Lexikon

europạ̈ische Integration

Bestrebungen zu einem immer engeren politischen und wirtschaftlichen Zusammenschluss der Staaten Europas, bei dem einzelstaatliche Zuständigkeiten auf speziell hierfür geschaffene europäische Institutionen übertragen, nationale Grenzen überwunden und ein Zusammenwachsen der Gesellschaften angestoßen werden sollen.
Diese supranationale Zielrichtung, die sich schon bei Denkern des 18. Jahrhunderts findet (z. B. bei Immanuel Kant), resultiert aus unterschiedlichen Erkenntnissen der Zwischenkriegszeit und den Erfahrungen des 2. Weltkriegs, als verschiedene Politiker in der europäischen Integration und dem damit intendierten Zusammenschluss der europäischen Völker den Schlüssel zur Verhinderung weiterer Kriege auf dem Kontinent identifizierten.
In den 1920er Jahren fand Graf Coudenhove-Kalergis Paneuropaunion mit der Zielsetzung einer auf breiter gesellschaftlicher Verständigung basierenden europäischen Föderation ebenso Beachtung wie der französische Außenminister Aristide Briand mit seinem Vorschlag eines von den Nationalstaaten getragenen europäischen Staatenbundes.
Die ersten Anstöße zur Wiederbelebung des Gedankens der europäischen Integration nach 1945 nahmen diese Ideen aus der Zwischenkriegszeit wieder auf. So wollte die Bewegung der europäischen Föderalisten mit der Gründung einer Dachorganisation (Union de Européenne des Fédéralistes, UEF) eine Vereinigung der europäischen Nationalstaaten nach dem Vorbild der USA oder der Schweiz mit festen Zuständigkeiten auf der Gemeinschaftsebene, aber auch gestärkten Kompetenzen für Regionen und Kommunen erreichen. Die verschiedenen Europabewegungen flossen zusammen, als 1948 ein Europakongress in Den Haag stattfand, an dem führende Politiker Westeuropas ebenso teilnahmen wie Vertreter der inzwischen vielfältigen Europa-Verbände. Als Resultat wurde jedoch nicht die europäische Integration im Sinne einer supranationalen Gemeinschaft vorangetrieben, sondern mit dem Europarat 1949 eine rein zwischenstaatliche Organisation zur engeren politischen Kooperation der Staaten Europas gegründet. Auch die 1948 zur Koordinierung der Marshall-Plan-Hilfe nach Vorgaben der USA geschaffene Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa (Organization for European Economic Cooperation, OEEC), seit 1961 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), zielte lediglich auf verstärkte Kooperation, aber nicht Integration der Mitglieder ab.
Mit seinem Vorschlag (Schuman-Plan) vom 9. Mai 1950 zur Errichtung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), einschließlich einer hierfür entscheidungsberechtigten „Hohen Behörde“, lieferte der französische Außenminister Robert Schuman, angeregt durch seinen Berater Jean Monnet, das Grundmuster des seitdem erfolgreichen und immer weitere Politikbereiche umfassenden Integrationsprozesses, dessen Ergebnis die heutige Europäische Union ist.
Bis in die 1970er Jahre war die Bereitschaft, Souveränitätsrechte abzutreten, allerdings nur bei den sechs Gründungsmitgliedern der EGKS und der 1957 daran anknüpfenden Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) vorhanden. Durch die Integrationsfortschritte in diesem kleinen Kreis, flankiert durch die dabei erfolgte Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich, wirkte die europäische Integration friedensfördernd und stabilisierend zunächst für Westeuropa und seit dem Ende des Ost-West-Konflikts 1989/90 für Gesamteuropa. Diese primär ökonomisch orientierte Integration zog weitere Interessenten an, wodurch die Europäische Gemeinschaft (EG) über drei Erweiterungsrunden bis 1987 zunächst um weitere 6 Mitglieder (Großbritannien, Irland, Dänemark, Griechenland, Spanien, Portugal) auf 12 anwuchs. Mit der Erweiterungsrunde 1995 (Finnland, Österreich, Schweden) und der Osterweiterung der Jahre 2004 und 2007 vergrößerte sich die seit 1993 als EU thematisch erweiterte Union schließlich auf 27 Mitglieder.
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