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Kaffee, Tee und Kakao bald wieder Luxusware?

Ein Morgen ohne Kaffee, Tee oder Kakao?! Für die meisten Menschen unvorstellbar. Ob als Wachmacher oder einfach, weil es so gut schmeckt – die leckeren Getränke sind fester Bestandteil unseres Alltags. Doch könnte sich daran in Zukunft etwas ändern? Was hat der Klimawandel damit zu tun und warum sollte es ausgerechnet Kaffee, Kakao und Tee treffen?
KMI, 09.06.2022
Teeplantage in Darjeeling, West-Bengalen

Pavliha, GettyImages

Früher galt der Genuss von Schokolade, Kaffee oder Tee als Luxus. Die edlen und feinen Aromen aus fernen Ländern waren hierzulande teuer und selten. Heute, in Zeiten der Globalisierung, kann man dagegen Schokolade, Kaffee und Tee für wenig Geld im Supermarkt kaufen. Doch der Klimawandel könnte in Zukunft dafür sorgen, dass die Zeit zurückgedreht und aus unseren täglichen Begleitern wieder eine teure Mangelware wird. Unvorhersehbares Wetter, zu viel, zu wenig, zu früher oder zu später Regen, zu hohe und zu niedrige Temperaturen bedrohen heute unsere Genussmittel.

Sensibelchen unter sich

Gerade Kaffee, Tee und Kakao leiden besonders unter dem Klimawandel, da sie alle etwas gemeinsam haben: Sie sind extrem sensibel. Die äußeren Bedingungen müssen daher ganz genau stimmen, damit die Pflänzchen gut gedeihen. Über Jahrhunderte wurde ihr Anbau an exakte Wetter-, Boden- und Nährstoffbedingungen angepasst, um einen bestimmten Ertrag und gute Qualität zu erzielen. Wenn sich diese Bedingungen jetzt durch den Klimawandel verändern, kommen die Gewächse damit überhaupt nicht gut klar.

Kaffee zum Beispiel braucht es schattig. Zu viel Sonnenschein und Hitze kann großen Schaden anrichten, genauso wie zu tiefe Temperaturen. Äußerste Temperaturgrenzen sind minimal zehn und maximal 30 Grad. Sollten die Temperaturen abweichen, im schlimmsten Fall sogar Frost eintreten, kann das eine ganze Ernte zunichte machen.

Genauso ist es bei Kakao und Tee: Kakao ist sehr hitzeempfindlich, gleichzeitig darf die Temperatur aber nicht unter 16 Grad fallen. Zusätzlich benötigen diese Pflanzen riesige Mengen an Wasser. Laut der Naturschutzorganisation WWF benötigt man rund 1.700 Liter Wasser für eine Tafel Schokolade. Auch der Tee mag es nicht zu heiß oder sonnig und es ist enorm wichtig, dass zur richtigen Zeit die richtige Menge an Regen fällt. Sonst sieht es auch hier für eine Ernte schlecht aus.

Kaffeeplantage in Brasilien
Für die brasilianischen Kaffeebauern war 2021 ein Vorgeschmack, auf das was kommen wird: Erst litten die Anbauregionen unter einer extremen Trockenheit, dann kam der Frost. Beides ist für die empfindlichen Kaffeepflanzen schädlich.

Alfribeiro, GettyImages

Optimale Bedingungen schwinden

Aktuell gibt es zum Glück noch Gebiete unserer Erde, in denen diese Bedingungen eingehalten werden können. So wachsen Kaffee sowie Kakao vor allem in den Hochlagen der tropischen Regionen rund um den Äquator und auch Tee gedeiht in Äquatornähe am besten.

Hauptanbaugebiet des Kaffees ist Brasilien, das zusammen mit Mittelamerika die größte Kaffeeanbauregion der Welt bildet. Außerdem wird Kaffee aber auch in Afrika, beispielsweise in Äthiopien, und in Teilen Asiens angebaut. Der Kakao stammt zu rund 70 Prozent aus Westafrika, insbesondere von der Elfenbeinküste und aus Ghana. Tee kommt vor allem aus China, Indien, Sri Lanka und Kenia.

Allerdings schwinden alle diese Anbaugebiete mit ihren perfekten Bedingungen zusehends durch den Klimawandel. So gab es letztes Jahr in Brasilien eine heftige Dürre und anschließend mitten im Juli Frost, was dem Kaffee schwer zu schaffen machte. Die Pflanzen starben ab und es kam zu großen Ernteausfällen. In Äthiopien herrschte dagegen das andere Extrem: Hier litt der Kaffee unter chaotischen, stark wechselnden Regenfällen. Weil es dabei oft zu viel, zu früh oder auch zu wenig regnete, konnten die Früchte nicht richtig reifen und getrocknet werden.

