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Schätze des Meeres: Gefährdeter Reichtum

Sind die Fischbestände unerschöpflich?

Auch wenn es vielen so scheint, sind die internationalen Fischgründe nicht unendlich mit Fischen bestückt.

Der Fischfang ist eine der wichtigsten Nutzungen des Meeres, und Fisch ist die größte und bedeutendste Eiweißquelle des Menschen. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts beschränkte sich die Seefischerei im Wesentlichen auf die Küstengewässer. Mit dem Rückgang der Fangmengen in den Küstenmeeren und der Entwicklung moderner Fangmethoden entstanden Flotten, die auch in weit entfernten Hochseegewässern Fischfang betreiben, vor allem im Nordatlantik und im Nordpazifik. Dabei konkurrieren immer besser ausgerüstete Fangschiffe um immer weniger Fisch, der zumeist nicht einmal mehr ausgewachsen ist.

Haben Speisefische noch eine Chance?

Leider nicht alle; für manche Arten wird es zu spät sein, aber die internationale Staatengemeinschaft lenkt zunehmend ein. Der Gesamtfischbestand hat sich nach globalen Schätzungen zwischen den 1970er und 1990er Jahren halbiert.

Der Weltbestand an großen Raubfischen wie Haie, Tunfische, Blauer Marlin oder Schwertfisch ging in den letzten 50 Jahren durch die industrielle Fischerei um rund 90 % zurück, und herkömmliche Fischarten wie der begehrte Kabeljau stehen sogar kurz vor der Ausrottung.

Dem Problem der Überfischung versucht man u. a. durch die Festsetzung von Fangquoten, Einführung von Schonfristen und Mindestmaschengrößen der Netze zu begegnen, damit zumindest die Jungfische hindurchschlüpfen können und die Möglichkeit haben, ihr laichfähiges Alter zu erreichen.

Können die Wale noch gerettet werden?

Tierschützer geben diese Hoffnung nicht auf. Aber die Ausweitung der Fanggründe und die Einführung industrieller Fangmethoden brachten die Wale im 20. Jahrhundert an den Rand der Ausrottung.

Zwar machten bereits in der Antike die Menschen in Küstennähe Jagd auf die großen Meeressäugetiere. Dabei stand aber stets die Versorgung mit Fleisch im Vordergrund. Erst ab dem 18. Jahrhundert entstand eine stetig größer werdende Walfangflotte um den wachsenden Bedarf an Walöl zu befriedigen. Bis 1965 wurden so über 95 % der weltweit lebenden Wale getötet. Die drastischen Rückgänge führten dazu, dass die Internationale Walfang-Kommission (IWC) ab 1986 jeglichen kommerziellen Walfang verbot. Das Verbot wird weitgehend eingehalten und verschiedene Walbestände zeigen erste Anzeichen der Erholung. Lediglich Norwegen, Japan und im geringen Umfang auch Island stellen, teils unter dem Deckmantel des »wissenschaftlichen Walfangs«, weiterhin den Meeressäugern nach.

Sind Aquakulturen Ersatz für überfischte Meere?

In manchen Bereichen scheint das der Fall zu sein, doch mit ihren Problemen sind Aquakulturen nicht der Weisheit letzter Schluss.

Da die natürlichen Fischbestände in den letzten Jahrzehnten immer weiter geschrumpft sind, wird neben der traditionellen Fischzucht in Süßwasserteichen in zunehmendem Maße auch die Zucht von Meeresfischen, Krebsen, Muscheln oder Algen betrieben – die sog. Aquakultur. Sie hat sich bereits für die Küstenbevölkerung einiger Länder zu einem einträglichen Wirtschaftszweig entwickelt. Bei den Fischen dominiert der heringsähnliche Milchfisch, der naturgemäß in den tropischen Küstengewässern im Stillen und Indischen Ozean verbreitet ist. In den Meeresfarmen vor Norwegen, Schottland und Chile werden jährlich hunderttausende Tonnen Lachs produziert; das ist etwa die Hälfte der heute weltweit konsumierten Lachse. Künstliche Miesmuschelbänke und Austernfarmen sind vor allem von der französischen Atlantikküste bekannt. Zuchtperlen aus Japan zählen zu den bekanntesten Produkten der Aquakultur. Insbesondere in Ostasien werden Algen für den menschlichen Verzehr und seit kurzem auch als Rohstoff für die Industrie produziert.

