umfeld krank machen?

Tatsächlich kann eine bestimmte Art der Lebensführung eine nicht übertragbare Erkrankung verursachen oder zu ihrer Entstehung beitragen. So gelangen beim Rauchen schädliche Substanzen in die Lunge, wo sie das Gewebe schädigen und zu Atemwegserkrankungen, z. B. zu einem Emphysem, führen können. Genauso schädigt ein Übermaß an Alkohol die inneren Organe und kann Leberzirrhose oder Magen-Darm-Geschwüre verursachen oder zu einer Schädigung des peripheren Nervensystems führen. Ungesunde Ernährungsgewohnheiten führen dem Körper nicht genug Nährstoffe zu und haben beispielsweise eine Eisenmangelanämie zur Folge.

Wie entstehen Autoimmunerkrankungen?

Die Gründe für Autoimmunerkrankungen sind noch nicht bekannt, obwohl sie oft vererbt werden. Bei allen Autoimmunerkrankungen wird das Gewebe durch körpereigene Antikörper oder Lymphozyten zerstört. Diese Erkrankungen können unabhängig voneinander verschiedene Körperbereiche betreffen. Eigentlich ist das Immunsystem darauf programmiert, pathogene und Krebs erregende Zellen aufzuspüren, normale Körperzellen jedoch zu ignorieren. Man weiß noch nicht, warum das System seine Unterscheidungsfähigkeit einbüßt.

Beispiele für Autoimmunerkrankungen sind bestimmte Formen der Schilddrüsenkrankheit, perniziöse Anämie und Typ 1 (insulinabhängiger Typ) des Diabetes mellitus, als dessen Folge der Blutzuckerspiegel nicht mehr gesteuert werden kann. Ebenfalls zu den Autoimmunerkrankungen zählen die rheumatoide Arthritis, die zu schmerzhaften Gelenkschwellungen führt, und die Multiple Sklerose, in deren Verlauf sich die Myelinscheiden der Nervenfasern entzünden und zerstört werden, so dass die Muskeltätigkeit nicht mehr gesteuert werden kann. Bei der Myasthenia gravis kommt es zu Muskelschwäche und extremer Muskelermüdbarkeit.

Gab es früher andere Todesursachen als heute?

In früheren Zeiten starben ganze Bevölkerungsteile an Infektionskrankheiten, z. B. an der Pest. Die großen Fortschritte auf den Gebieten der medikamentösen Therapie und der Impfstoffe, der öffentlichen Hygiene und der Ernährung haben unsere Lebenserwartung in den vergangenen 100 Jahren nach oben schnellen lassen und die meisten Menschen haben mittlerweile eine Lebenserwartung von mehr als 60 Jahren. Nicht übertragbare Krankheiten wie Krebs und koronare Herzerkrankungen sind nun bei uns die häufigsten Todesursachen. Dennoch scheinen einige schon besiegt geglaubte Erreger zum Gegenschlag auszuholen.

So entwickelt z. B. das Tuberkulosebakterium mittlerweile eine Unempfindlichkeit gegen alle in der Therapie eingesetzten Stoffe und breitet sich in manchen Ländern wieder stark aus. Andere, in den Industrienationen noch nicht lange bestehenden Krankheiten wie die HIV-Infektion erweisen sich bis jetzt noch als unheilbar.

Körpereigenes Abwehrsystem: Leistungsstarke Selbsthilfe

Wie schützt das körper – eigene Abwehrsystem den Organismus?

Es spürt eindringende Krankheitserreger, toxische Substanzen und entartete Körperzellen auf und macht sie unschädlich, bevor sie das Gleichgewicht des Körpers stören und eine Erkrankung verursachen können. Oft greifen die sowohl unspezifisch wirkenden als auch die spezifischen Abwehrmechanismen ineinander, wobei das Gehirn die einzelnen Aktivitäten steuert.

Auf welche Weise arbeitet das unspezifische Abwehrsystem?

Die unspezifische Abwehr setzt sich aus zwei Verteidigungslinien zusammen: Die erste besteht aus den äußeren Barrieren wie der Haut, die zweite aus Abwehrzellen und anderen Faktoren im Blut und in der Gewebeflüssigkeit. Sobald diese Abwehrmechanismen aktiv werden, kommt es normalerweise zu typischen körperlichen Symptomen, z. B. Fieber. Die körpereigenen unspezifischen Abwehrmechanismen sind uns angeboren und schon bei der Geburt vorhanden. Ihre Verteidigungsstrategie gegenüber eindringenden Organismen ist jedesmal gleich.

Was sind erste Barrieren gegen Infektionen?

Es sind Haut und Schleimhäute. Sie kleiden die sich nach außen öffnenden Körperhöhlen des Verdauungstrakts, des Atemsystems, der Harnwege und des Genitaltrakts aus. Bereits an diesen Barrieren scheitern die meisten Krankheitserreger. Die verschiedenen Bastionen dieses äußeren Schutzwalls wenden zahlreiche raffinierte Abwehrtechniken an.

