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Liberalismus: Freiheit für das Individuum

Wie entstand der Liberalismus?

Der Liberalismus resultiert vor allem aus dem Humanismus – der Überzeugung, dass der Mensch sein Leben seiner Persönlichkeit entsprechend frei gestalten können sollte – und der Aufklärung des 17./18. Jahrhunderts. Das Zusammenleben soll sich an der Freiheit des Einzelnen als höchster Norm orientieren.

Die Entwicklung der Demokratie ist untrennbar mit der des Liberalismus verbunden; die Rechte des Individuums sind – neben der Frage des persönlichen Eigentums – das wichtigste Anliegen des Liberalismus. Von daher sind unsere modernen demokratischen Verfassungen immer auch liberale Verfassungen.

Wo und wann bildete sich die Idee heraus?

Der Gedanke des Liberalismus kam Ende des 17. Jahrhunderts in England auf, eng verknüpft mit dem Individualismus der Renaissance und der Frühaufklärung.

Im Mittelalter war der Einzelne noch in den streng hierarchisch gegliederten Institutionen wie der Kirche und der Ständeordnung gefangen gewesen. Die Aufklärung dagegen sprach jedem Menschen Vernunft und damit unveräußerliche Rechte zu, die kein Staat und keine Institution infrage stellen dürfe – so die ersten liberalen Theoretiker wie der Engländer John Locke (1632–1704).

Warum blühte der Liberalismus im 18. Jahrhundert auf?

Im Zeitalter der Aufklärung machte sich das aufstrebende Bürgertum liberale Prinzipien wie die Sicherung des Privateigentums zu eigen.

Mit dem Einfluss des Bürgertums wuchs daher auch die Bedeutung des Liberalismus. Wohlstand wurde als Zeichen persönlichen Erfolgs angesehen, Armut als Folge selbst verschuldeten Misserfolgs. Eigentum wurde zum Maß für die Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme: Nur wer Eigentum hatte, durfte beispielsweise wählen.

Ist Liberalismus gleich Kapitalismus?

Ja, vereinfacht gesagt, ist Kapitalismus auf das Wirtschaften bezogener Liberalismus.

Der Staatstheoretiker Thomas Hobbes (1588–1679) wendete den Gedanken der Freiheit auf die Wirtschaftsbeziehungen in einer Gesellschaft an: Individuen sollen als Eigentümer Marktbeziehungen jeder Art zu anderen Individuen eingehen können, ohne dass sich der Staat einmischt. Mit diesem Ansatz benannte Hobbes bereits im 17. Jahrhundert die Prinzipien, die der Kapitalismus ab dem Ende des 18. Jahrhunderts übernehmen sollte.

Ist Liberalismus eine »Ideologie der Ausbeuter«?

Diese Frage wurde seit der industriellen Revolution akut. Da sich der Staat in die wirtschaftlichen Belange seiner Bürger nicht einmischte und es keine Sicherungssysteme für sozial Schwache gab, entwickelte sich ein »wilder« Kapitalismus, in dem die Industriearbeiter den Unternehmern schutzlos ausgeliefert waren.

Zum Beispiel verschlechterten sich die Lebensbedingungen der englischen Arbeiter, als die Handelskammer von Manchester die Abschaffung von Einfuhrzöllen durchsetzte. Seither steht der Begriff »Manchesterkapitalismus« für eine arbeitnehmerfeindliche Wirtschaftsordnung.

Wann endete die Blütezeit des Liberalismus?

Zum Ende des 19. Jahrhunderts. Der Grundgedanke, den Staat als Bewahrer der eigenen Pfründe zu betrachten und die bestehende Ordnung zu verteidigen, hatte den Liberalismus in die Nähe des Konservativismus gebracht. Zugleich war eine starke Arbeiterbewegung entstanden, die für das Bürgertum zur Bedrohung wurde.

Außerdem hatte der Liberalismus seine Zielsetzungen durch Verfassungen und kapitalistisches Wirtschaftssystem fast vollständig realisiert und sich durch seine Erfolge gleichsam selbst überflüssig gemacht.

Was forderten die ersten Liberalen?

Im Wesentlichen ging es um zwei Forderungen: Wenn alle Menschen die gleichen Rechte besitzen, dann müssen sie auch vor dem Gesetz gleich sein. Und der Staat sollte sich weitgehend aus dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben heraushalten; er sollte lediglich die Rahmenbedingungen für das Zusammenleben abstecken.

Der Staat war demnach nichts weiter als eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Individuen; der Souverän (Herrscher) war also das Volk.

Wo steht der Liberalismus heute?

Nach 1945 bestimmte in fast allen westlichen Demokratien der Gegensatz von Sozialdemokraten und Konservativen die Politik. Lediglich in Japan regieren die – allerdings eher konservativ ausgerichteten – Liberaldemokraten (LDP) seit 1955 fast ununterbrochen. Auch auf wirtschaftlichem Gebiet büßte der klassische Liberalismus gegenüber der sozialen Marktwirtschaft an Bedeutung ein. Insbesondere seit den 1990er Jahren gewann hingegen im Zuge der aufkommenden Globalisierung der sog. Neoliberalismus an Bedeutung.

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