Lexikon

Terrorsmus

Die globale Bedrohung durch den gewaltbereiten Islamismus

Von den den 1940er Jahren bis in die 1970er Jahre hat sich mit dem gewaltbereiten Islamismus (Dschihadismus) eine Ideologie herausgebildet, die ein rückwärtsgewandtes gesellschaftliches und politisches System im muslimischen Bereich mit Gewalt durchsetzen will. Diese Form des Terrorismus ist im Hinblick auf Relevanz, weltweite Verteilung und Opferzahlen seit Beginn der 1990er Jahre die mit Abstand bedeutendste zeitgenössische Form der terrroristischen Gewaltanwendung.
Die einflussreichste islamistische Bewegung waren und sind größere Teile der 1928 in Ägypten gegründeten Muslimbruderschaft. Die Ideologie der Bruderschaft, von ihrem Vordenker Sayyid Qutb (* 1906 1966 ) u. a. in seinem Werk „Wegzeichen“ 1964 maßgeblich formuliert, bildet das Fundament für die religiös-politischen Grundsätze, mit denen heute islamistische terroristische Aktivitäten gerechtfertigt werden. Zentrale Motivation ist der Kampf gegen den Westen, die Ablehnung seiner Werte und der kulturellen Moderne. Gegen die Feinde und ihre ständigen Angriffe ist nach diesen Vorstellungen ein „Dschihad“, ein gemeinsames Handeln der Muslime, erforderlich. Sayyid Qutbs Ideen wurden nach seiner Hinrichtung in Ägypten 1966 von zahlreichen Gelehrten fortentwickelt und verfeinert. So übte insbesondere der palästinensische Theologe Scheich Abdullah Azzam (* 1941 1989) mit seinen Vorstellungen von einer Gruppe von Aktivisten, die aus dem weltlichen Leben flieht, um ihr Handeln allein auf die Glaubensziele auszurichten und ihr Leben dafür einzusetzen, den „wahren“ Prinzipien zum Sieg zu verhelfen, großen Einfluss aus. Nach den radikalen ideologischen Vorstellungen des gewaltbereiten Islamismus sollen in den jeweiligen Konfliktregionen freiwillige Kämpfer aus dem gesamten Bereich der muslimischen Welt (Umma) zum Kampf des Dschihad zusammengeführt werden. Diese Kämpfer werden als Mudjaheddin, als Gläubige, die den Dschihad kämpfen, bezeichnet.
In dem Maße, wie sich der Nahostkonflikt nach dem 2. Weltkrieg zuspitzte, radikalisierte sich die Muslimbruderschaft und wurde durch Ableger z. B. in Jordanien, Syrien, Pakistan, Indonesien und dem Sudan zu einer internationalen Bewegung. Es entstanden Organisationen wie die Hamas und der Palästinensische Dschihad im Kampf gegen Israel.
Nach der Intervention der Sowjetunion in Afghanistan 1979, die die Dschihadisten als Okkupation und Unterdrückung eines muslimischen Landes interpretierten, rekrutierte der aus Saudi-Arabien stammende Osama Bin Laden mit anderen Helfern Freiwillige und ging schließlich mit einer größeren Gruppe nach Afghanistan. Der Widerstand gegen die Besatzer wurde in einen Dschihad umgedeutet; den Rufen der Rekruteure folgten Tausende von Kämpfern aus den muslimischen Staaten und der muslimischen Diaspora weltweit. In Afghanistan entstand eine Organisation für überzeugte Glaubenskämpfer, die Trainingsstätten eröffnete, Logistik und Waffen anbot und Geld bereitstellte: Sie nannte sich, damit an die Ideen von Abdullah Azzam anknüpfend, „Basis“ (arabisch Al Qaida). Der Kampf in Afghanistan wurde zum Referenzmodell des terroristischen Glaubenskampfes weltweit. Die Mudjaheddin gingen zurück in ihre Heimatländer und schlossen sich islamistischen Terrorgruppen mit gleicher Ideologie an. Bereits Anfang der 1990er Jahre zeichneten sich neue Betätigungsfelder für die Dschihadisten ab: Die Regionalkonflikte z. B. in Tschetschenien, Bosnien-Herzegowina, Somalia, Indonesien und Palästina. Seit 2004 kam der Irak hinzu.
Neben dem Engagement in Regionalkonflikten wurden auch Anschläge auf symbolische Ziele des Feindes weltweit durchgeführt. Unter diese Art des terroristischen „Kampfes“ fielen unter zahlreichen anderen die Großanschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania (1998), die Anschläge des 11. 9. 2001 auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington, Anschläge auf Touristen in Bali (2002), auf Synagogen und britische Einrichtungen in Istanbul (2003), auf Vorortzüge in Madrid (2004), auf öffentliche Verkehrsmittel in London (2005), auf Vorortzüge in Mumbai (2006) sowie auf Hotels und andere Ziele in Mumbai (2008). Die US-amerikanische Regierung verkündete nach den Anschlägen vom 11. 9. 2001 einen Krieg gegen den Terrorismus (war on terrorism). Im Mai 2011 konnten US-Spezialkräfte Osama Bin Laden in der pakistanischen Stadt Abbottabad stellen. Der Al-Qaida-Gründer wurde bei dieser Kommandoaktion getötet.
  1. Einleitung
  2. Begriffsbestimmung und Abgrenzungen
  3. Methoden und persönliche Motive
  4. Historische Entwicklungslinien
  5. Die globale Bedrohung durch den gewaltbereiten Islamismus
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