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Punkten für den Umweltschutz
In diesen heißen WM-Tagen zählt vor allem eines: Tore! Und die will das Organisationskomitee (OK) der Fußball-Weltmeisterschaft nicht allein auf dem Rasen zeigen. Auch außerhalb des Spielfeldes soll sich die Sport-Großveranstaltung möglichst grün präsentieren. Mit dem vom Öko-Institut erarbeiteten Konzept „Green-Goal“ hat sie sich das Etikett „umweltfreundlich“ angeheftet.
„Bei der WM schaut die ganze Welt auf Deutschland. Da wollen wir natürlich auch beim Umweltschutz vorbildlich sein“, hatte OK-Präsident Franz Beckenbauer die Idee des „grünen Tores“ angepriesen. Es sollte ein faires Spiel gegenüber der Natur werden. Die WM will klimaneutral sein, einen verringerten Strom- und Wasserverbrauch als vergleichbare Ereignisse aufweisen und möglichst wenig Abfall produzieren. Bei geschätzten 3,2 Millionen Zuschauern, die zu den insgesamt 64 Spielen in zwölf Städten aus In- und Ausland anreisen, ein anspruchsvolles Ziel.
Das Öko-Institut hat ausgerechnet, dass allein durch die innerdeutschen Fahrten zu den Spielen in Auto, Bus und Bahn rund 100.000 Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) entstehen. Den Wasserverbrauch bezifferte es mit 40.000 Kubikmeter, zudem würden rund 13 Millionen Kilowattstunden Energie verbraucht. Grundlage dieser Berechnung waren Spiele der Fußball-Bundesliga. Um die Umweltbelastung zu senken, hatten die WM-Organisatoren sich zum Ziel gesetzt, Energie- und Wasserverbrauch sowie Abfallmengen um 20 Prozent zu senken. So wurden die WM-Stadien in Dortmund, Kaiserslautern und Nürnberg mit Solaranlagen ausgestattet, unter dem Berliner Olympiastadion entstand eine Regenwasserzisterne, die 1400 Kubikmeter Wasser fassen kann. Dazu kommen Anlagen zur Wärmerückgewinnung und Energiesparlampen. Für die Spielfeldberieselung wird zum Teil Regen- oder Brunnenwasser verwendet, der für die 64 Spiele nötige Strom wird in Form zertifizierten Ökostroms geliefert. Getränke gibt es im Pfandbecher und Würstchen im Brötchen.
Größte Herausforderung des „Green-Goals“ ist das Verkehrsmanagement. Um das grüne Ziel zu erreichen, müssen die Hälfte der Fans mit Bus und Bahn anreisen. Anreize, das eigene Auto stehen zu lassen, sollen vergünstigte Tickets der Deutschen Bahn geben sowie Eintrittskarten, mit denen in verschiedenen WM-Städten auch die öffentlichen Verkehrsmittel genutzt werden können. Bei Bundesligaspielen reisen durchschnittlich 40 Prozent der Zuschauer mit Bus und Bahn an. Nach dem WM-Eröffnungsspiel meldete das Öko-Institut erfreut: 40.000 der 66.000 Fans nutzten den ÖPNV. Nach der Vorrunde zieht auch die Deutsche Bahn eine positive Zwischenbilanz. „Die Nachfrage liegt über den Erwartungen“, sagte Bahn-Chef Hartmut Mehdorn. Bundesweit nutzten täglich mehr als zwölf Prozent zusätzliche Bahnkunden die Fern- und Nahverkehrszüge. Damit seien rund zehn Millionen Menschen per Bahn in die Austragungsorte, zu den Stadien und den Public-Viewing-Standorten gefahren. Die „Weltmeister BahnCard 25“ sei knapp 40.000 Mal verkauft worden. Ihre Geltungsdauer verlängert sich mit jedem Sieg der deutschen Nationalmannschaft um einen Monate – bis maximal zum Jahresende.
Da die Reduzierung des CO2-Ausstoßes durch diese Maßnahmen allerdings nicht ausreicht, um eine klimaneutrale WM zu veranstalten, soll die Null-Bilanz durch Investitionen in Klimaschutz-Projekte erzielt werden. 1,2 Millionen Euro fließen so zur Kompensation des erwarteten zusätzlichen Ausstoßes von rund 100.000 Tonnen Kohlendioxid während der Meisterschaften. Der Deutsche Fußballbund, die Fifa und Sponsoren stecken zum Beispiel 500.000 Euro in eine Biogasanlage im indischen Tamil Nadu, in der aus Kuhdung Gas zum Kochen gewonnen wird.
Umweltschützer allerdings kritisieren das Green-Goal-Projekt als halbherzig. Das Fachmagazin „Neue Energie“ wirft den meisten WM-Stadion vor, die Öko-Qualifikation weit verfehlt zu haben. Lediglich das Frankenstadion in Nürnberg hätte die Vorgaben der Fifa beherzigt. Die Umweltorganisation Greenpeace monierte zudem, dass die schätzungsweise 150.000 zusätzlichen Tonnen Kohlendioxid aus dem internationalen Flugverkehr im Konzept nicht berücksichtigt seien. Zu deren Kompensation wären 1,8 Millionen Euro zusätzlich notwendig gewesen.