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20 Jahre Facebook – der blaue Riese bleibt beständig

Chatten, liken, posten – auf Facebook können die Nutzenden auf verschiedenste Art und Weise miteinander interagieren. Das macht Spaß und verbindet – deswegen ist das soziale Netzwerk auch heute noch so beliebt. Am 4. Februar 2024 feiert die Plattform schon ihren 20. Geburtstag. Doch wie hat die Erfolgsgeschichte der Webseite begonnen? Welchen Einfluss hat die Social-Media-Plattform auf die Gesellschaft? Und wie steht es um die Zukunft von Facebook?
THE / Universität Freiburg, 02.02.2024
Facebook-Loginscreen auf einem Smartphone

© panida wijitpanya, iStock

Zuerst kam der Sexismus: Vor der Erfindung von Facebook veröffentlichte der junge Psychologie- und Informatikstudent Zuckerberg die Webseite „Facemash“. Diese zeigte immer je zwei Bilder von Harvard-Studentinnen. Die Webseitenbesucher durften dann ähnlich wie bei ‚Hot or Not‘ wählen, welche der beiden Damen sie attraktiver fanden. Die Webseite hatte 450 Besucher in den ersten vier Stunden – dann wurde sie wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte geblockt und Zuckerberg fast von der Uni verwiesen.

Geschichte eines schnellen Erfolges

Doch das hielt den 19-jährigen Mark Zuckerberg nicht auf. Ein Jahr später entwickelte er die Social-Media Webseite „Thefacebook“ – angelehnt an die Bezeichnung für die in den USA üblichen College-Jahrbücher mit Porträts der Studierenden. Am 4. Februar 2004 ging die Plattform unter diesem Namen online – vor 20 Jahren. Hier konnten sich Studenten auf individuellen Profilen präsentieren und miteinander in Kontakt treten. Die Seite war ein Riesenerfolg: Nach einem Monat nutze bereits die Hälfte aller Studenten aus Harvard die Plattform.

Als Facebook im Jahr 2005 auch für Studierende anderer Universitäten und 2006 für die breite Öffentlichkeit verfügbar wurde, stieg die Zahl der Nutzer rasant an. Schon Ende 2005 nutzten sechs Millionen Menschen die Social-Media-Plattform. Nach nur acht Jahren zählte sie eine Milliarde aktive User. Heute wird die Zahl der monatlichen Facebook-Nutzer auf rund drei Milliarden geschätzt.

Facebook – Die blaue Skandalnudel

Doch leider ist nicht alles an der Geschichte der Social-Media-Plattform so glorreich: Ehemalige Kommilitonen von Zuckerberg werfen dem Multi-Milliardär bis heute vor, die Idee für „thefacebook“ geklaut zu haben. 2018 wurde außerdem bekannt, dass Facebook der Firma Cambridge Analytica die Daten seiner Nutzer verkaufte. Diese erstellten daraus Persönlichkeitsprofile für Werbetreibende und beeinflussten angeblich auch den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf.

In jüngster Zeit ist Facebook, ähnlich wie andere soziale Medien, wegen Hate Speech, Fake-News und immer wiederkehrende Datenschutzfragen in die Kritik geraten. Zwar gibt es Richtlinien, die beispielsweise das Veröffentlichen von anstößigen oder gesetzeswidrigen Inhalten verbieten. Algorithmen und spezielle Teams von Moderatoren sollen zudem dazu beitragen, Verstöße gegen die Regeln aufzuspüren und zu löschen. Doch nach Ansicht vieler Kritiker tut Facebook in dieser Hinsicht nicht genug.

Das allerdings scheint weder den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg zu jucken, noch steht es dem anhaltenden Erfolg der Webseite im Weg: Facebook ist noch immer das weltweit meistgenutzte soziale Netzwerk.

Interview: „Facebook wird es auch in 20 Jahren noch geben“

Zum 20. Geburtstag von Facebook erklärt uns Andreas Rauscher, Medienwissenschaftler an der Universität Freiburg, einige Gründe für die Erfolgsgeschichte des Unternehmens und äußert seine Einschätzung zur Zukunft der sozialen Medien.

20 Jahre Facebook – wie erklären Sie den Erfolg des sozialen Netzwerks?

Rauscher: Die Erfolgsgeschichte von Facebook setzt sich so zusammen, dass es einerseits neue Vernetzungsmöglichkeiten anbot und gleichzeitig auf geschickte Weise vermarktet wurde. Hinzu kam auch, dass man hier eine neue Möglichkeit hatte, Privates und Berufliches zu teilen und damit das eigene Netzwerk gut zu informieren. Der niedrigschwellige Zugang trägt auch zum Erfolg bei. Der Einstieg relativ überschaubar und gut zugänglich, im Vergleich zu anderen Plattformen, die heute nicht mehr wirklich präsent sind, wie zum Beispiel Myspace oder Netzwerken, die es in ähnlicher Weise vor Facebook gab. Dazu kommt natürlich noch die geschickte Geschäftspolitik von Mark Zuckerberg, mit der er immer wieder potenzielle Konkurrenten wie etwa WhatsApp aufkaufte und in seinen Konzern integrierte.

