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Pablo Picassos Guernica: Gegen die Barbarei des Krieges

Wie kam es zu dem Monumentalbild »Guernica«?

Ab 1936 wurde die demokratische Republik Spanien von den Nationalisten unter General Franco bedroht. Auf der Weltausstellung in Paris 1937 wollte Spanien in seinem modernen Glaspavillon abseits der neoklassischen Protzburgen des nationalsozialistischen Deutschland und des stalinistischen Russland auf diese Gefahr aufmerksam machen. Dann geschah das Verbrechen in Guernica. Am 24. April 1937 zerstörte die deutsche Legion Condor, die Hitler zur Unterstützung Francos nach Spanien schicken ließ, die älteste Stadt des Baskenlandes mit über 3000 Brandbomben und metzelte anschließend die Einwohner mit Maschinengewehren nieder. Zwei Tage nach dem Massaker erschienen in den Pariser Zeitungen Fotografien der zerstörten baskischen Stadt Guernica. Picasso beschloss, dieses Verbrechen zum Thema seines Beitrages für die Weltausstellung zu machen. So entstand das wohl berühmteste Anti-Kriegsbild des 20. Jahrhunderts.

Wie verlief der künstlerische Weg Picassos bis 1937?

Noch geprägt vom spanischen Jugendstil, malte Picasso um die Jahrhundertwende in Paris, in der melancholischen Atmosphäre von Bars und Zirkuszelten, seine Bilder der so genannten Blauen und Rosa Periode. Danach entwickelte er zusammen mit Georges Braque die Malerei des Kubismus: das Zerlegen der Bildobjekte in Formen wie Würfel, Kugeln oder Kegel und das anschließende Zusammensetzen auf der Leinwand. Sie wollten den Bildgegenstand gleichzeitig von mehreren Seiten darstellen, verzichteten also auf eine einheitliche Perspektive. Es gab keine einheitliche Lichtquelle mehr und nur wenige Farben, vor allem Braun, Grau und Weiß. Der Kubismus war der einflussreichste Stil der Moderne und Grundlage für viele weitere Entwicklungen. Den Aufsehen erregenden künstlerischen Startschuss bildete Picassos berühmtes Bild »Les Demoiselles d'Avignon« aus dem Jahr 1907. Während des Zweiten Weltkriegs entwickelte Picasso schließlich einen eigenen, figürlichen Stil mit kubistischer Mehransichtigkeit und vereinfachten Formen. Er prägt auch das Bild »Guernica«.

Welche Szenen zeigt das Gemälde?

Das weltberühmte Bild ist heute im Madrider Museo Reina Sofia ausgestellt. Man blickt auf eine dunkle Szenerie in Schwarz, Grau und Weiß. Die Bombardierung der Stadt fand am helllichten Tag statt – Picasso wollte jedoch die Dunkelheit des Schreckens ausdrücken. Eine Glühlampe, wie das Auge Gottes in ein Dreieck gestellt, und eine Kerze sollen die Wahrheit über Guernica ans Licht bringen. Verschiedene Frauen malte Picasso als Sinnbilder der unschuldig getöteten und leidenden Menschen. Rechts schreit eine Frau aus einem brennenden Haus heraus, eine Zweite läuft davon. Am linken Bildrand hält eine klagende Frau mit einer ergreifenden Geste ihr getötetes Kind empor. Manche Motive wirken für den Betrachter vieldeutig: Ist die zerbrochene Kriegerstatue ein Symbol der zerstörten spanischen Kultur, ist die Blume in der Hand ein Zeichen der Hoffnung? Der Stier, sonst Picassos stolzes Symbol des spanischen Volkes oder auch verstecktes Selbstbildnis, ist hier vollkommen hilflos, unfähig, den Menschen zu helfen. Das Pferd, passives Opfer der Stierkämpfe, schreit seinen Schmerz und seine Qual heraus. Eindrücklich ist das Leid der Opfer dargestellt – der Feind, die Täter, sind dafür nirgends zu sehen.

Wussten Sie, dass …

ein deutscher Soldat einmal Picassos Atelier besuchte und dort eine Abbildung von »Guernica« sah? Erstaunt fragte der Soldat den Maler: »Das haben Sie gemacht?« Picasso antwortete: »Nein, Sie!«

die Bilder Picassos zu den teuersten Objekten auf dem Kunstmarkt gehören?

Picasso die Rückkehr des bis 1981 in New York ausgestellten Bildes »Guernica« nach Spanien bis zum Tode des Diktators Franco untersagt hatte?

Warum gilt Picasso als das Malergenie des 20. Jahrhunderts?

Sein Leben und sein Werk geben die Antwort: Pablo Ruiz Picasso wurde am 25. Oktober 1881 in Málaga als Sohn eines Zeichenlehrers geboren. Bereits mit 15 Jahren wurde er an der Kunstakademie in Barcelona aufgenommen, ab 1898 pendelte er zwischen Barcelona und Paris. Mit den Bildern der Blauen Periode (1901 bis 1904) begann eine Künstlerlaufbahn, die an Fülle, Vielfalt und Bedeutung von keinem anderen Künstler des 20. Jahrhunderts übertroffen wird. Viele von Picassos Arbeiten wurden zu Schlüsselwerken für die unterschiedlichsten Strömungen der Moderne. Als erstem Maler überhaupt widmete ihm der Pariser Louvre eine Ausstellung, noch während er lebte.

Nach der Rosa Periode (1905–1907) und zahlreichen Harlekin- und Gauklerbildern wandte sich Picasso 1907 dem Kubismus zu, den er gemeinsam mit Georges Braque begründete. Dieser Phase folgten ab 1916 klassizistisch anmutende Bilder, ab 1925 arbeitete er unter dem Einfluss des Surrealismus. In den Jahren zwischen 1934 und 1945 entwickelte der Künstler eine eigene, expressiv-realistische künstlerische Handschrift, die künftig als »Stil Picasso« bezeichnet werden wird. 1947 begann Picasso im südfranzösischen Vallauris mit Töpferarbeiten und Lithografien, anschließend setzte er sich gründlich mit den Werken alter Meister auseinander. Mit über 70 Jahren wandte er sich wie selbstverständlich nochmals neuen Ausdrucksweisen zu, schuf Skulpturen aus Schrott und Fundstücken. Pablo Picasso starb am 8. April 1973 im Alter von 91 Jahren. Er liegt in Vauvenarges in der Provence begraben.

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