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Ringförmige Sonnenfinsternis über der Neuen Welt
Eine Sonnenfinsternis ereignet sich immer dann, wenn der Neumond direkt vor der Sonne vorbeizieht. Dort, wo der Kernschatten des Mondes auf die Erdoberfläche trifft, scheint der Mond die helle Sonnenscheibe vollständig zu verdecken – wir sehen eine totale Sonnenfinsternis. Anders als eine oft mehrere Stunden dauernde Mondfinsternis dauert die Verdunklung der Sonne dabei aber meist nur wenige Minuten. Denn der Mondschatten rast mit rund 700 Metern pro Sekunde – mehr als doppelt so schnell wie der Schall – über die Erdoberfläche.
Dass wir auf der Erde überhaupt eine Sonnenfinsternis sehen können, ist kosmischer Zufall: Die Mondscheibe ist eigentlich 400-mal kleiner als die der Sonne und könnte sie daher niemals vollständig verdecken. Da die Sonne aber auch ungefähr 400-mal weiter von der Erde entfernt ist als der Mond, erscheinen beide Himmelskörper von der Erde aus fast gleichgroß – eine totale Sonnenfinsternis ist möglich. Der Weg, den der Kernschatten des Mondes über die Erdoberfläche zurücklegt, ist zwar oft mehrere tausend Kilometer lang, aber höchstens rund 300 Kilometer breit. Nur innerhalb dieses „Pfads der Totalität“ scheint sich der Mond ganz vor die Sonne zu schieben.
Warum die Sonnenfinsternis ringförmig ist
Aber nicht immer kann der Mond dabei die gesamte Sonnenscheibe abdecken: Bewegt sich der Erdtrabant zu diesem Zeitpunkt gerade durch den erdfernen Teil seiner elliptischen Umlaufbahn, erscheint er uns etwas kleiner als die Sonnenscheibe. Er kann sie daher nicht völlig verdunkeln. Stattdessen bleibt ein heller Lichtring sichtbar – man sieht eine der seltenen ringförmigen oder annulären Eklipsen.
Schon im Altertum sorgte der spektakuläre Anblick der dunklen Sonne mit schmalem Lichtring für Staunen und gab möglicherweise den Anstoß für eine biblische Geschichte. In ihr wird geschildert, wie der Prophet Josua das Volk Israel nach Kanaan führt und dabei in einen Kampf verwickelt wird. An einer Stelle heißt es: „Und die Sonne blieb stehen und der Mond stand still, bis das Volk an seinen Feinden Rache genommen hatte.“ Astronomen vermuten, dass damit ein reales astronomisches Ereignis beschrieben wurde: eine ringförmige Sonnenfinsternis, die sich vor rund 3.800 Jahren im Nahen Osten ereignete.
Wo kann man die Sonnenfinsternis sehen?
Die aktuelle ringförmige Sonnenfinsternis beginnt am Nachmittag des 14. Oktober über dem nordöstlichen Pazifik vor der Küste Alaskas. Auf Land trifft der Pfad der Verfinsterung dann gegen 08:30 Ortszeit – das entspricht 18:30 Uhr unserer Zeit – im US-Bundesstaat Oregon. Von dort aus bewegt sich der Mondschatten weiter durch Nevada, Utah und New Mexico, bevor er dann gegen 10:00 Uhr Ortszeit über Texas hinwegzieht und auf den Golf von Mexiko hinauswandert.
Von dort aus bewegt sich die Zone der ringförmigen Sonnenfinsternis weiter über Mittelamerika und überquert dabei Mexiko, Honduras, Nicaragua und Costa Rica. Dann zieht der Mondschatten weiter über Kolumbien und den Nordteil Brasiliens hinweg, bevor er gegen 21:50 Uhr unserer Zeit auf den Atlantik hinauswandert und dann ganz verschwindet.
Lichtring und partielle Verdeckung
Für die Menschen, die das Himmelschauspiel innerhalb des Finsternispfads anschauen, wird die Phase der ringförmigen Verdunklung der Sonne zwischen vier und sechs Minuten dauern. Davor und danach können sie beobachten, wie sich der dunkle Mond allmählich immer weiter vor die Sonne schiebt, bis nur noch eine schmale Sichel und schließlich der dünne Lichtring übrig sind. Anschließend läuft alles in umgekehrter Reihenfolge ab.
Aber auch in den restlichen Teilen Nord- und Südamerikas ist eine Sonnenfinsternis zu sehen, wenn auch keine ringförmige: Weil der Mond von den Standorten abseits des Schattenpfads nicht mittig vor der Sonne vorüberzieht, sieht man dort eine partielle Sonnenfinsternis. Dabei werden nur Teile der hellen Sonnenscheibe vom Mond verdeckt. Für alle Arten der Sonnenfinsternis gilt jedoch: Niemals sollte man mit ungeschützten Augen oder einer normalen Sonnenbrille in die Sonne schauen.