Welchen Einfluss hatte Facebook in den vergangenen 20 Jahren auf den gesellschaftlichen Diskurs?

Der Einfluss Facebooks auf den gesellschaftlichen Kommunikationsprozess ist zweischneidig. Einerseits hat man hier die Möglichkeit, auf Veranstaltungen aufmerksam zu machen, sich in Fachgruppen auszutauschen, alte Bekannte und Freunde wiederzufinden, aber andererseits ist es natürlich, gerade in Hinblick auf sogenannte Filterblasen, auch ziemlich riskant. Desinformation und Verschwörungstheorien sind die Schattenseite. In der Zeit vor Facebook hätten diese nur einzelne Akteure verbreitet, die vielleicht nicht weiter gefährlich gewesen wären. Auf Facebook konnten sie auf einmal ein viel breiteres Publikum erreichen und das ist durchaus eine problematische Seite des sozialen Netzwerks.

Wie müssten Konzerne wie Meta stärker in die Verantwortung genommen werden?

Algorithmen funktionieren so, dass sie besonders die Inhalte stärker verbreiten, die möglichst emotionale Reaktionen und einen möglichst langen Diskussionsverlauf mit sich bringen – also das, was man in der Theorie Aufmerksamkeitsökonomie nennen würde. So kann es dazu führen, dass der Algorithmus hauptsächlich Inhalte auswählt, die auf Empörung und Emotionalisierung abzielen und so eine gewisse Sachlichkeit, die sonst in der kritischen Auseinandersetzung mit schwierigen Themen im Mittelpunkt gestanden hätte, immer weiter zurückgedrängt wird. Diese Dynamik wurde in zahlreichen Diskussionen rund um Facebook immer wieder thematisiert. Hier müssen die Konzerne, wie Meta, in die Verantwortung genommen werden, damit sie überhaupt gegensteuern.

Instagram-Screen
Wenn Nutzer von Facebook abwandern, landen sie nicht selten auf einer anderen Plattform des Facebook-Universums.

© Wachiwit, iStock

Wie einflussreich ist Facebook und Zuckerbergs Konzern Meta weiterhin?

Ich denke dadurch, dass Mark Zuckerberg weitere Plattformen in seinem Unternehmen vereint, hat es natürlich schon einen wichtigen Einfluss weltweit. Facebook selbst ist zwar international nicht mehr ganz so gefragt, aber trotzdem sind Milliarden von Nutzer immer noch auf der Plattform aktiv. Außerdem ist es auch so, dass ältere Personen Facebook noch relativ stark nutzen. Gleichzeitig lässt sich beobachten, dass viele User einfach auf eine andere Plattform innerhalb des gleichen Konzerns wechseln – wie zum Beispiel zu WhatsApp.

Die Schwierigkeit dahinter ist, dass Ideen hinter Zuckerbergs Konzept der sozialen Medien stehen, die in der Kulturwissenschaft als die kalifornische Ideologie bezeichnet worden sind. Dabei wird ein Wettstreit der Meinungen befördert. Das ist einerseits natürlich eine Austauschmöglichkeit, zum Beispiel für progressive Protestbewegungen, um Gegenöffentlichkeit zu schaffen und zu informieren. Andererseits kann das aber natürlich auch für krude Verschwörungstheorien missbraucht werden.

Wie wird die Zukunft sozialer Netzwerke und von Facebook aussehen?

Was noch Zukunftsmusik ist oder vielleicht auch ein bisschen Wunschdenken von Mark Zuckerberg, ist das sogenannte Metaverse, das er stark fördert. Beim Metaverse handelt es sich um eine Idee, die eigentlich aus dem Science-Fiction-Roman Snow Crash des Schriftstellers Neal Stephenson stammt. Darin verlagert sich das reale Leben soweit in virtuelle Welten, dass man dort ganze eigene Parallelgesellschaften hat. Ich glaube aber nicht, dass das auf einer breiten Basis so viel Anklang findet. Wenn man sich die Entwicklung der letzten Jahre anschaut, zeigt sich die virtuelle Realität im Alltag jedoch mehr in Formaten, die unter anderem auf Augmented Reality aufbauen – eine Mischform aus realen Ansichten und virtuellen Overlays. So kann man sich zum Beispiel in einer Ausstellung mithilfe des Handys mit zusätzlichen Animationen informieren und zusätzliche audiovisuelle Ebenen einblenden.

Facebook wird es in 20 Jahren als eine Art Eckpfeiler für Zuckerbergs inzwischen in Meta umbenannten Konzern noch geben. Es wird zur Markenpflege dienen und aufgrund der starken kulturhistorischen Bedeutung sicher noch weiter Bestand haben. Ob es in 20 Jahren auch noch für die zukünftige Medienkultur relevant sein wird, steht auf einem anderen Blatt.

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