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Heinrich Schliemann: Die Suche nach dem legendären Troja

Was begründete Schliemanns Traum von Troja?

Eine Abbildung in einem Schulbuch. Schliemann wurde am 6. Januar 1822 im mecklenburgischen Neubukow als Sohn eines Pfarrers geboren. Im Alter von sieben Jahren sah er in einem Geschichtsbuch eine Darstellung des brennenden Troja. Damals galt die Stadt als Legende. Doch den Jungen ließ die Vorstellung nicht mehr los, dass Homer das alles nicht erfunden hatte, dass der Schauplatz des Trojanischen Kriegs nicht nur Teil einer Heldensage war. Es dauerte Jahrzehnte, aber dann konnte Heinrich Schliemann beweisen, dass er kein Fantast war.

Besuchte der junge Mann die Universität?

Nein. Bereits als 14-Jähriger verlässt er seine heimatliche Umgebung. Man schickt ihn nach Fürstenberg in der Uckermark, wo er in einem Laden als Lehrling anfängt. Nach fünf Jahren hält es ihn nicht mehr in den engen Verhältnissen. Er zieht los, um sein Glück anderswo zu suchen. Die ersten Stationen sind Rostock und Hamburg, dann folgt Amsterdam. Hier findet er 1844 eine Anstellung in einem großen internationalen Handelshaus. Nebenbei beginnt er, sich mit Sprachen zu beschäftigen. Es heißt, Schliemann habe am Ende bis zu 20 Fremdsprachen beherrscht – die Aussagen darüber variieren. Wie dem auch sei: Dieser junge Kaufmann war sprach- und weltgewandt, er fand sich überall zurecht – eine Fähigkeit, die ihm sowohl im Geschäftsleben als auch später bei der Realisierung seines großen Traums zugutekommen sollte.

Wie kam Schliemann zu seinem Vermögen?

1846 bietet sich die Chance seines Lebens: Das niederländische Handelshaus beschließt, eine Niederlassung in Russland zu gründen, und überträgt die Aufgabe an Schliemann. Er geht nach Sankt Petersburg, erledigt seinen Auftrag und macht sich dort ein Jahr später mit einem eigenen Unternehmen selbstständig. Die Geschäfte laufen gut. Schliemann reist und sieht viel von der Welt. Bald ist er ein vermögender Mann, so vermögend, dass er sich 1864 ins Privatleben zurückziehen kann.

Wie fand der Kaufmann das antike Troja?

Bei seiner Suche verließ sich Schliemann ganz auf die geografischen Angaben Homers. Und die führten ihn zum Ruinenhügel bei dem Dorf Hissarlik, wo 1870 die ersten Voruntersuchungen durch Probegrabungen begannen – eine zu dieser Zeit völlig neue Vorgehensweise. Dann aber war er sicher: Hier unter der Erde lagen die Ruinen des alten Troja. Die Grabungen zogen sich über mehr als 20 Jahre hin. Es wurden Überreste mehrerer antiker Siedlungen gefunden, eine davon war in der Tat das Troja, von dem Homer erzählt.

Inzwischen war Schliemann nach Athen umgesiedelt und hatte eine schöne junge Griechin geheiratet. Von Athen aus unternahm er seine zahlreichen Forschungsreisen, die ihn keineswegs nur nach Troja führten. Auf den Spuren des sagenhaften Königs Agamemnon grub er ab 1876 in Mykene. Ans Tageslicht kamen der königliche Palast, viel Gold und Geschmeide sowie die berühmte »Maske des Agamemnon«. Weitere bedeutende Grabungen fanden von 1880 bis 1886 in Orchomenos statt und 1884/85 in Tyrins.

Woran starb der Archäologe?

In den letzten Jahren quälte Schliemann ein Ohrenleiden. Er konsultierte Spezialisten in ganz Europa und ließ sich 1890 in Halle operieren. Auf der Heimreise nach Athen machte er Station in Neapel. Dort brach er – wohl infolge des Eingriffs – am 25. Dezember 1890 zusammen und starb tags darauf.

Neben der Entdeckung Trojas – für sich schon eine Jahrhundertsensation – gelang es Schliemann durch seine Grabungen, viele neue Details über die Welt der Antike zutage zu fördern und der Wissenschaft zugänglich zu machen. Gleichzeitig bedeutete seine Arbeit für die Archäologie auch methodisch einen Sprung nach vorn. Ab 1880 stand ihm der Archäologe Wilhelm Dörpfeld (1853 bis 1940) als Assistent zur Seite. Gemeinsam setzten sie erstmals neue Grabungsmethoden ein, die heute zum Standard der Forschung gehören und die Schliemann für viele zum Vater der modernen Archäologie machen.

Mit welchen Methoden erforschte Schliemann Troja?

Schliemanns archäologische Methoden waren recht modern. Die erfolgreiche Suche nach Troja beruhte auf genauer Analyse der Epen Homers. Statt die im 8. Jahrhundert v. Chr. entstandenen Schriften einfach als Sagen abzutun, überprüfte Schliemann sie nach brauchbaren geografischen Hinweisen. Auch in der Feldarchäologie ging er neue Wege und legte den Grundstein der modernen archäologischen Forschung: So untersuchte er das Grabungsgelände zunächst durch Probegrabungen. Als erster erkannte er die Bedeutung der Stratigrafie, des Prinzips der Schichtenfolge, nach dem jüngere Schichten auf älteren liegen. Zur Bestimmung und Datierung einzelner Schichten suchte er nach »Leitkeramiken« und setzte nicht zuletzt auf die Zusammenarbeit mit Forschern anderer Disziplinen, etwa mit Philologen, Anthropologen und Experten für antike Inschriften.

Wussten Sie, dass …

Schliemann aus Geldmangel kein Gymnasium besuchen konnte?

der Kaufmann nach Erwerb seines Vermögens an der Pariser Sorbonne Altertumswissenschaften studierte? 1869 promovierte er in Rostock zum Dr. phil.

Schliemann bei seinen ersten Grabungen in Troja wichtige Zeugnisse der Antike zerstörte?

der Archäologe um den in Troja gefundenen »Schatz des Priamos« einen Prozess gegen das Osmanische Reich führte? Schließlich bezahlte er für seinen Fund.

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