Die Hautbarriere ist für Infektionserreger kaum zu überwinden. Kein Mikroorganismus kann die äußere Schicht der Oberhaut durchdringen, da er zusammen mit den toten Hautschuppen abgestoßen wird. Bakterielles Wachstum wird auch vom Hauttalg verhindert. Schweißflüssigkeit enthält das antimikrobielle Enzym Lysozym. Schließlich verhindert die so genannte Normalflora, die sich auf Haut und Schleimhäuten angesiedelt hat, das Wachstum von körperfremden Mikroorganismen.

Das Innere von Luftröhre und Bronchien ist zur Infektionsabwehr mit Schleimhäuten ausgekleidet. Die Becherzellen bilden einen Schleim, der durch die koordinierte Bewegung der Zilien in den oberen Rachenraum transportiert wird, von wo er entweder verschluckt oder ausgehustet wird. Im Bereich der Augen befreit das auch in der Tränenflüssigkeit enthaltene Lysozym das Auge von Staub und Mikroorganismen. Durch regelmäßige Harnblasenentleerung werden Bakterien aus der Harnröhre gespült und das Eindringen von Erregern in Blase und Nieren verhindert.

Im Dickdarm leben zahlreiche Organismen verschiedenster Art, einschließlich solcher, die anderswo im Körper zu schweren Infektionen führen können. Diese Organismen sind in großer Menge im Stuhl vorhanden. Lymphatisches Gewebe und die Anwesenheit dieser Bakterientypen arbeiten zur Infektabwehr zusammen.

Wie werden die Eindringlinge bekämpft?

Gelingt es einem Krankheitserreger, durch eine Verletzung, Verbrennung oder Verätzung in die Haut einzudringen oder über die Schleimhaut in das Gewebe vorzustoßen, wird er von einer ganzen Armee von zellulären und chemischen Abwehrsoldaten erwartet.

Fresszellen: Fresszellen werden auch Phagozyten genannt. Sie gelangen mit dem Blut zum Infektionsort, spüren dort die Krankheitserreger auf und beginnen nach Entdeckung von Fremdpartikeln oder Erregern mithilfe Pseudopodien genannter Scheinfüßchen oder Ausstülpungen mit dem Einschluss und der Verdauung (Phagozytose) der Eindringlinge. Die zwei Haupttypen der Fresszellen sind die Makrophagen und die neutrophilen Granulozyten.

Natürliche Killerzellen: Die natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) sind große Lymphozyten. Sie befinden sich in den Lymphknoten oder zirkulieren im Blut. Sie wenden sich gegen Krebszellen und virusinfizierte Körperzellen. Natürliche Killerzellen spüren veränderte Zellen auf, stellen eine Bindung zu ihnen her und zerstören sie durch zellschädigende Toxine.

Antimikrobische Abwehrsubstanzen: Mehr als 20 im Blut zirkulierende und erst durch eine Infektion aktivierte Eiweiße – Komplementsystem genannt – verstärken die Wirkung der verschiedenen Teile des Abwehrsystems. Die Interferone gehen beispielsweise mit den noch nicht befallenen Nachbarzellen eine Verbindung ein, durch die jene weniger anfällig gegenüber einer Infizierung durch einen Virus werden. Interferone verstärken außerdem die Aktivität von Fress- und Killerzellen und hemmen das Tumorwachstum.

Warum kommt es zu einer Entzündung?

Der Sinn der Entzündungsreaktion, die nach der Beschädigung oder Verletzung eines Gewebes entsteht, ist die schnellstmögliche Wiederherstellung der Homöostase durch eine enge, örtliche Begrenzung der Infektion oder Verletzung und durch Beseitigung von Erregern, Toxinen und Zelltrümmern. Außerdem wird so der Heilungsprozess eingeleitet.

Die vermehrte Durchblutung des betroffenen Bereichs führt zu Erwärmung und Rötung. Die verbesserte Durchlässigkeit der Blutkapillaren lässt mehr Flüssigkeit aus dem Blut in die Gewebe übergehen. Zusammen mit dieser Flüssigkeit treffen Antikörper zur Bekämpfung der Infektion und Gerinnungsproteine zum Schließen der Wunde im Gewebe ein. Das vermehrte Flüssigkeitsvolumen wird außerdem zur Verdünnung von toxischen Substanzen und zur Anlieferung von zusätzlichem Sauerstoff und Nährstoffen für den Heilungsprozess benötigt. Es trägt zur Bildung einer lokalen Schwellung bei, die eventuell auf Nervenendigungen drückt und in der Folge Schmerzen verursachen kann.

Welche Rolle spielt das Fieber?

Schon eine mäßige Erhöhung der Körpertemperatur (um 38 °C) reicht aus, die Vermehrung von Bakterien zu verhindern und den Stoffwechsel zu beschleunigen, so dass der Verteidigungs- und Heilungsprozess schneller erfolgen kann.

