Wahrig Herkunftswörterbuch

Glosse

1.
urspr.:
schwieriges Wort, das erklärt werden muss
2.
im MA:
Übersetzung oder Erklärung eines schwierigen Wortes (am Rand oder zwischen den Zeilen eines Textes)
3.
übertr.:
spöttische Bemerkung, spöttischer Zeitungsartikel
aus
griech.
glossa „Zunge, Sprache; veraltetes oder nur im Dialekt gebräuchliches Wort“
[Info]
Glosse
Ein schon im alten Griechenland für veraltete oder nur dialektal gebrauchte, jedenfalls erklärungsbedürftige Wörter verwendeter Begriff war glossa, das eigentlich „Zunge, Sprache“ bedeutet. Seit dem Mittelalter bezeichnete das in unveränderter Form ins Lateinische entlehnte und im 13. Jahrhundert ins Mhd. als glose eingegangene Wort auch Texterläuterungen, die über der betreffenden Zeile oder am Textrand angebracht wurden. Dass unter einer Glosse heute allgemein ein „spöttischironischer Kommentar“ oder eine „spöttische Randbemerkung“ verstanden wird, ergibt sich aus dieser mittelalterlichen Praxis der Textkommentierung. Im 16. Jahrhundert wurde das Wort Glosse in der deutschen Literatur in der Bedeutung „Erläuterung“ oft abwertend gebraucht, so bei Luther, der „alle, die die schrifft mit yhren falschen glossen lestern“ angreift.
Im 17. Jahrhundert sorgte der Reimklang von Glosse und Posse für eine weitere Abwertung, bis das Wort schließlich im 18. Jahrhundert zur „spöttischen Bemerkung“ wurde. Die Bedeutung „heiterer Kommentar“ blieb währenddessen aber erhalten und setzte sich im Laufe der Zeit durch.
Wissenschaft

Tobias Erb

(*1979) ist Biochemiker am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg. Mit seiner Forschungsgruppe untersucht er Stoffwechsel-Mechanismen. Der Fokus liegt dabei auf der Umwandlung von Kohlendioxid durch Bakterien, Algen und Pflanzen – und wie sich dieser Prozess synthetisch verbessern lässt.

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