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Eiben: Selten und giftig

Wieso sind Eiben heute in freier Natur so selten?

Weil ihr festes, aber nachgiebiges Holz bei den Bognern zur Herstellung von Bögen, Lanzen und Armbrüsten besonders gefragt war und ist. Auf diesen wichtigen Verwendungszweck verweist bereits der Name »Eibe«, denn das althochdeutsche »iwa« bedeutete sowohl »Eibe« als auch »Bogen«. Auch Robin Hood soll einen eibenen Langbogen – die wichtigste Kriegswaffe Englands während des Mittelalters – besessen haben! Der große Bedarf dezimierte die ausgedehnten englischen und schottischen Eibenbestände bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts so stark, dass Eibenholz aus dem Alpenraum, Polen und Spanien eingeführt werden musste.

Eiben sind übrigens hauptsächlich über die nördliche Hemisphäre bis hin nach Südostasien verbreitet. Die Gemeine Eibe (Taxus baccata) ist der einzige Vertreter dieser Familie in Mitteleuropa. In Deutschland sind Eiben in der freien Natur nur noch selten anzutreffen. Dabei müssen sie einmal weit verbreitet gewesen sein – noch heute zeugen Ortsnamen wie Eibelstadt, Ibenheim oder auch Eibsee davon. Durch den Raubbau in vergangenen Jahrhunderten sind die Bestände jedoch so dezimiert worden, dass die Eibe heute vollständig unter Naturschutz gestellt ist.

Seit wann wird Eibenholz genutzt?

Pfahlbautenfunde aus der Steinzeit zeigen, dass die Menschen bereits damals das schwere, elastische und sehr widerstandsfähige Eibenholz schätzten, um daraus Schüsseln, Löffel und Kämme herzustellen oder es als Bauholz zu nutzen. Im Mittelalter gab es dann einen regelrechten Raubbau an den vorhandenen Eibenwäldern. Unzählige Bäume wurden gefällt, um daraus Waffen herzustellen. Nürnberger Händler verkauften zwischen 1531 und 1590 mehr als eine halbe Million Eibenbögen, vorwiegend nach England.

Das braunrote Eibenholz ist noch fäulnisresistenter als das der Eiche, lässt sich gut bearbeiten und dunkelt ebenholzartig nach. Bis ins hohe Mittelalter ließen Burgherren Eiben rings um ihre Wehranlagen pflanzen, um genügend Material für die Waffenherstellung verfügbar zu haben.

Sind alle Teile der Eibe giftig?

Ja, bis auf den roten Samenmantel sind alle Teile der Eibe giftig: 50 bis 100 Gramm Eibennadeln genügen angeblich, um einen Menschen zu töten. Verantwortlich für die toxische Wirkung ist das Taxin, eine Mischung verschiedener Alkaloide, das Herzstillstand hervorruft. Das Gift ist in allen Teilen des Baumes enthalten, auch in den Samen, nicht aber im roten Fleisch des becherförmigen Samenmantels, der die Samen umhüllt. Entfernt man diese, ist der klebrige, süßlich schmeckende Samenmantel sogar essbar. Im Alpenraum verarbeitete man ihn früher mancherorts sogar zu Mus. Auch Vögel, die von den leuchtend roten Beeren angelockt werden, können diese unbeschadet verzehren. Sie scheiden nämlich die Samen unversehrt wieder aus, die dann sofort zu keimen beginnen.

Eibengift wirkt nicht auf alle Lebewesen in gleicher Weise: Wiederkäuern wie Kühen oder Ziegen schaden Eibennadeln im Allgemeinen nicht und Rehe fressen Eibenzweige sogar besonders gern. Für Pferde dagegen ist eine Menge von etwa 500 Gramm bereits tödlich.

Seit wann weiß man um die Giftigkeit der Eibe?

Die Giftigkeit der Eibe war schon in der Antike bekannt. Bei Kelten und Römern war der Baum den Todesgöttinnen geweiht. Die Kelten verwendeten Giftpfeile, die mit einem Absud aus Eibengrün getränkt waren. Dass jedoch schon der Schatten der Eibe schädlich sei, wie behauptet wurde, gehört ins Reich der Legenden.

Verschiedene Eibenarten finden sogar in der Medizin Verwendung: In Japan beispielsweise werden die Nadeln der Japanischen Eibe (Taxus cuspidata) gegen Diabetes eingesetzt. Und die Rinde der Pazifischen Eibe (Taxus brevifolia) enthält einen viel versprechenden Wirkstoff gegen einige Krebsarten.

Welcher Inhaltsstoff macht Eiben für die Medizin interessant?

Taxol. Dieser Stoff, der eine erstaunliche Wirkung bei Brust- und Eierstockkrebs zeigt, findet sich in der Rinde der Pazifischen Eibe (Taxus brevifolia), die in den USA beheimatet ist. Es ist ein Zellgift, das das Wachstum und die Ausbreitung von Krebszellen verhindert. Für die Therapie einer einzigen Patientin werden etwa zwei Gramm Taxol benötigt – und um diese zu gewinnen, müssten zwei Bäume gefällt und die Rinde aufgearbeitet werden. Um die bereits bedrohten Bestände der Pazifischen Eibe zu schonen, wählt man deshalb einen anderen Weg: Die Nadeln von Taxus baccata enthalten nämlich eine verwandte Substanz, aus der Taxol künstlich hergestellt werden kann. Aus ihren – immer wieder nachwachsenden – Zweigen wird heute der Rohstoff für das Krebsmittel gewonnen.

Wussten Sie, dass …

die Eibe der einzige Giftbaum Europas ist?

die Eibe der einzige Nadelbaum ist, der keine Zapfen besitzt?

Eiben sehr alt werden? Das älteste Exemplar soll über 2000 Jahre alt sein, es steht im schottischen Fortingall.

die Eibe zusammen mit dem Buchsbaum das härteste Holz aller einheimischen Bäume aufweist?

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