Treffen Makrophagen auf eindringende Erreger, so senden sie über das Blut Botschaften an den Hypothalamus im Gehirn, der daraufhin die Körpertemperatur auf einen höheren Wert einstellt. Extrem hohe Körpertemperaturen über 40 °C sind für den Organismus gefährlich.

Was ist das spezifische Abwehrsystem?

Es ist unser Immunsystem. Im Gegensatz zu anderen Körpersystemen, die aus bestimmten Organen bestehen, handelt es sich beim Immunsystem um eine Ansammlung spezialisierter Leukozyten: den Lymphozyten und Makrophagen (die auch zum unspezifischen Abwehrsystem gehören), die im Blut und Lymphsystem zirkulieren.

Während das unspezifische Abwehrsystem gegen jeden Erreger auf die gleiche, unveränderte Weise vorgeht, arbeitet das Immunsystem symptomatisch und selektiv. Seine Reaktion wird durch Antigene ausgelöst. Dies sind Moleküle auf der Oberfläche der Zellmembran, die jede Zelle eindeutig markieren und somit identifizierbar machen.

Im Rahmen der Immunantwort entsteht auch ein »Antigengedächtnis«, mit dessen Hilfe sich der Körper an vorangegangene Kontakte mit bestimmten Antigenen und den von ihnen ausgelösten Infektionen erinnert. Die Reaktion des Immunsystems ist anpassungsfähig und flexibel. Es zielt genau auf die von den Erregern oder entarteten Körperzellen präsentierten Antigene ab. Zudem kann die Immunantwort multipliziert werden, denn nur einige spezifische Abwehrkörper könnten kaum mit Tausenden von Krankheitserregern fertig werden.

Wie erfolgt die Arbeitsteilung im Immunsystem?

Das Immunsystem besteht aus zwei Teilen, dem zellulären und dem humoralen Immunsystem. Die humorale oder auch antikörpervermittelte Immunität basiert auf in den Körperflüssigkeiten befindlichen nicht zellulären, chemischen Substanzen, den so genannten Antikörpern, die dazu beitragen, die Erreger unschädlich zu machen. Dieser Vorgang wird von weißen Blutkörperchen, den B-Lymphozyten oder B-Zellen, gesteuert. Dagegen basiert das zelluläre Immunsystem auf spezifischen Abwehrzellen, den T-Lymphozyten, oder T-Zellen, die Eindringlinge direkt zerstören. B-Zellen werden so bezeichnet, weil sie im Knochenmark (engl. bone marrow) reifen. Bei T-Zellen findet dieser Prozess in der Thymusdrüse statt.

Was bewirken die B-Lymphozyten?

Sie bilden spezifische Antikörper. Chemisch besteht ein Antikörper aus zwei Paaren von Polypeptidketten. Auf jedem Y-förmigen Antikörpermolekül befindet sich ein antigenerkennender Bereich, der jeweils für einen bestimmten Antikörpertyp charakteristisch ist. Aufgrund dieses Bereichs kann sich der Antikörper an den einen Erreger binden, zu dem er passt wie ein Schlüssel zu seinem Schloss.

Erkennen einige B-Zellen ein Antigen, binden sich die von den B-Zellen abgesonderten Antikörper an dieses Antigen und setzen einen Prozess in Gang, der die Teilung der B-Zellen veranlasst und zur Bildung einer Armee von identisch programmierten B-Zellen führt, die den Erreger bekämpfen. Die Antikörper zirkulieren im Blut, so dass sie die Erreger an jeder beliebigen Stelle im Körper entdecken.

Antikörper immobilisieren nicht nur Bakterien, sondern binden sich auch an Toxine und Viren, damit diese anschließend durch Phagozytose (Einschluss und Verdauung der Erreger) beseitigt werden können. Andere aktivierte B-Zellen entwickeln sich zu Gedächtniszellen, die Jahrzehnte überleben können, um bei einer erneuten Begegnung mit demselben Antigen schnell reagieren zu können.

Wie arbeiten die T-Lymphozyten?

Im Gegensatz zu den B-Zellen richten die T-Zellen ihren Angriff direkt auf den Erreger. Sie sind besonders wirksam gegen Körperzellen, die mit Viren, Pilzen oder Einzellern infiziert sind, sowie gegen Krebszellen. Erkennen die T-Lympozyten ein Antigen, vermehren sie sich und produzieren dabei drei verschiedene Arten von T-Zellen. Die so genannten zytotoxischen T-Zellen zirkulieren in Lymphe und Blut, um dort den Erreger aufzuspüren. Sie heften sich an betroffene Körperzellen an und setzen bestimmte chemische Substanzen frei, die als Lymphokine bezeichnet werden. Die Lymphokine zerstören die infizierte Körperzelle zusammen mit dem Erreger. T-Helferzellen unterstützen die Immunantwort, indem sie durch Antigenpräsentation bei der Aktivierung der T- und B-Zellen mitwirken.