Die Intensivierung der Aquakulturen birgt auch Gefahren: So verschmutzt die Massenhaltung in erheblichem Maße die Umgebung und greift in das natürliche marine Gleichgewicht ein. Teilweise wird auch Fischmehl verfüttert, das aus konventionellen Fängen stammt. In den Tropen werden für Aquakulturen vielerorts die Mangrovenwälder der Küste, ein wichtiger Schutz vor Überschwemmungen, zerstört.

Kann man aus Salzwasser Süßwasser gewinnen?

In der Tat kann man aus dem salzigen Meerwasser Trinkwasser gewinnen. Dies ist bislang jedoch nur in den Ländern sinnvoll, die nicht nur wenig Süßwasservorräte haben, sondern sich auch die energieaufwändigen und somit teuren Verfahren der Meerwasserentsalzung leisten können, etwa Saudi-Arabien.

Das Prinzip hat man sich der Natur abgeschaut, und unter anderen Vorzeichen kommt es seit alters her bei der traditionellen Salzgewinnung aus Meerwasser zum Einsatz. Noch heute wird an vielen Küsten in warmen und trockenen Klimaregionen salziges Wasser in flache Becken geleitet. Sonne und Wind sorgen für die Verdunstung des Wassers, und zurück bleibt das Meersalz. Auch bei der Meerwasserentsalzung wird durch verschiedene verfahrenstechnische Prozesse das Salz aus dem Meerwasser isoliert, doch hier ist das Süßwasser das begehrte Endprodukt.

Wann begann die Erdölförderung im Meer?

1947 wurde 15 km vor der Küste von Louisiana im Golf von Mexiko die sog. Offshoretechnik zur Gewinnung von Erdöl und Erdgas aus dem Meeresboden zum ersten Mal eingesetzt. Damals galt diese Methode als Zusatzgeschäft, heute stammt etwa ein Drittel der Fördermengen aus Quellen vor der Küste. Doch längst beschränkt sich die Erdölförderung nicht mehr nur auf den Bereich der Schelfmeerküsten.

Inzwischen werden Bohrungen in Meerestiefen bis zu 2000 m vorgenommen. Dafür wuchsen die Plattformen zu wahren Giganten heran, die auch starken Strömungen und der rauen See widerstehen. Eine ähnliche Entwicklung ist für die Offshoreausbeutung der Erdgasvorkommen zu erwarten, zumal der weltweite Verbrauch an Erdgas im Vergleich zum Erdöl ansteigt.

Trotz moderner Technik ist die Erdölförderung ein gefährliches Unternehmen: nicht nur für die dort unter harten Bedingungen arbeitenden Menschen, sondern auch für das Ökosystem Meer. Immer wieder verunreinigt Rohöl von Bohrinseln oder den Transportschiffen das Wasser.

Sind Manganknollen eine zukunftsträchtige Rohstoffreserve?

Noch ist nicht klar, inwieweit die Vorkommen sinnvoll ausgebeutet werden können. Manganknollen liegen in riesigen Mengen und über weite Flächen in der Tiefsee, insbesondere im Pazifik, über den Meeresboden verstreut. Sie sind oxidische Erzablagerungen mit einem Durchmesser von bis zu 10 cm. Neben Mangan enthalten sie auch Eisen, Nickel, Kupfer, Cobalt und Titan. Menge und Qualität würde vermutlich ausreichen, um den weltweiten Bedarf für die nächsten 100 Jahre zu decken. Da die Manganknollen aber in einer Tiefe von bis zu 5000 m liegen und die technischen Mittel noch nicht ausgereift sind, ist es schwierig, sie zu finden, und bislang unrentabel, sie zu bergen.

Kann gefrorenes Gas neue Energie liefern?

Im Zeitalter, in dem das Ende der nutzbaren Reserven von Kohle, Erdöl und Erdgas abzusehen ist, gelten gefrorene Gasspeicher, sog. Methanhydrate, als gewaltiges Energiepotenzial.

