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Katalysatoren: Nicht nur im Auto

Welche Stoffe reagieren ohne Reaktion?

Katalysatoren – Moleküle oder Atome, die an einer Reaktion teilnehmen, diese sogar erheblich beschleunigen, selbst aber unverändert bleiben. Dieses Verhalten ist beileibe keine Kuriosität, die nur für Fachleute interessant wäre. Weil Katalysatoren »ohne Reaktion« Umwandlungen anderer Stoffe fördern, genügt eine kleine Menge an Katalysatormaterial, um eine im Prinzip unendlich große Menge eines anderen Stoffes zu verändern. Und dies ist nicht nur die Grundlage von vielen, meist sehr gewinnträchtigen Prozessen in der chemischen Industrie, sondern ist ein Vorgang, ohne den kein Lebewesen existieren könnte. Aus historischen Gründen werden allerdings Biomoleküle, die Reaktionen wie etwa die Verdauung katalysieren, meist »Enzyme« und nicht »Biokatalysatoren« genannt.

Was entfernt Ei, Blut und Kakao aus schmutziger Wäsche?

Die Enzyme Amylase (Kakao und Stärke) und Proteinase (Eiweiß und Blut), die in geringer Menge jedem Waschmittel beigefügt sind. Beide Moleküle kommen in praktisch allen Organismen vor und helfen diesen, komplexere Biomoleküle in ihre Bestandteile zu zerlegen. Amylase beispielsweise wird beim Menschen in den Speicheldrüsen und im Pankreas (der Bauchspeicheldrüse) gebildet und sorgt dafür, dass Brot nach längerem Kauen einen süßlichen Geschmack erhält: Es zerlegt die im Mehl enthaltene Stärke in einzelne Zuckermoleküle. Weitere waschaktive Biokatalysatoren sind Lipasen (Abbau von Butter, Öl und anderen Fetten) und Cellulasen. Letztere zerlegen Cellulose, Grundbaustein pflanzlicher Zellwände und häufigste organische Verbindung auf der Erde.

Was ist ein 3-Wege-Kat?

Wie der Name schon andeutet, ein Katalysator, der den Abbau von schädlichen Verbindungen in Autoabgasen befördert. Er besteht aus einem hochporösen Keramikträger, der mit einer hauchdünnen Lage eines katalytisch aktiven Edelmetalls, normalerweise Platin, beschichtet ist. An deren Oberfläche lagern sich unvollständig verbrannte Kohlenwasserstoffe, Stickoxide und Kohlenmonoxid an, zersetzen sich und werden als unschädliche Abbauprodukte wieder abgegeben. »3-Wege-Katalysator« nennt man den am häufigsten eingesetzten Abgaskatalysatortyp, da er die drei genannten Schadstoffgruppen parallel, also auf »drei Wegen« behandelt. Er funktioniert jedoch nur, wenn der Sauerstoffanteil im Luft-Kraftstoff-Gemisch genau geregelt wird, hierzu dient die sog. Lambdasonde.

Stecken Katalysatoren nur im Auspuff?

Nein, auch an einer anderen Stelle spielen Katalysatoren eine zunehmend wichtige Rolle im Automobil. Und zwar werden sie benötigt, um den Brennstoff für den zukunftsträchtigen Antriebstyp »Brennstoffzelle« aufzubereiten. Klassische Brennstoffzellen verbinden Wasserstoffgas mit Luftsauerstoff zu Wasserdampf. Dabei wird auf sehr effiziente Weise eine elektrische Spannung erzeugt, mit der ein Elektromotor angetrieben werden kann. Wasserstoff ist aber in Reinform schwer zu handhaben und auch noch recht teuer. Deswegen haben Ingenieure einen Weg ersonnen, aus Methanol (Methylalkohol) oder anderen Kohlenwasserstoffen mithilfe eines Katalysators Wasserstoff zu gewinnen, der dann in die Brennstoffzelle eingespeist werden kann. Dieser Vorgang heißt auch »Reformierung«.

Wer führte den Begriff »Katalyse« ein?

Der berühmte schwedische Chemiker Jöns Jakob Berzelius (1779–1848). Er prägte das Fachwort »Katalyse« im Jahr 1835. Er ging dabei von dem griechischen Wort Katalysis aus, was »Auflösung« bedeutet. Doch beschreibt dies eigentlich nur einen Teil der katalytischen Prozesse, denn genau gibt es Reaktionen, bei denen Stoffe mithilfe eines Katalysators beschleunigt miteinander verbunden werden.

Übrigens: Die chinesische Sprache bezeichnet die Katalyse als »tsoo mei«, was wörtlich übersetzt »Heiratsvermittlung« bedeutet. Damit wird gerade die andere Seite der Medaille betrachtet, die »Verkupplung« chemischer Elemente zu mehr oder weniger stabilen Paaren. Man könnte also sagen, dass das ganze Wesen der Katalyse, nämlich die Beschleunigung sowohl von Auf- als auch Abbaureaktionen, sprachlich nur von Ost und West gemeinsam erfasst wird.

Gibt es Biokatalyse ohne Enzyme?

Obwohl es eigentlich ein Widerspruch in sich ist, wurden Prozesse entdeckt, bei denen in einer Zelle eine Katalyse geschieht, ohne dass Enzyme beteiligt sind. Gefunden wurden solche Reaktionen bei einem zu den Archaebakterien zählenden Einzeller. Dies ist eine Gruppe von meist sehr extreme Lebensräume besiedelnden Organismen, die weder mit den Bakterien noch höheren Lebewesen wie Tieren und Pflanzen verwandt sind. In solchen Mikroorganismen wurde nachgewiesen, dass Stoffe wie das Mineral Pyrit (Eisensulfit) Stoffwechselreaktionen per Katalyse beschleunigen. Dies ist aus folgendem Grund interessant: Zur Entstehung des Lebens waren sicherlich katalytische Reaktionen erforderlich, doch Enzyme gab es damals noch nicht, sie wurden ja erst im Laufe der Evolution entwickelt. Anorganische Katalysatoren wie das erwähnte Pyrit könnten deshalb – etwas pathetisch ausgedrückt – die Hebammen bei der Geburt des Lebens selbst gewesen sein!

Wussten Sie, dass …

der 3-Wege-Katalysator nur bei Autos mit Ottomotor eingesetzt werden kann? Für Dieselfahrzeuge wurde der sog. Diesel-Oxidationskatalysator entwickelt, der außer Platin auch Palladium enthalten kann.

3-Wege-Kats im Verdacht stehen, Ammoniak zu produzieren, das wie Gülle zu einer Überdüngung von Pflanzen in der Nähe von Straßen führt?

schon 1783 der britische Theologe und Chemiker Joseph Priestley (1733 bis 1804) eine katalysierte Reaktion beschrieb (Alkohol bzw. Ethanol wurde mithilfe von Tonmineralen zu Ethen umgesetzt)?

bei 80 % aller chemischen Erzeugnisse ein Katalysator im Herstellungsprozess eingesetzt wird?

katalytische Prozesse auch bei Photosynthese und Atmung vorkommen?

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