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Ptin

Wladimir Wladimirowitsch, russischer Politiker (Einiges Russland), * 7. 10. 1952 Leningrad (heute Sankt Petersburg); Jurist; 19751991 in der Auslandsspionage des KGB tätig (auch in der DDR); 19941996 stellvertretender Bürgermeister von Sankt Petersburg; 1998/99 Leiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, wurde 1999 Ministerpräsident Russlands; übernahm nach dem Rücktritt von Staatspräsident B. Jelzin am 31. 12. 1999 dessen
Fast sieben Jahrzehnte sind wir einen Sackgassenweg gegangen
Fast sieben Jahrzehnte sind wir einen Sackgassenweg gegangen

Ende Dezember 1999 veröffentlichte Ministerpräsident Wladimir Putin, der am 31. Dezember von Boris Jelzin geschäftsführend das Amt des Präsidenten übernahm, eine Denkschrift über die Zukunft seines Landes (Auszüge):

Russland vollendet jetzt erst die erste Übergangsetappe wirtschaftlicher und politischer Reformen. Aller Schwierigkeiten und Fehlschläge ungeachtet haben wir den Weg eingeschlagen, den die ganze Menschheit geht. Es gibt keine Alternative. ...
1. Fast drei Viertel dieses Jahrhunderts hat Russland unter dem Vorzeichen der Verwirklichung der kommunistischen Doktrin gelebt. Es wäre ein Fehler, die offensichtlichen Errungenschaften dieser zeit nicht zu sehen oder sie abzulehnen. Doch es wäre ein noch größerer Fehler, sich des gewaltigen Preises nicht bewusst zu sein, den die Gesellschaft, das Volk im Laufe dieses sozialen Experiments bezahlt hat.
Die Sowjetmacht hat das Land nicht zu einem prosperierenden Land, die Gesellschaft nicht zu einer dynamisch entwickelten Gesellschaft, den Menschen nicht zu einem freien Menschen gemacht. ... Es mag sehr schwer einzugestehen sein: Aber fast sieben Jahrzehnte lang sind wir einen Sackgassenweg gegangen, der sich vom Hauptweg der Zivilisation entfernte.
2. Russland hat seine Grenze für politische und sozial-wirtschaftliche Erschütterungen, Katastrophen und radikale Umwandlungen erreicht. Nur Fanatiker und Russland und dem Volk gegenüber Gleichgültige können weiter zur Revolution aufrufen. Staat und Volk ertragen keine weitere radikale Umgestaltung. ... Die Strategie für die Wiedergeburt und Blüte Russlands ... darf ausschließlich auf dem Weg der Evolution ... realisiert werden. (...)
Die russische Idee
Eine erfolgreiche, schöpferische Arbeit, die unser Vaterland so sehr braucht, ist in einer gespaltenen, innerlich getrennten Gesellschaft nicht möglich. In einer Gesellschaft, in der sich die größten sozialen Schichten und politischen Kräfte an verschiedene Grundwerte und grundlegende ideologische Orientierungen halten. ... Ich bin gegen Wiederherstellung einer offiziellen Staatsideologie in jedweder Form. ... Die Menschen möchten Stabilität, Zuversicht, die Möglichkeit, ihre Zukunft zu planen - die eigene und die ihrer Kinder - nicht für einen Monat, sondern für Jahre und Jahrzehnte. ...
Ein anderer Pfeiler zur Vereinigung der russischen Gesellschaft sind die ureigenen traditionellen Werte der Russen. Patriotismus. Dieses Wort wird manchmal ironisch oder als Schimpfwort gebraucht. Doch es hat für die Mehrheit der Russen seine ursprüngliche Bedeutung erhalten. Es ist das Gefühl des Stolzes auf sein Vaterland, seine Geschichte und seine Errungenschaften. Das ist das Streben, sein Land schöner, reicher, stärker, glücklicher zu machen. Wenn dieses Gefühl frei von nationalem Hochmut und Großmachtansprüchen ist, gibt es dabei nicht Versumpftes und Verurteilungswürdiges. ... Wenn wir den Patriotismus und den mit ihm verbundenen nationalen Stolz und Würde einbüßen, verlieren wir uns selbst als ein Volk, das zu großen Taten fähig ist. (...)
Der starke Staat
Die moderne russische Gesellschaft identifiziert einen starken und effektiven Staat nicht mit einem totalitären Staat. Wir haben gelernt, das Wohl der Demokratie, des Rechtsstaats, der persönlichen und politischen Freiheit zu schätzen. Zugleich sind aber die Menschen wegen der offensichtlichen Schwächung der Staatsmacht besorgt. ... Russland braucht eine starke staatliche Macht ... das ist ein demokratischer, handlungsfähiger Föderationsstaat. ich sehe folgende Richtungen seiner Bildung: die Rationalisierung und Stärkung der Strukturen der staatlichen Machtorgane, mehr Professionalität, Disziplin und Verantwortlichkeit der Staatsdiener, stärkeren Kampf gegen die Korruption; eine Umgestaltung staatlicher Personalpolitik auf der Grundlage der Auswahl der besten Fachleute; die Schaffung günstiger Bedingungen für die Entwicklung einer vollwertigen Zivilgesellschaft, die die Macht ... kontrolliert.; mehr Gewicht für das Gerichtssystem; die Vervollkommnung der föderativen Beziehungen, auch im Bereich Haushalt und Finanzen; ein aktiver und durchgreifender Kampf gegen die Kriminalität. (...)
Russland erlebt eine der schwierigsten Perioden seiner jahrhundertelangen Geschichte. Wohl zum ersten Mal in den letzten zwei- bis dreihundert Jahren ist es in realer Gefahr, in die zweite oder sogar dritte Ebene der Staaten verdrängt zu werden. Um dem zu entgehen, ist eine kolossale Anstrengung aller intellektuellen, körperlichen und geistigen Kräfte der Nation nötig. (...)
Amtsfunktionen und gewann die Präsidentschaftswahlen 2000 (Wiederwahl 2004).
Putin verfolgte im Innern einen zentralistischen Kurs des starken Staates, außenpolitisch betonte er den Großmachtanspruch Russlands. Im März 2008 wurde Dmitrij Medwedjew zu seinem Nachfolger gewählt. Kurz nach seiner Vereidigung als Staatspräsident schlug Medwedjew Putin erwartungsgemäß als Ministerpräsidenten vor. Die Partei Einiges Russland wählte Putin im April 2008 zum Vorsitzenden. Putin wurde vom Parlament am 8. 5. 2008 gewählt (392 Abgeordnete stimmten für, 56 gegen ihn). In der Folgezeit kristallisierte sich damit eine so von der Verfassung nicht intendierte gemeinsame Herrschaftsausübung von Staats- und Ministerpräsident heraus, in der Putin nach Ansicht verschiedener Beobachter weiterhin dominierenden Einfluss ausübte. Am 4. 3. 2012 wurde Putin von der Bevölkerung bereits im ersten Wahlgang erneut zum Staatspräsidenten gewählt.
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