Methanhydrate bilden sich unter hohem Druck und niedrigen Temperaturen und sind daher im Meer erst ab einer Tiefe von 500 m anzutreffen. Wissenschaftler vermuten, dass die Hydratvorkommen doppelt so viel Energie enthalten wie weltweit alle bekannten Ressourcen von Erdöl, Erdgas und Kohle zusammen. Aber bislang ist eine wirtschaftliche Erschließung der tief im Sedimentgestein befindlichen Lagerstätten noch nicht in Sicht.

Der Abbau birgt möglicherweise auch erhebliche Risiken. Es wird vermutet, dass durch den Zerfall aufgestauter Gashydrate riesige Unterwassermassen in Bewegung versetzt und so gewaltige Flutwellen erzeugt werden können. Zudem ist Methan ein wirkungsvolles Treibhausgas. Würde nur ein Bruchteil der vermuteten Mengen aus der Tiefsee in die Atmosphäre gelangen, käme die Erde gewaltig ins Schwitzen.

Kann man die Energie des Meeres nutzen?

In bescheidenem Umfang wird schon heute das unvorstellbare Energiepotenzial im Meer zur Stromgewinnung genutzt.

Seit Mitte der 1960er Jahre wird z. B. bei der bretonischen Stadt Saint-Malo (Frankreich) im Mündungsbereich der Rance durch die Gezeiten Elektrizität gewonnen. Bei einem Tidenhub von 14 m strömt das Wasser bei Ebbe und Flut durch ein Sperrwerk und treibt dabei Turbinen an, die über elektrische Generatoren Strom erzeugen. In einem Kraftwerk an der Küste des englischen Cornwall treibt die von den Gezeiten verursachte Meeresströmung Unterwasserrotoren an.

In den Anfängen stecken dagegen Wellen- oder Brandungskraftwerke. Weitere Möglichkeiten bieten Kraftwerke, die das Temperaturgefälle des Wassers zwischen der Meeresoberfläche und dem Meeresgrund zur Energiegewinnung nutzen.

Wussten Sie, dass …

bei der Schleppnetzfischerei jeder vierte Fisch als unerwünschter »Beifang« ins Netz gerät? Alles, was aufgrund der Art, des Alters oder der Größe nicht lukrativ erscheint, wird – meist tot oder halblebendig – wieder zurück ins Meer geworfen.

um das Überleben des Herings in der Nordsee zu sichern, 1976 ein Fangverbot ausgesprochen werden musste?

Treibnetze, die oft als kilometerlange Todesfallen im Meer herumtreiben, 1992 von den Vereinten Nationen für die Hochseefischerei verboten wurden? In der Europäischen Union gilt das Gesetz – mit Ausnahme der Ostsee – erst seit 2002.

Wussten Sie, dass …

etwa 75 % der auf die Erdoberfläche eingestrahlten Sonnenenergie von den Weltmeeren gespeichert wird?

vermutlich mehr als die Hälfte aller noch unentdeckten Reserven an Erdöl und Erdgas unter den Meeren liegen?

95 % der Erdölförderung der Anrainerstaaten der Nordsee auf die Offshoreförderung entfallen? Das asiatische Malaysia erreicht sogar 100 %.

Kann das Meer als Apotheke dienen?

Schon seit Jahrhunderten nutzt der Mensch die Meere, um Linderung von seinen Leiden zu erfahren: Baden in salzhaltigen Gewässern, Schlammpackungen gegen Rheuma oder Lebertran als Stärkungsmittel sind nichts Neues. Doch nun sucht die Pharmaforschung neue medizinische Substanzen und Rezepturen gegen Schmerzen, Krebs, Aids oder Malaria. Und sie ist bereits fündig geworden: Korallen liefern Entzündungshemmer oder Antikrebsmittel, die die Zellteilung verhindern, Kegelschnecken enthalten Schmerzmittel ohne Nebenwirkung, und Pilze bilden organische Verbindungen mit antibakteriellen Eigenschaften. Schwämme, Moos- und Manteltiere haben wirksame Gifte zur Abwehr von Fressfeinden und Schmarotzern entwickelt, die dem Menschen im Kampf gegen Krebs von Nutzen sein können.

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