Warum erkranken wir nicht ein zweites Mal an Keuchhusten?

Weil das spezifische Abwehrsystem die Antwort auf die erste Erkrankung speichert. Wird das Immunsystem zum ersten Mal mit einem bestimmten Antigen konfrontiert, so braucht es einige Tage, um darauf entsprechend reagieren zu können. Diese Reaktion wird als primäre Immunantwort bezeichnet. Innerhalb dieser Reaktionszeit kann die vom Erreger ausgelöste Krankheit ausbrechen. Auf einen erneuten Antigenkontakt kann das Immunsystem dann sofort reagieren. Diese Reaktion wird als sekundäre Immunantwort bezeichnet. Sie erfolgt normalerweise schnell genug, um den Erreger unschädlich zu machen. Wird der Körper mit einem abgeschwächten Erreger konfrontiert, der das Immunsystem stimuliert, so wird dies als erworbene Immunität bezeichnet. Auf dieser Grundlage funktionieren Immunisierung und Schutzimpfung.

Was versteht der Immunologe unter …

Hashimoto-Thyreoiditis? Dies ist eine chronische Schilddrüsenentzündung aufgrund einer Autoimmunreaktion. Sie zeigt die bekannten Zeichen einer Schilddrüsenunterfunktion.

Sarkoidose? Die »Boeck-Krankheit« äußert sich mit einer verstärkten zellulären Immunaktivität unbekannter Ursache. Es kommt zu hohem Fieber, Gelenkentzündungen und violetten Hautknoten. Im Röntgenbild der Lunge finden sich Lymphknotenvergrößerungen.

Sklerodermie? Die »Veränderungen des Gefäß- und Bindehautgewebssystems«, die aufgrund einer Autoimmunreaktion entstehen, führen zu Gelenkschmerzen, Hautverhärtungen und Wassereinlagerungen (Ödemen) zunächst an Händen und Füßen, später auch an Organen.

Immunisierung: Geimpfter Schutz

Wozu dient die Immunisierung?

Sie schützt den Körper vor bestimmten Erkrankungen. Der Körper verfügt zwar über ein angeborenes Immunsystem, das Tausende von potenziellen Erregern erkennen kann. Einige Erreger jedoch, z. B. die Erreger von Diphtherie und Poliomyelitis (spinale Kinderlähmung), sind so aggressiv, dass bei einem Erstkontakt die primäre Immunantwort zu langsam erfolgt, als dass sie den Ausbruch einer unter Umständen behindernden oder tödlichen Erkrankung verhindern könnte. Die Immunisierung ist eine Methode, mit der das Immunsystem künstlich mit einem Gedächtnis für ein bestimmtes Antigen ausgestattet wird, ohne dass der Körper die Krankheit durchmachen muss. Es gibt die aktive und die passive Immunisierung.

Was geschieht bei der aktiven Immunisierung?

Bei der aktiven Immunisierung, auch als Schutzimpfung bezeichnet, wird dem Menschen meist durch Injektion ein Impfstoff verabreicht, der entweder abgetötete oder abgeschwächte Erreger der spezifischen Erkrankung, z. B. Diphtherie, enthält. Die im Impfstoff enthaltenen Antigene stimulieren das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern, B-Zellen und T-Gedächtniszellen, führen aber nicht zu einer Erkrankung. Findet danach ein Kontakt mit dem »richtigen« Erreger statt, ist der Körper schon sensibilisiert und es kommt zu einer schnellen Immunantwort.

Wie wirkt sich die passive Immunisierung aus?

Sie erzeugt einen künstlich erworbenen, passiven Schutz gegen bestimmte Erkrankungen. Hier werden dem Organismus Antikörper z. B. gegen Hepatitis A verabreicht. Diese Antikörper stammen normalerweise aus dem Blut von Tieren oder – weitaus seltener – von Menschen, die kurz davor mit der Krankheit infiziert wurden. Durch Zuführung der Antikörper ins Blut verleiht diese Art der Immunität dem Körper die Fähigkeit, die Infektion sofort zu bekämpfen, stimuliert aber nicht die Bildung der Gedächtniszellen wie bei der aktiven Immunisierung.

Passive Immunität kann auch auf natürliche Weise erworben werden. Während der Schwangerschaft wandern die im Blut der Mutter zirkulierenden Antikörper über die Plazenta in den fetalen Kreislauf und nach der Geburt nimmt das Neugeborene Antikörper mit der Muttermilch auf.

Wie lange hält die Schutzimpfung an?

