Lexikon

Hanse

[die; althochdeutsch, „Schar, Bund“]
Hansa
seit dem 12. und 13. Jahrhundert übliche Bezeichnung für die genossenschaftliche Vereinigung deutscher, besonders norddeutscher Kaufleute, veranlasst durch gemeinsame Handelsinteressen und die Notwendigkeit gegenseitiger Unterstützung im Ausland. Später traten an die Stelle der einzelnen Kaufleute die Heimatstädte der Hansen. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts kam es zu einem losen Gesamtverband der „stede van der dudeschen hense“ unter der Führung der Reichsstadt Lübeck. Unter Hanse versteht man heute in erster Linie diese Deutsche Hanse.
Der auf Vorrechten beruhende Handel der Hanse, die lange Zeit Handelsmonopole im Ostseeraum, in England und in den Niederlanden (Flandern) besaß, war möglich durch ihre maritime und politische Überlegenheit und die enge Verknüpfung mit der deutschen Siedlung (Ostsiedlung) im Ostseeraum. Eine Hauptvoraussetzung für den Handel der Hanse war die den Austausch fördernde ungleichmäßige Struktur des europäischen Wirtschaftsraums im MA: Der Norden und der Osten boten Rohstoffe und Massengüter (Holz, Getreide, Fische, Pelze, Honig, Bernstein, Wachs u. a.) gegen Fertig- und Luxuswaren des Westens sowie Importwaren des Orients (Tuche, Wein, Gewürze, Salz, Waffen u. a.). Die stärkste Unterstützung fand die Hanse beim Deutschen Orden, da beider Interessen weitgehend identisch waren; keine dagegen bei Kaiser und Reich.
Die Hanse war ein lockerer Bund ohne feste Verfassung. Doch die Beschlüsse der meist in Lübeck abgehaltenen Hansetage waren bindend. Mitglieder der Hanse waren Städte vom Niederrhein bis Livland, von Stockholm bis Krakau und Breslau; sie hatte Kontore und Faktoreien in London, Bergen, Oslo, Kopenhagen, Nowgorod u. a. außerdeutschen Städten. In ihrer Blütezeit im 15. Jahrhundert hatte die Hanse über 160 Mitglieder; sie verband Reichs-, Bischofs-, Ordens- und landesherrliche Städte, die alle unterschiedlichen Rechtsverhältnissen unterworfen waren. War der Handel gefährdet, so stellte die Hanse eine ansehnliche Streitmacht, wie 1367 in der Kölner Konföderation, um den Dänenkönig Waldemar IV. Atterdag zu bekämpfen, der 1361 die Insel Gotland mit dem wichtigen Handelsplatz Visby erobert hatte und die Vorrechte der Hanse auf Schonen nicht anerkannte. Im Stralsunder Frieden 1370 sicherte die siegreiche Hanse ihre Vormachtstellung im Norden. Noch im 15. Jahrhundert griff die Hanse militärisch zur Aufrechterhaltung ihres Handelsmonopols in England, Flandern und Dänemark ein; ihr Einfluss zeigte sich bei der Absetzung Christians II. von Dänemark 1523.
Bergen: Stadtansicht
Bergen
Bergen, die älteste Hafenstadt an der norwegischen Westküste, war Hauptumschlagplatz der hansischen Islandfischerei. In Bergens Kaufmannsviertel Bryggen erinnern die meist dreigeschossigen Wohn-, Speicher- und Kontorhäuser an die Blüte
Die Erschließung des großen einheitlichen Wirtschaftsraums der Hanse führte zum Aufblühen der Städte, vor allem in Nord- und Osteuropa. Als aber die Landesfürsten seit dem späten Mittelalter Städte zum Austritt aus der Hanse zwangen, war diese den erstarkenden Ost- und Nordseestaaten nicht mehr gewachsen, zumal die Landwege im Osthandel immer größere Bedeutung erlangten. Der Misserfolg des Lübecker Bürgermeisters J. Wullenwever in der Grafenfehde infolge mangelhafter Unterstützung durch die Hanse besiegelte ihren Niedergang. Die Schiffe der Holländer, bald auch der Engländer drangen in die Ostsee vor, und die genannten Länder beseitigten im 16. Jahrhundert die Vorrechte der Hanse (Schließung des Petershofs in Nowgorod 1494, des Stalhofs in London 1598). Auf dem letzten Hansetag 1669 waren nur noch sechs Städte vertreten.
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