Genauso leidet der Kakao unter den zunehmenden Wetterkapriolen des Klimawandels: In Ghana regnete es 2016 so heftig, dass ein Großteil des Kakaos nicht geerntet werden konnte und im Jahr darauf folgte in Ghana und an der Elfenbeinküste eine Dürre mit der gleichen Wirkung. Der berühmte Darjeeling-Tee aus dem Himalaya-Gebirge in Indien und Tee aus Sri Lanka hatten in letzter Zeit mit immer weniger Regen zu immer unregelmäßigeren Zeiten zu kämpfen. Das gegenteilige Problem hat China, wo zu viel Regen zunehmend der Ernte schadet. Und wieder ein anderes Extrem spielt sich in Kenia ab, wo zu viel Sonne die Teeblätter verbrennt.

Auswirkungen werden spürbarer

Der Klimawandel sorgt also dafür, dass die Anbaugebiete nicht mehr das sind, was sie einmal waren, und sich daher immer weniger für einen Anbau eignen. Und da der Klimawandel nicht einfach so wieder aufhören wird, wird die Situation in Zukunft wohl auch eher schlechter als besser.

Das sehen auch die Wissenschaftler so: Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung haben festgestellt, dass die weltweiten Anbauflächen für die Hauptkaffeesorte, die Arabica-Bohne, wohl bis 2090 um 40 Prozent schrumpfen könnte. Für Tee sagen Forscher voraus, dass dieser bis 2050 nur noch auf einem Viertel der bisherigen Fläche angebaut werden kann. Noch härter könnte es aber laut der US-Wetter- und Ozeanografie-Behörde NOAA den Kakao aus Ghana und der Elfenbeinküste treffen: Hier soll sich bis 2050 das Klima so geändert haben, dass fast 90 Prozent der Anbauflächen nicht mehr geeignet sind.

Kakaoanbau in Ghana
Ghana und die Lefenbeinküste sind die beiden wichtigsten Kakaoexporteure. Wenn der Klimawandel nicht aufgehalten wird, könnte es dort bereits 2050 zu heiß für die hitzeempfindlichen Kakaopflanzen geworden sein.

William Borney, GettyImages

Folgen für Anbauländer und für uns

Die schrumpfenden Anbaugebiete und sinkenden Erträge wirken sich auch bis zu uns aus. Durch die geringeren Ernten beginnen beispielsweise die Preise zu steigen. So konnte man bereits bei der schlechten Kaffeeernte in Brasilien letztes Jahr einen starken Anstieg des Weltmarktpreises beobachten.

Eine weitere Folge der schlechten Anbaubedingungen ist ein Nachlassen in der Qualität. Der Klimawandel könnte sich in den Produkten förmlich schmecken lassen. Beim Kaffee sorgt die Temperatur für die richtige Wachstumsgeschwindigkeit und Reife der Früchte. Wachsen diese zu schnell, enthält der Kaffee nachher weniger Aroma. Genauso geht es dem Tee: Dieser verliert stark an Aroma, wenn es zu viel regnet. Die Teeblätter nehmen zu viel Wasser auf und der Tee "verwässert" regelrecht.

Wirklich schlimme Folgen hat der Klimawandel aber insbesondere für die Kleinbauern vor Ort, für die der Anbau von Kaffee, Kakao oder Tee ihre Lebensgrundlage darstellt. Gerade mit den hochwertigen Sorten dieser Produkte, die besonders anspruchsvoll im Anbau sind und deren Anbauflächen stark abnehmen, verdienen die Kleinbauern ihr Geld.

Auch, wenn wir die Auswirkungen noch nicht so direkt spüren, wird langfristig wohl eine Veränderung in der Kaffee-, Schokoladen- und Tee-Welt auf uns zu kommen. Je weniger wir gegen den Klimawandel tun, desto heftiger wird diese ausfallen. Allerdings untersuchen Wissenschaftler schon jetzt auch alternative Sorten, die robuster gegenüber extremen Wetterbedingungen und zudem geschmacklich geeignet sind. Damit wir auch in Zukunft unsere Tasse Kaffee oder Tee und dazu ein leckeres Stück Schokolade genießen können.

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