Die aktive Immunisierung verleiht dem Organismus einen Langzeitschutz, passive Immunisierung schützt nur für kurze Zeit, da die dem Organismus zugeführten Antikörper mit der Zeit abgebaut werden. Beide Mechanismen macht man sich bei einer Simultanimpfung zunutze. Ein Beispiel dafür ist die Tetanusprophylaxe: Im Fall einer Verletzung erhält der Patient zum Schutz vor einer Tetanusinfektion eine Kombination von passiver Immunisierung mit Tetanusimmunglobulinen und aktiver Impfung mit abgeschwächten Tetanustoxinen. Somit besteht für den Verletzten ein sofortiger Schutz; außerdem wird sein Organismus angeregt, eigene Antikörper zu bilden.

Trotz der großen Erfolge bei der Bekämpfung der Infektionskrankheiten streitet man angesichts der nicht seltenen Impfnebenwirkungen darüber, ob bei manchen Erkrankungen nicht die durchgemachte und überwundene Krankheit gegenüber der Immunisierung einen besseren Schutz verleiht.

Kann sich jeder impfen lassen?

Obwohl Immunisierung normalerweise Leben rettet, gibt es Menschen, für die die Impfung ein Risiko bedeutet. So sollten Schwangere keine Lebendimpfstoffe – also Impfstoffe aus zwar abgeschwächten, jedoch lebenden Keimen – erhalten, da diese dem Fetus schaden könnten. Vor Planung einer Schwangerschaft sollte sich jede Frau jedoch auf ihre Immunität gegen Röteln testen lassen, da diese Erkrankung während der Schwangerschaft zu Missbildungen beim Kind führen kann. Besteht keine Immunität, muss gegen Röteln geimpft werden. Danach sollte eine Wartezeit von mindestens einem Monat eingehalten werden, damit sich die Immunität aufbauen kann.

Bei sehr kleinen Kindern kann es bei einigen Impfstoffen, z. B. gegen Typhus, zu Nebenwirkungen kommen. Im Allgemeinen gilt, dass Menschen mit Immunschwäche, z. B. bei AIDS, oder mit bestimmten Arten von Krebserkrankungen, besonders wenn das Blut oder das Lymphsystem betroffen sind, keine Lebendimpfstoffe erhalten sollen. Abgetötete oder inaktivierte Impfstoffe sind jedoch sicher, obwohl manche Menschen keine optimale Impfreaktion zeigen. Ist es bei einem bestimmten Impfstoff schon einmal zu Nebenwirkungen gekommen, so sollte nicht mit demselben Impfstoff nachgeimpft werden.

Lymphatisches System: Killern auf der Spur

Wo befindet sich das lymphatische System?

Das lymphatische System zieht sich durch den ganzen Körper und besteht aus einem Netzwerk von Gefäßen und den lymphatischen Organen. Das lymphatische System nimmt Flüssigkeit aus den Körpergeweben auf und führt sie zurück in das Blut. Es ist unverzichtbar für das normale Funktionieren der Zellen, denn es erhält das Gleichgewicht zwischen den Körperflüssigkeiten. Durch seine Zusammenarbeit mit dem Herz-Kreislauf-System und dem Immunsystem unterstützt das lymphatische System den Körper bei der Aufrechterhaltung der Homöostase sowie bei der Bekämpfung von Erregern und Fremdorganismen.

Wie unterstützt das Lymphsystem die Homöostase?

Es nimmt einen Flüssigkeitsüberschuss aus den Körpergeweben auf und überführt ihn zurück in das Blut. Täglich fallen etwa drei bis vier Liter Gewebeflüssigkeit an, die kontinuierlich in den Blutstrom zurückgeführt werden müssen, damit immer ein ausreichendes Blutvolumen zur Verfügung steht. Nur so kann das Herz-Kreislauf-System normal funktionieren.

Zudem resorbiert das lymphatische System Eiweiße und andere Moleküle aus der Gewebeflüssigkeit, die auch als interstitielle Flüssigkeit bezeichnet wird und alle Körperzellen umgibt. Durch die Wirkung des Blutdrucks wird Flüssigkeit aus den engen Blutkapillaren in das Gewebe gepresst. Während die Zellen die benötigten Stoffe, also Glucose, Sauerstoff, Aminosäuren und andere Nährstoffe, aus der Flüssigkeit entziehen, geben sie Kohlendioxid und stickstoffhaltige Abbauprodukte an die Flüssigkeit ab. Der größte Teil der Flüssigkeit wird dann in das Blut rückresorbiert. Die Eiweiße können jedoch nicht mehr in die Blutkapillaren eindringen und werden in die Lymphgefäße aufgenommen. Die Gewebeflüssigkeit in den Lymphgefäßen wird als Lymphe bezeichnet und stellt ein Viertel der Gewebeflüssigkeit, die zwischen den Geweben und dem Blut ausgetauscht wird.

Was wird außerdem auf dem lymphatischen Weg transportiert?

Die Lymphgefäße befördern auch Nährstoffe, die direkt im Verdauungstrakt aufgenommen werden. Bestimmte Stoffe aus unserer Nahrung, hauptsächlich Fette, werden nach ihrer Aufschlüsselung in ihre kleinsten Bestandteile durch die Lymphkapillaren des Darms resorbiert und anschließend ans Blut abgegeben.

