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Mythen zu Rückenschmerzen - Was stimmt, was nicht?

Rückenschmerzen kennt fast jeder. Aber wissen wir auch, woher sie kommen und was man dagegen tun kann? Gerade dazu kursieren viele Mythen und Falschannahmen. So gelten krummes Sitzen oder die Bandscheiben als gängige Ursache und Massagen sollen bei Rückenschmerzen immer helfen – oder doch nicht? Wir klären, was stimmt und was nicht.
Stiftung Gesundheitswissen / NPO, 29.03.2023
Symbolbild Rückenleiden

© gilaxia, GettyImages

Rückenschmerzen sind ein echtes Volksleiden: Weltweit verursachen allein Schmerzen im unteren Rücken mehr Einschränkungen und Behinderungen als jede andere Krankheit. Rund zwei Drittel aller Menschen in Deutschland haben im Verlauf eines Jahres mindestens einmal Probleme mit dem Rücken. Rückenschmerzen sind für fast 40 Millionen Arztbesuche im Jahr verantwortlich.

Aber wie bekomme ich heraus, weshalb mir mein Rücken wehtut? Wie kann ich Vorbeugen und welche Therapien helfen? Wir nehmen fünf gängige Rückenmythen unter die Lupe und klären, was stimmt und was nicht.

Arzt mit Tablet beim Betrachten des Röntgenbildes einer Wirbelsäule
Röntgenbilder sind leider nicht immer so informativ, wie es sich Arzt und Patient wünschen würden.

© utah778_GettyImages

Mythos I:  Röntgen oder MRT zeigt die Ursache

Gängiger Annahme nach zeigen bildgebende Verfahren wie das Röntgen am besten, woher die Rückenschmerzen kommen – schließlich sieht auf ihnen, ob mit Wirbelsäule und Bandscheiben alles stimmt. Doch dies ist ein Mythos. Denn auf Röntgenbildern oder in Kernspintomografien (MRT) können zwar Veränderungen am Rücken sichtbar werden. Aber ob sie wirklich ursächlich für die Schmerzen verantwortlich sind, steht damit noch lange nicht fest.

Denn viele Veränderungen an der Wirbelsäule, darunter kleinere Abnutzungserscheinungen, aber auch Bandscheibenvorfälle, können völlig harmlos sein und keinen Zusammenhang zu den Rückenschmerzen haben. Es lässt sich also nicht zwingend daraus schließen, dass die festgestellte Veränderung tatsächlich für die Beschwerden verantwortlich ist. Stattdessen kann die Röntgen- oder MRT-Aufnahme sogar falsche und unnötige Therapien nach sich ziehen.

Aus diesem Grund sehen die medizinischen Leitlinien vor, dass Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen zunächst konservativ behandelt werden, beispielsweise mit Physiotherapie und Schmerzmittel. Erst wenn nach mehreren Wochen der Schmerz nicht zurückgegangen ist, sollten Aufnahmen gemacht werden. Eine Ausnahme sind Fälle, bei denen die Schmerzen durch einen Sturz oder Unfall verursacht wurden, dann sollte zur Sicherheit direkt eine Röntgenaufnahme gemacht werden.

Mythos II: Meistens sind die Bandscheiben schuld

Was viele nicht wissen: Ein Bandscheibenvorfall geht keineswegs immer mit schlimmen Rückenschmerzen einher. Häufig sind sie völlig symptomlos und Betroffene erfahren nur durch Zufall davon, weil beispielsweise aus anderen Gründen eine MRT-Untersuchung gemacht wird. Tatsächlich zeigen Erhebungen, dass ein Bandscheibenvorfall nur bei etwa vier von 100 Patienten der Auslöser für Schmerzen im Rücken ist. Insofern handelt es sich bei der Annahme, für Kreuzschmerzen sind die Bandscheiben verantwortlich, eher um einen Mythos. Wenn aber ein Bandscheibenvorfall Rückenscherzen auslöst, dann strahlt dieser Schmerz meist aus. Außerdem können Störungen der Berührungsempfindlichkeit und motorische Störungen auftreten.

