Lexikon

Terrorsmus

Historische Entwicklungslinien

Gewalttaten mit politischer Zielsetzung, die Merkmale des Terrorismus enthalten, finden sich bereits in Antike und Mittelalter. So gingen die jüdischen Zeloten im 1. Jahrhundert n. Chr. gegen die römischen Besatzer in Palästina vor. Im Mittelalter setzten die Assassinen, eine radikale Abspaltung der Ismailiten, gezielte Morde als Mittel der Politik ein.
Während der Zeit der Französischen Revolution proklamierte 1793 der diktatorisch regierende Wohlfahrtsausschuss den Terror („terreur“) zum stattlichen Herrschaftsprinzip. Die moderne Geschichte des Terrorismus setzte sich im Umfeld des russischen Anarchismus und Nihilismus des 19. Jahrhunderts fort. So forderten die Anarchisten unter dem Etikett einer „Propaganda der Tat“ die Zerschlagung des Staates und die Auflösung der bürgerlichen Gesellschaft. Dabei wurden Attentate gegen politische Führer als Mittel zur Destabilisierung der Gesellschaft angesehen.
Im Terrorismus der letzten Jahrzehnte sind zwei Grundmotive zu erkennen: die Umsetzung einer politischen Ideologie der Systemveränderung sowie eine ethno-nationalistische Motivation, die Separatismus bzw. Autonomie von Regionen bis hin zur Gründung eines unabhängigen Staates beinhaltet. Beispiele für Gewalt als Umsetzung politischer Ideologien sind der Terrorismus sozialrevolutionärer linksextremer Ausrichtung einerseits, die politisch-religiöse Ideologie des gewaltbereiten Islamismus (Dschihadismus) andererseits. Darüber hinaus hat es vereinzelt auch terroristische Gewalteruptionen mit spiritueller Motivation bei Sekten und Weltanschauungen gegeben (z. B. zwei Anschläge der Aum-Sekte in Japan 1995).
Beispiele für den ethnisch-nationalistische Terrorismus liefern die PLO in Palästina, die IRA in Nordirland, die PKK in der Türkei und die ETA in Spanien. Bei dieser Form des Terrorismus handelt es sich um das mit Gewalt geäußerte Bedürfnis ethnischer oder politischer Gruppen nach Unabhängigkeit, Autonomie oder gewissen Mitbestimmungsrechten. Der ethnisch-nationalistischer Terrorismus trat oder tritt häufig versetzt mit ideologischer, linksextremer Rhetorik auf.
Der Ausgangspunkt des sozialrevolutionär-linksextremen Terrorismus in Europa waren Wünsche nach einer ideologischen Neuausrichtung der Gesellschaft. So entstand der Linksterrorismus der RAF (Rote-Armee-Fraktion) in der Bundesrepublik Deutschland als ein Zerfallsprodukt der studentischen Protestbewegung der späten 1960er Jahre. Der marxistisch-leninistisch verklärte ideologische, sozialrevolutionäre Terrorismus hatte eine über die jeweilige Gesellschaft hinaus gehende, internationale Komponente, die allerdings eher rudimentär ausgeprägt war. Es gab ähnliche Entwicklungen wie in Deutschland in Frankreich und Italien (Action directe, Rote Brigaden). Diese Spielart des Terrorismus hatte eine Hochphase in den 1970er Jahren und klang spätestens in den 1990er Jahre mit der Selbstauflösung oder Zerschlagung der meisten Terrorgruppen aus. Hierzu hatte entscheidend beigetragen, dass diese Terrorgruppen - mit Ausnahme eines begrenzten Personenkreises im linksrevolutionären Spektrum - keine gesellschaftliche Verankerung und Unterstützung besaßen, weil die radikalen Ideen der Umgestaltung und ihre Kommunikation durch Gewalt und Mord von der Bevölkerung in keiner Weise geteilt wurden. Auch rechtsextremistische terroristische Aktionen konnten in Europa vereinzelt beobachtet werden (Briefbombenattentate im Österreich der 1990er Jahre).
Terrorismus: Schleyer-Entführung
Schleyer-Entführung
Bild und Brief des entführten Hanns-Martin Schleyer, veröffentlicht in der französischen Zeitung »Liberation«: Nach wochenlanger vergeblicher Fahdnung wird Hanns-Martin Schleyer, der am 5. September 1977 von Terroristen entführt worden war, tot aufgefunden.
Rote Brigaden: Moro-Entführung
Rote Brigaden: Moro-Entführung
Der italienische Politiker Aldo Moro während seiner Entführungszeit vor einer Fahne der Roten Brigade.
In Lateinamerika manifestierte sich ein linker sozialrevolutionärer Terrorismus in den Aktionen der Stadtguerilla (Tupamaros) in Uruguay oder des peruanischen Sendero Luminoso. Ein Muster für rechtsextremen Terrorismus mit dem Ziel der Erhaltung einer repressiven Ordnung bilden die Aktivitäten sog. Todesschwadrone in Lateinamerika.
  1. Einleitung
  2. Begriffsbestimmung und Abgrenzungen
  3. Methoden und persönliche Motive
  4. Historische Entwicklungslinien
  5. Die globale Bedrohung durch den gewaltbereiten Islamismus
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