Wie beteiligt sich das Lymphsystem an der Krankheitsabwehr?

Es stellt die Lymphozyten bereit, spezialisierte weiße Blutzellen, die in den Lymphknoten und den lymphatischen Organen gebildet werden und mit der Lymphe in alle Körperbereiche transportiert werden. Diese Zellen können Erreger und andere körper-fremde Substanzen erkennen und sie entweder unschädlich machen oder entsprechende Antikörper bilden, um die schädliche Wirkung der Erreger zu mindern. Das lymphatische System filtert die Lymphe und entfernt Fremdkörper, u. a. Bakterien, aus dem Blut und den Geweben. Dieser Vorgang findet in den Lymphknoten statt. Damit ist das lymphatische System Teil des körpereigenen Abwehrsystems gegen Erkrankungen.

Was ist die Lymphe?

Die Lymphe ist eine wässrige, normalerweise klare Flüssigkeit, die durch das Austreten von Blutplasma aus den kleinsten Blutgefäßen (Kapillaren) in das Gewebe entsteht. Sie fließt innerhalb des Gewebes in den Zwischenzellräumen und wird in den Lymphgefäßen gesammelt. Die Lymphe enthält in gelöster Form Fette, bestimmte Plasmaeiweiße, lebende und tote Bakterien und andere Krankheitserreger sowie kleinste Zelltrümmer. Dort, wo sie in der Nähe des Verdauungstrakts verläuft, nimmt die Lymphe durch die Resorption von Fetten und anderen Nährstoffen allerdings ein milchig trübes Aussehen an.

Im Gegensatz zum Blutkreislaufsystem verfügt das lymphatische System nicht über eine Pumpe, mit der die Lymphe durch die Lymphgefäße gepumpt werden könnte. Stattdessen unterstützt die Kontraktion der Skelettmuskulatur in der Umgebung der Lymphgefäße den Weitertransport der Lymphe. Dabei verhindern Klappen – ähnlich den Venenklappen – ihren Rückfluss.

Was macht der Wurmfortsatz im lymphatischen System?

Neueste Forschungen deuten darauf hin, dass der Wurmfortsatz, das für den Verdauungsprozess ganz und gar unnötige Anhängsel am Blinddarm, alles andere als überflüssig ist. Er scheint im Gegenteil sogar eine wichtige Rolle innerhalb des Immunsystems zu spielen. Der Wurmfortsatz enthält lymphatisches Gewebe mit einem hohen Anteil besonderer weißer Blutkörperchen, den Lymphozyten. Sie produzieren Antikörper zur Bekämpfung von Krankheitserregern. Aus diesem Grund schreibt man dem Wurmfortsatz eine Bedeutung in der immunologischen Überwachung zu, d. h., er identifiziert und zerstört eventuelle Erreger, bevor sie in den Dickdarm eindringen.

Worin fließt die Lymphe?

Im Lymphgefäßsystem, das ein Netzwerk von Kanälen bildet, die fast jeden Körperbereich erreichen und mehr oder weniger parallel der Venen verlaufen. Die lymphatischen Netze sind in dem sie umgebenden Gewebe durch winzige Fasern verankert. Die kleinsten Lymphgefäße sind die Lymphkapillaren, mikroskopisch kleine, blind beginnende Gefäße, die überall in den Körpergeweben die Flüssigkeit aus dem Blut aufnehmen. Die Lymphkapillaren verbinden sich zu Lymphbahnen und diese wiederum zu den Lymphstämmen.

Der Körper verfügt über zwei Hauptlymphgänge. Die Lymphe der rechten oberen Körperseite mündet schließlich in den rechten Hauptlymphgang (Ductus lymphaticus dexter) und entlässt die Lymphe in die rechte Schlüsselbeinvene. Der zweite und größere Hauptlymphgang ist der Milchbrustgang (Ductus thoracicus). Er nimmt die Lymphe aus den restlichen Körperbereichen auf und entlässt sie in die linke Schlüsselbeinvene.

Was kennzeichnet die kleinsten Lymphgefäße?

Die Lymphkapillaren haben eine extrem dünne und äußerst durchlässige Wand. Sie ist mit winzigen Klappen ausgestattet, die sich, ähnlich wie Flügeltüren, nur in eine Richtung öffnen und die Gewebeflüssigkeit in die Lymphkapillaren eindringen lassen, ihren Rückfluss ins Gewebe aber verhindern.

Welche besondere Rolle spielen die Lymphknoten?

Die Lymphknoten (Nodi lymphatici) sind kleine Körperchen, die die Erreger aus der Lymphe herausfiltern. Sie liegen entlang der Lymphbahnen, aufgereiht wie Perlen an einer Schnur. Lymphknoten finden sich überall innerhalb des lymphatischen Systems, sind aber besonders zahlreich am Hals, in der Achselhöhle und im Leistenbereich, d. h. in unmittelbarer Nähe zu den Haupteintrittspforten für potenzielle Krankheitserreger.