Mythos III: Häufige Belastungen nutzen den Rücken ab

Auch dies ist ein Mythos. Denn der Rücken wird durch Alltagsbewegungen eher gestärkt, weil sie die Muskeln trainieren, die die Wirbelsäule stützen und entlasten. Die meisten Rückenprobleme treten dann auf, wenn der Rücken zu wenig trainiert und die Rückenmuskeln zu schwach sind. Solange es sich nicht um extrem belastenden Leistungssport handelt, ist daher regelmäßige Bewegung und Belastung gut für den Rücken – das gilt auch und gerade dann, wenn man schon unter Rückenschmerzen leidet.

Wer seinem Rücken etwas Gutes tun möchte, treibt daher Sport. Als rückenfreundlich gelten dabei Radfahren, Schwimmen, Reiten oder Walken. Auch regelmäßige Spaziergänge oder flottes Gehen können bei Rückenschmerzen helfen. Regelmäßiges Bewegungstraining wie Gymnastik, Kräftigungs- und Stabilitätsübungen für die Oberkörpermuskulatur oder auch Dehnübungen der Oberschenkel und Hüftmuskulatur können sogar helfen, Rückfälle von nicht-spezifischen Kreuzschmerzen vorzubeugen.

Krumme Sitzhaltung
Eine "krumme" Sitzhaltung muss nicht schaden. Wichtig ist vor allem, dass man nicht in einer Haltung verharrt.

© Ivan-balvan, GettyImages

Mythos IV: Vom krummen Sitzen kriegt man Rückenschmerzen

Die gute Nachricht: Eine schlechte Haltung ist meist nicht die Ursache für Rückenschmerzen. Ob wir krumm oder gerade sitzen oder stehen, spielt als Ursache für Rückenschmerzen keine Rolle. Das Problem ist das lange Verharren in einer Haltung – beispielsweise, weil wir den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen oder hinter einer Verkaufstheke stehen. Durch die fehlende Bewegung werden die Gelenke im Rücken dabei stark belastet. Der Schmerz entsteht dann als Schutzreaktion. Daher ist es wichtig, möglichst häufig die Sitz- oder Stehposition zu ändern.

Wahr ist allerdings, dass Sitzen für den Rücken generell eine hohe Belastung darstellt. Bei einem 75-Kilogramm schweren Mann lasten auf den Bandscheiben im Kreuzbeinbereich der Wirbelsäule rund 100 Kilogramm Gewicht. Im Sitzen mit geraden Rücken sind es rund 130 Kilogramm, beim Sitzen mit rundem Rücken sogar 180 Kilogramm. Umso wichtiger ist es, bei Sitzen immer mal wieder aufzustehen und häufiger seine Sitzposition zu wechseln. Beim Sitzen sollte man beispielsweise mal leicht nach vorn geneigt, dann wieder entspannt hinten angelehnt sitzen. Auch das "sich Hängenlassen" mit krummem Rücken ist für die zwischenzeitliche Entspannung der Rückenmuskeln gut.

Mythos V: Massagen helfen bei Rückenschmerzen am besten

Früher galt lange die Devise: Bei Rückenschmerzen muss man den Rücken schonen und versuchen, die Schmerzen durch Massagen zu lindern. Doch das ist überholt. Zumindest bei akuten Kreuzschmerzen ohne erkennbare Ursache ist der Nutzen von Massagen derzeit nicht durch wissenschaftliche Studien belegt. Daher rät die ärztliche Leitlinie von einer Verschreibung ab. Stattdessen sollten eher Bewegung und aktives Training der Rückenmuskeln im Fokus der Behandlung stehen und keine Behandlungen, die einem passivem Verhalten Vorschub leisten.

Bei chronischen, langanhaltenden Kreuzschmerzen können Massagen aber zumindest ergänzend zu solchen aktivierenden Therapien eingesetzt werden. Ihre Wirkung ist zwar eher gering, aber Massagen können zum Wohlbefinden der Betroffenen beitragen und dadurch möglicherweise die Bereitschaft fördern, sich mehr zu bewegen.

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