Lexikon

Neue Weltwirtschaftsordnung

NWWO; New World Economic Order; NWEO
Bündelung von Forderungen der Entwicklungsländer in einem programmatischen Konzept zur Umgestaltung der weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Anschluss an die erste Ölkrise 1973, die bereits seit den 1960er Jahren wiederholt geäußert wurden. Das Ziel bestand zuallererst darin, die von den Industrieländern dominierten Strukturen und Spielregeln der Weltwirtschafts-, Weltfinanz- und Welthandelsordnung, repräsentiert durch Weltbank, IWF und GATT, zugunsten der Entwicklungsländer so zu verändern, dass sich die Kluft zwischen „Nord und Süd“ nicht wie bisher weiter vergrößern würde. Die Forderungen, die u. a. durch Beschlüsse der UN-Generalversammlung unterstützt wurden (Erklärung und Aktionsprogramm zur Errichtung einer NWWO vom 9.5.1974; Charta über die wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten vom 12.12.1974), richteten sich auf die Veränderung der von den westlichen Industrieländern und den dort ansässigen multinationalen Konzernen dominierten Handelsstrukturen, die in der Dritten Welt als Fortschreibung kolonialer Strukturen betrachtet wurden. Auch der kontinuierlichen Verschlechterung der Austauschbeziehungen zwischen Rohstoffen aus den Entwicklungsländern und Fertigwaren aus den Industrieländern (Terms of Trade) zugunsten der Dritten Welt sollte Einhalt geboten werden, um die einseitige Abhängigkeit (Dependenz) zu beenden und der stetig wachsenden Verschuldung vieler rohstoffexportierender Länder entgegen zu wirken. Auslöser für die Bündelung der bereits früher geäußerten Einzelforderungen zu einem koordinierten Maßnahmenbündel, das insbesondere im Rahmen der UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development) von einem als Gruppe der 77 auftretenden Zusammenschluss von Entwicklungsländern wiederholt vorgebracht wurde, war der Ausbruch eines weiteren Krieges im Nahostkonflikt im Herbst 1973. Im Anschluss daran erhöhten die Erdöl exportierenden Länder des Nahen Ostens (OPEC) die Preise für Erdöl drastisch und verhängten einen Lieferboykott gegenüber den USA und ihren Verbündeten. Erstmals kam mit dieser Erdölpreisexplosion die mögliche Handelsmacht der Rohstoff exportierenden Länder deutlich zum Ausdruck. Dieses besser koordinierte, gemeinsame Auftreten der Entwicklungsländer weist auf einen weiteren Anpassungsschritt im Sinne der Neuen Weltwirtschaftsordnung hin, der die Notwendigkeit der verstärkten Kooperation der Länder des „Südens“ untereinander als Grundvoraussetzung festlegt („collective self reliance“). Wichtige Einzelforderungen der Entwicklungsländer, die im Rahmen von UN-Konferenzen und der UNCTAD bis Ende der 1970er Jahre die Diskussion bestimmten, waren der erleichterte Marktzugang für Exporte aus der Dritten Welt in die Industrieländer durch den Abbau von Zöllen und nicht-tarifären Handelshemmnissen sowie die Etablierung von Präferenzabkommen zugunsten der Rohstoffexporteure. Bezogen auf die Rohstofflastigkeit der Exporte aus den Entwicklungsländern wurde ein „Integriertes Rohstoffprogramm“ mit einem System aus 18 Ausgleichslagern für die wichtigsten Rohstoffe vorgeschlagen, um die Preise zu stabilisieren, die Weiterverarbeitung in den Entwicklungsländern anzuregen und die Deviseneinnahmen entsprechend zu sichern. Bezogen auf die institutionellen Strukturveränderungen galt die Hauptforderung der Anpassung der Stimmrechte in IWF und Weltbank zugunsten der Entwicklungsländer, um den Zugang zu vergünstigten Krediten zu erleichtern. Als unmittelbare finanzielle Hilfen forderten die Entwicklungsländer die Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) auf den zugesagten Anteil von 0,7% am Bruttosozialprodukt der Industrieländer, den spürbaren Schuldenerlass für die ärmsten Länder, eine internationale Schuldenkonferenz sowie einen verbesserten Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten. Um die Zukunftschancen zu verbessern, sollten die multinationalen Konzerne in ihrem Handlungsspielraum beschränkt sowie der Technologietransfer „von Nord nach Süd“ und der Aufbau von Industriestrukturen in der Dritten Welt festgeschrieben werden. Die Forderungen zur Schaffung einer Neuen Weltwirtschaftsordnung brachten nur geringe Erfolge und verbindliche Zusagen der Industrieländer für die Entwicklungsländer. Als Zugeständnis im Sinne der NWWO gilt z. B. das Entgegenkommen der EG-Mitgliedsstaaten gegenüber der AKP-Staatengruppe in den Lomé-Verträgen (1975-2000), die einen spezifischen Entwicklungsfonds sowie Stabilisierungsmechanismen für Rohstofferlöse (STABEX, SYSMIN) enthielten.
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