Lymphknoten haben einen Durchmesser von 1 bis 20 Millimeter. Im Innern des Lymphknotens befindet sich ein Fasernetz mit einer großen Anzahl an eingelagerten Lymphozyten und Makrophagen. Mehr als zehn Milliarden dieser Zellen werden täglich in den Lymphknoten gebildet.

Die Lymphe tritt über ein zuführendes Gefäß in den Lymphknoten ein. Während sie langsam durch das Fasernetz sickert, entdecken und zerstören die Lymphozyten und Makrophagen vorhandene Erreger und entfernen außerdem Zelltrümmer und entartete Zellen. Die gefilterte Lymphe verlässt den Lymphknoten über ein ableitendes Lymphgefäß und setzt ihren Weg in Richtung Blutstrom fort.

Welche anderen Organe zählen zum lymphatischen System?

Neben den Lymphknoten stellen auch Milz, Mandeln, die Peyer-Plaques im Dünndarm, Knochenmark und Thymusdrüse einen Teil des lymphatischen Systems dar. Von den lymphatischen Organen ausgehend starten die Zellen des Immunsystems ihre Angriffe auf eindringende Erreger.

Die Milz: Die etwa faustgroße Milz (Splen) ist das größte lymphatische Organ. Sie liegt links des Magens und wird von den untersten Rippen geschützt. Sie beherbergt Phagozyten und Lymphozyten und überwacht und steuert die Qualität der zirkulierenden roten Blutkörperchen, indem sie überalterte Blutzellen identifiziert und abbaut.

Die Mandeln: Im Rachen liegt der lymphatische Rachenring, bestehend aus drei jeweils paarig angelegten Mandeln (Tonsillen), die an den Eintrittspforten zu Atem- und Verdauungssystem das Eindringen von Erregern mit der Nahrung und der Atemluft verhindern sollen. Die Gaumenmandeln sind am größten und anfälligsten für Infektionen und liegen seitlich in der hinteren Mundhöhle. Die Zungenmandeln liegen am Zungengrund, die Rachenmandeln – im Volksmund als Polypen bezeichnet – im Nasenrachen.

Die Peyer-Plaques: Die Peyer-Plaques sind Anhäufungen von Lymphfollikeln in den Wandungen des unteren Dünndarms und des Wurmfortsatzes. Sie bilden lymphatische Stützpunkte, von denen aus die Makrophagen in den Dickdarm gelangende Erreger aufspüren und zerstören. Zudem enthalten sie Antikörper bildende B-Lymphozyten.

Das Knochenmark: Das rote Knochenmark in den platten Knochen und den Epiphysen der Röhrenknochen bildet die Stammzellen, die zu Lymphozyten heranreifen, und die Monozyten, die sich zu Makrophagen entwickeln.

Die Thymusdrüse: In der zweilappigen Thymusdrüse, die hinter dem oberen Teil des Brustbeins liegt, entwickeln sich die im Knochenmark gebildeten Stammzellen zu hochspezialisierten T-Lymphozyten.

Was verbirgt sich hinter der Bezeichnung …

Lymphom? Darunter versteht der Arzt eine Lymphknotenvergrößerung, die gutartig (wenn sie z. B. im Rahmen entzündlicher Prozesse entsteht) oder auch bösartig (z. B. bei einem Tumorleiden) sein kann.

Pfeiffer'sches Drüsenfieber? Bei der »Kusskrankheit« besteht eine grippeähnliche Virus-Infektion, die im jungen Erwachsenenalter zu Fieber, Rachenentzündung mit schmutziggrauen Belägen auf den Rachenmandeln sowie schmerzhaften Lymphknotenschwellungen im Halsbereich führt. Da das Virus durch Speichel übertragen wird, heißt sie auch Kusskrankheit.

Tonsillitis? Die verbreitete »Mandelentzündung« ist eine durch Viren oder Bakterien hervorgerufene Entzündung des Rachenrings, v. a. der Gaumenmandeln. Die akute Form wird wegen der Halsverengung durch die Entzündung auch als Angina bezeichnet. Sie beginnt plötzlich mit hohem Fieber, Schwellung, Rötung und Belag der Tonsillen und führt zu sehr schmerzhaften Schluckbeschwerden.

Hodgkin-Lymphom? Die auch Lymphogranulomatose genannte »bösartig verlaufende Erkrankung der lymphatischen Gewebe« geht in der Regel von den Lymphknoten aus. Meist sind die Lymphknoten im Halsbereich geschwollen, die Milz ist krankhaft vergrößert und es kommt zu Fieberschüben und allgemeinem Leistungsabfall.

Immunschwäche: Schlag gegen die Abwehr

Warum ist eine Erkrankung des Immunsystems so folgenschwer?

