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Haushalt: Die Finanzen des Staates

Was versteht man unter öffentlichen Haushalten?

Die Einnahmen und Ausgaben der Gebietskörperschaften eines Staates sowie der Sozialversicherungen. Bei den Gebietskörperschaften in Deutschland wird unterschieden zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Sie alle müssen einen Haushaltsplan für die jeweilige Finanzperiode (in der Regel ein Jahr) aufstellen. In Deutschland wie auch in anderen Demokratien müssen die Haushalte der Gebietskörperschaften von den Parlamenten beschlossen werden.

Unvorhergesehene Ausgaben oder abbröckelnde Einnahmen aus Steuern, Abgaben und Beiträgen ändern den Haushalt häufig. Der Haushaltsplan stimmt daher in der Regel nicht mit dem Ist-Haushalt überein. In Deutschland ist es aber nicht erlaubt, Ausgaben zu tätigen, ohne sie im Haushaltsplan berücksichtigt zu haben. In diesem Fall muss z. B. die Bundesregierung einen Nachtragshaushalt vom Bundestag genehmigen lassen.

Ausgaben müssen durch Einnahmen gedeckt werden, wobei die Einnahmen durchaus aus Kreditaufnahme stammen können. Die Neuverschuldung darf jedoch laut Artikel 115 GG die Höhe der Investitionen des Staates nicht überschreiten.

Ist sparen Pflicht?

Ja. Die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans muss gesetzlich festgelegten Prinzipien, den sog. Haushaltsgrundsätzen, genügen. Dazu gehören neben der Sparsamkeit die Grundsätze der stetigen Aufgabenerfüllung, die Wirtschaftlichkeit, das konjunkturgerechte Verhalten, die sachliche Vollständigkeit und die Haushaltswahrheit. Damit ist gemeint, dass Einnahmen und Ausgaben wahrheitsgetreu veranschlagt werden müssen. Sie dürfen nur in der Höhe in den Haushaltsplan aufgenommen werden, in der sie im Haushaltsjahr voraussichtlich eingehen werden bzw. geleistet werden müssen.

Wer prüft die Haushaltsführung?

Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushaltsführung unterliegen der Prüfung des Bundesrechnungshofes; die politische Kontrolle erfolgt durch das Parlament.

Der Bundesrechnungshof mit Sitz in Bonn ist von der Bundesregierung unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Die Bundesoberbehörde überprüft auch die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Bundesbetriebe. Die Mitglieder sind wie Richter unabhängig, können aber keine Sanktionen verhängen, wenn sie Verstöße feststellen. Auf Länderebene findet der Bundesrechnungshof seine Entsprechung in den Landesrechnungshöfen.

Was geschieht beim Länderfinanzausgleich?

Öffentliche Mittel werden von den »reicheren« zu den finanzschwächeren Bundesländern mit dem Ziel umverteilt, gleiche Lebensbedingungen in ganz Deutschland zu schaffen. 2005 belief sich das Gesamtvolumen des Länderfinanzausgleichs nach Angaben des Statistischen Bundesamts auf 6,885 Mrd. Euro (vorläufige Zahlen). Die fünf Geberländer waren Bayern (2,219 Mrd.), Baden-Württemberg (2,209 Mrd.), Hessen (1,593 Mrd.), Nordrhein-Westfalen (487 Mio.) und Hamburg (377 Mio.); die übrigen elf Bundesländer empfingen Ausgleichszahlungen. Neben dem Ausgleich zwischen den Bundesländern (horizontaler Finanzausgleich) gibt es Bundesergänzungszuweisungen (vertikaler Finanzausgleich) an die Empfängerländer. Deren Volumen betrug 2005 insgesamt 14,608 Mrd. Euro.

Der Finanzausgleich ist nicht unumstritten. Seine Kritiker – insbesondere aus den Geberländern – bemängeln, dass dadurch der Wettbewerb eingeschränkt werde. Um trotz des Finanzausgleichs für die Empfängerländer einen Anreiz zu sparsamem Haushalten zu schaffen, wird inzwischen durch den Länderfinanzausgleich keine 100 %ige Angleichung der Verhältnisse mehr angestrebt. Die Reihenfolge zwischen reicheren und ärmeren Bundesländern soll erhalten bleiben, um Empfängerländer anzuspornen, selbst zu Geberländern aufzusteigen.

