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Marco Polo: Handelsreisender, Fabulierer und Schriftsteller
In welchem Alter wurde Marco Polo Weltenbummler?
Der 1254 in Venedig geborene Marco Polo war 16 Jahre alt, als er sich mit Vater und Onkel auf Weltreise begab. Man schrieb das Jahr 1271, und da war Reisen mit unzähligen Widrigkeiten verbunden, vorhersehbar und abschätzbar war so gut wie gar nichts. Die Welt stellte sich zur damaligen Zeit noch ganz anders dar als heute. Konstantinopel zum Beispiel, das heutige Istanbul, bildete das Herz des Lateinischen Kaiserreichs, und auch die Mongolen sonnten sich noch in ihrem Riesenreich.
Gab es schon früher Chinareisende?
Marcos Vater Niccolò und sein Onkel Matteo hatten als Kaufleute bereits eine ausgedehnte Reise in unbekanntes Terrain unternommen. Sie waren bis nach Kambaluk, dem heutigen Peking, gekommen, wo sie dem damaligen Großkhan der Mongolen, Kublai Khan, vorgestellt wurden, zu dessen Reich damals Zentralasien, China und Regionen Osteuropas gehörten. Die beiden Kaufleute wurden wie Fürsten empfangen, der Khan zeigte sich hocherfreut über diesen Besuch, der eine Verbindung zu einem ihm unbekannten Teil Europas darstellte. Mit einer Art Passierschein, der gleichzeitig Unterkunft und Transport sicherte, machten sich die beiden Venezianer auf den Heimweg. Im Gepäck die Bitte Kublai Khans um heiliges Öl und christliche Gelehrte.
Zwei Jahre nachdem die Kaufleute nach Venedig zurückgekehrt waren, machten sie sich, gemeinsam mit dem Jüngling Marco, erneut auf. Sie erreichten zunächst Akko im heutigen Israel. Der neue Papst Tedaldo gab den drei Venezianern seinen Segen und statt zahlreicher christlicher Gelehrter zwei Klosterbrüder mit auf den Weg. Diese allerdings überlebten die beschwerliche Reise nicht. Doch mit leeren Händen mussten die Venezianer nicht vor den großen Mongolenfürsten treten: Zumindest heiliges Öl hatten sie dabei.
Wie lang waren die Reisenden unterwegs?
Die Hinreise dauerte rund vier Jahre. Sie sahen Landschaften und trafen Menschen, sie hatten Begegnungen und Abenteuer, wie sie nie zuvor ein Europäer erleben konnte. Am Hof des Khans, im Sommerpalast Shangdu, wurden sie überglücklich empfangen und mit »Frohsinn, Zeitvertreib und Lustbarkeit« beherbergt, wie Marco Polo später schreiben wird. Bald trat der junge Venezianer in den diplomatischen Dienst des Großkhans und unternahm in seinem Auftrag lange Reisen durch das ganze Reich. Im Süden zum Beispiel kam er bis nach Hangtschou, für ihn die »schönste und prächtigste Stadt der Welt«. Sein Vater und sein Onkel wurden Militärberater. Bis 1292 blieben sie in Ostasien, doch dann packte sie die Sehnsucht nach ihrer europäischen Heimat und sie kehrten nach Hause zurück.
Wo schrieb der Abenteurer seinen Reisebericht?
In Kriegsgefangenschaft. Er führte während der Seeschlacht von Curzola gegen Genua eine venezianische Galeere an und geriet 1298 in genuesische Gefangenschaft. Im Gefängnis diktierte er seine Lebensreise einem Schriftsteller aus Pisa. Mit »Il Milione» hat er den Europäern Asien näher gebracht und neue geografische Maßstäbe gesetzt. Er lässt den Glanz des Fernen Ostens an den Augen europäischer Leser vorbeiziehen. Marco Polos Erinnerungen sind bunt und vielfältig, er beschreibt spektakuläre Landschaften und die für seine Zeitgenossen höchst wunderliche Lebensweise fremder Menschen und Völker.
Mit seinem Bericht wurde Marco Polo bereits zu Lebzeiten berühmt, allerdings schenkten ihm viele Zeitgenossen keinen Glauben, wie auch manch moderner Forscher den Wahrheitsgehalt des Buches in Frage stellt. So wird zum Beispiel nirgends die Chinesische Mauer erwähnt, an der Marco Polo seinen Beschreibungen zufolge vorbeigekommen sein muss. Gestorben ist der umstrittene Weltreisende und Reiseschriftsteller schließlich im Jahre 1324 in seiner Heimatstadt Venedig.
Auf welcher Route reist Marco Polo im Jahr 1271?
Die Reise beginnt in seiner Heimatstadt Venedig. Erstes Ziel ist Akko im heutigen Israel, weiter geht es auf dem Landweg gen Osten über Täbris (Iran) zur Straße von Hormus am Golf von Oman. Ihr Weg führt sie nördlich durch das Land von Tausendundeiner Nacht. Auf ihrer Strecke liegt Balkh (heute: Nordafghanistan), das 1220 von den Mongolen eingenommen und geplündert worden war. Die Karawane zieht weiter nordöstlich bis Kashgar (heute: Kashi in der chinesischen Republik Sinkiang). Die Weiterreise wird mühevoll, sie überqueren das Pamirgebirge und durchqueren die Wüste Gobi. 1275 erreichen sie Shangdu und damit den Hof des Khans.
Wussten Sie, dass …
sich die Reisenden in der Wüste Gobi eng zusammenscharten, um den lockenden Geisterstimmen der Wüste widerstehen zu können und damit dem sicheren Tod zu entkommen?
Polos berühmter Reisebericht »Il Milione« in viele Sprachen übersetzt und zu einem der ersten Bestseller der Reiseliteratur wurde?
das Buch sogar den großen Entdecker Christoph Kolumbus zu seinem Aufbruch in die Ferne angeregt hat?
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