Weil unser Immunsystem ein sehr komplexes System darstellt. Versagt es bei seiner Hauptaufgabe, körperfremde Substanzen und entartete Zellen unschädlich zu machen, kann der Organismus von Erkrankungen bedroht werden, mit denen er normalerweise spielend fertig wird. Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten entwickelt sich nur, wenn Erreger schnell erkannt und bekämpft werden können. Kommt es jedoch zu einer ungehinderten Vermehrung der Erreger, können enorme gesundheitliche Probleme entstehen. Jede Schwächung des Immunsystems erhöht daher die Anfälligkeit vor allem gegenüber Infektionskrankheiten.

Wann spricht man von einer Immunschwächekrankheit?

Man spricht von einer Immunschwächekrankheit, wenn das Immunsystem nicht mehr angemessen auf Krankheitserreger reagieren kann. Es kommt zur Häufung von Infektionen, Krankheitsrückfällen oder ungewöhnlich schweren Krankheitsverläufen. Immunschwächeerkrankungen können unterschiedliche Ursachen haben.

Was ist eine erworbene Immunschwäche?

Sie tritt normalerweise als Folge einer vorausgegangenen Erkrankung auf, die zu einer Schädigung des Immunsystems geführt hat. Oft richtet sich die Krankheit direkt gegen das Immunsystem selbst. Beispiele dafür sind Krebserkrankungen des Knochenmarks oder des Lymphsystems – also Leukämien und Lymphome – wie auch die Infektion mit dem HI-Virus, der allmählich die T-Lymphozyten zerstört. HIV steht für »human immunodeficiency virus« und bedeutet menschliches Immunschwächevirus.

Auch nach einer Entfernung oder starken Schädigung der Milz kommt es oft zu einer erworbenen Immunschwäche, hauptsächlich gegenüber Bakterien. Fehl- und Mangelernährung haben ebenfalls eine schädigende Wirkung auf das Immunsystem.

Wie erfolgt die HIV-Infektion?

Die Ansteckung mit HIV erfolgt über den Kontakt mit HIV-infizierten Körperflüssigkeiten, also Blut, Samenflüssigkeit, Vaginalsekrete und Muttermilch. Übertragungswege sind Vaginal- und Analverkehr, Transfusion von verseuchtem Blut oder Blutprodukten oder die gemeinsame Benutzung von Injektionsnadeln bei Drogenabhängigen. HIV kann auch während der Geburt von der Mutter auf das Kind übertragen werden. Durch Anniesen, Küssen oder Verwendung desselben Essbestecks kann HIV nicht übertragen werden.

Was passiert bei Aids?

Der Aids-Erkrankung geht eine Infektion mit dem HI-Virus voraus. Die HIV-Infektion zerstört fortschreitend die T-Lymphozyten. Dies wiederum führt zur Aids-Erkrankung (Aids steht für acquired immune deficiency syndrome und bedeutet erworbene Immunschwäche), wobei es zu häufigen Infektionen und seltenen Krebserkrankungen kommt.

HIV ist ein Retrovirus, d. h. ein Virus, das eigene genetische Informationen in die Zielzellen – zumeist T-Lymphozyten – einbaut und diese dann als Wirtszelle zur eigenen Vermehrung nutzt. Innerhalb des Lymphozyten kommt es dann zur Produktion großer Mengen von Viren, die daraufhin andere Zellen infizieren, einschließlich der T-Helferzellen. Sie schwächen dadurch die Fähigkeiten des Körpers, sich selbst zu schützen. Die verbleibenden Abwehrkräfte des Körpers wenden sich nun gegen die infizierten Zellen und töten sie zusammen mit dem Virus.

Wer ist HIV-positiv?

Als HIV-positiv wird die Person bezeichnet, die mit dem HI-Virus infiziert ist; in ihrem Blutserum finden sich also spezifische Antikörper. Nach einer HIV-Infektion verliert ein Mensch allmählich seine T-Helferzellen. Dieser Prozess kann sich über Monate oder Jahre hinziehen, ohne dass sich Symptome der Erkrankung wie allgemeine Abwehrschwäche und häufige Infektionen zeigen. Von der voll ausgeprägten Aids-Erkrankung spricht man erst dann, wenn bestimmte lebensbedrohliche Erkrankungen dazukommen.

Kann Immunschwäche auch ererbt sein?

Ja, bestimmte Formen der Immunschwäche bestehen von Geburt an und verhindern die normale Entwicklung des Immunsystems. Es gibt etwa 70 angeborene Immunschwächeerkrankungen, wobei die Bildung oder Funktion der B- oder T-Zellen oder auch beider Zelltypen betroffen ist. So kommt es z. B. bei der Hypogammaglobulinämie zu einer Störung der Antikörpersynthese durch die B-Zellen. Die häufigste Art dieser Immunschwächeerkrankung, die bei einem von 600 Menschen in Erscheinung tritt, verursacht wiederholt auftretende, lang andauernde Atemwegsinfektionen.

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