Welche Anforderungen muss der Haushalt eines EU-Staates erfüllen?

In einem EU-Mitgliedsland darf die Neuverschuldung nicht über 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen. Ansonsten leitet die Europäische Kommission ein »Verfahren wegen übermäßigen Defizits« ein. Daraufhin muss das betroffene Land einen Plan zum Abbau des Defizits vorlegen. Wenn es den Plan nicht einhält, können Sanktionen verhängt werden. Dazu gehören u. a. Geldstrafen (von 0,2 bis 0,5 % des BIP) sowie die Hinterlegung von Geldern bei der EU. Ausnahmen sind nur vorgesehen, wenn ein außergewöhnliches Ereignis auftritt (z. B. eine Naturkatastrophe) oder sich das betroffene Land in einer schweren Wirtschaftskrise befindet.

Die Sanktionen müssen vom Ministerrat mit Zweidrittelmehrheit gebilligt werden, wobei das betroffene Land kein Stimmrecht hat. Deutschland verfehlte 2005 zum vierten Mal in Folge die Defizitgrenze, ohne dass Sanktionen ergriffen wurden.

Darf die EU Schulden machen?

Nein, der Haushalt der EU muss ausgeglichen sein, das heißt, sie darf keine Schulden machen. Den Hauptanteil der EU-Einnahmen bilden nicht Steuern, sondern Beiträge der Mitgliedstaaten, deren Höhe sich an der jeweiligen Wirtschaftsleistung (Bruttosozialprodukt, BSP) orientiert. Diese ursprünglich als Ergänzung geplanten sog. BSP-Eigenmittel machen inzwischen rd. 60 % der EU-Einnahmen aus. Daneben sind Mehrwertsteuer-Eigenmittel (knapp ein Viertel) und Zölle (rd. 10 %) wichtige Einnahmearten.

Die Ausgaben der EU sind in insgesamt sieben Bereiche gegliedert: Landwirtschaft, Maßnahmen für strukturschwache Regionen, interne Politikbereiche (Forschung und Entwicklung, Umwelt, Energie, Verkehr), externe Politikbereiche (humanitäre Hilfe, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik), Verwaltungsausgaben, Reserven (Währungsreserven, Reserven für Soforthilfen und Garantien) sowie Heranführungshilfen für Staaten, die der EU beitreten wollen.

Während der letzten Jahrzehnte hat sich das Volumen des EU-Haushalts um ein Vielfaches vergrößert. Betrug er 1960 noch umgerechnet 0,6 Mrd. Euro, so stieg er bis 2006 auf rd. 112 Mrd. Euro.

Wer kontrolliert die Haushaltsführung der EU?

Alle Einnahmen und Ausgaben werden vom Europäischen Rechnungshof kontrolliert. Dabei forscht die unabhängige Behörde nach Unstimmigkeiten und juristischen Formfehlern. Der Rechnungshof hat das Recht, sämtliche Rechnungsunterlagen aller europäischen Institutionen, Einrichtungen und Personen einzusehen, die Gemeinschaftsmittel verwalten bzw. erhalten.

Die Verwendung der Haushaltsmittel wird untersucht auf Ordnungsmäßigkeit (sind alle organisatorischen Anforderungen bei der Rechnungsführung und Statistik beachtet worden?), Rechtmäßigkeit (stehen die Einnahmen und Ausgaben in Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften?) und Wirtschaftlichkeit (wurden die Finanzmittel tatsächlich für die Verwendungen eingesetzt, für die sie geplant waren?).

Warum hat die EU die Neuverschuldung begrenzt?

Die Neuverschuldung wurde im Stabilitäts- und Wachstumspakt begrenzt, um die Euro-Währung stabil zu halten. Auch in wirtschaftlich normalen Zeiten soll der Haushalt annähernd ausgeglichen sein, damit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten genügend Spielraum für eine Erhöhung der Staatsausgaben besteht, mit der die Wirtschaft stabilisiert werden kann.

Wussten Sie, dass …

der Europäische Rechnungshof 1975 gegründet wurde? Ursprünglich war er für die Änderung bestimmter Finanzvorschriften zuständig.

der EU-Haushalt vom Europäischen Parlament beschlossen werden muss? Die Verantwortung für die Ausgaben liegt bei der Europäischen Kommission.

Deutschland von allen Staaten das meiste Geld in die EU zahlt? 2006 waren es über 7 Mrd. Euro.

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